melilla137 Migranten in Melilla getötet

Siebenunddreißig Migranten haben an der Grenze zur spanischen Exklave Melilla (auf afrikanischem Boden) beim Einsatz der marokkanischen Polizei das Leben verloren. Somit hinterlässt das Abkommen zwischen der spanischen Regierung und Marokko tödliche Konsequenzen, denn die marokkanischen Sicher-heitskräfte gingen mit enormer Brutalität gegen hunderte von afrikanischen Migranten vor, die den Grenzzaun zur spanischen Stadt-Enklave zu überwinden versuchten. Ein Bericht von Ralf Streck im Overton-Magazin.

Nachdem die spanische Regierung (gegen den Willen der UNO) die ehemalige spanische Kolonie Westsahara an Marokko “ausgeliefert“ hat, schickt die Regierung aus Rabat ihre Schlägertrupps zur Abwehr von Migranten an ihrer Grenze. Ein Massaker mit vielen Toten.

Das Entsetzen ist groß über das, was bei Twitter in Spanien unter dem Hashtag #MasacreMelilla läuft. Denn mindestens 37 Menschen haben bei dem “Massaker“ elendig ihr Leben verloren beim Versuch, von Marokko aus die spanische Exklave Melilla zu erreichen. Die Bilder von den sechs Meter hohen Grenzzäunen, die Afrika von der EU trennen, sind verstörend. Sie zeigen, wie marokkanische Sicherheitskräfte sogar auf der spanischen Seite der “Mauer“ Jagd auf die Schwarzafrikaner machen, sie dort festnehmen und mit Gewalt zurück auf das marokkanische Territorium bringen. Das ist in einem Video zu sehen, dass zum Beispiel die Online-Zeitung “Público“ veröffentlicht hat.

Auch eldiario.es veröffentlicht Videos, wie die marokkanische Gendamerie die Einwanderer und Flüchtlinge mit Steinen traktiert und wie auch die spanische Guardia Civil an den sogenannten “heißen Abschiebungen“ beteiligt ist. Der Zynismus des spanischen Regierungschefs Pedro Sánchez ist angesichts der tödlichen Vorgänge kaum zu überbieten. Angesichts der Tatsache, dass etliche Menschen zusammengepfercht in einem Menschenhaufen elendig erdrückt wurden, umzingelt von Sicherheitskräften, die ihnen nicht helfen, ist kaum zu überbieten. “Wie viele Tote gibt es hier?“, wird angesichts der verstörenden Bilder gefragt.

Sanchez, der Zyniker

melilla2Der Sozialdemokrat Sánchez hat offensichtlich jeden Humanismus über Bord geworfen, denn ihm fällt angesichts des Todes von mindestens 37 Menschen nicht mehr ein, als zu sagen: “Ich glaube, das wurde gut durch die spanischen und marokkanischen Sicherheitskräfte gelöst.“ Er ließ es sich auch nicht nehmen, sich für “die Arbeit der marokkanischen Regierung“ zu bedanken. Verantwortlich seien “Mafia-Organisationen“ und “Menschenschmuggler“.

Augenzeugen, wie der Fotojournalist und Pulitzer-Preisträger Javier Bauluz, sehen das anders. Er twitterte zu den Vorgängen und hat auch ein Video geteilt, auf dem Schüsse auf die am Boden sitzenden Migranten und Schläge auf diejenigen zu sehen sind, die aus großer Höhe zu Boden stürzen. Von der marokkanischen Seite werden die Menschen dabei mit Steinen beworfen, wie auf dem Video zu sehen ist.

Bauluz schreibt:

“Zuerst werden sie mit Tränengas angegriffen und fallen 10 Meter tief. Dann wird mit Gummigeschossen zwei Mal auf die Körper geschossen. Minute 1.40 und 2.14“. Auf dem Boden liegend wird dann auf sie eingeprügelt. “Dann werden sie illegal abgeschoben und marokkanische Polizisten machen ihnen den Garaus.“

31 Tote waren bis zu diesem Zeitpunkt registriert. Erst kürzlich wurde der Journalist über das sog. Maulkorb-Gesetz (Ley Mordaza) mit einer Strafe von 1.000 Euro belegt, weil er über ankommende Migranten auf den Kanarischen Inseln berichten wollte. Das Gesetz der ultrakonservativen Vorgänger, so hatten es die Sozialdemokraten und der linkere Koalitionspartner “Unidas Podemos“ (UP) versprochen, sollte längst gestrichen sein. Es wurde aber mit Blick auf die Vorgänge in Katalonien sogar verschärft.

Podemos schluckt alles

Bei UP herrschte langes Schweigen zu den menschenverachtenden Vorgängen, bevor sich in der Nacht schließlich die UP-Chefin Yolanda Díaz zu einem nichtsagenden Tweet aufgerafft hat, wo sie sich “bestürzt“ zeigt. Keine Forderung, die Vorgänge umfassend aufzuklären und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Keine Aufforderung an die Regierung, Konsequenzen gegenüber Marokko zu ziehen. Die Linkskoalition schluckt längst jede Kröte, um die Regierung mit den Sozialdemokraten nicht zu gefährden. Das Maulkorb-Gesetz wurde nicht einmal reformiert, die Reform der Arbeitsmarkt-Reform der Vorgänger – die auch komplett gestrichen werden sollte – führte zur Konsolidierung von 95 Prozent, weshalb nur die Unternehmer applaudieren.

Obwohl dagegen, schluckte UP sogar die Kröte, auch schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Zuletzt wollte Sánchez auch deutsche Leopard-Panzer liefern, wurde aber aus Berlin zurückgepfiffen und nicht vom Koalitionspartner. UP hat ebenfalls nicht rebelliert, dass Sánchez in einem Deal mit Marokko die Souveränität der Westsahara verkauft hat. Die will man aber angeblich in der Ukraine gegen Russland mit Waffengewalt verteidigen. Mehr Doppelmoral ist von der Sánchez-Regierung kaum noch möglich.

Kniefall vor Marokko

melilla3Die mörderischen Vorgänge in Melilla sind wiederum die Konsequenz aus dem spanisch-marokkanischen Abkommen. Sánchez hat sich damit vom autokratischen Königreich erkauft, dass Marokko wieder als brutaler Vorposten gegen die Einwanderer agiert. Zuvor hatte Marokko Spanien mit der Flüchtlingsfrage immer wieder erpresst. Die tödlichen Folgen des Abkommens wurden am Samstag mit brutalster Offenheit gezeigt. Allerdings riskiert Madrid dafür die dringend notwendigen Gaslieferungen aus Algerien, der Schutzmacht der Westsahara.

Muss man sich angesichts der Politik noch wundern, wenn die beiden Regierungsparteien immer deutlicher bei Wahlen abschmieren, wie vergangene Woche in Andalusien? Auch die Glaubwürdigkeit des neuen Partei-Projektes von Yolanda Díaz sinkt derweil auf neue Tiefpunkte. Eine linke Alternative zu den “Spezialdemokraten“ kann “Sumar“ (summieren) nicht werden, wenn sie angesichts der mörderischen Vorgänge und des Rechtsrucks von Sánchez nicht klar Stellung bezieht und UP die selbsternannte “progressivste Regierung“ besser heute als morgen verlässt, die alles andere als fortschrittlich ist. Die Wähler*innen in Andalusien haben das schon realisiert. Sie haben lieber das rechte Original gewählt, anstatt die schlechte Kopie mit rötlichem Anstrich.

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ANMERKUNGEN:

(1) “37 Migranten haben an der Grenze zur spanische Exklave Melilla das Leben verloren“, Autor: Ralf Streck, Overton-Magazin, 2022-06-28 (LINK)

ABBILDUNGEN:

(*) Melilla-Massaker (ecuador etxea)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-06-28)

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