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Hitlers Geschenk für die Gernika-Mörder

Jahrestage sind zur positiven wie negativen Erinnerung geeignet. Heute vor 81 Jahren (am 6. Juni 1939) wurden die berüchtigten Nazi-Flieger der Legion Condor von den Schergen des deutschen Faschismus in Berlin fanatisch begrüßt. Hitler pries die Taten der Legion Condor als „Kampf für Deutschland“ und „als Lehre für unsere Gegner“. Er dankte den Legionären für „Einsatzbereitschaft, Opfermut, Treue, Disziplin“. Das bekam kurz darauf im Weltkrieg die Bevölkerung in Warschau und Coventry zu spüren.

Am 6. Juni 1939 erlebte die im Spanienkrieg eingesetzte nazi-deutsche Flugstaffel Legion Condor nach ihrer Rückkehr einen triumphalen Empfang in der Reichshauptstadt Berlin. Ihr zu Ehren wurde die Wannsee-Straße in Spanische Allee umbenannt – ein Schandfleck deutscher Geschichte, der bis heute Gültigkeit hat.

„Am 6. Juni 1939 vermelden Berliner Zeitungen, dass die Wannsee-Straße in Zehlendorf den Namen Spanische Allee erhalten hat. An diesem Tag ist die Reichshauptstadt reich geschmückt. Die Kinder haben schulfrei. An der Ost-West-Achse (heute Straße des 17. Juni) stehen Hunderttausende Spalier. Das NS-Regime feiert die Heimkehr der Truppen aus Spanien, von denen bis dahin kaum jemand etwas wusste. Hitlers Regierung hatte seit 1936 geschwiegen und geleugnet, es galt die Anweisung: Deutschland hat keinerlei Truppenverbände oder Einheiten nach Spanien geschickt“ (1). Bereits am 31. Mai hatte das faschistische Deutschland die aus Spanien zurückkehrenden Militärs im Hamburger Hafen lautstark mit Ehren empfangen. Hermann Göring (1893–1946) persönlich ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, sich von Generalmajor Wolfram von Richthofen (1895–1945) die Meldung über „die glückliche und siegreiche Rückkehr“ der Legion Condor überbringen zu lassen.

allee2Was hatten deutsche Soldaten und Offiziere zweieinhalb Jahre in Spanien zu suchen?

Im Februar 1936 hatten die Parteien der Volksfront – Sozialisten, Republikaner, Kommunisten und katalanische Gruppen – in den Wahlen zum spanischen Parlament, den Cortes, eine Mehrheit errungen. Die Nationale Front, zu der insbesondere Großgrund-Besitzer, katholische Konservative, Monarchisten, Rechtsrepublikaner und die faschistische „Falange Espanola“ zählten, war unterlegen. Am 17. Juli 1936 verbreitete der Radiosender Ceuta die Geheimlosung „Über ganz Spanien wolkenloser Himmel“. Dies bedeutete die Initialzündung für einen Militärputsch, den ultrarechte Generäle seit Monaten gegen die Volksfront-Regierung vorbereitet hatten. Am 18. Juli entbrannte in ganz Spanien ein fast drei Jahre dauernder Krieg mit viel internationaler Beteiligung. Weshalb der Begriff Spanischer Bürgerkrieg zu kurz greift. Den Putsch unterstützten reaktionär-konservative Kräfte, vor allem die Falange und monarchistische Bewegungen, auch die katholische Kirche war involviert. Anführer der Putschisten und Chef der Militärjunta wurde General Francisco Franco (1892–1975). Er hatte nach dem Tode seiner Konkurrenten General José Sanjurjo (1872–1936) und General Emilio Mola (1887-1937), die beide bei Flugzeugunglücken ums Leben kamen, freie Bahn.

Die Legion Condor war eine verdeckte Operation, das heißt, eine ohne deutsche Uniformen oder Hoheitszeichen operierende Einheit der deutschen Wehrmacht im Spanischen Bürgerkrieg. Sie wurde 1936 unter strengster Geheimhaltung ins Leben gerufen, griff in alle bedeutenden Schlachten ein und hatte entscheidenden Anteil am Sieg der Putschisten unter General Franco über Spaniens demokratisch gewählte Regierung. Die Existenz der Legion Condor wurde bis 1939 geleugnet. Bereits vor ihrem ersten direkten Kriegseinsatz errichtete sie eine Luftbrücke, um Francos Truppen aus Afrika zu holen. Später führte sie den ersten massiven Luftkrieg der Geschichte gegen die Zivilbevölkerung eines europäischen Landes und verübte die ersten Kriegsverbrechen der Wehrmacht. Bekannt wurde die Legion Condor insbesondere durch die völkerrechtswidrige Bombardierung und Zerstörung Guernicas 1937, das so zu einem weltweiten Symbol für die Gräuel des Krieges wurde. (2)

Vom Aufstand zum Krieg

Zunächst waren die faschistischen Aufstände in Madrid, Barcelona und anderen Städten in kurzer Zeit niedergeschlagen worden, etwa drei Viertel des Landes, mit Ausnahme einiger Provinzen im Süden und Nordwesten, blieben in der Hand der Republikaner. Als sich die Niederlage für die Putschisten abzeichnete, kamen ihnen Mussolinis Italien und Nazi-Deutschland mit Truppen, Waffen, Flugzeugen, Kriegsschiffen und anderem Kriegsmaterial zu Hilfe. In Berlin wurde ein von Göring geleiteter „Sonderstab W“ geschaffen, unter Tarnbezeichnungen wie „Unternehmen Feuerzauber“, „Operation Rügen“ oder „Reisegesellschaft Union“ wurden Truppen nach Spanien gesandt. In einem am 25. Oktober 1936 in Berlin unterzeichneten deutsch-italienischen Abkommen fixierten beide Regierungen ihre Parteinahme für General Franco vertraglich.

allee3Ein Nichteinmischungs-Pakt von 27 Staaten (incl. Großbritannien und Frankreich, Deutschland und Italien) sollte verhindern, dass sich der Spanienkrieg auf andere Länder ausweitete. Er untersagte die Mitwirkung ausländischer Mächte. Die gewählte spanische Regierung erhielt nur von den Regierungen der Sowjetunion und Mexikos Hilfe. „Die von Deutschland zur Unterstützung Francos entsandten Truppen wurden auf Beschluss der Wehrmacht-Kommandostellen im November zu der von Generalleutnant Hugo Sperrle (1885–1953) befehligten Legion Condor zusammengefasst. Von November 1936 bis März 1937 wurden heimlich, allen Dementis zum Trotz, mehr als 5.000 deutsche Soldaten nach Spanien geschickt. Die hauptsächlich aus Angehörigen der Luftwaffe bestehende Legion Condor war eine Elitetruppe. Zu ihr gehörten vor allem Transport-, Kampf- und Jagdflieger, Flak-, Panzer-, Panzerabwehr-, Aufklärer-, Nachrichten- und Transporttruppen. Der ständige Personalbestand betrug abwechselnd 5.000 bis 6.000 Mann.“ (1)

Vorbereitung für den Weltkrieg

Die Legionäre blieben in der Regel ein Jahr. Insgesamt kämpften mehr als 20.000 Deutsche auf Seite der Aufständischen. Durch den ständigen Personalwechsel wurden kriegserfahrene Offiziere und Mannschaften herangebildet. In Ausbildungslagern bildete die Legion über 50.000 Offiziere und Soldaten der Franco-Armee aus. Das NS-Regime ließ sich die Kriegsführung in Spanien über 500 Millionen Reichsmark kosten, die das franquistische Regime in den folgenden Jahrzehnten zurückzuzahlen hatte. Die Nazis lieferten über 100.000 Tonnen Kriegsgerät, über 21 Millionen Tonnen Bomben, die deutsche Flugzeuge in diesen Jahren auf spanischen Boden warfen. Das Kriegsmaterial für einen Weltkrieg wurde systematisch perfektioniert.

Die Legion Condor war nicht den spanischen Truppen unterstellt, sondern organisierte alleine den Luftkrieg. Ihr Befehlshaber war zwar Franco direkt verantwortlich, die Bombardierungspläne machten jedoch die Nazis. Internationale Aufmerksamkeit löste ihr Angriff am 26. April 1937 auf die baskische Stadt Gernika aus, das kulturelle Zentrum und religiöse Heiligtum der Basken. Den Befehl zur Bombardierung der Stadt gaben der deutsche Oberstleutnant Wolfram von Richthofen und der Spanier Oberst Juan Vigón. Der Angriff wurde von deutschen Kampffliegern mit italienischer Unterstützung durchgeführt, innerhalb von drei Stunden war die Stadt dem Erdboden gleichgemacht. Nach Internationalen Presseberichten dementierten Deutsche und Aufständische das Bombardement sofort. Guernica sei vielmehr von den Basken selbst in Brand gesetzt und durch republikanische Truppen beim Rückzug zerstört worden. Einer internationalen Untersuchung verweigerte Deutschland die Zustimmung.

Kriegsende

Der Spanienkrieg endete offiziell am 1. April 1939, als sich der Massenmörder Franco selbst zum Sieger erklärte, nachdem die Aufständischen die letzten republikanischen Enklaven erobert hatten. Was folgte war ein systematischer und willkürlicher Massenmord an allen, die anders dachten oder dessen verdächtig waren. Die Legion Condor war mit ihrer Luftüberlegenheit an allen größeren Schlachten beteiligt gewesen. Franco zog am 28. März 1939 in Madrid ein. Er erhielt Glückwünsche von Benito Mussolini (1883–1945), von Adolf Hitler (1889–1945) und vom Papst Pius XII. (1876–1958).

allee4Jubelparade in Berlin

Am 6. Juni 1939 fand – übertragen durch den Rundfunk – in Berlin die Siegesparade der Legion Condor statt. An der Spitze der etwa 15.000 Mann gingen der erste und der letzte Kommandeur, General Sperrle und Oberstleutnant von Richthofen. Um 10 Uhr marschierte die Legion unter den Klängen des Legionär-Marsches und der Nationalhymne durch das Brandenburger Tor. Der Siegesparade folgte ein Appell im Lustgarten. Hitler pries die Taten der Legion Condor in Spanien als „Kampf für Deutschland“ und „als Lehre für unsere Gegner“. Er dankte den Legionären für „Einsatzbereitschaft, Opfermut, Treue, Gehorsam, Disziplin“. Die Presse berichtete umfangreich und glorifizierte die Legion in Sonderausgaben und Heften wie „So kämpfte unsere Legion“ oder „Wir kämpften in Spanien“.

Wannsee-Straße wird Spanisch

Als völkerverbindendes Symbol zwischen faschistischen Regimes ließen die Nazis die Berliner Wannsee-Straße in Spanische Allee umbenennen. Mit der Straßen-Umbenennung würden die „freundschaftlichen Gefühle“ des neuen »Spanien gegenüber Deutschland erwidert“. Dies teilte das Amtsblatt 1939 „anlässlich des Einzugs der aus Spanien zurückkehrenden deutschen Freiwilligen“ mit. Die ehemalige Wannsee-Straße heißt noch heute – 81 Jahre später – Spanische Allee. Um die wiederkehrende Kritik an diesem Straßennamen und seiner Geschichte den Wind aus den Segeln zu nehmen, erhielt 1998 ein unscheinbarer Platz im Verlaufe der Allee den Namen „Guernica-Platz“.

Guernica-Platz

1998 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung Zehlendorf, der Ecke Spanische Allee und Breisgauer Straße den Namen Guernica-Platz zu geben. Im Bewusstsein des historischen Zusammenhangs der Straßenbenennung von 1939 erinnert dieser Platz an die Bombardierung der baskischen Stadt Guernica (baskisch: Gernika) durch Fliegerstaffeln der Legion Condor am 26. April 1937. Bei dem Angriff wurden mehr als 2.500 Menschen getötet. Die Stadt wurde völlig zerstört.

allee5Nach Guernica bombardierten deutsche Flieger die Städte Warschau 1939, Rotterdam und Coventry 1940, Belgrad 1941 – bis die Bomben zurückkamen und deutsche Städte wie Hamburg, Dresden und Berlin in Schutt gelegt wurden. Doch am Anfang war Guernica. Die feierliche Einweihung des Platzes am 27. November 1998 fand in Anwesenheit des Bürgermeisters von Guernica statt. Am 9.6.2009 wurde neben der gegenüber gelegenen Bushaltestelle Tews-Straße eine Informationstafel eingeweiht. Auf der Tafel sind Fotos der Siegesparade der „Legion Condor” in Berlin und von Picassos Gemälde und der zerstörten Stadt Guernica zu sehen. Die Einweihung der Informationstafel fand am 9.6.2009 in Anwesenheit des SPD-Bundestags-Abgeordneten Klaus Uwe Benneter statt, der diese Tafel angeregt hatte. (4)

An der historischen Schande, die die Weiterführung des Namen Spanische Allee beinhaltet, ändert der unscheinbare Guernica-Platz nichts. Auch heute nicht, genau 81 Jahre danach, am 6. Juni 2020.

ANMERKUNGEN:

(1) Die Darstellung des Krieges folgt gängiger Literatur. Verwiesen sei u. a. auf Walter Bernecker (Krieg in Spanien 1936–1939), H. Kühne (Krieg in Spanien 1936–1939); P. von und zur Mühlen (Spanien war ihre Hoffnung), H. Thomas (Der spanische Bürgerkrieg), M. Tuñon de Lara (Der spanische Bürgerkrieg). (LINK)

(2) Artikel „Was war die Legion Condor?“ Baskultur.info (LINK)

(3) Den detaillierten Hergang konnte die Forschung nicht rekonstruieren, da keine Unterlagen mehr vorhanden sind. Vgl. zu Guernica u. a. K. A. Maier: Guernica 26.4.1937; G. Thomas/ M. Morgan-Witts: Der Tag, an dem Guernica starb.

(4) Gedenktafeln Berlin (LINK)


ABBILDUNGEN:

(1) Legion Condor, Empfang Berlin (pinterest)

(2) Hitler, Franco in Hendaye

(3) LC-Empfang in Berlin

(4) LC-Abreise aus León

(5) LC-Comics (todocoleccion)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2020-06-06)

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