desa1Geier-Geschäfte mit fälligen Krediten

Die Sozialinitiative “Stop Desahucios“ (Stopp Zwangs-räumungen) hat sich im Oktober 2022 vor dem Sitz der baskischen Kutxabank versammelt, um deren "Geschäftspraxis" in Bezug auf 2.500 Hypotheken-Darlehen anzuprangern. Diese von Kutxabank erteilten Kredite und Hypotheken werden wegen Zahlungs-unfähigkeit als verloren betrachtet. Um Zwangs-maßnahmen zu vermeiden und nicht als Krisenprofiteure dazustehen, wurden die Schulden an einen irischen Geierfonds verkauft, der sie nun in Profite umsetzen will.

Die Initiative “Stop Desahucios“ (Stopp Zwangsräumungen) wurde während der Immobilienkrise 2010 gegründet, als viele Kreditnehmerinnen zahlungsunfähig wurden und von Zwangsvollstreckung und Zwangsräumung bedroht waren.

Für einen Betrag von rund 250 Millionen Euro hat die baskische Kutxabank Kreditschulden verkauft, von denen das Geldinstitut ausgeht, dass sie nicht mehr zurückgezahlt oder eingetrieben werden können. Nutznießer der Situation ist der irische Finanzfonds Zima, der nunmehr freie Hand hat, aus dem Geschäft einen fürstlichen Profit zu schlagen. Unter den vom Hypothekenverkauf betroffenen Schuldner*innen befinden sich Personen aus dem Baskenland, aus Madrid und Malaga.

“Stop Desahucios“ hat darauf hingewiesen, dass Kutxabank bereits 2019 ein weiteres Paket für 358 Millionen an den amerikanischen Fonds Cerberus verkauft hat, damals waren keine baskischen Schuldner*innen unter den Betroffenen. Kutxabank ist der Zusammenschluss der Sparkassen der drei baskischen Provinzen Araba, Bizkaia und Gipuzkoa, die vor Jahren über ein neues spanisches Bankengesetz zu einer einzigen Bank zusammengefasst wurden.

desa2Hintergrund der Operation, so erklärten die Vertreterinnen von “Stopp Zwangsräumungen“, ist die Befürchtung der Bank, die ausstehenden Schulden wegen der Zahlungsunfähigkeit der Kreditnehmer*innen nicht kassieren oder eintreiben zu können. Der übliche Weg wäre, gegen die Schuldner*innen eine Zwangsvollstreckung durchzusetzen, sie zu enteignen und im nächsten Schritt aus ihren nicht ganz bezahlten Immobilien rauszuwerfen. Doch gibt es seit der Pandemie – als Zahlungsunfähigkeit wegen der finanziellen Misere vieler Personen deutlich zunahm – einen von der Regierung verordneten “Kodex für gute Bankpraktiken“. Dieser Kodex ist Teil eines Dekrets, das spanische Banken dazu verpflichtet, den Schuldner*innen fünfjährige tilgungsfreie Zeiträume anzubieten (Stundungen und Zahlungsaufschübe) und darauf zu warten, dass sich die finanzielle Situation der Betroffenen wieder verbessert. Teilweise mit der Verpflichtung, den Enteigneten Sozialmieten anzubieten, um eine Zwangsräumung zu vermeiden.

Dreckige Geschäfte

Das schmutzige Manöver besteht im Verkauf der Schulden an den Finanzfonds, der nicht an den “Kodex für gute Bankpraktiken“ gebunden ist und über den juristischen Weg die Betroffenen rauswerfen lassen kann. In der Regel ist dies mit einem fast vollständigen Verlust der bereits eingezahlten Abzahlungen verbunden, die Leute haben am Ende weder Geld noch eine Wohnung. Für die Kutxabank ist es lohnenswerter, die Schulden unter ihrem Wert an einen Finanzfonds zu verkaufen, als mit gebundenen Händen dazustehen, auf den Ablauf der Stundung zu warten oder das Geld abschreiben zu müssen.

Den Finanzhaien, die häufig mit großen Gewinnspannen arbeiten (Risikokapital) ist jedes Mittel recht, um an “ihr Geld“ zu kommen. Wenn es sein muss mit Rollkommandos, die säumige Kreditnehmer*innen bedrohen und ihnen das Leben zur Hölle machen. Das rechtslastige Schläger-Unternehmen “Desokupa“ steht beispielhaft für solche Praktiken. Mit dem “Schuldenverkauf“ holt sich die Bank einen Teil ihres Gewinns zurück und schont ihre Gewinn- und Verlustrechnung, weil sie die säumigen Zahler aus ihrer Bilanz streichen kann. Ganz egal, was in Zukunft mit den Betroffenen geschieht, wenn sie den Klauen eines Investmentfonds ausgeliefert sind, der seinen Kauf gewinnbringend gestalten will und nicht an ein Verbot von Zwangsvollstreckung der Hypothek gebunden ist.

Bei der Protest-Kundgebung wurden die Fälle von drei Frauen aus Donostia (San Sebastián) vorgestellt, die eine Mitteilung erhalten haben, dass ihr Darlehen und Schicksal nun in den Händen der Geschäftemacher von Zima liegt. Zwei von ihnen laufen unmittelbar Gefahr, aus ihren Häusern vertrieben zu werden. Im dritten Fall ist es nicht die Kreditschuldnerin selbst, die verklagt werden würde, sondern ihre Eltern, die mit ihrem Besitz für einen Kaufkredit ihrer Tochter gebürgt hatten und nun ihr bereits bezahltes Haus verlieren könnten.

Situation verschlimmert sich

desa3Die Sprecherin von “Stop Desahucios“ wies darauf hin, dass auch Familien aus dem Goierri-Gebiet und der baskischen Hauptstadt Gasteiz in diesem verkauften Hypotheken-Paket enthalten sind. Sie erinnerte an die Gründe dafür, dass Menschen ihre Kredite nicht zurückbezahlen können, wegen "ihrer prekären wirtschaftlichen Lage, die auf die Immobilien-Blase zurückgeht, auf die Pandemie und jetzt die galoppierende Inflation".

In diesem Zusammenhang warnte sie, dass die Zahl der säumigen Zahler in die Höhe schießen wird, aufgrund des heftigen Anstiegs des Euribor-Index, der die anstehenden Zinssätze erhöht und die durchschnittliche monatliche Rückzahlungsbeträge deutlich steigert". Wer bisher knapp kalkulieren konnte, steht nun mit dem Rücken zur Wand, oder am Rande des Abgrundes. Das Akronym Euribor steht für “Euro Interbank Offered Rate“. Es handelt sich dabei um einen an jedem Arbeitstag neu ermittelten durchschnittlichen Zinssatz, zu dem sich europäische Banken gegenseitig Termingelder leihen. Was passiert wenn der Euribor steigt? Steigt der Euribor, bezahlen Kreditnehmer auch mehr für variabel verzinste Finanzprodukte. Wer dann Kredite mit Fixzins abschließt, muss auch mit höheren Kosten rechnen, denn für die Erstellung eines Kreditangebots mit Zinsbindung wird ebenfalls der aktuelle Euribor herangezogen.

“Stopp Zwangsräumungen“ prangerte die Praxis der Kutxabank an, einer Einrichtung, die vor hundert Jahren "mit den Beiträgen der arbeitenden Bevölkerung aufgebaut wurde und öffentlich war", nun aber "Hunderte von Familien im Stich lässt, um ihre Gewinn- und Verlustrechnung zu bereinigen". Angesprochen wurde auch die baskische Regierung, ob man sich dort dieser Situation bewusst sei und "wie diese Familien geschützt und ihnen eine angemessene Unterkunft garantiert werden kann". Aufgerufen wurde zu einer Kundgebung in Donostia, dabei geht es um eine 80-jährige Frau aus Usurbil, die einen Kredit nicht zurückzahlen kann, den ihr inzwischen verstorbener Sohn bei einem "Kredithai" in Madrid aufgenommen hatte. Die Frau läuft Gefahr, dass ihre Wohnung versteigert wird und sie wegen Schulden in Höhe von 60.000 Euro auf der Straße landet.

ANMERKUNGEN:

(1) “Kutxabank vende deudas hipotecarias de familias vascas a un ‘fondo buitre’ irlandés” (Kutxabank verkauft Hypothekenschulden baskischer Familien an einen irischen ‘Geierfonds‘) Tageszeitung Gara, 2022-10-06 (LINK)

ABBILDUNGEN:

(1) Kreditspekulation (naiz)

(2) Kreditspekulation (naiz)

(3) Kreditspekulation (naiz)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-10-17)

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