Bizkaia-Küste voller archäologischer Funde
Höhlenforscher der Gruppe Ades aus Gernika entdeckten an den Wänden einer Höhle große Prankenkratzer einer Tierart, die aller Wahrscheinlichkeit nach vor mehr als 25.000 Jahren ausgestorben ist: die Höhlenbären. Die Entdeckung ereignete sich Mitte letzten Jahres, als die Coronavirus-Pandemie noch erlaubte, die Eingeweide der Erde in einer Region zu erforschen, in der insbesondere in den vergangenen zwei Jahrzehnten enorm viele archäologische Schätze von unschätzbarem historischem Wert gefunden wurden.
Das Biosphären-Reservat Urdaibai, in einem Großraum zwischen Gernika und Bermeo gelegen, ist nicht nur ein einmaliges Beobachtungsgebiet für Zugvögel. Hier ist auch eine Vielzahl von Höhlen mit allerlei künstlerischen Gestaltungen zu finden, die von Menschen und Tieren bewohnt waren.
Als die Höhlenforscher der Gruppe Ades aus Gernika im Jahr 2020 in eine der Höhlen in Lea Artibai einstiegen, betraten sie ahnungslos eine Miniatur-Zeitmaschine. "Die Überraschung war riesig", gesteht Oier Gorosabel, eines der Mitglieder der Expedition. Was sie entdeckten, ließ das Rad der Zeit einmal mehr um Tausende von Jahren rückwärts gehen. Die meisten der archäologischen Entdeckungen befinden sich im unteren meernahen Becken des Flusses Lea und seines Nebenflusses Zulueta, wo es große Gesteinsformationen aus Kalkstein gibt.
Zu den außergewöhnlichsten Juwelen dieser Zone gehören die Höhlen von Atxurra im Ort Berriatua, mit dem wichtigsten Fund paläolithischer Höhlenkunst im Baskenland und einer der wichtigsten Kolonien von Höhlen-Fledermäusen in Bizkaia. Sowie die Armintxe-Höhle von Lekeitio, in der die Höhlenforscherinnen der gleichen Gruppe fünfzig Gravuren gefunden haben, die etwa 14.000 Jahre alt sind und die von den Expertinnen als die "spektakulärste und beeindruckendste" Ansammlung ihrer Art auf der Iberischen Halbinsel angesehen werden.
"Die Entdeckung neuer Höhlen ist nicht ungewöhnlich", fügt Gorosabel hinzu. "Es ist ein Teil der Tätigkeit, die wir entwickeln und der Katalogisierungs-Arbeit, die wir auf der Grundlage von Daten von Informanten wie der lokalen Bevölkerung und den Bauern und Bäuerinnen systematisch durchführen", erklärt er. "In vielen Fällen finden wir Hohlräume, die nicht öffentlich bekannt sind", erklärt er.
Und im Rahmen dieser Arbeit führten die Hinweise bei dieser Gelegenheit zu einer Höhle in der Gemeinde Amoroto, wo Suchende zu ihrem Erstaunen paläontologische Fußabdrücke und archäologische Überreste von hohem Wert fanden, die sie anschließend markierten und fotografierten. Genauer gesagt: "Wir fanden auf den Felsen Abdrücke von außerordentlich großen Tier-Krallen, etwa drei- oder viermal so groß wie die Hand eines erwachsenen Menschen", so der Höhlenforscher.
Nach ersten Untersuchungen deutet alles darauf hin, dass es sich um Spuren des Höhlenbären Ursus spelaeus (2) handelt, einer prähistorischen Art, die vor mehr als 25.000 Jahren ausgestorben ist. Den Expertinnen zufolge nutzten diese Riesentiere Höhlen als natürliche Unterschlupfe für den Winterschlaf, ein Faktor, der schließlich zu ihrem Tod führte. Die Männchen konnten bis zu 3 Meter groß werden und etwa 600 Kilo wiegen, während die Weibchen deutlich kleiner waren.
600 Kilo Gewicht
Das Eindringen von Menschen, die ebenfalls Schutz und Wohnstätten suchten, führte zur Reduzierung der Lebensräume der Tiere und schließlich vor Jahrtausenden zu ihrem Aussterben. "Deshalb wurde das Wenige, was über ihr Verhalten bekannt ist, durch das Studium von Überresten und Spuren abgeleitet, die die Bären in Höhlen wie der von Amoroto hinterlassen haben", erklären die Wissenschaftlerinnen. Das Verbreitungsgebiet des Höhlenbären erstreckt sich über ganz Europa bis hin zu den bewaldeten Ausläufern des Ural-Gebirges.
Offenbar hatten sie eine Vorliebe für bewaldete Gebiete mit unterschiedlichem Relief, in denen es reichlich Nahrung gab. Im Baskenland wurden die meisten Überreste in Gipuzkoa gefunden, während in Bizkaia die Funde aus der Askondo-Höhle in Mañaria beeindrucken. "Die Entdeckung ist wichtig, nicht nur wegen der Lage der parallelen Kerben, sondern auch wegen des Fundortes, wegen der Beziehung zu den anderen Fundorten, die sich in einem Radius von zwei Kilometern befinden."
Bei ihrem unterirdischen Unternehmen stießen die Höhlenforscherinnen auch auf eine weitere archäologische Überraschung: einen menschlichen Schädel. "In einem ungewöhnlichen Zustand, ganz offensichtlich ein Schädel, die Gesichtsknochen sind begraben, aber keine anderen Überreste an Ort und Stelle", erklären sie. Dem Ausgrabungs-Protokoll folgend "haben wir keine Grabungen durchgeführt oder Proben entnommen", wird festgestellt. "Wenn die Archäologinnen hineingehen und die Erde bewegen, finden sie vielleicht weitere Überreste, die zu dem Körper passen", erklären die Forscherinnen. Alles deutet darauf hin, dass die beiden Funde aus längst vergangenen Zeiten stammen.
"Wir haben die Funde fotografisch dokumentiert und die notwendigen Maßnahmen ergriffen, sie in einem korrekten Zustand zu halten", erklärt Gorozabel. Die Höhlenforscherinnen der Ades-Gruppe werden die Höhle nun nicht mehr betreten. "Unser Protagonismus endet hier, es sei denn, wir werden von den Archäologinnen ausdrücklich darum gebeten", versichert er. Die neue entdeckte Höhle befindet sich in einem Umkreis von zwei Kilometern um die Fundstätte Atxurra in Berriatua.
Zukünftige Forschung
Die Forschungsarbeit liegt nunmehr in den Händen des Archäologischen Museums von Bilbao, in Bizkaia Referenz und Verbreitungskanal für die Forschung in dieser Disziplin. Die Ades-Gruppe hat für die Provinz-Regierung einen Bericht angefertigt, der alle Aktionen aufzeichnet, die sie in MG-12 durchgeführt haben: so lautet der Code, den sie der Höhle von Amoroto gegeben haben.
Die Stätte wird zudem in die Datenbank für Kulturerbe der baskischen Regierung aufgenommen und ist zugänglich für Anfragen von Forscherinnen. "Wir wissen, dass es bereits Anfragen gibt", erzählen Mitglieder der Gruppe aus Gernika. Seit Beginn ihrer Aktivitäten im Jahr 1978 im Biosphären-Reservat Urdaibai haben sie etwa 500 Höhlen in der ganzen Gegend katalogisiert und erforscht und mehr als 150 neu entdeckt.
Bau eines Zentrums für Höhlenkunst in Lekeitio
In den letzten fünfzehn Jahren wurden in Bizkaia doppelt so viele Höhlen gefunden wie in einem ganzen Jahrhundert. Dies ist zurückzuführen auf neue Untersuchungs- und Beobachtungs-Methoden, sowie auf modernes technisches Hilfsgerät. Um die Funde der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, plant die Provinz-Verwaltung den Bau eines Museums zur Ausstellung der Höhlenkunst in Lekeitio. (3)
Dieses Museums-Projekt soll den Wert des Fundes der Höhlen von Lea Artibai sowie des restlichen Territoriums entsprechend würdigen und die Information der Öffentlichkeit zugänglich machen. Es soll gleichzeitig ein Treffpunkt für den Transfer und Austausch von Wissen zu diesem Thema werden, das aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen gewonnen wird. Derzeit sind in Bizkaia etwa fünfzehn "gestaltete" Höhlen bekannt. Die Zeichnungen und Gravuren von Venta Laperra, in Karrantza; Santimamiñe, in Kortezubi; Goikolau in Berriatua und Arenaza in Galdames wurden zwischen 1904 und 1973 entdeckt.
Allein in den letzten fünfzehn Jahren wurden doppelt so viele Höhlen gefunden wie in einem ganzen Jahrhundert zuvor. Rincón und Polvorín, in Karrantza. Askondo, in Mañaria, sowie Lumentxa, in Lekeitio. Morgota, in Kortezubi, und Ondaro, in Nabarniz. Ebenfalls auf der Liste stehen Abittaga, in Amoroto; Atxurra, in Berriatua; Armintxe, in Lekeitio, und Baltzola, in Dima. Dabei gibt es die verschiedensten Versionen von Höhlen-Gestaltungen: Bisons, Pferde oder Hirsche, aber auch Bären und menschliche Figuren. Gemälde und Stiche. Breit und tief, kurz und lang. Besser und schlechter erhalten, aber alle von großem historisch-archäologischem Wert.
Die prähistorischen Gravuren von Armintxe zum Beispiel enthalten Tierfiguren, die im kantabrischen Raum bisher unbekannt waren, wie z.B. Katzentiere, in Gestalt von zwei Löwen. Dazu gibt es ein Pferd und einen großen Bison, die von kleineren Figuren umgeben sind. Fünf Ziegen, zwei Bisons und vier nicht weiter bestimmte Vierbeiner wurden ebenfalls gefunden.
ANMERKUNGEN:
(1) “El oso de las cavernas deja huella en Amoroto” (Der Höhlenbär hinterlässt Spuren in Amoroto) Tageszeitung El Correo, Autorin Mirari Artime, 2021-02-21 (LINK)
(2) Ursus Spelaeus, Höhlenbären (LINK)
(3) “La Diputación proyecta construir un centro de arte rupestre en Lekeitio” (Die Provinz-Regierung plant ein Zentrum für Höhlenkunst in Lekeitio), Tageszeitung El Correo, Autorin Mirari Artime, 2021-02-21 (LINK)
ABBILDUNGEN:
(1) Amoroto-Höhle (elcorreo)
(2) Höhlenbär (elcorreo)
(3) Höhlen-Plan (elcorreo)
(4) Lekeitio (elcorreo)
(5) Amoroto-Höhle (elcorreo)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2021-02-28)