Gelbe Flut in Plentzia
“Marea Horia“, die “Gelbe Flut“ genannte baskische Flüchtlings-Aktion forderte in den Küstenorten Plentzia und Gorliz eine neue Aufnahme-Politik. Die Gruppe Ongi Etorri Errefuxiatuak (Flüchtlinge Willkommen) forderte bei ihrem Auftritt, der an den Stränden der beiden Orte stattfand, dass die Institutionen sich auf eine Politik besinnen, die die Menschenrechte als Grundlage hat. Gefordert wurde zudem ein Protokoll, das Migrantinnen und Migranten die Einschreibung in die Melde-Register garantiert.
Ongi Etorri Errefuxiatuak (Herzlich Willkommen Flüchtlinge) ist eine zivilgesellschaftliche Initiative von Einheimischen und Migrant*innen in verschiedenen baskischen Städten und Gemeinden, die offene Grenzen für Flüchtlinge fordert, Beratung organisiert und ihre Arbeit öffentlich bekannt macht.
Wie jedes Jahr hat die Flüchtlings-Initiative Ongi Etorri Errefuxiatuak die Aktion “Marea Horia“ (Gelbe Flut) an den Stränden der Küstenorte Plentzia und Gorliz durchgeführt. Der Titel “Gelbe Flut“ erklärt sich durch die gelben Fähnchen der Initiative (mit einem schwarz-roten Logo), die in Masse getragen das Bild einer gelben Flut ergeben. Die Aktion verfolgte ein doppeltes Ziel: Zum einen sollte auf die "harte Realität" von Millionen von Menschen aufmerksam gemacht werden, die gezwungen sind, ihre Herkunftsländer zu verlassen und sich auf einen gefährlichen Weg voller Risiken und Schwierigkeiten zu begeben, um Europa zu erreichen. Zum anderen sollten Regierungen und Institutionen aufgefordert werden, eine Migrations- und Aufnahmepolitik zu praktizieren, die die Menschenrechte achtet. (1)
Die “Gelbe Flut“ begann um die Mittagszeit. Die Teilnehmer*innen versammelten sich am Hondartzape-Platz von Gorliz und gingen hinunter zum Strand. Dort führten sie einen Kettenmarsch mit Tüchern und Transparenten durch und marschierten in Richtung Plentzia-Strand. Anschließend wurde auf dem Astillero-Platz eine Gedenkfeier für die vielen auf hoher See vermissten Migrant*innen veranstaltet, mit Ehrentanz und Geigenklängen, einige Teilnehmer*innen warfen Blumen in die nahe Flussmündung. Die Organisator*innen verlasen ein Manifest, in dem sie daran erinnerten, dass in den letzten 30 Jahren ungefähr 50.000 Menschen durch Zwangs-Migrationen ums Leben gekommen sind.
Die Plattform erinnerte daran, dass die Menschen, die aus ihren Herkunftsländern auswandern, in ihrer großen Mehrheit vor Krisen fliehen, "für die nicht allein und nicht in erster Linie die jeweilige Bevölkerung dieser Länder verantwortlich ist, sondern die Politik der Ausplünderung und des Raubes, der sie von europäischer Seite seit Jahrhunderten unterworfen waren und sind. Dazu kommt ein Entwicklungs-Modell, das weder demokratisch noch nachhaltig ist, das zu wachsenden sozialen Ungleichheiten führt, zu humanitären Problemen und zu immer stärkeren Umweltkrisen".
Ongi Etorri Errefuxiatuak kritisiert, dass die reichen Länder im Norden nicht dazu beizutragen, in den heute als Fluchtländer bekannten Staaten wirtschaftliche und soziale Bedingungen zu schaffen, damit die Menschen nicht gezwungen sind, diese Länder zu verlassen. Stattdessen werde "die gleiche Politik fortsetzt, die sie noch mehr verarmen lässt". Anstatt eine Einwanderungs-Politik zu betreiben, “die auf der strikten Einhaltung der Menschenrechte basiert, fördern die Regierungen der reichen Länder die Entstehung von Mafias, die sich auf Kosten des Leidens der Migrationswilligen bereichern".
Angeprangert wurde, dass "eine geordnete und legale Migrationspolitik" nicht in Sicht sei und daher "Tausende von Menschen auf dem Meer oder an den Grenzen ihrem Schicksal überlassen werden". - "In Europa wird angeblich eine Politik praktiziert, die Menschenrechte unterstützt und respektiert. Doch die Realität zeigt das genaue Gegenteil.“
Das unmögliche Melde-Register
Bei der diesjährigen Sommeraktion wollte die Plattform auf die Schwierigkeiten eingehen, die Migrant*innen bei der Eintragung in kommunale Melde-Register haben. "Das kommunale Register ist nicht nur ein Stück Papier, es ist gleichzeitig die Tür zu vielen Grundrechten", sagte ein Sprecher von Ongi Etorri Errefuxiatuak.
"Ohne Register-Eintrag ist es mehr als schwierig, einen Gesundheits-Ausweis zu bekommen, der den Zugang zu einem Gesundheits-Zentrum ermöglicht oder zur Schulbildung für Minderjährige. Der Zugang zu Kursen des Lanbide-Arbeitsamtes oder zu grundlegenden Sozialleistungen bleibt verschlossen. Bei einem Eintrag ins Melderegister beginnt die Frist für die Erlangung einer formalen Aufenthalts-Genehmigung, die der administrativen Unregelmäßigkeit ein Ende setzen würde. Wer nicht im Register eingetragen ist, wartet ewig auf die Genehmigung", so Ongi Etorri Errefuxiatuak.
Die Plattform wies darauf hin, dass es für viele Migrant*innen fast unmöglich sei, sich in dieses Melderegister eintragen zu lassen. Viele leben in Wohnungen, in denen sie sich nicht anmelden können, da Untermiet-Verträge dies formal nicht zulassen. Im Falle von Personen, die zur Arbeit in Privathaushalten leben, das betrifft vor allem Frauen, erkennen die Familien das Recht auf Anmeldung ebenfalls nicht an".
"Gleiches gilt für Personen, die in einem Haushalt leben, in dem ein Mitglied der Familie Sozialhilfe bezieht, die befürchten dann zu Recht, dass sich diese Hilfe durch die Anmeldung weiterer Personen verringert. Und schließlich Menschen, die in einer Mietwohnung leben und von ihrem Vermieter daran gehindert werden, sich anzumelden, weil die die Mieteinnahme nicht versteuern wollen. Oder Menschen, die keinen gültigen Reisepass haben."
In Bizkaia zum Beispiel kann sich die Mehrheit der Menschen, die sich in dieser Situation befinden, nicht registrieren lassen, weil die Verwaltung diese Bedingungen nicht berücksichtigt, wird von Seiten der Plattform angeprangert. Ongi Etorri erinnert daran, dass "diese Menschen in unseren Vierteln und Städten leben" und "die Stadtverwaltungen daher die Pflicht haben, sie zu registrieren".
Aus diesem Grund fordert Ongi Etorri Errefuxiatuak von den Gemeinderäten und vom baskischen Gemeinde-Verband Eudel ein Protokoll, "das die Erfassung aller Personen garantiert, die in der Gemeinde leben und aufgrund der derzeit geltenden Vorschriften nicht erfasst werden können". Nach Angaben der Plattform haben 40 Organisationen in Bizkaia diese Forderung unterstützt.
ANMERKUUNGEN:
(1) “Marea Horia exige en Plentzia y Gorliz políticas de acogida que respeten los derechos humanos” (Die “Gelbe Flut“ fordert in Plentzia und Gorliz eine menschenrechts-konforme Aufnahme-Politik), Tageszeitung Gara 2023-08-19 (LINK)
ABBILDUNGEN:
(1) Maria Horia (foku)
(2) Maria Horia (foku)
(3) Maria Horia (ep)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2023-08-22)