Gegen Privatisierung und Mangel
Mit der Coronvirus-Pandemie sind die Gesundheits-Systeme weltweit an ihre Grenzen gekommen. Auch in den sog. reichen Ländern. Privatisierung und Mittel-Kürzungen haben dazu geführt, dass die Primär-versorgung (mehr oder weniger kostenlos) den realen Anforderungen nicht mehr entspricht, auch ohne die Pandemie war dies bereits klar. Gegen die Vorstellungen neoliberaler Politik werden im Baskenland die Proteste immer lauter, mehr Menschen sind bereit, für die öffentliche Gesundheits-Versorgung zu kämpfen.
Für wohlhabende Bask*innen ist Gesundheits-Versorgung kein Problem, das private System ist für alle Fälle perfekt ausgerüstet. Arme hingegen sind auf das öffentliche System angewiesen. Doch das wird in neoliberalen Zeiten abgebaut. Nicht ohne Widerstand.
Das öffentliche baskische Gesundheits-System – Osakidetza – ist für alle offen und kostenlos, organisiert nach Stadtvierteln und ohne freie Wahl von Hausärzt*innen. In den Städten ist die Versorgung gut, auf dem Land wird sie immer schlechter, weil Ärztinnen fehlen und Stationen wegen Kosten geschlossen werden sollen. Ernst wird es auch, wenn notwendige Operationen anstehen, die Wartezeit beträgt Monate. Dasselbe gilt für Besuche bei ärztlichen Spezialist*innen, für einen Besuch bei Hals-Nasen-Ohren oder für Reha nach einer Operation muss mitunter ein Jahr gewartet werden. Die das Geld dafür haben, machen es dann eben privat. Doch immer größere Teile der Bevölkerung können sich das schon lange nicht mehr leisten. Eine neue Plattform versucht, den Kampf gegen Privatisierung und Kürzungen zu organisieren und für den Ausbau des öffentlichen Gesundheits-Systems einzustehen.
Neuer Atem für die Erstversorgung
Lehen Arreta Arnasberritzen (LAA – Neuer Atem für Erstversorgung) ist eine Bewegung, die alle in der Primärversorgung des baskischen Gesundheitsdienstes Osakidetza tätigen Fachkräfte zusammenbringt und sich seit 2017 für eine starke und qualitativ hochwertige Primärversorgung einsetzt sowie für die Wiederherstellung der Würde ihrer Beschäftigten. (1)
Seit ihrem Bestehen hat die Plattform LAA an Mobilisierungen teilgenommen und mehrere Vorschläge ausgearbeitet, die bei Osakidetza und dem Gesundheits-Senat der baskischen Regierung eingereicht wurden, um die ernsten Probleme anzugehen, die unsere Primärversorgung aufwirft. Diese Probleme können in den folgenden Punkten zusammengefasst werden:
(*) Aufstockung der spezifischen Budgets für die Primärversorgung.
(*) Schaffung eines Forschungs-Bereichs zur Primärversorgung an der Universität.
(*) Autonomie der Gesundheitszentren bei der Wahl ihrer Leiter*innen und größere Autonomie bei der Organisation ihrer Arbeit zur Gesundheits-Versorgung sowie eine Änderung des Arbeitsmodells der Teams.
(*) Entbürokratisierung.
(*) Erhöhung des Anteils an Verwaltungspersonal, Primärversorgungs-Apotheker*innen und Krankenhelfer*innen.
(*) Engagement für eine langfristige Betreuung und Stabilität des Personals. Stärkere Einbindung der jungen Haus- und Kinderärzt*innen.
(*) Angemessene Anpassung der Infrastrukturen und mehr Investitionen.
(*) Neue Personal-Strategien, um den Ersatz von in Rente gehenden Haus- und Kinderärzt*innen zu gewährleisten.
(*) Förderung von Lehre, Forschung und gesellschaftlichen Aktivitäten.
(*) Bewertung der Auswirkungen des Modells zur Integration der Pflege auf der Grundlage des OSIS-Systems auf die Primärversorgung.
Bei der Plattform LAA ist man sich bewusst, dass die derzeitige Situation der Primärversorgung komplexe Interventionen in Bezug in verschiedenen Bereichen erfordert. Es liegt in der Verantwortung der politischen und gesundheits-politischen Entscheidungsträger*innen, dafür zu sorgen, dass diese Maßnahmen durchgeführt werden. Gleichzeitig liegt es auch in der Verantwortung der Arbeitnehmer*innen, Patient*innen und der Gesellschaft im Allgemeinen, in diese Richtung zu arbeiten.
Die mangelnde Voraussicht angesichts des Generationswechsels in der Primärversorgung hat dazu geführt, dass in der Autonomen Gemeinschaft Baskenland (CAV) bereits mehr als 200 Stellen in der Familien-Versorgung und Pädiatrie unbesetzt sind. Dies führt zu ernsthaften Problemen bei der Versorgung der Bevölkerung und überfordert das derzeitige Personal bei dem Versuch, Qualität und angemessene Versorgung im Gesundheits-Bereich zu garantieren.
Die Osakidetza-Belegschaft wurde durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in der Anfangsphase zusätzlich stark belastet, viele Mitarbeiter*innen sind von den Konsequenzen der Pandemie für das ganze Gesundheitswesen erschöpft. Diese Überlastung spiegelt sich in den Ergebnissen der von der Plattform LAA in der Primärversorgung im November 2022 durchgeführten Umfrage zum beruflichen Burnout wider. Die Ergebnisse sind Besorgnis erregend.
An einer für Januar in Bilbao geplanten Versammlung werden sowohl Fachleute der Primärversorgung teilnehmen wie auch alle Interessierten, dabei sollen die Ergebnisse der Umfrage vorgestellt werden:
(*) Die subjektiven Eindrücke der in der Beschäftigten zur aktuellen Situation werden vorgestellt.
(*) Es sollen Überlegungen über ein zukünftiges Modell der Primärversorgung angestellt werden, das in der Zukunft notwendig ist, um den Bedürfnissen und Notwendigkeiten der baskischen Gesellschaft gerecht zu werden.
(*) Überlegt werden soll auch, welche Maßnahmen und Formen notwendig sind, um den Kampf für dieses notwendige und wünschenswerte Konzept zu organisieren, ein Kampf, der die Gesellschaft zur Verteidigung der Primärversorgung und der öffentlichen Gesundheit erwartet.
Lehen Arreta Arnasberritzen (Neuer Atem für die Primärversorgung) (@LArnasberritzen)
ANMERKUNGEN:
(1) Aus einer Mobilisierung zur Organisierung von Aktivitäten gegen Sozialabbau und für eine vollständiges öffentliches Gesundheits-System
ABBILDUNG:
(1) Gesundheit (eitb)
(2) Gesundheit (elpais)
(3) Gesundheit (eitb)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2023-01-12)