Ein historischer Rundgang
Zum 86. Jahrestag der faschistischen Besetzung von Donostia / San Sebastian wird im September 2022 eine Reihe von theatralisierten Stadtrundgängen organisiert. Die Besuche sollen an die Ereignisse erinnern, die sich während des Militärputschs der faschistischen Generäle 1936 in der Hauptstadt Gipuzkoas und während des Spanienkrieges abspielten. Die Faschisten hatten die Loyola-Kaserne besetzt und waren auf ihrem Vormarsch ins Zentrum abgewehrt worden. Donostia fiel am 13. September 1936 in ihre Hände.
Zwei Monate dauerten die militärischen Auseinandersetzungen in Donostia (San Sebastian), bis die faschistischen Putschisten im September 1936 die Oberhand behielten und die Stadt erobern konnten.
13. September 1936. Vor einer Woche fiel die baskische Grenzstadt Irun in die Hände der Aufstandsgeneräle und ihrer aus italienischen und navarrischen Soldaten bestehenden Armee. Mit dem Fall von Irun ist der Zugang nach Donostia für die Putschisten praktisch frei. Der dreizehnte ist ein Sonntag, die navarrischen Truppen haben Orereta (Renteria) und Pasaia als Ziel, dabei stoßen sie auf keinen Widerstand. Sie rücken vor bis nach Ategorrieta, einem Außenstadtteil von Donostia und dringen schließlich über die Miracruz-Straße in die Stadt ein. Auf der anderen Seite der Stadt öffnet der Fall von Santa Bárbara (Hernani) den Rebellen die Tore der Stadt. Am frühen Nachmittag ist die faschistische Besetzung von Donostia eine Tatsache. (1)
Seit dem Militärputsch der rechten Generäle am 18. Juli 1936 und dem Beginn des Krieges waren Tausende von Donostia-Bewohner*innen aus der Stadt geflohen. Als General Molas (2) Truppen die Straßen der Hauptstadt stürmten, lebten schätzungsweise noch 35.000 Menschen in Donostia, die Hälfte der Bevölkerung war geflohen, entweder Richtung Westen nach Bizkaia, oder über das Meer nach Iparralde. Donostia war seit zwei Monaten belagert, ohne Wasser, seit die karlistischen Requeté-Verbände aus Navarra den Weststadtteil Artikutza eingenommen hatten. Ständige Bombardements vom Meer her, hatten dem republikanischen Widerstand in der Stadt stark zugesetzt. Die Kapitulation sollte in knapp einer Woche über die Bühne gehen. Von diesem Tag an begann das Grauen: Wahllose Verhaftungen und Massenerschießungen gehörten bis zum Ende des Konflikts zum Alltag in der Stadt. Wenigstens 380 Personen aus Donostia wurden hingerichtet.
Der Staatsstreich in Donostia
Der Militärputsch gegen die demokratisch gewählte Regierung der Spanischen Republik, der den Spanienkrieg (es war kein Bürgerkrieg) auslöste, hatte in Gipuzkoa keinen direkten Erfolg, die gewünschte Kontrolle über die Provinz wurde den Faschisten fürs erste verwehrt. Das Zentrum des militärischen Aufstands in der Provinzhauptstadt San Sebastián war die in der Loyola-Kaserne untergebrachte Militärgarnison. Am 21. Juli revoltierten die Putschisten der Kaserne und schafften es, einige der wichtigsten Gebäude im Stadtzentrum zu besetzen.
Den Ordnungskräften und republiktreuen Kräften, bestehend aus Anarchistinnen von der CNT und Gefolgsleuten der nationalistischen PNV, gelang es jedoch, den Aufstand zurückzuschlagen, und die Aufständischen in der Loyola-Kaserne einzukesseln. Daran war überraschenderweise auch die Guardia Civil beteiligt, die später zur tragenden Säule der franquistischen Repression werden sollte. Der Aufstand endete vorerst am 27. Juli, als die letzten Putschisten in der Loyola-Kaserne kapitulierten.
Erinnerung, Gedenken
Heute, 86 Jahre später, will die Stadtverwaltung von Donostia diese historischen Ereignisse in Erinnerung rufen, sowie all das, was in den Straßen der Hauptstadt während des Militäraufstandes und des anschließenden Spanienkrieges geschah. Dazu wurde in diesem Jahr 2022 die Form von dramatisierten Rundgängen gewählt. Aufgegriffen und in Theaterform dargestellt werden einige der Szenen, die sich damals in der Stadt abspielten. Die Rundgänge sind kostenlos, eine vorherige Anmeldung jedoch erforderlich. Sie finden an den September-Samstagen statt sowie am 1. Oktober und dauern 90 Minuten. Jeden Samstag werden zwei Rundgänge angeboten.
Während den Rundgängen werden die Momente, die die Einwohner*innen von San Sebastián vom 18. Juli 1936 bis zum Fall der Stadt in faschistische Hände erlebten, von einer Schauspielerin und einem Schauspieler in Szene gesetzt. Das entsprechende Drehbuch stammt von Xabier López Askasibar. Es handelt sich um eine Route von 90 Minuten, die am Easo-Platz in der Nähe des Urrumea-Flusses beginnt und durch verschiedene Orte der Stadt führt.
Theatrale Rundgänge
"Wir wollen nicht an konkrete Ereignisse erinnern, wir versuchen, den Teilnehmer*innen der Tour einen Eindruck zu vermitteln von dem, was die Menschen damals während des Kriegs erlebt haben", erklärt ein Vertreter von Koma Zerbitzu Kulturalak, Organisator der Veranstaltung. "An einer Stelle ertönt zum Beispiel eine Sirene und die Leute müssen vor den Bomben in Deckung gehen. Es sind diese Gefühle von Angst, Beklemmung und Sorge, die wir nachempfindbar machen wollen", heißt es in der Ausschreibung.
Die Inszenierung beleuchtet das "enorme Leid, das die Franco-Diktatur für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger von San Sebastián bedeutete", erinnert die Stadtverwaltung von Donostia. Von Koma wird hinzufügt: "Es treten zwar nur zwei Schauspieler*innen auf, aber sie verkörpern viele Charaktere und weben eine Gesamtgeschichte, die aus vielen kleinen Geschichten besteht".
Praktische Informationen
WO. Der dramatische Rundgang beginnt am Plaza Easo und führt zur Schule San José Ikastetxea, zur Avenida de la Libertad, zur Außenfassade des Hotels María Cristina und zum Bereich der Zurriola-Brücke.
WANN. Die Besuche finden an den Samstagen im September und dem 1. Oktober statt. Jeweils zwei Rundgänge, einer um 12:00 Uhr mittags und einer um 18:00 Uhr nachmittags. Am 3. und 17. September werden die Besuche auf Baskisch, am 10. September und 1. Oktober auf Spanisch durchgeführt.
WIE? Die Tour beginnt am Kiosk auf dem Easo-Platz und dauert 1 Stunde und 30 Minuten. Obwohl die Veranstaltung kostenlos ist, ist die Kapazität auf 20 Personen pro Rundgang begrenzt, eine Anmeldung ist erforderlich. Anmeldungen können über Internet vorgenommen werden (3).
WARUM? Ziel der Aktion ist es, das Bewusstsein dafür zu schärfen, was in der Hauptstadt von Gipuzkoa während des militärischen Aufstandes der faschistischen Generäle 1936 geschah. Es handelt sich um eine Hommage für all diejenigen, die direkt oder indirekt unter den katastrophalen Konsequenzen des Spanienkriegs gelitten haben. Gleichzeitig ist es eine Anstrengung, die dazu beiträgt, die Orte und Menschen, die in einem traurigen Kapitel der Geschichte eine wichtige Rolle gespielt haben, in Erinnerung zu halten.
ANMERKUNGEN:
(1) “Recorrido por la Donostia de 1936” (Rundgang durch das Donostia von 1936) Noticias de Gipuzkoa, Iraitz Astarloa, 2022-09-09 (LINK)
(2) Emilio Mola Vidal (9. Juni 1887 in Placetas, Kuba / 3. Juni 1937 bei Burgos) war ein spanischer General aus Navarra und einer der Hauptakteure des Militärputsches von 1936. Mola hatte den Oberbefehl an der Nordfront (Euskadi, Kantabrien, Asturien, Galicien). Sein Tod bei einem Flugzeugabsturz wird mit dem Konkurrenten General und späteren Diktator Francisco Franco in Verbindung gebracht.
(3) Anmeldung über … (LINK)
ABBILDUNGEN:
(*) Donostia 1936
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-09-11)