lucarini1Die Familie Lucarini

Ende des 19. Jahrhunderts liessen sich drei aus Italien stammende Brüder mit dem Familiennamen Lucarini in Bilbao nieder. Sie kamen aus Pietrasanta in der Toskana. Alle drei waren Marmor-Arbeiter, die ihr Handwerk in den Marmor-Brüchen von Carrara gelernt hatten. Zwei von ihnen (und einige ihrer Nachkommen) wurden zu bekannten Bildhauern, deren Werke bis heute in verschiedenen Städten des Baskenlandes zu bewundern sind. Die Nähe zum Anarchismus zeichnete die Familie auch in schweren Kriegszeiten aus.

Der Name Lucarini steht in Bilbao für Bildhauerei und Kunst, auch für Anarchismus. Geschichte einer aus Italien eingewanderten Familie.

Die Stadt Pietrasanta liegt im nördlichen Teil der Toskana und verfügt über ein reiches historisches und künstlerisches Erbe mit Denkmälern aus dem Mittelalter, der Renaissance und der Neuzeit. Sie ist die historische Hauptstadt der Provinz Versicia, liegt in unmittelbarer Nähe der berühmten Marmor-Brüche von Carrara und gilt als internationales Zentrum der Marmor- und Bronzeverarbeitung. In Pietrasanta ist der Familienname Lucarini weit verbreitet, dort wurden die drei Brüder geboren, die zusammen mit ihren Nachkommen im Baskenland (und darüber hinaus) sichtbare Spuren hinterlassen haben. Die Lucarinis waren nicht nur künstlerisch geprägt, sie stammten aus einer Familie, die sich mit einem anarchistischen Libertarismus identifizierte, der die individuelle Freiheit ins Zentrum stellt. Einige von ihnen pflegten Freikörperkultur und gehörten der Esperanto-Bewegung an. (1)

lucarini2Alfredo Lucarini Puliti (*1859 - ???)

Alfredo, Serafin und Angel – Alfredo war der älteste der drei Brüder, er war der erste Lucarini, der nach Bilbao kam. Im Melderegister von 1895 steht, dass er seit etwa zwanzig Jahren in der Stadt lebte. Wenn das stimmt, könnte er zwischen 1875 und 1880 eingewandert sein (in jungen Jahren, zwischen 16 und 21). Geboren wurde er am 7. oder 8. August 1859 in Pietrasanta. Alfredo heiratete am 8. August 1887 in der Bizkaia-Gemeinde Turtzioz (span: Trucíos) die Baskin María Marroquín Castillo. Das Paar hatte fünf Kinder, von denen zwei kurz nach der Geburt starben. Die beiden Mädchen, Adriana María, Epifanía Isabel und Sohn Elías (der wie sein Vater Marmor-Arbeiter wurde) wanderten später nach Argentinien aus.

Alfredo schuf im Jahr 1900 ein bildhauerisches Porträt von Doña Casilda Iturrizar (der Witwe des Bankers Epalza) für die Tivoli-Schulen, deren Stifterin Casilda war. Es handelte sich um eine Gedenktafel und eine Gedenkbüste aus weißem Marmor in Erinnerung an diese reiche Wohltäterin, die verwitwet und kinderlos mit ihrem großen ererbten Vermögen in Bilbao soziale Projekte finanzierte wie Schulen und Krankenhäuser. Der Auftrag zu diesem Erinnerungs-Werk war nach dem Tod der Mäzenin im Februar 1900 ausgeschrieben worden. Obwohl mehrere bekannte Marmor-Arbeiter aus Bilbao an dem Wettbewerb teilnahmen, erhielt Alfredo Lucarini im Oktober 1900 den Zuschlag für 1.554 Peseten.

Von 1902 bis 1904 arbeitete er auf dem Bilbao-Friedhof in Derio und verrichtete dort verschiedenste Arbeiten. Unter anderem gestaltete er ein Pantheon für den Unternehmer Ezequiel Euba (Friedhof, Block A, Grabnummer 92). Im August 1908 arbeitete er in der Kirche San Vicente Mártir im Bilbao-Stadtteil Abando für den Lohn von 1.125 Peseten. Im Jahr 1909 beantragte Alfredo die Eintragung ins Gewerberegister, um an öffentlichen Bauaufträgen teilnehmen zu können, die von der Stadtverwaltung ausgeschrieben wurden. Seine erste Werkstatt für Bildhauerei, Ornamente und Marmor mit dem Namen “Lucarini y Cia“ hatte Alfredo Lucarini seit dem 21. August 1892 in der Strasse Colón de Larreátegui 18 im Erdgeschoss. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts verlegte er seine Werkstatt in die Straße Campo Volantin, Nummer zehn. (1)

Serafin Lucarini Puliti (*1871 - ???)

Serafin wurde am 24. August 1871 in Pietrasanta geboren. Wann genau er seinem Bruder Alfredo nach Bilbao folgte, ist nicht bekannt. Er heiratete am 24. Februar 1900 Luisa Castellanos Gavidia, die in einem Dorf der Weinregion La Rioja geboren worden war. Über Luisa ist nur bekannt, dass sie weder lesen noch schreiben konnte und bei der Datenerfassung von 1920 bereits Witwe (Serafin also schon gestorben) war. Das Paar hatte keine Kinder. Der zweite der Lucarini-Brüder wurde im Melderegister Bilbaos im Beruf des Bildhauers geführt. Angeblich war er unkonventioneller und unbekümmerter als seine beiden Brüder. Es heißt, er habe in den Tavernen und Kneipen der Altstadt von Bilbao Volkslieder aus seiner Heimat gesungen. Auf diese Weise gelangte er zu einer gewissen Popularität und war unter dem Spitznamen Bartolo bekannt.

Eigene bildhauerische Werke von Serafin sind nicht bekannt. Arbeitsaufträge erhielt er vermutlich über seinen Bruder Alfredo. Eine überlieferte Rechnung zeugt jedoch davon, dass er als Marmor-Arbeiter tätig war: “Der Bildhauer Adolfo Areizaga Orueta verklagte Serafín am 24. April 1899 wegen Nichtbezahlung einer Rechnung über 3.037,60 Peseten, es wurde eine vorbeugende Pfändung gegen ihn beantragt, da er Ausländer war und keine Immobilien besaß, um die Schulden zu bezahlen“. Kläger Adolfo Areizaga hatte am Stadtrand Bilbaos eine Fabrik zum Sägen von Marmor und für alle Arten von Skulpturen und Marmorarbeiten. (1)

lucarini3Angel Lucarini Puliti (1877 - 1961)

Wie seine Brüder wurde auch Angel in Pietrasanta geboren, am 22. Dezember 1877. Laut Einwohnermeldeamt lebte er im Jahr 1900 bei seinem Bruder Alfredo und dessen Familie in Bilbao. Er heiratete Casilda Macazaga Pérez, Tochter eines Gutsbesitzers aus Fontecha in der baskischen Provinz Araba. Interessanterweise ist Fontecha ein Dorf von Steinmetzen. Ins Feld für seinen Beruf schrieb er "Tagelöhner", was darauf schließen lässt, dass er für andere Marmor-Arbeiter oder Bildhauer arbeitete und über keine eigene Werkstatt verfügte. Angel und seine Frau Casilda hatten sechs Kinder und wohnten später in der Straße Santa María in Bilbao.

Angel kam auf Anregung von Serafin und Alfredo nach Bilbao. Die beiden waren damit beauftragt worden, verschiedene Skulpturen für die Fassade des neuen Rathauses von Bilbao zu schaffen. Zwei Statuen aus weißem Marmor an der Fassade des Haupteingangs sollten Gesetz und Gerechtigkeit darstellen, sie sind jeweils 3,10 Meter hoch und wurden mit je 10.000 Peseten bezahlt. Die Lucarinis stellten außerdem fünf Marmorbüsten wichtiger Persönlichkeiten der Geschichte Bilbaos her sowie vier weitere Statuen, für die sie jeweils 4.000 Peseten erhielten. Dazu kamen vier Marmorvasen, acht Bronzevasen und sechs Bronzesockel. Die Kosten für die Skulpturen wurden in drei Raten bezahlt. Die Arbeiten begannen 1883, das neue Rathaus wurde am 17. April 1892 eingeweiht.

Angel ging danach nach Vitoria-Gasteiz, um dort am Bau der neuen Kathedrale “Catedral de María Inmaculada“ (Kathedrale der Jungfrau Maria) im neugotischen Stil mitzuarbeiten. Die erste Bauphase dauerte von 1907 bis 1914. Im Notizbuch der Bauarbeiten wird er am 27. Januar 1909 namentlich erwähnt, danach war er bei verschiedenen Arbeiten im Einsatz, mal als Bildhauer, mal als Schnitzer. Neben anderen Arbeiten stellte er die Kapitelle der Krypta, das Tympanon eines Sarkophags, mehrere Friese sowie verschiedene Skulpturen her. Nach seinem Tod wurde er am 20. Januar 1961 neben seiner bereits verstorbenen Frau in Derio beigesetzt. Casildas sterblichen Überreste ruhen unter einer Skulptur des Sohnes Joaquín in Derio. (1)

Zweite Generation – ebenfalls Anarchisten

Angel, der dritte und jüngste aus der Lucarini-Saga und seine Frau Casilda sorgten für eine zweite Generation von Lucarini-Künstlern. Sie hatten sechs Kinder: Teresa, Joaquín, Amador, Liberto, Alberto und Florencio. Der Jüngste erlitt als Kind eine schwere Meningitis und in der Folge körperliche und geistige Einschränkungen. Er war der einzige der Geschwister, der nicht auf die Kunstgewerbe-Schule in Atxuri ging. Die einzige Tochter, Teresa, die künstlerisch sehr begabt war und an der Schule mit mehreren Preisen für Zeichnungen und Aquarellmalerei ausgezeichnet wurde, verschrieb sich später dem Lehrberuf. Sie war eine der mutigen und engagierten Frauen, die während der spanischen Republik an der Modernisierung des Bildungswesens mitwirkten. Als die Franquisten die Macht übernahmen, floh sie nach Frankreich ins Exil, nach ihrer baldigen Rückkehr wurde sie zur Strafe in eine Schule außerhalb des Baskenlandes versetzt. Sie hatte eine Tochter mit Namen Marina, die ebenfalls Lehrerin wurde. Teresa starb im Februar 1978. Bleiben die vier Söhne von Angel Lucarini aus der zweiten Generation, die sich ebenfalls der Bildhauerei widmen sollten.

lucarini4Joaquin Lucarini Macazaga (1905 - 1969)

Joaquín Lucarini Macazaga wurde am 14. Juni 1905 in Fontecha, Alava, geboren. Dort hatte die Familie ein kleines Haus gemietet, weil Vater Angel an der neuen Kathedrale in Vitoria-Gasteiz arbeitete. Als ältester der vier Brüder zog er von Vitoria-Gasteiz nach Bilbao, um an der Kunstgewerbe-Schule zu studieren, wo er als Zeichner und Bildhauer wiederholt Preise erhielt. Als Bildhauer ist er heutzutage das bekannteste Mitglied der Lucarini Familie, er ist derjenige, der die meisten Werke hinterlassen hat.

Joaquín Lucarini war ein Bildhauer aus freien Stücken. Sein Vater wollte ihn von diesem Beruf abbringen, gleichzeitig war er sein erster Lehrer. Joaquín hatte bereits in seiner frühen Kindheit in der elterlichen Wohnung in der Straße Santa María in Bilbao mit dem Modellieren von Ton begonnen, indem er seinen Vater beobachtete und nachahmte, ohne dass seine Mutter ihn ermahnte. Unter seinen Brüdern war er bei weitem der talentierteste und kreativste.

Im Jahr 1924 erhielt er den ersten Preis für dekorative Komposition in der Bildhauerei. Im Jahr 1925 erhielt er drei Preise für Aktmalerei, Bildhauerei und künstlerische Anatomie. 1926 erhielt er Preise für Malerei, Lebenskunde, Bildhauerei, künstlerische Anatomie, Modellierung eines anatomischen Christus. Er studierte künstlerische Anatomie, modellierte die Skulptur des Hungers und hatte in diesem Jahr seine erste Ausstellung von Skulpturen und Zeichnungen im Athenäum in Bilbao. 1929 erhielt er ein Stipendium des Provinzialrats von Alava und ging nach Frankreich, wo er in Ponchon studierte (höhere Ausbildung im Zeichnen für Kunst und Industrie). In seinem Atelier in Bilbao vollendete er Werke, in denen seine künstlerische Qualität deutlich erkennbar war (Büste von Doña Carolina MacMahon, Mein Bruder Florencio, Herbst).

1930 unternahm Joaquin eine Reise durch Belgien, 1931 durch Italien, und 1932 wurde er in Madrid mit einem Preis ausgezeichnet. In den folgenden Jahren gewann er Wettbewerbe und arbeitete als Bildhauer und Ziseleur in San Sebastián, Bermeo und Vitoria-Gasteiz (1935, die beiden Matronen an der Fassade der Sparkasse). Während des Spanienkriegs stellte er in Paris, London, Moskau, Buenos Aires und Mexiko aus. Im Gegensatz zu seinen Brüdern litt er nicht unter der Repression Francos, möglicherweise aufgrund seiner langen Aufenthalte außerhalb des Landes und weil er zwar eine solide anarchistische Überzeugung hatte, seine frühe Anerkennung als Künstler ihn jedoch daran hinderte, sich in den entsprechenden Organisationen mit der gleichen Intensität zu engagieren wie seine Brüder.

Allerdings gehörte er während des Krieges zum Passiven Verteidigungs-Bataillon der CNT von Bilbao, wie aus entsprechenden Archiven hervorgeht. In der Nachkriegszeit wurde er durch religiöse und epische Skulpturen im ganzen Baskenland bekannt (Basauri, Deusto, Bilbao, Donostia, Leza, Santurtzi, Gernika, San Juan de Gaztelugatxe), in La Rioja (Logroño, Huércanos) und vor allem in Burgos, der Stadt, in der er lange Zeit lebte und in der er am 21. September 1969 starb.

lucarini5Im Jahr 1959 fand in Vitoria-Gasteiz eine anthologische Ausstellung seiner Werke statt. Reproduktionen seiner Skulpturen wurden in der anarchistischen Zeitschrift "Horizontes" sowie in "El Pájaro Azul de Vitoria" (1928) veröffentlicht. Zu seinen Werken gehören: Isidoro Walls (1927), El hambre (1928, Hunger), Relieves del Club Deportivo de Bilbao (1929), Del 14 al 18 (1930), La victoria de la Música (1932, Sieg der Musik), Leyendo (1932, Lesend), Boxeador (1932, Boxer), Lanzador de peso (1932, Kugelstoßer), Verso la parte dove si leva il sole (1932), Alegoría de la Justicia (1935), Héroes del Alcázar de Toledo (1939, Helden des Alcazar), El Tigre (1943, Tiger, Symbol in Deustu-Bilbao), San Roque (1947), Ceres y Mercurio (1949), Monument für Sancho el Sabio (1950), San Pedro (1951), Ciclo cidiano (1953-1955, El Obispo don Jerónimo, Doña Jimena, Martín Antolínez, Álvar Fáñez und andere in Burgos), Sagrado Corazón de María (1956, auf dem Urgull-Berg Donostia), Alegoría del Ahorro y los campesinos (1959, in Logroño), Hernán Cortés (1959), Sagrada Familia (1959), San Pedro Apóstol (1961), Homenaje a Fleming (1962, Hommage für Fleming), Fortaleza y Templanza (1962), Virgen de Begoña (1963, Jungfrau Begoña) y La Sardinera (1964, Sardinen-Verkäuferin).

Joaquin und seine Frau Concepción hatten drei Söhne (die dritte Lucarini-Generation im Baskenland): Miguel Ángel, der Älteste, Rafael, der Jüngste, und Leonardo, der Mittlere, der ebenfalls Bildhauer wurde. Leonardo (*1946) erinnert sich, wie sein Vater ihnen beibrachte, die Werkstatt zu fegen, ohne Staub aufzuwirbeln, wie sie zuerst mit Ton, dann mit Gips und schließlich mit Stein zu arbeiten begannen. Leonardo verkörperte die achte Generation von Bildhauern in dieser Familie. (2)

Amador Lucarini Macazaga (1907 – 1971)

Auch Joaquins Bruder Amador wurde an der Kunstgewerbe-Schule in Bilbao-Atxuri ausgebildet. Als aktives Mitglied der anarcho-syndikalistischen CNT gab er nach Beginn des Spanienkriegs seine Arbeit in der Familienwerkstatt auf, um sich der provisorischen Armee zur Verteidigung der Republik anzuschließen. Nebenbei betrieb er Boxsport. Im Jahr 1937 wurde er auf dem baskischen Rückzug in Santoña inhaftiert und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde in eine 30-jährige Haftstrafe umgewandelt und später auf sechs Jahre reduziert.

Im Jahr 1943 erlangte Amador Lucarini seine Freiheit wieder, doch seine politischen Aktivitäten führten ihn bald wegen Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation erneut ins Gefängnis. Der Künstler konnte seine Familie finanziell unterstützen, indem er Aufträge seines Vaters in einer Bildhauer-Werkstatt im Gefängnis von Larrinaga in Bilbao ausführte. Im Januar 1948 wurde Lucarini erst unter Auflagen freigelassen und kurz darauf endgültig entlassen. Seine politische Überzeugung hinderte ihn jedoch daran, seine künstlerischen Arbeiten der Öffentlichkeit zu zeigen. Er kehrte in die Familienwerkstatt zurück, fertigte Grabskulpturen und Werke nach Entwürfen anderer Künstler an. Bis zu seinem Tod im Jahr 1971 arbeitete Amador Lucarini an seinen eigenen Werken.

Im Jahr 1999, 28 Jahre nach seinem Tod, organisierte die PNV-nahe Stiftung Sabino Arana in Artea (Bizkaia) in ihrem damaligen Museum eine Ausstellung mit Skulpturen und Zeichnungen, die Amador Lucarini während seiner zehnjährigen Haftzeit geschaffen hatte. Der Enkel des Bildhauers, Óscar Armendariz Lucarini (vierte Generation), bestätigte bei der Eröffnungsfeier, dass der Traum seines Großvaters endlich wahr geworden sei, sein Werk auszustellen. Amador Lucarinis Skulpturen, die sich auf halbem Weg zwischen dem Klassizismus und dem Einfluss der Avantgarde befinden, wurden zusammen mit Gedichten bekannter Autoren präsentiert, mit denen er einen kreativen Dialog führte. Der Kunstkritiker Javier González de Durana hob die Anstrengungen der Stiftung Sabino Arana hervor, "um die Geschichte eines zu Unrecht verfemten Künstlers aufzuarbeiten". (3)

lucarini6Liberto Lucarini Macazaga

Bruder Liberto wurde 1910 geboren. Wie auch seine anderen Geschwister trat er im Alter von elf Jahren in die Kunstgewerbe-Schule Atxuri ein, wo er hervorragende Ergebnisse erzielte, in den Bereichen Zeichnen, Modellieren, natürliche Figuren und Komposition. Er verließ die Schule im Schuljahr 1932-1933. Aus dem Fonds des baskischen Architekten Severino Achúcarro erhielt er mehrere Geldpreise für seine guten Noten. Von bekannten Künstlern erhielt er Privatunterricht im Zeichnen, im Modellieren und im dekorativen Gestalten. Danach arbeitete in der Werkstatt seines Vaters Angel.

Sein politisches Engagement führte dazu, dass er sich der Libertären Jugend des Baskenlandes anschloss und in deren Organisation mitarbeitete. Zusammen mit seinem Vater Angel war Liberto derjenige, der in Bilbao das Esperanto verbreitete. Er gehörte der Esperanto-Bergsteigergruppe an und nahm 1928 am “Wettbewerb der Hundert Berge“ teil. Außerdem war er überzeugter Anhänger der Naturismus-Bewegung und pflegte die Freikörperkultur an den Stränden von Bizkaia.

Während des Spanienkrieges war Liberto Unteroffizier eines CNT-Bataillons. Er kämpfte an der Otxandio-Front und war Mitglied der Propaganda-Kommission des Regionalkomitees Nord der CNT. Bei Kriegsende floh er aus Angst vor Repressalien mit seiner Schwester Teresa und seinen Eltern nach Paris. Dort beteiligte er sich 1950 an der Herausgabe der anarcho-syndikalistischen Zeitung "Solidaridad Obrero" (Arbeitersolidarität) und schrieb in einigen Publikationen unter dem Decknamen Liberto Luzaga.

In Paris gründete er eine Werkstatt für Bildhauerei und Polychromie, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, dabei spezialisierte er sich auf die Holzschnitzerei. Der Großteil seiner künstlerischen Arbeiten ging während des Spanienkriegs verloren. Unter anderem hatte er eine Büste des Esperanto-Gründers Ludwik Lejzer Zamenhof hergestellt. Er besuchte seine Familie im Rahmen der Amnestien, die während des Franco-Regimes und nach dessen Tod verhängt wurden. Sein Leben lebte er jedoch in Paris mit seiner Frau Nieves und seinen Töchtern, dort starb er auch. (1)

lucarini7Alberto Lucarini Macazaga (1913 - 2003)

Alberto wurde am 1. Dezember 1913 geboren und kam 1926 im Alter von zwölf Jahren in die Atxuri-Kunstgewerbe-Schule. Er erhielt gute Noten in Zeichnen, Erstellen von Gipsfiguren, natürlichem Modellieren und dekorativer Komposition. Ganz besonders zeichnete er sich in der natürlichen Figurenmalerei aus, wo er eine Auszeichnung erhielt.

Wie Amador und Liberto war auch er ein politischer Aktivist mit anarchistischen Überzeugungen. Nach dem Militärputsch im Sommer 1936 meldete er sich als Freiwilliger im Bataillon Isaac Puente (4) und später in einem Bataillon namens Celta, das hauptsächlich aus Galiciern bestand. Wie sein Bruder Amador wurde auch er in Santoña verhaftet und zu zwölf Jahren und einem Tag Gefängnis verurteilt. Zunächst war er im Gefängnis in Santoña, dann in Puerto de Santa María in Cádiz, Andalusien, und am Ende der Haftzeit wurde er nach Madrid verlegt. Seine Strafe wurde letztendlich auf drei Jahre und einen Tag reduziert, so konnte er Anfang der 1940er Jahre sein soziales und familiäres Leben wieder aufnehmen. Zusammen mit seiner Frau Julia Zarandona Ariño hatte er vier Kinder, drei Töchter und einen Sohn.

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis begann er in der Werkstatt seines Vaters Angel zu arbeiten. Allerdings hatten sie es in der Nachkriegszeit nicht leicht, weil die gesamte Familie aufgrund ihrer politischen Überzeugung als systemfeindlich galt. Alberto stand seinem Bruder Amador immer sehr nahe, gemeinsam schufen sie viele bildhauerische Arbeiten auf dem Friedhof von Bilbao und an anderen Orten. Die beiden Brüder Alberto und Amador gründeten zusammen mit Amadors Sohn Joaquin das Marmorgeschäft Lucarini. Mit Hilfe dieses Neffen modellierte Alberto die Wölfe für die nach dem Krieg neu aufgebaute Brücke von San Antón zwischen der Altstadt und Bilbao La Vieja. Alberto Lucarini hatte ein längeres Leben als seine Brüder, er starb am 16. April 2003 im Alter von 89 Jahren. (1)

ANMERKUNGEN:

(1) Die wesentlichen Inhalte dieses Artikels stammen aus dem Blog von Cesar Estornes mit dem Titel "Los otros Lucarini" (Die anderen Lucarini). (LINK)

(2) Die Angaben zu Leben und Werk von Joaquin Lucarini stammen aus zwei Quellen. A: aus einem Artikel auf der Webseite der CNT in Alava "Alava libertaria" (Das libertäre Araba) (LINK), B: aus dem Artikel "Joaquin Lucarini Macazaga" von Cesar Estornes (LINK)

(3) Die Angaben zu Leben und Werk von Amador Lucarini stammen aus einem Artikel der Tageszeitung El País von 1999 (LINK)

(4) Isaac Puente Amestoy (3. Juni 1896 / 1. September 1936) war Arzt und überzeugter Anarchist. Er lebte und arbeitete in Maestu, Araba und war aktives Mitglied der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft CNT. Als Vertreter des Ärztekollegiums von Araba wurde er 1930 zum Abgeordneten der Provinz ernannt. Puente wurde dreimal festgenommen und inhaftiert: in Maestu (am 16. April 1932 für einen Monat), in Zaragoza (am 16. Dezember 1933 für 5 Monate) und in seinem Haus in Maestu (am 28. Juli 1936). Er wurde am 1. September 1936 von Franquisten erschossen. Als einflussreiche Persönlichkeit seiner Zeit, insbesondere in anarchistischen und medizinischen Kreisen, wurde seine Ermordung von vielen Persönlichkeiten der damaligen Zeit verurteilt. Das im September 1936 gegründete CNT-Bataillon Isaac Puente trug seinen Namen.

ABBILDUNGEN:

(*) alle Abbildungen aus: memoriasclubdeportivodebilbao.blogspot

(1) Joaquin, Alberto

(2) Joaquin

(3) Sardinenverkäuferin

(4) Alberto im Krieg

(5) Tiger, Joaquin

(6) Alberto im Krieg

(7) Grab Joaquin

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2021-12-05)

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