2021ai00

Verrat an der Menschheit

Amnesty International hat ihren Bericht zum vergangenen Jahr vorgelegt und kommt zu einem vernichtenden Urteil: "2021 war eine Geschichte des Verrats in den Hallen der Mächtigen". Der vor wenigen Tagen veröffentlichte Bericht von AI über die Menschenrechte in der Welt im Jahr 2021 kommt zu dem Schluss, dass "die Versprechen, nach der Pandemie sollte alles besser und wieder aufgebaut werden, nur leere Worte blieben". Die Regierungen hätten durchaus die Möglichkeit gehabt, ihre Versprechen zu erfüllen.

In ihrem Jahresbericht 2021 kommt die renommierte internationale Menschenrechts-Organisation Amnesty International zu dem Schluss, dass die Situation deutlich schlechter ist als vor der Pandemie, obwohl die Mächtigen der Welt Besserung und Solidarität versprochen hatten.

Die Frage, die in der Einleitung des Jahresberichts 2021-22 von Amnesty International (AI) gestellt wird, scheint von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, wohin sich die Menschheit bewegt: "Hat die Welt versucht, nach der Covid-19-Pandemie wieder etwas Besseres aufzubauen? Die Antwort der ist wenig erbaulich: "Aus Sicht der Menschenrechte war 2021 eine Geschichte des Verrats in den Hallen der Macht".

Dennoch ist die 10-Millionen-Bewegung fest entschlossen, sich für Veränderungen einzusetzen, damit alle Menschen in den Genuss von Menschenrechten kommen". Der Bericht enthält daher auch "eine Reihe von Empfehlungen für Regierungen und andere Einrichtungen zu den in der globalen Analyse als vorrangig eingestuften Themen: Gesundheit und Ungleichheit, Raum für die Zivilgesellschaft sowie Flüchtlinge und Migranten", sowie zu anderen, in den regionalen Perspektiven behandelten Themen. (1)

2021ai02Das Dokument beginnt mit einer Analyse dessen, was aus dem "Mantra des Jahres 2021" geworden ist, jenem Ausdruck, der "bis zum Überdruss wiederholt wurde", nämlich: "wir werden es wieder besser machen". Jene Worte klangen gut, wie die Versprechen einer "globalen Neuausrichtung" der Wirtschaft, einer "gemeinsamen globalen Agenda", die dem Missbrauch durch Unternehmen Einhalt gebieten würde, eines grünen und nachhaltigen Aufschwungs, einer transformativen globalen Solidarität. Doch schon die Klimakonferenz in Glasgow im Herbst 2021 hat diesen leuchtenden Versprechungen einen kräftigen Dämpfer versetzt.

"Am Ende stellte sich heraus, dass die Parolen leere Worte blieben und die Versprechen gebrochen wurden, so dass die Rechte von mehr Menschen immer häufiger und an immer mehr Orten mit Füßen getreten wurden“. Eine nüchterne Schlussfolgerung, die in eine weitere unverblümte Aussage mit klagendem Ton mündet: "Obwohl sie andere Möglichkeiten hatten, entschieden sich die Regierungen für Politik und Maßnahmen, die uns weiter von Würde und Rechten entfernten".

Diese Überlegungen sind dem von Agnès Callamard, der Generalsekretärin von AI, unterzeichneten Vorwort entnommen. Darin betont sie, dass es auch Menschen, soziale Bewegungen und Organisationen der Zivilgesellschaft gab, die die Hoffnung auf eine bessere Welt nach der Pandemie aufrechterhielten".

Alarmierende" Unterdrückung

Amnesty International berichtet über die Auswirkungen dieser Dynamik auf globaler und regionaler Ebene (Afrika, Nord- und Südamerika, Asien und Ozeanien, Europa und Zentralasien sowie Naher Osten und Nordafrika) und im nationalen Rahmen. Der Bericht befasst sich etwas ausführlicher mit der Situation der Menschenrechte in 154 Staaten, darunter das Königreich Spanien und die Französische Republik.

In einer kurzen statistischen Zusammenfassung heißt es, dass "die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung weltweit in alarmierendem Maße unterdrückt wurden", was durch folgende Zahlen bestätigt wird:

(*) 43% der untersuchten Länder haben neue Gesetze erlassen, die die friedliche Ausübung der Rechte einschränken. (*) In 55% der Fälle wurde übermäßige oder unnötige Gewalt gegen Demonstrant*innen angewendet. (*) In 54% der Fälle wurden Menschenrechts-Verteidiger willkürlich inhaftiert.

Im Abschnitt über Gesundheit und Ungleichheiten wird zunächst daran erinnert, dass die Impfungen gegen Covid die Hoffnung auf ein endgültiges Ende der Pandemie weckten, die nach Angaben der Welt-Gesundheits-Organisation WHO bis Ende 2021 mindestens 5,5 Millionen Menschenleben gefordert hatte. AI erinnert daran, dass "viele Regierungen zugesagt hatten, die weltweite Durchimpfung zu unterstützen" und dass sowohl die G7 als auch die G20 wichtige Verpflichtungen eingegangen sind.

"Trotz der Bemühungen einiger Regierungen, vor allem im globalen Süden, ist die internationale Zusammenarbeit jedoch weitgehend gescheitert", heißt es in dem Bericht. Während die einkommensstarken Länder Millionen von Impf-Dosen mehr anhäuften, als sie benötigten, waren Ende 2021 weniger als 8% der gesamten afrikanischen Bevölkerung vollständig geimpft. Eine "Impflücke", die "die rassistische Ungerechtigkeit weiter verschärft", wie die Organisation bilanziert.

Pandemie als Vorwand

2021ai03Bei der Analyse der "Zivilgesellschaft" stellt AI fest: "Anstatt Raum für Diskussionen und Debatten darüber zu schaffen, wie die Herausforderungen des Jahres 2021 am besten zu bewältigen sind, neigen die Regierungen weiterhin dazu, unabhängige und kritische Stimmen zu unterdrücken, wobei einige die Pandemie sogar als Vorwand nutzen, um den Raum für die Zivilgesellschaft weiter zu verkleinern". Insbesondere wird festgestellt fest, dass in China, Iran und anderen Ländern die Behörden Personen festnahmen und strafrechtlich verfolgten, die ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Krankheit kritisiert oder in Frage gestellt hatten".

Außerdem wurde festgestellt, dass in mindestens 67 Ländern, darunter die USA, Pakistan, die Türkei, Ägypten und Kambodscha, neue Gesetze ausgearbeitet und eingeführt wurden, die das Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken.

Kurz gesagt: "Überall auf der Welt gab es Regierungen, die friedliche Proteste in unzulässiger Weise verhinderten oder auflösten, manchmal unter dem Vorwand, Regeln durchzusetzen, die die Ausbreitung des Virus verhindern sollten". Und einige Regierungen, vor allem in Asien, Afrika, dem Nahen Osten und Nordafrika, haben den Zugang zum Internet und zu sozialen Medien blockiert oder stark eingeschränkt.

Millionen Vertriebene

In diesen Tagen, die von der Invasion der russischen Armee in der Ukraine geprägt sind und in denen Millionen von Menschen vor dem Krieg fliehen, ist der dritte Abschnitt des Berichts von noch größerer Bedeutung, da er sich mit den "massiven Vertreibungen durch entstehende und verfestigte Krisen" befasst, die im vergangenen Jahr registriert wurden.

Als wichtigste Fälle werden Afghanistan, Äthiopien und Myanmar genannt, die zusätzlich zu den Tausenden von Menschen, die zum Beispiel Venezuela weiterhin verlassen, "neue Vertreibungswellen" ausgelöst haben. AI stellt fest, dass allein der anhaltende Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo 1,5 Millionen Menschen gezwungen hat, aus ihrer Heimat zu fliehen.

Auf der ganzen Welt", so die Studie weiter, "mussten Millionen von Menschen ihre Länder aufgrund von Menschenrechts-Verletzungen im Zusammenhang mit Konflikten und Gewalt, Ungleichheiten, Klimawandel und Umweltzerstörung verlassen. Zu den von der Vertreibung am stärksten betroffenen Gruppen gehörten auch hier die so genannten ethnischen Minderheiten.

Um dieses Szenario zu vervollständigen, zitiert Amnesty International Zahlen, die bereits vom UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, veröffentlicht wurden. Aus denen geht hervor, dass es Mitte 2021 weltweit 26,6 Millionen Flüchtlinge und 4,4 Millionen Asylbewerber und Asylbewerberinnen gab. Die meisten dieser Menschen lebten seit Jahren in Lagern, z.B. in Bangladesch, Jordanien, Kenia, der Türkei oder Uganda. "Viele von ihnen in ständiger Angst, in das Land zurückgeschickt zu werden, aus dem sie auf der Suche nach Sicherheit geflohen waren", heißt es, bevor kritisiert wird, dass "ein fremdenfeindlicher Diskurs über Migration weiterhin die öffentliche Meinung, insbesondere im globalen Norden, durchdringen kann". Und dies auch noch von bestimmten Fraktionen in der Politik oder gesamten Regierungen (wie Polen oder Ungarn) gepuscht wird.

Die internationale Gemeinschaft habe es versäumt, angemessene Unterstützung zu leisten, und, was noch schlimmer ist, den Zugang zu sicheren Zonen eingeschränkt", beklagt Amnesty. Darüber hinaus waren und sind die Menschen auf der Flucht einer Kette von Misshandlungen ausgesetzt, die systematische Begehung weit verbreiteter Menschenrechts-Verletzungen wie Ausweisungen im Schnellverfahren, Folter und sexuelle Gewalt blieb ungestraft".

Hoffnung und Versprechen

2021ai04Das Jahr 2021 brachte "die Hoffnung aller Menschen, dass Impfstoffe das durch die Covid-19-Pandemie verursachte Elend beenden würden". 2021 brachte aber auch die Erkenntnis, dass "Versprechungen von Regierungen und Gruppen wie der G7 und der G20, für bessere Zeiten zu sorgen", sich größtenteils als leere Worte erwiesen haben.

Empfehlung

"Wenn sie ihre Versprechen wirklich einhalten wollen, (...) müssen sie die Erholung von der Pandemie und ihre Antwort auf die Krise auf einen Menschenrechts-Rahmen stützen und einen echten Dialog mit der Zivilgesellschaft durch einen Pakt zwischen allen Beteiligten bei der Suche nach Lösungen ermöglichen".

Spanischer Staat

Die Analyse des spanischen Staates umfasst die Verhaftung von Carles Puigdemont in Italien in Anwendung einer vom Obersten Gerichtshof erlassenen Anordnung "wegen seiner Beteiligung an dem 2017 in Katalonien abgehaltenen Referendum und der anschließenden Unabhängigkeits-Erklärung".

Französischer Staat

In Bezug auf die Situation im französischen Staat wird betont, dass "die Gesetze zur “globalen Sicherheit“ und zur “Stärkung der republikanischen Werte“ Bedenken hinsichtlich der Massen-Überwachung sowie des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit aufwerfen".

ANMERKUNGEN:

(1) Informations-Quelle: “Amnesty International: 2021 fue una historia de traición en las estancias del poder” (AI: 2021 war eine Geschichte des Verrats in den Hallen der Mächtigen) Tageszeitung Gara, 2022-03-30

ABBILDUNGEN:

(1) Fluchtcamp Kongo (gara)

(2) Zensur (economist)

(3) Flucht (reliefweb)

(4) Zensur (pacific legal)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-04-05)

Für den Betrieb unserer Webseite benutzen wir Cookies. Wenn Sie unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen, akzeptieren Sie unseren Einsatz von Cookies. Mehr Information