disper1Alltag baskischer Gefangener

Die Inhaftierung der baskischen politischen Gefangenen weitab ihrer Ursprungsorte und ihres sozialen Umfelds war eine repressive politische Maßnahme, um das Umfeld der baskischen Linken unter Druck zu setzen: Dispersion, Zerstreuung der Gefangenen. Die Maßnahme war umstritten, sie entsprach in keinster Weise den Prinzipien der Resozialisierung, geschweige denn der Gefängnis-politik eines demokratischen Staats. Opfer waren letztendlich die Familienangehörigen, die weite Entfernungen zurücklegen mussten.

Im Jahr 1989 leitete die spanische Regierung eine Politik der Zerstreuung der baskischen politischen Gefangenen auf möglichst weit entfernte Gefängnisse ein. Umgesetzt von der Regierung Gonzalez, die kurz zuvor gegen die baskische Unabhängigkeits-Bewegung Todesschwadronen eingesetzt hatte.

Die Dispersion betraf die Gefangenen nicht direkt, sondern vielmehr deren Freund*innen und Familienangehörigen, die für Knastbesuche Tausende von Kilometern zurücklegen mussten. Dabei kam es zu vielen Verkehrsunfällen, sechzehn davon tödlich. Dispersion war jedoch nicht die einzige Form staatlich-polizeilicher Repression. Verhaftete baskische Aktivist*innen – von ETA oder nicht – wurden systematisch gefoltert, um “Geständnisse“ und falsche Beschuldigungen zu erzwingen, aus denen anschließend Anklagen und Verfahren gezimmert wurden. Waren sie erst verurteilt und eingesperrt, gingen die Sonderstrafen in den Vollzugsanstalten weiter. Prügel, Misshandlungen, Schikanen aller Art Nichtbehandlung von Krankheiten. Spanischer Strafvollzug gegenüber baskischen Gefangenen war geprägt von den Prinzipien Rache und körperlich-psychologische Vernichtung. Besonders betroffen: kranke und schwerkranke Gefangene.

Erst der Amtsantritt der sozialliberalen Koalition aus Sozialdemokraten und Podemos in Madrid hat sich die Situation der baskischen Gefangenen verändert. Das bestätigte die Gefangenen-Hilfs-Organisation SARE (baskisch: Netz) bei einer Groß-Mobilisierung am 8. Oktober 2022 in Donostia (San Sebastian). Die Mehrheit der Gefangenen wurde ins Baskenland verlegt, wo es vorher überhaupt keine “politischen“ gab, bzw. in Gefängnisse in bis zu 350 Kilometern Entfernung. Erste Gefangene wurden auf Bewährung entlassen. Mit dem Ende der bewaffneten Aktivitäten von ETA wurde auch die Folterpraxis eingestellt. Die nunmehr zuständige baskische Gefängnis-Behörde bemüht sich – gegen den Willen der weiterhin auf Repression setzenden Aufsichts-Gerichte – um Resozialisierung.

Illegalisierung – Etxerat!

Mit der Illegalisierung aller Organisationen der baskischen Linken nach 2002 über das Parteiengesetz (1) wurden auch alle Organisationen verboten, die sich um die Belange der Gefangenen kümmerten: Gestoras Pro Amnistia, Askatasuna, später Herrira. Übrig blieb allein die Gruppe “Etxerat!“ (baskisch: nach Hause), die ausschließlich aus Familienangehörigen bestand. Nur ihnen wurde eine “Vertretung“ der Interessen der politischen Gefangenen zugebilligt. Etxerat! publizierte monatliche Berichte, die die Zustände in den Gefängnissen schilderten und auch in deutscher Sprache erschienen. Ein Rückblick auf die Repression in spanischen Knästen im Jahr 2008.

Trotz Krebsleiden eingesperrt

disper2Der baskische politische Gefangene Mikel Ibáñez wurde am 16. Juni 2008 aus dem Madrider Hospital Gregorio de Marañon ins Krankenhaus San Sebastian gebracht, wo seine Chemotherapie wegen einer Krebserkrankung fortgesetzt wird. Trotz seines problematischen Zustands wird er 24 Stunden lang von der baskischen Polizei bewacht. Sollte er aus gesundheitlichen Gründen aus dem Krankenhaus entlassen werden, müsste er bei Freunden wohnen und dürfte außer zu Arztgängen nicht auf die Straße. Auch dort würde er rund um die Uhr von der baskischen Polizei überwacht werden, wie es der Richter Garzón am 12. Juni angeordnet hat. Mikel Ibáñez wurde am 1.März 2007 von der französischen Polizei festgenommen und am vergangenen 28. Februar 2008 an den spanischen Staat ausgeliefert.

Seither war er im Gefängnis Soto del Real in Untersuchungshaft. Am vergangenen 19. April musste er aufgrund eines Unterzuckerungs-Komas bewusstlos ins Hospital Gregorio Marañon eingeliefert werden. Trotz Feststellung von Hodenkrebs wurde er ins Gefängnis zurückgebracht. Folge war eine starke Verschlechterung seines Zustands, erneut wurde er eingeliefert. Sein Verteidigungsteam stellte deshalb am 30.April Antrag auf Freilassung, was Richter Garzón vom Nationalen Gerichtshof (Audiencia Nacional) ablehnte.

Dem Gefangenen aus Elgoibar wurde somit das gesetzlich festgelegte Recht auf eine Genesung in Freiheit verweigert. Weitere 12 schwer kranke Gefangene bleiben eingesperrt, weil die spanische Justiz alle Freilassungsanträge ablehnt. Gefangene, die schwere körperliche und psychische Leiden haben, müssten längst im Krankenhaus oder zu Hause sein, um sich im familiären Umfeld zu erholen. Das Gegenteil ist der Fall, sie werden weiter gefangen gehalten unter unmenschlichen Bedingungen.

Ärztliche Betreuung

Im Gefängnis finden sie weder Ruhe, noch Schutz, noch die notwendige Ernährung. Oft unterlaufen die Gefängnisbeamten die medizinisch angeordnete Behandlung. Die von Gefangenen ausgesuchten Ärzt*innen und Psycholog*innen erleiden Schikanen, einigen wurden Behandlungen im Gefängnis ganz verboten. Bei Transporten in Krankenhäuser oder private Praxen erleiden die Gefangenen häufig Misshandlungen durch die Guardia Civil, in einigen Fällen wurden sie nicht einmal zur Behandlung gebracht. Asier Arzallus zum Beispiel hatte am 20. Mai einen Termin zur Rheuma-Behandlung, wurde jedoch nicht hingebracht, angeblich aus Sicherheitsgründen. Ihm wurde mitgeteilt, der Arzt käme ins Gefängnis, dabei war klar, dass dort nicht alle notwendigen Untersuchungen durchgeführt werden konnten.

Ein weiteres Beispiel ist Arantza Garbayo, eingesperrt in Algeciras, die seit einem Jahr auf eine OP wartet wegen eines Abszesses, der ihr beim Sitzen und Liegen große Schmerzen bereitet. Der schwer kranke Juan José Rego Vidal in Mansilla hat große Probleme, die für seine Situation notwendige Ernährung zu erhalten. Ihm wurde nicht nur die vorzeitige Entlassung versagt, sondern auch eine Verlegung ins Baskenland, trotz seiner prekären Lage. All das zeigt, wie mit dem Leben der Gefangenen gespielt wird: es wird danach getrachtet, größtmöglichen Schaden anzurichten.

Schikanen auf allen Ebenen

Im Juli 2008 ist Inés del Rio 21 Jahre eingesperrt, bei Peio Odriozola waren es im Januar 20 Jahre. Obwohl für beide am 2. Juli die Gesamtstrafe beendet ist, werden sie nicht entlassen, denn der Nationale Gerichtshof (Audiencia Nacional) wendet auf sie die 197/2006-Doktrin des Obersten Gerichts an, die bereits traurige Berühmtheit erlangte. In derselben Situation befinden sich weitere 21 Angehörige, das heißt, obwohl sie ihre Gesamtstrafe abgesessen haben, bleiben sie weiter gefangen, entfernt von ihrer Familienumgebung, von ihren sozialen und politischen Kontakten, unter Bedingungen, die sich die meisten von uns gar nicht vorstellen können. Gegen Filipe Bidart aus Baigorri, im vergangenen Jahr entlassen, wurden neue Auflagen erlassen, von deren Erfüllung seine Freiheit abhängt. Am vergangenen 14. Mai hat ihm das Pariser Strafvollstreckungs-Gericht verboten, öffentlich über seine politische Überzeugung oder über andere politische Gefangene zu sprechen – eine von weiteren Zensur-Maßnahmen.

Filipe Bidart wurde vergangenes Jahr auf Bewährung entlassen, mit der Auflage, in Beziers zu wohnen, 500 km vom heimischen Baigorri entfernt. 28 der Gefangenen, die sich derzeit in französischen Gefängnissen befinden, müssten eigentlich auf Bewährung entlassen sein, doch hält sie der französische Staat im Gefängnis fest, unter erbärmlichen Lebensverhältnissen, weit entfernt von Euskal Herria. Eine ähnliche Situation erleben wir im spanischen Staat, wo bereits 141 Gefangene auf Bewährung entlassen sein müssten, nachdem sie 3/4 oder 2/3 ihrer auferlegten Strafen abgesessen haben. Sie werden nicht einmal entlassen, wenn sie die Gesamtstrafe hinter sich haben. Stattdessen wird die 197/2006-Doktrin des Obersten Gerichts angewandt (Parot-Doktrin). Als Folge dieser in juristische Normen übersetzten politischen Entscheidung sind bereits 44 baskische politische Gefangene mehr als 20 Jahre im Gefängnis. Hervorzuheben der Fall von Jose Mari Sagardui Moja “Gatza“ aus Zornotza, der kommenden Juli 28 Jahre im Knast sein wird.

Weit entfernt, extreme Bedingungen

disper3Der Mai 2008 endet mit 742 politischen Gefangenen, zerstreut auf 87 Gefängnisse in drei Staaten. Im spanischen Staat sind 576 Gefangene auf 52 Knäste zerstreut (innerhalb derer sie dann nochmal auf verschiedene Trakte verteilt werden, um sich nicht zu sehen), durchschnittlich 636 km von Euskal Herria entfernt. Im französischen Staat sind es 165 in 34 Knästen, bei durchschnittlich 801 km Entfernung. Außerdem befindet sich Iban Apaolaza in einem kanadischen Gefängnis. Von allen Genannten sind 47 in Knästen oder Trakten, in denen sich keine weiteren baskischen Gefangenen befinden. In den vergangenen Monaten haben sich die gewalttätigen Übergriffe von Seiten des Wachpersonals und der für Transporte zuständigen Polizisten gegenüber den Gefangenen vermehrt, einmal mehr wird deutlich, dass sie in rechtsfreiem Raum handeln. In der Folge eine Aufzählung der im Mai erlittenen Übergriffe.

Beamte in Soto del Real (Madrid) verprügelten Hodei Ijurko, der am 3.Mai in dieses Gefängnis gebracht wurde. Beim Eintritt verlangte er den ihm rechtlich zustehenden Anruf. Sein Wunsch gefiel dem Schließer offensichtlich nicht, er begann Hodeis Habseligkeiten zu durchsuchen und erklärte die Beschlagnahme aller Papiere, die bereits durch die Sicherheitskontrollen gegangen waren, Anträge auf Anrufe usw. Der Gefangene aus Etxarri fragte nach dem Grund für die Schikane und erhielt als Antwort einen Schlag ins Gesicht, wurde zu Boden geworfen, einer trat mit dem Stiefel seinen Kopf, ein anderer schlug ihm mit dem Schlagstock in Rippen und Beine. Das dauerte 5 Minuten, bis der diensthabende Chef mit 8 weiteren Beamten kam. Zusammen schafften sie Hodei in die Isolationszelle, dort wurde er erneut attackiert. Drei Tage konnte er weder telefonieren noch mit irgendjemandem sprechen. Nach dieser schweren Aggression wurde er nach Valdemoro (Madrid) verbracht, von dort nach Curtis in Galizien in den Isolationstrakt. Dort ist er weiterhin, zusätzlich wurde er dort den härtesten Auflagen unterworfen: Gefangener ersten Grades (höchste Gefährlichkeitsstufe), erste Phase.

Misshandlungen

Der Gefangene Lander Labajo aus Berango erlitt Beleidigungen und Ohrfeigen von Zivilgardisten, die ihn von Aranjuez (Madrid) ins baskische Gefängnis Langraiz brachten. Am 27. Mai wurde der Gefangene Zorion Salsamendi aus dem Pariser Justizpalast in die dortigen Zellen gebracht, die Hände fest auf den Rücken geschnürt, mit Schlägen auf Arme und Kopf. Als er dem Richter vorgeführt wurde, sah er auf dem Flur einen anderen baskischen Gefangenen und grüßte ihn. Deshalb wurden ihm die Fesseln auf dem Rücken mit Gewalt noch enger geschnürt. Zorion hielt an, forderte die Beamten zu ruhigem Verhalten auf, sonst würde er sich auf den Boden setzen. Er wurde weiter gezerrt und setzte sich deshalb. Die Gendarmen schrien und rissen ihn mit sich die Treppenstufen hinunter. Weitere Gendarmen erschienen, schlugen ihn und schleiften ihn in die Zelle.

Der baskische politische Gefangene Arkaitz Bellon wurde ebenfalls angegriffen, im Gefängnis von Algeciras (Andalusien). Während ihn zwei Beamte festhielten, gab ihm ein dritter Faust- und Stockschläge. Nach der Prügelei wurde er bäuchlings auf die Pritsche festgebunden, Hände und Beine gefesselt von Mittwoch früh bis Donnerstagabend. Als Folge der Prügel hat Arkaitz Gelenkschmerzen (Achsel, Ellbogen). Aus Protest beschlossen andere Gefangene von Algeciras eine Selbsteinschließung und einen Hungerstreik.

Die harten Lebensbedingungen waren Anlass für Oier Gonzalez und Jose Ramon Subijana, am 19. Mai im französischen Gefängnis von Muret Seysses (nahe der Stadt Agen), einen Hungerstreik zu beginnen. Ihr Alltag sah folgendermaßen aus: 22 Stunden am Tag in der Zelle eingeschlossen; keine Sicht nach draußen, weil die Fenster nicht nur mit Gitterstäben versehen sind, sondern außen zusätzlich mit einem Metallnetz; Freund/innen wird die Besuchserlaubnis fast durchgehend verweigert, sodass die gesamte Belastung der Reisen auf die Familienangehörigen zurückfällt; obwohl ein Besuch bei Gonzalez und Subijana eine Wegstrecke von 800 km bedeutet, ist es nicht erlaubt, die drei wöchentlich zulässigen Besuche von jeweils einer halben Stunde zu einem einzigen Besuch zusammenzulegen; als Untersuchungshäftlinge haben sie kein Recht auf Telefongespräche, die Post kommt mit wochenlanger Verspätung; die Teilnahme an Arbeitsgruppen und der Bezug von Büchern wird ihnen verweigert. Angesichts dieser Situation begannen Oier und Jose Ramon am 19.Mai einen Hungerstreik mit folgenden Forderungen an die Gefängnisleitung: Monatlich 4 Doppelbesuche (je 1 Stunde) und 4 einfache (1/2 Stunde) Genehmigung von 4 Büchern und 2 CDs im Monat, Besucherkarten für die Gefangenen (wie die sozialen Gefangenen), da es ohne diese Karten Probleme beim Beantragen von Besuchsterminen gibt; Erhalt der externen und internen Post innerhalb eines akzeptablen Zeitraums.

Zellenwechsel alle drei Monate

Jose Ramon Subijana beendete den Hungerstreik am 9. Juni 2008, nachdem er bereits 12 kg verloren hatte. Nach eigener Aussage litt er an großer körperlicher Müdigkeit, Zuckungen und Taubheitsgefühlen in Armen und Beinen aufgrund des Verlusts von Muskelmasse. Oier Gonzalez beendete den Streik 3 Tage später. Bleibt zu erwähnen, dass die beiden vor Beginn dieses Hungerstreiks bereits mehrere Protestaktionen (Fasten und Zelleneinschluss) mit den oben ausgeführten Forderungen durchführten. Gefangene in Fleury, La Santé und Fresnes brachten durch Aktionen ihre Solidarität mit Gonzalez und Subijana zum Ausdruck. Der Gefangener im Gefängnis Riviere de Prairies in Kanada, Iban Apaolaza, begann seinerseits am 9. Juni einen Hungerstreik, weil ihm die Gefängnisleitung verbot, ein Studium an der Universität des Baskenlandes UPV (Universidad del País Vasco) aufzunehmen. Nachdem ihm 4 Tage später zugesagt wurde, er könne ein Studium beginnen, beendete er seinen Protest.

Unfälle und Verlust des Besuchsrechts

disper4Nach den Daten der Gefangenen-Verteilung von Mai 2008 waren die Besucher*innen innerhalb des spanischen Staats gezwungen, für einen Knastbesuch durchschnittlich 1.272km zurückzulegen, im französischen Staat 1.602km (Hin- und Rückweg). Durchschnittlich, also manche mehr, manche weniger. Doch die Strapazen und Leiden der endlos erscheinenden Reisen – es gab Verkehrstote und Verletzte und bedeutet eine enorme finanzielle Belastung – sind in den Augen der politisch und juristisch Verantwortlichen nicht genug. Im Gegenteil ist jede Begründung recht, um Besuche zu verhindern. Viele Angehörige und Freund*innen mussten nach Zurücklegen einer langen Reise unverrichteter Dinge ins Baskenland zurückreisen, ohne die geplanten Besuche gemacht zu haben. Grund ist oft schlichte Willkür der zuständigen Beamten.

Der aus Bilbao stammenden politischen Gefangenen Mirian Campos wurden Besuche von 7 Wochenenden gestrichen, als Strafe für einen 2 Monate zuvor durchgeführten Hungerstreik. In der Folge entfiel am 17.Mai der Besuch ihrer Freund*innen, die 700 km nach Alicante gefahren waren. Die Gefängnisbeamten hatten Mirian am selben Tag von der Sanktion unterrichtet, so blieb ihr keine Zeit, die Freund*innen rechtzeitig zu informieren.

Am 6. Juni reisten die Eltern des politischen Gefangenen Andeka Jurado aus Barakaldo ins 760 km entfernte Villena zum vereinbarten Besuch Ihres Sohnes. Beim Passieren des Metalldetektors vor Besuchsbeginn wurde Andekas Vater von einem Beamten grob behandelt, woraufhin dieser sich mehr Respekt ausbat. Deswegen wurde er vom Besuch ausgeschlossen. Damit nicht genug, Gefängnisbeamte teilten Andeka mit, dass sein Vater mit einem 3 bis 9-monatigen Besuchsverbot belegt werden würde. Für den folgenden Tag, den 7.Juni, hatte Andeka einen Kontaktbesuch mit seinen Eltern genehmigt bekommen (2). Als diese das Gefängnis betraten, wurden sie von der Guardia Civil erwartet, die dem Vater den Zutritt verweigerten.

Ebenfalls am 7. Mai konnte der Gefangene Joxe Mari Dorronsoro aus San Sebastian, eingesperrt in Puerto III (Cadiz), seine Besucher*innen nicht empfangen. Begründet wurde diese Strafmaßnahme gegenüber den 2.300km weit Gereisten damit, der Gefangene hätte den Innenhof nicht gesäubert und würde bestraft. Die Leitung des Gefängnisses hatte den baskischen politischen Gefangenen auferlegt, den Innenhof zu reinigen. Diese hatten geantwortet, sie würden reinigen, was sie selbst verschmutzten, so wie sie es üblicherweise praktizierten. In keinem Fall würden sie den Dreck anderer beseitigen, nur weil es die Schließer so anordneten. Auf Grund dieser Haltung wurden sie mit Isolation bestraft, das heißt, einen Tag lang in einer Zelle eingesperrt mit nur 2 Leintüchern und einer Decke.

Der Partnerin des sich im 770 km entfernten Alicante befindenden Gefangenen Jon Bilbao geschah Folgendes: nach einem chirurgischen Eingriff bat sie um Verschiebung ihres Kontaktbesuchs. Am 4. Juni wurde Jon mitgeteilt, dieser Kontaktbesuch fände am folgenden Tag, also dem 5. Juni statt. So hatten die Angehörigen keine Zeit die Reise vorzubereiten und verloren die Besuchsmöglichkeit. Zwei Tage später brachten ihm Freunde, Sommerkleidung mit. Diese wurden von den Beamten mit Fett verschmiert und damit unbrauchbar übergeben.

Am 7. Juni hatte der Gefangene Ander Labajo im 530 km entfernten Aranjuez (Madrid) einen Besuch mit Trennscheibe und einen Kontaktbesuchs-Termin mit seinen Eltern. Die Beamten teilten den Eltern mit, dass sie keinen Besuchstermin hätten und nicht zu kommen bräuchten. Trotzdem fuhren sie. Ein Kontaktbesuch wurde ihnen nicht genehmigt, ein Besuch mit Trennscheibe jedoch schon. Am selben Tag, ebenfalls in Aranjuez, blieben Eltern und Cousins von Joseba Zinkunegi ohne Kontaktbesuch. Weil der Einzahlungs-Schalter geschlossen war, trug Josebas Mutter Bargeld mit sich, das der Metalldetektor anzeigte. Unter dem Vorwand, Geld in der Jackentasche mitzuführen wurde der Kontaktbesuch verweigert. Nach langer Beharrlichkeit erreichten sie schließlich einen normalen Trennscheiben-Besuch.

Am 23. Mai ordneten die Beamten in Puerto I (Cadiz) nach einem Besuch an, der Gefangene Arkaitz Saez Arrieta solle sich nackt ausziehen, worauf dieser einen Bademantel verlangte. Diese Bitte reichte aus, ihn in die Isolationszelle zu bringen. Nach einer Zellenrazzia wurde er zurückgebracht. Solche Razzien bei Gefangenen gehören zum Alltag und verursachen ganz gezielt heillose Durcheinander. Den im Knast von Daroca (Zaragoza) inhaftierten baskischen politischen Gefangenen wurde mitgeteilt, dass alle Besuche von Angehörigen aufgezeichnet würden. Neben Aufzeichnungen von Besuchen und Telefongesprächen wird sowohl Post von außen als auch die der Gefangenen gelesen und fotokopiert.

Ein Besucher des Gefangenen Iñaki Cañas, wurde von der Guardia Civil beschattet und verfolgt. Auf dem Rückweg von Algeciras nahm er den Bus von Etxerat. Auf Höhe des Ortes Bodeguillas, stoppte die Guardia Civil den Reisebus, stieg ein und ging direkt auf die genannte Person zu. Sie zwangen ihn auszusteigen und filzten ihn unter ständigen Drohungen minuziös. Daneben erlitten zwei Angehörige im Mai Verkehrsunfälle, eine direkte Folge der Zerstreuungspolitik gegenüber den Gefangenen. Am 10. Mai erlitt Maider Gonzalez aus Bilbao auf dem Weg zum Gefangenen Asier Etxenike in Burgos einen Unfall mit Totalschaden. Sie erlitt heftige Prellungen an Körper und Kopf, konnte jedoch am selben Tag entlassen werden. Am selben Tag erlitten die Eltern des Gefangenen Urko Labaka auf dem Rückweg nach einem Besuch in Aranjuez (Madrid) einen Auffahrunfall durch das folgende Fahrzeug. Glücklicherweise blieben sie körperlich unverletzt, das Auto wurde schwer beschädigt.

Gefangenentransporte

Zusätzlich zu den Strapazen, die durch solche willkürlichen Repressions-Maßnahmen entstehen, setzt der Staat seine Zerstreuungspolitik fort und bringt die Gefangenen in weit entfernt liegende Gefängnisse. Mit dem Ziel, das Leiden der Besucher*innen und das der Gefangenen zu verschlimmern. Ausdruck dessen sind die im Folgenden aufgeführten Verlegungen. Sie bedeuten: stundenlang mit Handschellen auf dem Rücken gefesselte Arme, in kleinsten Metallkäfigen, mit im Sommer eingeschalteter Heizung, um Erstickungsgefühle zu provozieren. Die zuletzt durchgeführten Verlegungen (3):

Garikoitz Etxeberria, von Valdemoro (520 km von EH) nach A Lama (780 km von EH). Hodei Ijurko, von Logroño (170 km von EH) nach Curtis (765 km von EH). Xabier Abaunza, von Valdemoro (520 km von EH) nach Algeciras (1235 km von EH). Igor Chillon, von Langraitz ( EH ) nach Mansilla (435 km von EH). Juan Pablo Usia, von Langraitz (EH) nach Mansilla (435 km von EH). Jose Manuel Velez, von Langraitz (EH) nach Soria (270 km von EH). Mikel San Sebastián, von Aranjuez (530 km von EH) nach A Lama (780 km von EH). Txomin Troitiño, von Granada (900 km von EH) nach Bonxe (665 km von EH). Iñigo Akaiturri, von Granada (900 km von EH) nach Topas (470 km von EH). Elena Beloki, von Villena (760 km von EH) nach Soto del Real (445 km von EH). Joseba Iturbide, von Aranjuez (530 km von EH), nach Puerto I (1135 km von EH). Juankar Iglesias, von Villena (760 km von EH), nach Valencia III (595 km von EH). Antxon Sasiain, von Córdoba (870 km von EH), nach Granada (900 km von EH). Urtzi Gartzia, von Soto del Real (445 km von EH), nach Valencia III (595 km von EH). Iñaki Urdiain, von Granada (900 km von EH), nach Valencia I (595 km von EH). Jon Lizarribar, von Fresnes (911 km von EH), nach Toulon (815 km von EH). Agustin Fifal, von Fresnes (911 km von EH), nach Clairvaux (1232 km von EH). Jakes Esnal, von Clairvaux (1232 km von EH), nach Fresnes (911 km von EH). Zorion Zamakola, von Clairvaux (1232 km von EH), nach Villeneuve les Maguelom (710 km von EH). Zigor Orbe, von La Sante (911 km von EH), nach Les Beaumettes (675 km von EH). Alberto Lopez von la Calle, von Villepinte (911 km von EH), nach Fleury Merogis (911 km von EH). Joxe Campo, von Fleury Merogis (911 km von EH), nach Villepinte (911 km von EH). Iñigo Ripoll, von La Sante (911 km von EH), nach Villepinte (911 km von EH).

ANMERKUNGEN:

(1) Mit dem auf die baskische Linke zugeschnittenen Parteiengesetz wurde die meisten Organisationen der baskischen Unabhängigkeits-Bewegung verboten. Dazu: “Das Parteiengesetz, zwanzig Jahre Illegalisierung der baskischen Linken, Baskultur.info, 2022-08-24 (LINK)

(2) Kontaktbesuche: Für politische Gefangene gibt es zwei Arten von Besuchen. Zum einen die üblichen Besuche mit dicker Trennscheibe und Telefon an jedem Wochenende. Zum anderen Kontaktbesuche mit engen Verwandten oder Beziehungs-Partnerinnen und Partnern. Letztere dauern länger, in spanischen Gefängnissen wurden nicht wenige Kinder gezeugt. Die Gefangenen reichen halbjährlich eine Liste mit Besucher*innen ein, die sich die Besuche an den entsprechenden 26 Wochenenden aufteilen.

(3) Bericht Etxerat, Mai 2008, publiziert bei Baskinfo.blogspot, 2008-06-10 (LINK)

ABBILDUNGEN:

(1) Politische Gefangene (wikipedia)

(2) Politische Gefangene (eitb)

(3) Politische Gefangene (ehs)

(4) Politische Gefangene (dailymotion)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-10-09)

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