guernica001Bombardierung inspiriert Filmemacher 

Das Picasso-Bild „Guernica“ ist zu einer Ikone des Filmgeschäfts geworden. Von den Simpsons bis zu einem Porno Film. Die Bombardierung der baskischen Stadt am 26. April 1937 scheint Filmschaffende zu inspirieren. Der Regisseur Koldo Serra hat soeben einen Film gedreht, der die baskische Tragödie zum Gegenstand hat, viele andere haben es bereits hinter sich. Picasso ist zum Aushängeschild geworden für allerlei und viele, egal, ob sie seine politische Botschaft verstehen und teilen oder nicht.

(2015-12-01) Am 26. April 1937 wurde im Verlauf des Spanischen Krieges die baskische Stadt Gernika von Flugzeugen der nazideutschen Legion Condor bombardiert. Die Zahl der Toten bewegte sich um 2.500, wie der baskische Historiker Xabier Irujo im vergangenen Sommer unter Berufung auf zeitgenössische Quellen mit Nachdruck und in Widerspruch zu weit geringeren Angaben von anderer Seite feststellte (1). „Die deutschen Jagdflugzeuge schossen auf alles was sich bewegte“, erinnern sich Augenzeugen der Bombardierungen. Picasso war nie in Gernika, doch malte er eines der erschütterndsten Bild der Geschichte zum Thema Vernichtung. In schwarzen, weißen und grauen Tönen dokumentierte der Künstler aus Malaga den Horror des Krieges. Eine Malerei der dramatischen Konturen, voller Gewalt, verurteilt zur Abwesenheit von Farbe, machte aus dem „Guernica“ ein politisches Manifest dieses ruhelosen, genialen und außergewöhnlichen Künstlers des 20. Jahrhunderts.
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Meisterwerk als Filmbeilage

Seither ist Picassos Meisterwerk „Guernica“ zu einem Schrei gegen die Barbarei geworden (2). Und gleichzeitig zu einem Symbol der Kinematografie. Ein ums andere Mal hat die Filmindustrie das Motiv aufgenommen und benutzt, aus ganz unterschiedlichen Motiven. Filme, die Pablo Picasso als Figur beinhalten gibt es nicht so viele, die Internet Movie Database IMDB spricht von 32 Erscheinungen. „Über Picasso selbst gibt es nicht so viele Filme wie er es eigentlich verdient hätte, doch sein Gemälde ist eine Filmikone. Picasso war eine hochgeschätzte Persönlichkeit, auch unter melodramatischen Aspekten. Doch weil er in der Kultur eine symbolische Figur abgibt und weil er aufgrund seines schwierigen Charakters nicht gut darzustellen ist, haben sich die Filmemacher etwas zurückgehalten. Ganz anders wurde sein berühmtestes Werk angegangen. Sogar für einen pornografischen Film wurde das Guernica-Bild benutzt – viele werden sich fragen, was das Bild da zu suchen hat. Sicher dachte sich der Dekorateur, dass es dem Film gut tun könnte“, so erklärt Félix Linares von der Kinosendung „La noche de…“ (Die Nacht von …) des öffentlichen baskischen Fernsehens ETB2 das Phänomen. In derselben Sendung wurde auch die Gegenwart des Gemäldes in der Serie „Die Simpsons“ erörtert. „Hier im Programm haben wir mehrfach festgestellt, dass die Simpsons eine enge Verbindung zu Euskadi haben, im Atomkraftwerk gibt es eine Gruppe, die Tauziehen praktiziert (sokatira), es erscheint das Guernica-Bild … es wurde sogar darüber spekuliert – auch wenn solche Überlegungen gut ins Hollywood-Klischee passen – dass der Schöpfer der Springfield-Stadt, in der die Familie lebt, Vorfahren hat aus dem nordbaskischen Iparralde“.

Es ist unmöglich, alle us-amerikanischen Filme aufzulisten, in denen das Meisterwerk von Picasso auftaucht. Doch selbst im spanischen Staat wurde es in den 80er Jahren zu einem relativ üblichen Beiwerk. „Zusammen mit dem Foto des Che schmückte das Bild typischerweise viele Zimmer von Jugendlichen. Um die Haltung der Jugendlichen jener Zeit zu charakterisieren, eignete sich die Reproduktion des Guernica hervorragend“, sagt Félix Linares mit 20 Jahren Kinosendungen auf dem Buckel.

Abgedreht

Derzeit liegen zwei Projekte auf dem Tisch, die das tragische Bombardement der baskischen Stadt zum Thema haben. Der Regisseur Koldo Serra (3) hat Mitte 2015 den Spielfilm „Gernika“ gedreht mit Mara Valverde, Víctor Clavijo, Bárbara Goenaga und Irene Escolar als Protagonistinnen. „Gernika“ wird sein zweiter Film sein nach seinem Spielfilm-Debüt im Jahr 2006 mit „Bosque de sombras“ (Schattenwald). Der Dreh dieser Koproduktion zwischen Spanien und USA lief mit einem Team von 100 Personen über acht Wochen in verschiedenen Orten Bizkaias, darunter Bilbao, Gernika und Lekeitio. Vor dem Hintergrund der von der Legion Condor abgeworfenen Bomben wird die Geschichte einer ewigen Liebe erzählt, die sich in einer einstürzenden Welt abspielt. Inspiriert durch Journalisten wie den Kriegs-Korrespondenten von THE TIMES, George Steer, oder den Vater des Foto-Journalismus, Robert Capa, sind die Protagonisten des Films mit ihren eigenen Gefühlen konfrontiert und mit der Brutalität des Konflikts, über den sie schreiben. Dieser Film wurde in Zusammenarbeit mit dem baskischen Fernsehen EiTB auf Englisch gedreht, das Drehbuch stammt nach einer Originalgeschichte von Carlos Clavijo und Barney Cohen. (4)
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Standby

Nicht ganz so gut läuft ein zweites ehrgeiziges Projekt, das vor fünf Jahren begonnen wurde, bisher aber zu keiner Umsetzung geführt hat. Es handelt sich um „33 Tage“, einen Film, den der berühmte Regisseur aus Aragon Carlos Saura mit internationaler Starbesetzung drehen sollte. Vorgesehen waren Antonio Banderas und Gwyneth Paltrow, das Drehbuch stammt von dem kürzlich verstorbenen baskischen Produktoren Elias Querejeta. In dessen Begleitung besuchte Saura sogar das Baskenland, um sich mögliche Drehorte anzuschauen. Bereits abgesprochen war, dass sich der Pavillon 6 des Messegeländes Bilbao (BEC!) in Barakaldo in Picassos Werkstatt verwandeln sollte, in die Werkstatt der Rue des Grands Augustins, in der der andalusische Maler arbeitete. Doch die miese finanzielle Situation der für das Projekt hauptverantwortlichen bilbainischen Produktions-Gesellschaft IDEM4 hat dazu geführt, dass der Film vorerst auf Eis gelegt wurde. Zwar besteht die Möglichkeit, dass das Projekt doch noch umgesetzt wird, denn der Schauspieler Banderas hat ein persönliches Interesse daran. Er ist auf der Suche nach nordamerikanischen Investoren, Ziel ist ein baldmöglicher Drehbeginn. Klar ist jedoch, dass der Film dann nicht im Baskenland gedreht werden würde. Denn Banderas, der wie Picasso aus Malaga stammt, möchte das Geburtshaus von Picasso wieder aufbauen und dort das Pariser Studio einrichten, das gab er bereits bekannt.

Weitere „Guernica“

Der venezolanische Regisseur Alberto Arvelo kündigte im Mai 2015 an, dass er einen Film über den Maler Picasso drehen wolle und über die Entstehtung des Guernica-Bildes. Der Produzent von „Libertador”, „Lo que tiene el otro”, „Cyrano Fernández” und verschiedenen anderen Spielfilmen räumte jedoch ein, dass sich das Projekt noch im Anfangsstadium befindet. Immerhin sind bereits Verträge unterzeichnet für eine Koproduktion in Spanien, mit Blick auf einen Drehbeginn Ende 2015. „Es ist das beeindruckendste Drehbuch, das ich je gelesen habe“, erklärte Arvelo.

Die Bomben auf die Stadt Gernika waren auch Gegenstand anderer Spielfilme wie „Gernika bajo las bombas“ (Gernika unter Bomben), einer Fernseh-Produktion der baskischen Produktions-Gesellschaft Baleuko, mit zwei Kapiteln von je 75 Minuten, die im Schatten der brutalen Vernichtung der Stadt verschiedene miteinander verbundene Geschichten erzählt.
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Die Zerstörung Gernikas durch die Legion Condor zum Thema hat auch ein Dokumentarfilm von JyT Kreaktibos und Baskale Elkartea aus Bilbao, der in 23 Minuten Dauer mit den Stimmen von Historikerinnen erzählt, was die Nazis bewegt hat, ihre Condor-Legion nach Spanien und ins Baskenland zu schicken, um dort Angst und Schrecken zu verbreiten. Unter dem Titel „Legion Condor. Vergangenheit und Gegenwart eines Kriegsverbrechens” kommen interessante Details zur Sprache über die Entstehung dieser deutschen Militäreinheit und deren Protagonismus bei der Bombardierung Gernikas, die als Experimentierfeld für den bevorstehenden Zweiten Weltkrieg dienten. (5)

ANMERKUNGEN:

(1) Guernica – Gernika sind die beiden Schreibweisen des Namens der Stadt. Die erste, spanische, benutzte Picasso, um sein Werk zu betiteln, die zweite stellt den baskischen Namen des Ortes dar. Ein besonderes Wortspiel zwischen beiden Versionen stellt die Forderung der Stadt Gernika dar, Picassos Gemälde in die namensgebende Stadt zu bringen und auszustellen. „Guernica Gernikara“ steht unter einer originalgetreuen Nachbildung aus Kacheln an einer Mauer der Stadt, die regelmäßig von Schulklassen und Touristen-Strömen besucht wird, es bedeutet „Das Guernica-Bild nach Gernika“.

(2) Dazu der Artikel „Kunst als Propaganda – Picassos Guernica“ auf Baskultur.info

(3) Koldo Serra de la Torre (1975, Bilbo), Regisseur zweier Spielfilme, verschiedener Kurzfilme, Musikvideos und Werbespots.

(4) Der Artikel basiert auf einer Publikation in der baskischen Tageszeitung Deia vom 3.5.2015 mit dem Titel „El Guernica, también un icono del cine“ (Das Guernica-Bild, auch eine Kino-Ikone) (Link)

(5) Baskale Elkartea (Baskisch-deutscher Kulturverein Baskale): „LEGION CONDOR. Vergangenheit und Gegenwart eines Kriegsverbrechens“ (Link)

FOTO:

(1) Version des „Guernica“-Gemäldes von Pablo Picasso (FAT – Foto Archiv Txeng)

(2) Version des „Guernica“-Gemäldes von Pablo Picasso (FAT – Foto Archiv Txeng)

(3) Version des „Guernica“-Gemäldes von Pablo Picasso (FAT – Foto Archiv Txeng)

(4) Version des „Guernica“-Gemäldes von Pablo Picasso (FAT – Foto Archiv Txeng)

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