Exkursion Urdaibai
Die Exkursion führt uns in das Biosphären-Reservat Urdaibai an der Küste Bizkaias. Das Reservat erstreckt sich nördlich der Stadt Gernika, östlich davon liegen die Santimamiñe Höhle, der bemalte Oma-Wald und die urzeitliche keltische Siedlung Arrola. Von Gernika aus entlang des linken Urdaibai-Ufers liegen die Orte Forua (Reste einer römischen Siedlung), Murueta, Busturia (Biosphären-Museum), Sukarrieta (Ferienkolonie), Mundaka (Hafen, Kasino) und Bermeo (Hafen, Altstadt, Matxitxako-Leuchtturm, Gaztelugatxe Insel).
Das Biosphären-Reservat Urdaibai an der Küste Bizkaias ist nicht nur in biologischer und klimatischer Hinsicht herausragend. Auich kulturgeschichtlich spielt Urdaibai eine wichtige Rolle für das Baskenland, als Wohnort urzeitlicher Stämme.
Gernika
Wir beginnen die Exkursion in Gernika. International bekannt wurde das Städtchen durch den Horror seiner Vernichtung im Jahr 1937, als Nazi-Flugverbände die Stadt in Schutt und Asche legten. Die Stadt hat eine lange historische Tradition und gilt als eine der symbolischen Hauptstädte des Baskenlandes. Gernika war seit dem Mittelalter der Ort, an dem die Volksvertreter des Herrschafts-Gebiets Bizkaia ihre Versammlungen abhielten. Nachdem die drei baskischen West-Provinzen im Jahr 1200 von der kastilischen Krone militärisch erobert worden waren, konnten sie sich zumindest die Fueros erhalten, eine Reihe von Selbstbestimmungs-Rechten, auf die jeder neue kastilische König schwören und dazu nach Gernika kommen musste. Die Eiche von Gernika symbolisiert diese traditionellen Rechte der drei Provinzen gegenüber der kastilischen Krone.
Das gegenwärtige Versammlungs-Gebäude (Casa de Juntas) wurde im Jahre 1826 errichtet und dient bis heute den konstituierenden Sitzungen der bizkainischen und der baskischen Regierung. Der ursprüngliche Baum wurde im 14.Jh gepflanzt und im Laufe der Geschichte mehrfach durch Ableger ersetzt. Er ist Teil des Wappens von Bizkaia. Aufgrund der Vernichtung von 1937 ist von der historischen Altstadt nichts erhalten.
Vernichtung durch die Legion Condor
Am 26.April 1937 wurde das 7.000 Einwohner/innen zählende Gernika von Jagd- und Bombenflugzeugen der nazistischen Legion Condor angegriffen, die im Auftrag der Putsch-Generäle um Franco am Krieg teilnahmen. Drei Stunden lang warfen die Flugzeuge unter Stabschef Wolfram Freiherr von Richthofen in mehreren Wellen Spreng- und Brandbomben ab, während die sie begleitenden italienischen Jagdflieger mit ihren Bordwaffen im Tiefflug auf alle schossen, die versuchten, dem Horror zu entkommen. Nach dem Angriff, der als der erste massive Luftangriff der Militär-Geschichte auf zivile Ziele gilt, waren 70% der Häuser des Stadtzentrums zerstört und standen in Flammen.
Picassos Gemälde
Zwei Tatsachen waren es, die die Vernichtung der Stadt durch die Legion Condor weltweit bekannt machten. Zum einen die Artikel in der London Times des englischen Journalisten George Steer, der Augenzeuge der Zerstörung geworden war und in Gernika bis heute als Held verehrt wird. Zum anderen das Gemälde von Pablo Picasso mit dem Titel "Guernica" (in der spanischen Schreibweise des Ortsnamens). Bereits vor dem Schicksal Gernikas hatte die republikanische Regierung in Madrid Picasso den Auftrag erteilt, für den spanischen Pavillon der Weltausstellung in Paris ein großes Wandbild zu malen. Seine ursprüngliche Bildidee verwerfend begann er wenige Tage nach der Bombardierung mit Skizzen eines neuen Werks, das zum Mahnmal der Tragödie von Gernika und aller Kriege werden sollte. In den Wirren des 2.Weltkriegs kam das Gemälde von Paris nach New York und wurde nach Francos Tod nach Madrid gebracht. Dagegen fordert die baskische Initiative "Guernica Gernikara" seit 1977, dass das Gemälde nach Gernika gebracht und dort ausgestellt werden soll.
Neben dem Ethnografischen Museum gibt es in Gernika das Friedensmuseum, dessen pädagogisches Ziel die Konfliktvermeidung ist. So wird versucht, den Friedens-Begriff über Martin Luther King, Gandhi, u.a. zu fassen, des Weiteren wird die Bombardierung Gernikas sinnlich erfahrbar gemacht. Weitere Sehenswürdigkeiten: Rathausplatz, ASTRA-Kulturzentrum, Friedhof mit Gedenkstätte, Wandbild-Kopie des Picasso-Gemäldes in Originalgröße. Ein Park hinter dem Juntas-Gebäude beherbergt große Skulpturen von Jorge Oteiza und Henry Moore.
Tropfsteinhöhle
Wir verlassen Gernika Richtung Osten und kommen in eine bergige Gegend, in der urzeitliche Spuren zu finden sind. In der 12 km von Gernika entfernten Santimamiñe Tropfsteinhöhle (Ort Kortezubi) gibt es Wandmalereien aus dem Paläolithikum (14.000 bis 9.000 v.C.), sie gilt als wichtigster urgeschichtlicher Fundort Bizkaias. 2008 wurde sie als Weltkulturerbe in die Liste der UNESCO aufgenommen. Seit 2007 ist sie für den Publikumsbesuch geschlossen. Stattdessen wird die Höhle unweit ihres Eingangs in einer kleinen Waldkapelle mittels einer virtuellen 3D-Schau vorgestellt.
Bemalter Wald
Bei der Santimamiñe Höhle beginnt ein einfacher Wanderweg, der in einer knappen Stunde zum Oma-Wald (Bosque de Oma) führt. Dabei handelt es sich um einen Kiefernwald, dessen Baumstämme vom baskischen Künstler Agustín Ibarrola derart bemalt wurden, dass je nach Standort der Betrachterin verschiedene Gesamtbilder zu sehen sind. Bei Sonnenschein ein Farbspektakel.
Keltische Siedlung
In der Nähe von Santimamiñe, auf einem leicht zu bewandernden Berg sind die Reste einer keltischen Siedlung aus vorchristlicher Zeit zu sehen: das Oppidum Arrola. Der von den Römern stammende Begriff Oppidum steht für eine frühe stadtartig angelegte Siedlung der späten Eisenzeit. Diese keltische Kultur zeichnet sich dadurch aus, dass vielfältige Handelsbeziehungen existierten und eine zunehmende Spezialisierung und Differenzierung der ansässigen Arbeitsbereiche (Handwerk, Verwaltung) feststellbar ist. Entdeckt wurde das Oppidum zu Beginn des 19.Jh. Die Ausgrabungen von 1982 bis 1986 ergaben, dass Arrola vom 4.Jh vor bis zum 1.Jh nach Christus bewohnt war, also bis in Römerzeiten. Das Oppidum weist Elemente großen archäologischen und historischen Werts auf. Der nordwestliche Zugang, an dem seit 1942 gearbeitet wurde, ist weitgehend freigelegt. Das beindruckende Areal ist nach einem 50-minütigen Fußmarsch zugänglich und mit Informationstafeln gut beschildert.
Urdaibai Bird Center
Ebenfalls auf der rechten östlichen Seite des Urdaibai-Reservats, zum Ort Gautegiz-Arteaga gehörend, liegt das neue Vogel-Beobachtungs-Zentrum, ca. 5km von Gernika entfernt, mit Blick auf das Marschland des Oka-Flusses. Das UBC ist in einem alten Fabrikgebäude untergebracht und beherbergt nicht nur multimediale Information zur in Urdaibai vertretenen Vogelwelt, sondern auch eine eigene Forschungsabteilung. Vermittelt werden die Gewohnheiten der Vögel im Feuchtgebiet, über große Fenster können die Tiere beobachtet werden. Insbesondere im Winter, wenn viele Spezies zu den extra eingerichteten Futterstellen kommen. Auf der westlichen Seite des Reservats landeinwärts gibt es eine Reihe netter kleiner Ortschaften wie Ibarrangelu und Ea. Hervorzuheben ist Elantxobe, ein kleiner Fischerort, der regelrecht am Hang über der Küste hängt und kaum Autoverkehr zulässt.
Biosphärenreservat Urdaibai
Um auf die andere Seite des Reservats zu kommen müssen wir nach Gernika zurück, um auf der Umgehungsstraße die Richtung Mundaka einzuschlagen. Der erste Ort auf der langen Geraden ist Forua, der Reste einer römischen Siedlung bietet, die allerdings wenig spektakulär anzusehen sind. Entdeckt wurden die Reste erst 1982, Informationstafeln beschreiben ihre Geschichte. Die breite Mündung des durch Gernika fließenden Oka-Flusses heißt auf ihren letzten Kilometern Urdaibai, 1984 wurde das Gebiet von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt. Es umfasst eine Oberfläche von 220km², weist ein besonders ausgeglichenes Mikroklima auf und ist von großem ökologischem Reichtum. Es ist das größte Feuchtgebiet des Baskenlandes und bedeutender Überwinterungsplatz für Zugvögel. Wegen seiner Vogel-Vielfalt wurde Urdaibai 1994 zum besonderen Vogelschutz-Gebiet erklärt. Bei Flut füllt sich die Flussmündung und wird zu einer breiten Wasserfläche, bei Ebbe tauchen hunderte kleiner Schilfinseln auf. Das Reservat zieht sich von Gernika bis zum Dorf Mundaka auf der linken und dem Dünenort Laida auf der rechten Seite. Das Gebiet selbst ist nicht einfach zugänglich, nur einige Wanderwege führen in Wassernähe, wo Schafe weiden. Ein besonders guter Blick auf das gesamte Gebiet ergibt sich vom etwas höher gelegenen Restaurant des Campingplatzes Portuondo vor Mundaka. Für Juli-August ist der Besuch von Urdaibai wenig empfehlenswert: da die Bevölkerung Bizkaias dort die schönen Strände von Laga und Laida zu genießen pflegt, führen die engen Zufahrtsstraßen regelmäßig zu Verkehrschaos.
Museum der Artenvielfalt
Auf Höhe des Ortes Busturia ist das Zentrum für Artenvielfalt zu finden (Centro de Biodiversidad), untergebracht im ehemaligen Festungsturm Madariaga (Torre Madariaga). Auf großen Tafeln wird anhand von Fotografien, Videos und interaktiven Montagen die Bedeutung der natürlichen Artenvielfalt erklärt. Der Aussichtspunkt des Turms bietet einen hervorragenden Überblick über das Biosphärengebiet Urdaibai.
Bergspitze San Pedro
An der rechten Spitze der Flussmündung liegt hoch oben die Kapelle San Pedro auf 312 Metern Höhe, eine zweistündige Wanderung bietet einen Blick auf das gegenüber liegende Dorf Mundaka, die Insel Izaro und das gesamte Naturschutzgebiet Urdaibai.
Sukarrieta
Mitten im Ort ist der Zugang zu der kleinen Insel Txatxarramendi mit einem botanischen Garten. Etwas weiter liegt ein großer und sehenswerter Gebäudekomplex für sommerliche Jugenderholung, der im Übrigen unter Denkmalschutz steht. Trotz dieser Tatsache will die Provinzregierung Bizkaia dort nichts weniger als ein zweites Guggenheim-Museum bauen lassen, um – so die Argumentation – die Gegend zu einem touristischen Anziehungspunkt zu machen. Dieses Argument ruft allerdings den Unwillen großer Teile der dortigen Bevölkerung hervor. Denn ein solches Projekt würde sowohl den Abriss des Ferienkomplexes bedeuten, als auch den Bau einer Autobahn durch das Naturschutzgebiet und wäre voraussichtlich dessen ökologisches Ende.
Mundaka
Der kleine beschauliche Küstenort am nordwestlichen Zipfel des Biosphärengebiets Urdaibai ist vor allem unter Surfer/innen bekannt, jährlich im September findet dort ein internationaler Wettbewerb statt, der die weltweit besten Surfer anzieht. Grund ist die relativ einzigartige "linke Welle", die durch die besondere Lage der Bucht zustande kommt. Mundaka hat einen kleinen Hafen, einen ebenso kleinen Strand, eine Kirche mit Fronton, ein altertümliches Hafen-Restaurant und eine attraktive Kneipenmeile zu bieten. Gegenüber von Mundaka liegt auf einem Berg die Kapelle San Pedro (312m), die den Blick fast bis Gernika reichen lässt. Sie ist zu erreichen über einen Waldweg, der in Akorda (zum Ort Ibarrangelu gehörend) seinen Ausgang nimmt. Vor Urdaibai liegt die unbewohnte Insel Izaro.
Bermeo
Bevor Bilbao vor hunderten von Jahren zur Hauptstadt von Bizkaia gemacht wurde, hatte Bermeo als wichtige Hafenstadt beste Aussichten selbiges zu werden. Noch immer ist es neben Lekeitio und Ondarroa der bedeutendste Fischereihafen von Bizkaia, mit schöner Altstadt, Fischerei-Museum, Hafenkasino, Skulpturenpark Nestor Basterretxea und einem sehenswerten über dem Meer liegenden Friedhof. Wenig weiter warten an der Küste der Matxitxako Leuchtturm, das Basterretxea Denkmal für die Matxitxako-Seeschlacht von 1937 und die Beinahe-Insel San Juan de Gaztelugatxe, eine der landschaftlich schönsten Sehenswürdigkeiten des Baskenlandes.
(siehe auch: Information unter Baskultur.Info > Aktuell > Ausflugs-Angebote)
Fotoserien (Fotos von Txeng auf FlickR):
(1) Gernika, Santimamiñe-Höhle, Oma-Wald (Foto Archiv Txeng)
(2) Keltische Siedlung Arrola (Foto Archiv Txeng)
(3) Urdaibai, Mundaka, Bermeo, San Juan de Gaztelugatxe, Nestor Basterretxea (Foto Archiv Txeng)
Begleitete Exkursion:
Innerhalb seiner kulturellen Aktivitäten bietet der Kulturverein Baskale begleitete Exkursionen an, unter anderem in das Biosfären-Reservat Urdaibai in Bizkaia. Technische Daten: Ausgangspunkt ist Bilbao, maximal sieben Teilnehmerinnen, genaues Tagesprogramm gemäß konkreter Absprache. Die Optionen für den Tagesausflug ergeben sich aus den im obigen Artikel beschriebenen Orten und Aktivitäten. Der Ausflug bietet mehrere interessante Besuchs-Optionen, die in einer Fahrt nicht alle durchführbar sind. Je nach Interessenlage wird eine Auswahl vorgenommen.
Geschätzte Dauer der einzelnen Aktivitäten: Oppidum 140 min, Stadtrundgang Gernika 90min, Friedens-Museum Gernika 60min, Santimamiñe-Höhle 90min, Bemalter Wald Oma 120 min, Birdcenter 60min, Madariaga-Natur-Museum 60min, Wanderung Aussichtspunkt San Pedro 120min.
Ausgehend von einer Dauer von 10 Stunden (Abfahrt 9h, Rückkehr 19h) betragen die Kosten für den Ausflug 330€ (300€ Begleitung + 30€ Fahrtkosten). Dazu kommen ggf. Eintritte für die Santimamiñe-Höhle (9€ pP), das Birding Center (5€ pP) oder das Friedensmuseum Gernika (4€ pP), sowie ein eventuelles Mittagessen (ca. 11€ pP). Kontakt: baskale.elkarte (at) gmail.com oder baskultur.info (at) gmail.com.