zorn1Tödliche Kriegsspiele der Nazis

Zornotza (spanisch: Amorebieta) liegt 20 Kilometer östlich von Bilbao. Während des Spanienkrieges im Frühjahr 1937 kamen die aufständischen Truppen mit Hilfe ihrer deutschen und italienischen Verbündeten aus genau dieser Richtung. Mit dem Angriff auf Durango hatten die Faschisten eine neue Offensive begonnen, deren Ziel die Einnahme der baskischen Hauptstadt war. Zornotza wurde aufgrund seiner strategischen Lage beim Vormarsch auf Bilbao von der aufständischen Luftwaffe mehrfach heftig angegriffen.

In einem Artikel für die baskische Tageszeitung Deia beschreibt der in den USA lebende baskische Historiker Xabier Irujo die Angriffe auf die Bilbao-Nachbarstadt Zornotza. Jene Angriffe waren fundamental für den Vormarsch der Faschisten. Gleichzeitig waren sie “Bomben-Tests“, die vom Befehlshaber der Legion Condor, Richthofen, geplant wurden.

Die Industriestadt Zornotza-Amorebieta wurde insgesamt 49 Mal aus der Luft angegriffen, wobei die schwersten und massivsten Angriffe zusammen mit denen gegen Groß-Bilbao und Legutio (span: Villareal de Alava, weiter südlich) erfolgten. Der Luftkrieg überraschte Zornotza zum ersten Mal am 28. April 1937 (zwei Tage nach der verheerenden Bombardierung und Vernichtung der nur 20 Kilometer entfernt liegenden Kleinstadt Gernika). (1)

Laut dem vom italienischen General Vincenzo Velardi unterzeichneten Bericht der Aviazione Legionaria (2) leisteten zwei Gruppen von fünf Fiat Cr32-Jägern "Geleitschutz" für eine Reihe von Bombern, "die nicht aktiv wurden". Doch liegen wie bei vielen Kriegs-Ereignissen die Fakten weit entfernt von der offiziellen Wahrheit, die in den Kriegsberichten festgehalten wurden. Das Geschwader von Jagd- und Kampfflugzeugen bombardierte und beschoss Zornotza. Ein Bewohner wurde erschossen, als er aus dem Fenster seiner Wohnung schaute. Einen Tag später wiederholten Heinkel He51 (von der nazideutschen Legion Condor) und italienische Fiat Cr32 Flugzeuge die Angriffe. "Heute hat der Feind die Bombardierung von Zornotza (Amorebieta) fortgesetzt. Zuerst gegen vier Uhr nachmittags und dann gegen fünf Uhr wurde die Stadt beschossen. Einige Bomben wurden abgeworfen", so der VBericht der baskischen Verteidiger. Eine zweite Person starb, fünf weitere wurden verletzt. Am 30. April griffen die gleichen Flugzeuge das Dorf und die Stellungen der baskischen Armee in Urremendi erneut an.

Durango und Gernika

zorn2Nach dem Fall von Durango am 28. April (3) wurden die Verbindungs-Straßen von Zornotza nach Lemoa und von Zornotza nach Galdakao eineinhalb Monate lang ständig aus der Luft beschossen. Wolfram von Richthofen (4), Stabschef der Legion Condor (5), befahl seinen Männern, Kriegsexperimente durchzuführen. Wie der Heinkel He51-Pilot Hans Wandel später bezeugte, erhielt er den Befehl, zu schießen "auf alles, was sich bewegt". Das Ganze aus einer Höhe von 900, 600 und 500 Metern, die Anzahl der getroffenen Ziele sollte Wandel für die Nazi-Statistik in seinem Logbuch vermerken. Ziel war es, den Zusammenhang zwischen Schusshöhe und Streuweite sowie die Fehlerquote zu ermitteln.

Ausgestattet mit zwei MG-17-Maschinengewehren, die 40 Geschosse von 7,92mm pro Sekunde abfeuerten, konnten die Heinkel He51 bis zu sechs Zehn-Kilogramm-Bomben mitführen. Die He51 operierten in Gruppen von drei Flugzeugen beziehungsweise in "Ketten". Der Anführer der "Kette" machte ein Ziel aus und griff im Sturzflug an: um die Opfer zu erschrecken, sie zum Weglaufen zu bringen, ohne zu wissen, dass hinter dem ersten zwei weitere Flugzeuge folgten. Für das zweite Flugzeug waren die Flüchtenden bei einer Geschwindigkeit von 250 km/h und einer Flughöhe von 40 Metern ein leichtes Ziel. Das dritte Flugzeug sollte schließlich eine oder mehrere Bomben auf die Überlebenden abwerfen.

Diese Art von Kriegsstrategie führte unter den Piloten zynischerweise zu Wetten um die Zahl der Opfer, sie waren sich durchaus bewusst, dass sie ihre Zeit in der Luft mit dem Beschuss von Zivilisten verbrachten.

Phase Zwei

Diese Bombardierungen und Beschießungen der Zornotza-Front fanden eine Woche lang fast täglich statt. Doch ab dem 10. Mai 1937 wurden die Angriffe wesentlich intensiver und verheerender. Nach Ansicht des britischen Konsuls Ralph Stevenson hatte die Bevölkerung gelernt, unter ständigen Bombardements zu leben. Laut dem Bericht des britischen Botschafters Henry Chilton wurden die baskischen Stellungen am 16. Mai den ganzen Tag über von neunzehn Junkers Ju52 und von Heinkel He51-Geschwadern bombardiert, die von elf Jagdflugzeugen begleitet wurden.

Der englische Reporter George Steer (6), der den Luftangriff am Boden miterlebte, schrieb: "In Anlehnung an die Methoden, die in Gernika (am 26. April 1937) angewandt wurden, aber vielleicht aus Angst vor einem weiteren internationalen Aufruhr, bombardierten die Aufständischen Zornotza am Sonntag, dem 16. Mai, mit Brandbomben. Aber sie taten es nicht kontinuierlich, sie wollten kein großes Feuer provozieren und somit einer weiteren unangenehmen Geschichte aus dem Weg gehen. Ich habe die Bombardierung beobachtet und nicht explodierte Brandbomben aufgesammelt".

Kriegsreporter George Steer

zorn3Was Steer mit seinen Bemerkungen meinte, war das mediale Nachspiel der Gernika-Vernichtung. Seine eigenen Berichte in der London Times hatten das Kriegsverbrechen von Gernika binnen eines Tages weltbekannt gemacht und den Faschisten heftige Kritik eingebracht. Die reagierten mit der medialen Lüge, dass die Basken ihre Stadt selbst angezündet hätten, um den “National-Katholiken“ (Eigenbezeichnung der Franquisten) die Schuld in die Schuhe zu schieben. Im Fall von Zornotza stellte Steer fest, dass die Bomben leichter waren als die in Gernika eingesetzten, dafür aber eine aktivere und wirksamere Thermit-Mischung enthielten (ein Brandbeschleuniger). Dieser Typ von Brandbomben wurde in Zornotza eingesetzt. Die Deutschen setzten in Bizkaia drei Arten von Brandbomben ein und experimentierten ganz offensichtlich mit dem Terror gegen die Zivilbevölkerung.

Frontalangriff

Am 17. Mai gingen alle Einheiten der Legion Condor koordiniert vor und "entfesselten brutale Angriffe auf Zornotza". Nach schweren Bombardements konnten die Infanterie-Einheiten der Aufständischen die die Höhenzüge 282, 279 und 268 nördlich der Stadt sowie die Erhebung 288 nordöstlich der Stadt "auf einfache Art" einnehmen. Schwere Junkers Ju52 aus der Bombereinheit K/88 griffen die Stellungen östlich, südlich und westlich von Zornotza dreimal an, während Heinkel He111 und Dornier Do17 aus der Experimental-Bombereinheit VB/88 Straßen westlich und nordwestlich des Dorfes ebenfalls dreimal angriffen. Jäger und Bodenangriffs-Flugzeuge der Einheiten J/88 und A/88 führten Tiefflieger-Angriffe "am Stadtrand von Zornotza" durch. Auch italienische und spanische Flugzeuge waren an den Angriffen auf die Stadt beteiligt, die nach dem Kommando-Bericht der faschistischen Luftwaffe des Nordens "aussieht als wäre sie verlassen worden".

Die Einnahme der Stadt

Am 18. Mai nahmen die faschistischen Truppen Zornotza ein, nachdem die Stadt und ihre Umgebung 29 Mal aus der Luft angegriffen worden waren. George Steer wies darauf hin, dass die durch die Bombardierungen vom 16. und 17. Mai entstandenen Brände noch nicht hatten gelöscht werden können. Wie schon in Irun, Eibar, Mungia und Gernika beschuldigten die Faschisten nach ihrer Einnahme des Ortes die republikanischen "Roten", die Stadt auf ihrem Rückzug in Brand gesetzt zu haben.

Am 19. Mai gab es aufgrund des schlechten Wetters keine schweren Bombardierungen, folglich konnte die faschistische Infanterie auch nicht weiter vorrücken. Wie ein Reporter der baskischen Tageszeitung Euzkadi berichtete, war Mittwoch 19. Mai "ein Tag der Ruhe, der den Aufständischen vom Wetter aufgezwungen wurde. Wie wir gesehen haben, greifen die Faschisten unsere Stellungen nicht ohne die Unterstützung ihrer Luftwaffe an“.

zorn4“Ihre Artillerie kann mit einer großen Anzahl von leistungsfähigen Geschützen unsere Stellungen und Schützengräben erreichen. Dies reicht jedoch nicht aus, dass die faschistische Infanterie sich massenhaft mit den Stellungen der republikanischen Kräfte konfrontieren würden. Im Gegenteil, sie brauchen deutsche Flugzeuge, um unsere Kräfte vor, während und nach der Operation zu beschießen. Zuerst, um die anzugreifende Linie und die Nachhut zu bombardieren. Dann, um unsere Stellungen zu beschießen, und um Verstärkungen über die Straße oder von Stellung zu Stellung zu verhindern. Und schließlich, um die baskischen Soldaten (Gudaris) und die Zivilbevölkerung mit Maschinen-Gewehren zu beschießen, wenn sie sich in Gebiete zurückziehen, in denen sie ihre kriminellen und antichristlichen Instinkte wiederholt unter Beweis gestellt haben“.

Der Fall der "Zornotza-Front"

Zwischen dem 19. und 20. Mai kam es erneut zu massiven Bombardierungen an der Gegend, die in den Berichten der Aufständischen weiterhin als "Zornotza-Front" bezeichnet wird. Denn die Infanterie-Einheiten, die von Galdakao in Richtung Bilbao durchbrechen sollten, kamen kaum voran. Am 22., 24. und 29. Mai wurden die Front- und Berg-Stellungen von Bizkargi und Lemoatx zwölfmal mit der gesamten an der baskischen Front verfügbaren Luftwaffe angegriffen. Dennoch schrieb der Nazi-General Hugo Sperrle (Oberster Befehlshaber der Legion Condor bei ihrem Einsatz im Spanienkrieg) Ende Mai in seinem Kriegsbericht, dass "trotz des starken Einsatzes der Luftstreitkräfte der Legion Condor, der spanischen und der italienischen Legionärsstaffeln bei Zornotza nur geringe Fortschritte erzielt wurden". Erst nach den unerbittlichen Luftangriffen vom 11. bis zum 13. Juni 1937 sahen die Aufständischen die "Zornotza-Front" als besiegt an.

Mit 49 Luftangriffen erlitt die Zornotza-Front, die das Stadtgebiet und die unmittelbar angrenzenden Berg-Stellungen umfasst, zusammen mit Groß-Bilbao und Legutio (span: Villareal de Alava) die schwersten und massivsten Luftangriffe des Krieges an den Fronten im Baskenland.

ANMERKUNGEN:

(1) “Zornotza bajo las bombas” (Zornotza unter Bomben), Tageszeitung Deia, Xabier Irujo, 2022-05-30 (LINK)

(2) Aviazione Legionaria: Name der faschistischen italienischen Luftstreikräfte (Mussolini) im Spanienkrieg. (LINK)

(3) “Die vergessene Bombardierung – Durango kämpft um seine Geschichte“, Baskultur.info, 2018-04-03 (LINK)

(4) Wolfram von Richthofen, Wikipedia (LINK)

(5) “Was war die Legion Condor?“ Baskultur.info (LINK). “Legion Condor, Hauptquartier“, Baskultur.info (LINK). “Belohnung für Legion Condor, Baskultur.Info (LINK)

(6) George Steer, britischer Kriegs-Reporter (1909-1944), Wikipedia (LINK

(7) Hugo Sperrle (1885-1953), Oberbefehlshaber der Legion Condor im Spanienkrieg, wurde von allen Vorwürfen von Kriegsverbrechen freigesprochen. Wikipedia (LINK)

ABBILDUNGEN:

(1) Zornotza (deia)

(2) W. von Richthofen (elmundo)

(3) Legion Condor (baskale)

(4) Zornotza (deia)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-06-03)

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