Der baskische Alltag mit Covid-19
Wer einen Begriff davon hat, was Globalisierung bedeutet, wer weiß, wie Massentourismus heutzutage funktioniert, wer sich ungefähr vorstellen kann, wie viele Flugzeuge und Handelsschiffe jeden Tag rund um den Planeten kreisen – konnte sich leicht ausrechnen, dass der chinesische Coronavirus, COVID-19, eher früher als später auch im Baskenland landen würde. Die bedrohliche Epidemie zieht ihre Kreise. Was gestern aus dem Ausland berichtet wurde, wiederholt sich heute vor der Haustüre. (Dieser Artikel wird täglich aktualisiert.)
Ein Wunder wäre es gewesen, wenn der COVID-19 genannte Coronavirus das Baskenland ausgelassen hätte. Mitte Februar 2020 kam die Pandemie, die sich noch nicht so nennen darf, in der Hauptstadt an und schafft Ableger. Viele schielen gespannt auf die Entwicklung bis Juni, dann soll in Bilbao ein Teil des Weltereignisses Fußball-Europameisterschaft über die Bühne gehen. Vorläufig finden alle Groß-Events ohne Publikum statt. (Dieser Artikel wird täglich aktualisiert.)
(2020-03-10)
Schulen, Universitäten, Stadien geschlossen
Die Nachrichten von vorgestern in China haben sich gestern in Italien wiederholt und sind heute im Baskenland angekommen – so könnte das bisherige Covid-19-Fazit lauten. Die Globalisierung kennt keine Grenzen, ein Tourist oder Handlungsreisender reicht aus, um das Coronavirus von einem ans andere Ende der Welt zu schleusen.
Mit Wirkung von heute wurden im Baskenland in der besonders betroffenen Hauptstadt-Provinz Araba (Álava) Schulen und universitäre Einrichtungen geschlossen. Das große Mercedes-Werk der Stadt hatte seinen Beschäftigten bereits vor einer Woche empfohlen, beim geringsten Anschein von Fieber doch bitte zu Hause zu bleiben. Das klingt weniger dramatisch als in Madrid, wo das Parlament seine Sitzungen eingestellt hat, weil – es klingt wie ein Treppenwitz der Covid-Geschichte – ausgerechnet der Oberscharfmacher der neofaschistischen VOX-Partei ist der erste parlamentarische Virenträger. Das könnte eine Lösung sein … werden sich viele denken.
Nein zu Groß-Veranstaltungen
Ebenfalls mit heutiger Wirkung wurden sämtliche Sportveranstaltungen abgesagt, oder finden unter Ausschluss des Publikums statt. Darunter Spiele der Champions-League in Valencia und Barcelona. Diese Regelung soll vorläufig drei Wochen dauern, bis zum 5. April. Nicht ausschließen wollten politisch Verantwortliche, dass die baskischen Regionalwahlen, die an jenem Tag stattfinden sollen, nach unbekannt verschoben werden. Alles ist abhängig von der weiteren Entwicklung. Die Kommunalwahlen im Nord-Baskenland Iparralde, vorgesehen für den 15. März, wurden bereits abgesagt.
Baskisches Pokal-Finale
Mit einem besonderen und sicher einmaligen Rekord wird das baskisch-gipuzkoanische Fußball-Derby zwischen SD Eibar und Real Sociedad San Sebastian in die Geschichte eingehen. Vor drei Wochen war es abgesagt worden, weil in unmittelbarer Nähe von Eibar eine riesige Müllhalde in die Tiefe gerutscht und die Autobahn blockiert hatte. In der Folge brannte die Halde und verbreitete giftigen Rauch, der ebenfalls zur Schließung von öffentlichen Einrichtungen führte. Heute ist der Nachholtermin, folglich ist die Partie die erste, die ohne Zuschauer*innen stattfindet.
Für den 18. April ist das Finale des spanischen Fußball-Pokals in Sevilla vorgesehen, in das ausgerechnet zwei baskische Teams vorstießen. Sollte sich das Panorama nicht beruhigen, könnte es ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Auch von einer Absage war schon die Rede. Die beiden betroffenen Clubs – Real Sociedad und Athletic Bilbao – haben deshalb eine Verlegung auf den letzten Mai-Samstag gefordert.
Helfer – Überträger
Gesundheitsbehörden sollten für Epidemie- oder möglicherweise Pandemie-Fälle Vorgehens-Protokolle in den Schränken liegen haben, die eine schnelle behördliche Reaktion zulassen. Diese Protokolle gab es sicher auch in Vitoria-Gasteiz, doch war darin bestimmt nicht vorgesehen, dass die erste Virusträgerin ausgerechnet eine Ärztin war. Deshalb musste eine ganze Abteilung geschlossen werden, die Behörden suchten verzweifelt nach Ersatz-Personal (das sie sonst nicht einstellen wollen). Die Helfer*innen wurden selbst zur größten Gefahr, das Hospital mit dem schönen Namen Txagorritxu füllte die Schlagzeilen.
Tourismus
Der für die Viren-Übertragung mitverantwortliche Tourismus reagiert prompt, Hotels und Unterkünfte vermelden serienweise Stornierungen, Messen, Ausstellungen, Kongresse werden abgesagt. In einer Stadt wie Bilbao, die in den vergangenen Jahren maßlos auf Tourismus gesetzt hat, ist dies ein Grund zur Sorge. Für die Kritiker*innen dieses Modells ist es hingegen Wasser auf ihre Mühlen. Weil es sich ebenfalls um eine Massenveranstaltung handelt, wenngleich erst im April, ist auch die Semana Santa (Karwoche) mit vielen Umzügen in Bilbao in Frage gestellt.
Europa-Meisterschaft
Bis zum touristischen Hit des Jahres sind es in Bilbao zwar noch drei Monate, doch bereits jetzt zeigen sich einige Stimmen beunruhigt. Vier Spiele sollen hier stattfinden, Bilbao ist der einzige Spielort im Staate. Die Verantwortlichen widersprechen sich, die einen wollen von Absage nichts wissen, die andern räumen zumindest die Möglichkeit ein. Eine solche Absage hätte Folgen, die kaum abschätzbar wären. Mit der Abhängigkeit, in die sich die Stadt mit ihrer Toruismus-Politik gebracht hat, wäre der ökonomische Schaden enorm. Die einheimischen Fans wären über die Absage gar nicht mal so traurig, denn so bliebe ihnen wenigstens der dreimalige Besuch des verhassten spanischen Teams erspart.
Virus-Rekorde
Die Autonome Gemeinschaft Baskenland ist im weltweiten Vergleich die Region mit den fünft-meisten Covid-Fällen pro Kopf der Bevölkerung. Die Zahlen der neuentdeckten Fälle steigen jeden Tag sprunghaft, 49 Neufälle mehr als gestern. In Spanien sind es 1.639 Fälle (35 Todesfälle), davon sind 435 neu. In Madrid wurden gestern 200 neue C19-Fälle gezählt. Vor dem Baskenland (Ziffer 3,43 Fälle pro 100.000 Personen) liegen nur Südkorea (13,76), Italien (9,43), Iran (6,86) und China (5,3). Im Vergleich dazu die Staaten Frankreich (1,04), Deutschland (0,99) und Spanien (0,86). Bask*innen reisen eben besonders gerne.
In Labastida, im baskischen Süden, dem bekannten Rioja-Weingebiet, kam es zu einer besonderen Häufung von C19-Fällen aufgrund einer Ansteckung bei einer Beerdigung. Weil einige Bewohner*innen die Quarantäne-Regeln nicht einhielten, ist nun die Polizei im Einsatz. In Vitoria-Gasteiz kam es zu Hamsterkäufen von Basisprodukten, viele Regale blieben leer. Bürgerzentren, Schwimmbäder wurden geschlossen. Im Gefängnis von Araba wurden die Besuche stark eingeschränkt. Die kleine Nachbar-Region La Rioja hat den Schulbetrieb komplett eingestellt. Alle Flüge zwischen Spanien und Italien sind gestrichen. Die Börse verlor 3% an Werten.
Die Navarra-Front
In der baskischen Region Navarra wurden 9 neue Fälle von C19 registriert, die Zahl beläuft sich somit auf nur 23 Patient*innen. Die meisten Fälle gehen auf die bereits erwähnte Beerdigung in Vitoria-Gasteiz zurück. Das Positive, so die Verantwortlichen für Gesundheit, ist die klare Zuordnung der Ansteckungen, die auf bereits bekannte Infektionsherde zurückgehen. Das ermöglicht eine frühe Diagnose und Quarantäne, was wiederum neue Ansteckungen verhindert. Nicht immer ist die Herkunft des Virus bekannt oder nachvollziehbar. Folge ist die Unmöglichkeit von Maßnahmen im Umfeld der infizierten Person und ein verspäteter neuer Virusherd. Die Infizierten aus Navarra sind in Krankenhäusern oder zu Hause in Quarantäne. Bislang bildeten ältere Personen das Gros der Virustoten. In Navarra wurden bislang keine Senior*innen infiziert. “Es handelt sich um eine Personengruppe, die sehr anfällig ist, die den Virus aber nicht überträgt“, so ein Arzt. Schulschließungen wurden in Navarra bisher ausgeschlossen. Selbstverständlich wurde auch das Erstliga-Spiel Osasuna gegen Atletico Madrid zur Unsichtbarkeit verurteilt.
(2020-03-11)
Was die Presse erzählt …
Die Welt-Gesundheits-Organisation WHO hat die Corona-Virus-Epidemie zur Pandemie erklärt und bezeichnet ihre schnelle Verbreitung als “alarmierend“. Aktuell betroffen sind 118.000 Personen in 114 Ländern.* Die Zahl der Covid-19-Fälle in Euskadi (Araba, Bizzkaia, Gipuzkoa) beträgt 261, mit einer steigenden Tendenz, die Zahl der Neufälle liegt bei 64. * Die baskische Regierung überlegt, unter welchen Umständen die Regionalwahl vom 5. April abgesagt werden sollte, die Entscheidung liegt bei der Wahlkommission. * Das Finale um den spanischen Fußball-Pokal zwischen den baskischen Teams Athletic Bilbao und Real Sociedad San Sebastian, vorgesehen für den 18. April, ist ohne Ersatztermin abgesagt worden, im Gespräch sind der 30. oder 31. Mai. Alle Spiele der zweiten und dritten Liga sind abgesagt. Ebenso ein Radrennen in Bilbao. * Interessanterweise findet das Champions-League-Spiel von Liverpool und Atletico Madrid in aller Normalität und mit 2.500 aus Madrid angereisten Zuschauer*innen statt. Zwei Spiele in Mailand und Sevilla wurden hingegen ganz abgesagt. Fußball normal hingegen in Afrika.
Wie überall spielt sich auf dem Flughafen von Bilbao nichts mehr ab. * In der baskischen Südprovinz Araba wurden mittlerweile alle Schulen geschlossen, in Bizkaia die erste in Balmaseda. Betroffen sind 60.000 Kinder und Schüler*innen. Alle Senioren-Tagesstätten wurden ebenfalls geschlossen. * Die baskische Regierung stellt ein Sonderprogramm in Höhe von 300.000 Euro zur Verfügung, die wirtschaftliche Härtefälle abmildern sollen: für Erziehung, Familien, Gesundheit und Unternehmen. * Konzerte und Festivals werden am laufenden Meter abgesagt. Ebenso die Aufnahme-Prüfung für Kandidat*innen der baskischen Polizei. * Die baskische Polizei Ertzaintza meldet den zweiten Virus-Fall, ihr Schulungszentrum Arkaute in Araba wurde bereits gestern geschlossen. * Ein erster Gefangener des Araba-Gefängnisses hat sich ebenfalls infiziert. * Die Tageszeitung Gara berichtet: “Der Coronavirus ist doppelt so ansteckend wie eine Grippe und zehn Mal tödlicher“.
Alarm in Madrid
Im Staat gibt es mittlerweile 2.200 Positive, 47 Tote und 126 Personen auf Intensiv-Stationen, 137 Personen haben die Krankheit überwunden. Insbesondere die Situation in Madrid ist dramatisch, pro Stunde werden 10 neue Positive gemeldet. * Nach drei Faschisten der Vox-Partei ist eine Politikerin der PP der dritte C-19-Fall im Parlament, das nunmehr vollends zum Erliegen kommen dürfte. Nur die Krisen-Kommission C-19 bleibt aktiv. * Mehr als ein Dutzend Länder haben Einreiseverbote erteilt für Personen aus Spanien. * Die großen Museen in Madrid wurden geschlossen.
Eine Studie der spanischen Regierung geht davon aus, dass die Pandemie im besten Fall in zwei Monaten Mitte Mai und im schlechtesten Fall erst im Juli unter Kontrolle sein könnte. In der Regierung wird davon ausgegangen, dass die Zahl der Neu-Infektionen in den nächsten Tagen weiter steigen wird, woraus aber nicht geschlossen werden dürfe, dass die Schutzmaßnahmen unwirksam seien. Deren erste Wirkungen werden in den nächsten 10 Tagen erwartet. Die Versorgung mit Lebensmitteln sei gesichert, teilt die Regierung mit – sie wird ihren Grund haben, diese Feststellung zu treffen. * In den USA markiert Covid-19 die Schwachstellen des Gesundheitssystems, das Obama reformieren wollte. * Der erste Besuch des chinesischen Staatschefs im Pandemie-Ausgangspunkt Wuhan wird interpretiert als Anfang des Sieges gegen die Pandemie, zumindest im Lande selbst. (2020-03-11)
(2020-03-12)
Italien liegt vorne
Wer sich im Baskenland um die Perspektiven mit dem Virus sorgt, muss nur einen Blick auf die Ereignisse in Italien werfen. Dort wurden alle Geschäfte und Restaurants zur Schließung verurteilt. Ausnahme sind nur Apotheken, Drogerien und Supermärkte. Auch Zeitungs- und Tabakhandel bleiben geöffnet, Transport und Landwirtschaft sind noch garantiert. * Dass die baskische Regierung nun alle Schulen und Universitäten schließen lässt, wurde getoppt von der spanischen Regierung, die landesweit alles schließen lässt. Damit haben ab morgen 400.000 Schüler*innen schulfrei. Die Behörden setzen auf Tele-Unterricht, die Lehrer*innen halten dies technisch für unmöglich. Nur an den Unis ist dies machbar. * Die Zahl der Infizierten in Euskadi beträgt nun 346, elf Personen starben bisher.
Entlassungen im Hotelgewerbe
Wenige Buchungen und viele Absagen lassen im Tourismus-Sektor die Alarmglocken läuten. Von einem Hotel ist bekannt, dass die Belegschaft deshalb von 50 auf 13 heruntergefahren wurde. Kleinere Unterkünfte sind finanziell stärker betroffen. Die Unternehmer des Bereichs fordern von den Behörden “Flexibilität”, sprich die Möglichkeit leichterer Entlassungen. Für die Gastronomie gilt dasselbe, hunderte von Großessen fielen wegen Absagen unter den Tisch. Große Hoffnung ist ein Apotheker-Kongress Ende Mai mit 1.500 Teilnehmer*innen. * Bestimmte Regale in Supermärkten sind leer, ausgerechnet Klopapier zum Beispiel wird gehortet. Online-Dienste und Auslieferungen von Supermärkten wurden limitiert, wenn sie in Anbetracht vieler Bestellungen nicht schon komplett überlastet waren. DIe Entwicklung zeigt einmal mehr die Problematik einer einseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeit, in diesem Fall vom Tourismus. Wenn im Konzept ein Element versagt, kollabiert das ganze System.
Baskische Tendenzen
Nachdem die linke Koalition EH Bildu erklärte, dass sie keine Wahlkampagne durchführen wird, hat der Ministerpräsident für Anfang nächster Woche alle Parteien zu einer Sondersitzung eingeladen, die eine Vorentscheidung treffen sollen, ob die Regional-Wahlen am 5. April stattfinden sollen. * Die erste Fiesta in Bilbao, die am kommenden Wochenende stattfinden sollte, wurde von den Organisatorinnen abgesagt. * Die Tourismus-Messe Expo-Vacaciones in Bilbao wird von Mai auf November verschoben. * Die Verwaltung von Bilbao verbietet alle Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmer*innen. * Theater und Konzertsäle in Bilbao werden vorläufig geschlossen.
König Fußball
Die UEFA will nächste Woche entscheiden, ob die – unter anderem in Bilbao stattfindende – Fußball-Europa-Meisterschaft auf das nächste Jahr vertagt wird und ob die europäischen Wettbewerbe suspendiert werden, was immer wahrscheinlicher wird. * Der spanische Fußball-Verband schließt nicht aus, das von zwei baskischen Teams auszutragende Pokalendspiel komplett abzusagen. * Zwei Liga-Spieltage fallen auf jeden Fall aus. * Der italienische Fußballclub Juventus Turin hat bekannt gegeben, dass einer seiner Spieler den C-Virus in sich trägt. Für die oberen Zehntausend wird es langsam unangenehm. Der Betroffene ist keiner der großen Stars seines Teams, aber er ist in direktem Kontakt mit dem wegen Korruption verurteilten Star Cristiano Ronaldo. Weiteren Kontakt wird es nicht geben, weil die italienische Liga ohnehin suspendiert ist, ohne Aussicht auf Besserung.
Spananien
Mit Spannung wird erwartet, ob die Regierung in Madrid nach italienischem Beispiel ebenfalls Kneipen und Restaurants schließen lässt. * Pro Stunde werden 35 neue Fälle im Staat verzeichnet. * Die Börse erleidet einen historisch schlechten Tag, die Kurse fallen zweistellig. * Dass Trump einseitig die Flugverbindungen von und nach Europa gecancelt hat, stößt in Europa auf Unverständnis: 4.000 Flüge finden nicht statt. * Der Virus ist in der Regierung angekommen, zwei Ministerinnen sind erkrankt. Dazu kommt der baskische Oberfaschist Abascal. Ihr Kontakt mit dem Königshaus hat dem Covid-19 einen neuen Verbreitungsweg eröffnet und stellt die gesamte Regierung in Frage. * In Katalonien hat die Regierung beschlossen, vier Orte mit insgesamt 60.000 Einwohner*innen abzuriegeln, niemand kann gehen oder kommen – Ausnahmezustand, der prinzipiell überall ausgerufen werden kann, wo sich die Fälle häufen. * Dazu passt die Nachricht, dass die Armee einen Gefahren-Plan vorbereitet hat und auf Einsätze in besonders gefährdeten Regionen eingestellt ist. Vorerst werden in Madrid, La Rioja und im Baskenland keine Lazarette aufgestellt. * Die Bischöfe schlagen Beerdigungen im intimen Kreis vor, sowie die Verschiebung von Taufen und Hochzeiten. * In Madrid starb der bekannte argentinische Saxofonist Marcelo Peralta im Alter von 59 Jahren an Coronavirus.
Auch in Deutschland wurde ein erster Parlamentarier positiv auf Corona getestet. Gleiches geschah bereits in Spanien mit bisher sechs VIP-Infektionen. Der Virus macht nicht vor Klassenunterschieden Halt. Im Gegenteil zu anderen historischen Seuchen, die vor allem die in Elend und mieser Hygiene Lebenden trafen – Pest, Typhus, Tuberkulose – sind es heuer die Bessergestellten der Mittelklasse, die sich Reisen leisten können, mit guten Jobs und Kontakten nach China, bis hin zu bestens bezahlten Sportstars. Beim Spiel in Griechenland grüßten Arsenal-Stars den mittlerweile positiven Olympiakos-Präsidenten, deshalb wurde in England das erste Spiel abgesagt. (2020-03-12)
(2020-03-13)
Drastische Maßnahmen auf der Halbinsel
Im ganzen Land wurden die Schulen und Universitäten geschlossen, das Parlament tagt nicht und in der Liga wurden zwei Spieltage komplett abgesagt. Dass das Coronavirus in Spanien außer Kontrolle war, war bereits vor zwei Wochen klar, doch es dauerte, bis durchgreifende Maßnahmen getroffen wurden, um die Ausbreitung einzudämmen. Die Hauptstadtregion Madrid ist eine der zentralen Ansteckungsherde. Die Schließungen gelten für zunächst 15 Tage. An verschiedenen Orten wurden alle Versammlungen über 1000 Menschen verboten. Als dies die Schweiz schon vor knapp zwei Wochen verordnete, wurden die Eidgenossen in Spanien noch belächelt.
Sogar die Parlamentssitzungen wurden ausgesetzt, weil zwei Ministerinnen und mehrere Führer der rechtsradikalen VOX-Partei infiziert ist. Die faschistoide Partei gab bekannt, dass ihr Generalsekretär Javier Ortega Smith positiv getestet wurde. Man darf davon ausgehen, dass die Partei nun zu einem besonderen Ansteckungsherd wird. Sie hatte erst vor zwei Tagen eine Generalversammlung in Madrid durchgeführt, mit einem schon deutlich angeschlagenen Smith, der dabei ständig husten musste, wie Videos zeigen. Versammelt waren 9000 Menschen. Eigentlich müsste sofort die gesamte Parteiführung in Quarantäne geschickt werden.
Als surreal darf bezeichnet werden, dass die Anhänger der Franco-Diktatur nun die Linksregierung angreifen, weil die ihre Versammlung in Madrid nicht verboten habe. VOX will selbst über eine Absage nachgedacht haben, behauptet die Partei. Aus Verantwortlichkeit habe man aber an der Versammlung festgehalten: "Eine Absage wäre unverantwortlich gewesen, da man eine Alarmstimmung erzeugt hätte, während im Rest des Landes alles normal weitergelaufen ist". Es sei ein "Fehler" gewesen, dieser Regierung zu glauben, "den wir nicht hätten begehen dürfen", entschuldigt sich die Partei und fordert den Rücktritt der Vize-Regierungschefin. Von Eigenverantwortung keine Spur.
In der Hauptstadt Madrid werden mit Abstand die meisten Fälle registriert. In 24 Stunden hatte sich die Zahl verdreifacht. Inzwischen hat Spanien alle Flüge nach Italien ausgesetzt, zunächst bis zum 25. März. Klar ist, dass es für Spaniens Ökonomie nun heftig wird. Schon jetzt gehen die Reservierungen für Flüge in das Urlaubsland in die Knie, das über Tourismus 13% seiner Wirtschaftsleistung erzeugt. Schon jetzt sind es zwischen März und Mai 630.000 Buchungen weniger als im Vorjahres-Zeitraum. Vor allem Gäste aus Großbritannien bleiben fern.
"Der spanische Tourismus zittert vor dem Coronavirus", titelte Eldiaro.es vor fünf Tagen, als es noch keine drastischen Maßnahmen gab. Die Buchungen gingen schon in der vergangenen Woche in den Keller und angesichts der Ausbreitung und der Notmaßnahmen, war das erst die Spitze des Eisbergs. Dazu kommen die Absagen von Messen und Kongressen, wie dem großen MWC in Barcelona. Der Sektor ist längst in heller Aufregung, da allein in der vergangenen Woche die Buchungen um 25% abgestürzt sind. Weil dazu Stornierungen von gebuchten Aufenthalten kommen, wurde schon vor einer Woche von einem Einbruch um 35% gesprochen. "Die kollektive Hysterie wird uns viele Jobs kosten", zitiert Eldiario.es eine Quelle aus der Branche. (Gekürzte Version von Telepolis)
(2020-03-13)
Freitag, der Dreizehnte
In einer Gesellschaft, die von und mit physischer Nähe lebt, hat Virenansteckung durch Körperkontakt deutliche Folgen. Küsse zur Begrüßung, zwischen Männern und Frauen, auch zwischen Gleichgeschlechtlichen, statt des mitteleuropäischen Händeschüttelns und ein kontinuierliches “Anfassen“ prägen die baskischen Umgangsweisen. Das Coronavirus sorgt für Verunsicherung. Sollen wir uns noch die Hand geben? Von Küssen auf die Wange ganz zu schweigen … “Distanz wahren zwischen 1 und 2 Metern, im Fall von offensichtlichen Atemproblemen, Küsse vermeiden und nicht mit der Hand grüßen“, so lautet die Botschaft, die aktuell Hunderttausende lesen. “Keine Lebensmittel, Getränke, Gläser, Teller, Bestecke oder Handys teilen mit anderen Personen.“ Wir sollen die Entfremdung pflegen. Und ständig die Hände waschen, denn mit den Händen nehmen wir Schmutz auf und verteilen ihn am eigenen Körper, vor allem im Gesicht. Unklar ist, wie wir uns in einer Woche in der Metro oder im Bus verhalten sollen, falls sie dann noch fahren. Oder besser gleich zu Fuß gehen. Eine Freundin erzählte mir gestern, ihre Tochter habe sie gebeten, in den nächsten vier Wochen doch bitte den Kontakt zu den Enkelkindern zu meiden. Sie ist Rentnerin und eine alte politische Aktivistin, die auf der Straße jede Menge Leute kennt und grüßt. Der Virus konzentriert sich nicht auf die Armen, wie man unvorsichtigerweise meinen könnte. Er verfolgt die Vielreisenden, und Viel-Hände-Schüttler, sprich Politiker und Dauertouristen aus der Mittelklasse. Sowie Senior*innen und Personen mit angeschlagener Gesundheit. Dennoch gehören wir mit unseren Ängsten und Vorsichtsmaßnahmen zu den ersten sozialen Opfern der Pandemie. Ein anderer Freund hat sich aus der Bibliothek Albert Camus` Roman “Die Pest“ geholt, um sich ein Bild zu machen von den psychologischen und gesellschaftlichen Ausmaßen einer Bedrohung, die wir aus eigener Erfahrung bisher nicht kannten. Uns den Poteo zu nehmen, den allabendlichen Kneipengang durch wenigstens vier Lokale, grenzt im Baskenland an kulturellen Genozid. Eine Umarmung wird dabei zur subkulturellen Widerstandshandlung. Wir küssen und herzen uns in der Annahme, dass wir uns ja schon ewig kennen und nichts zu verstecken haben. Vielleicht die mentale Impfung gegen die Bedrohung, vielleicht auch nur Illusion. Zumindest hatten wir in den vergangenen zehn Tagen keinen Umgang mit Mitgliedern der spanischen Regierung, die doch ziemlich gebeutelt daherkommen. Eine weitere Freundin erzählt von der Absage einer schon länger geplanten Familienfeier. Der Abstand zwischen vernünftiger Vorsicht und absurder Panik kann so klein sein wie die Länge eines Streichholzes. Streichhölzer brennen bekanntlich auf der einen Seite, auf der andern nicht.
Von einem Tag auf den anderen
Das sich im Baskenland die Straßen leeren war abzusehen, insbesondere nach den einschneidenden Maßnahmen der Zentralregierung gestern. Dass das kulturelle und politische Leben (auf der Straße) innerhalb von 24 Stunden ebenfalls auf Null gefahren wird, ist dennoch eine kleine Überraschung. Keine Fantasie, kein Aufbegehren – sogar die sozialen Bewegungen stellen sich auf die Limitierungen ein. Wortlos. Proteste wegen Rassismus gegen Flüchtlinge in Griechenland, eine Tagung gegen die Folgen der Europa-Meisterschaft in Bilbao, eine andere Tagung gegen Gentrifizierung in Bilbao, Protest gegen den Müllskandal in Zaldibar, Info-Veranstaltungen, Kleinkonzerte, Theater, und vieles andere mehr – alles abgesagt. Nur das Guggenheim hat noch geöffnet, wenn auch ohne Besucher*innen, denn die Touris haben sich längst aus dem Staub gemacht. Erste Masken tauchen auf in Bilbao, während sie in Vitoria-Gasteiz schon zum Straßenbild gehören. Die baskische Regierung “empfahl“ heute den Kneipenbetreibern, ihre Lokale zu schließen, erwartet wird Anfang der Woche ein generelles Schließungsdekret. Einige gingen dem Dekret bereits voraus. Fehlt nur noch eine Ausgangssperre. Das Kommunikationsverhalten auf der Straße ändert sich, kaum anders zu erwarten, Freunde gehen auf Distanz, keine Berührungen mehr, man grüßt sich mit den Schuhen. “Wir haben keine Angst vor dem Virus“, teilte mir ein Freund aus dem Senegal mit. “Wir haben heißes Blut und können nicht angesteckt werden, aber unter uns haben wir vereinbart, dass wir uns nur noch mit den Schuhen grüßen.“ “Angesichts der Katastrophe, Nachbarschaft organisieren“ lautet der Aufruf aus linken Kreisen, sich zur öffentlichen Diskussion in Bilbao auf einem Platz in der Altstadt zu treffen. Dazu werden folgende Schutzmaßnahmen empfohlen: Wegbleiben beim geringsten Krankheitssymptom, Hände waschen vor und nach der Versammlung, Grüßen nur mit Ellbogen, nicht das Gesicht berühren, Gruppen dürfen maximal 5 Personen umfassen, ein Meter fünfzig Abstand zwischen den Personen. Fröhliche Besprechung!
(2020-03-14)
Ausnahmezustand – oder der Beginn davon
Präsident Sanchez hat in Spanien den in der Verfassung vorgesehenen Alarm-Zustand ausgerufen, eine Art von Notstandsgesetz, das der Regierung weitegehende Einschnitte in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben ermöglicht: Beschränkung der Bewegungsfreiheit, Beschlagnahmung von Immobilien, Übernahme des privaten Gesundheitssystems. Vorläufig gilt Alarmstufe 1 von drei. * Das Königshaus ist trotz direktem Kontakt mit Covid-Fällen nicht infiziert. * Aus dem Krisengebiet Madrid fliehen Tausende an die Küste in Kantabrien, Murcia, Levante. Von dort kommen drohende Worte, die keine solchen Touristen empfangen wollen und mit kollektiver Quarantäne drohen. Flüchtlinge sind auch aus dem Baskenland nicht erwünscht, das neben Katalonien die dritte Krisenregion darstellt. Strände werden gesperrt. * Einheitliche Zahlen gibt es nicht. Für Spanien wird von knapp 6.000 Covid-Infizierten gesprochen, 40% sollen Neufälle sein, 120 Tote, die Zahl der Kurierten steigt auf 140. * In Galicien stirbt ein erster Gefangener an Covid-19. * In Valencia wird ein Riesenfest abgesagt, in Sevilla die Semana Santa.
Zahlen im Baskenland
Die Zahlen im Baskenland: 19 Tote, 521 Infizierte, davon 360 in Araba, 115 in Bizkaia und 46 in Gipuzkoa. Die Zahlen variieren stündlich. * Auch private Kliniken werden unter die Kontrolle des baskischen Gesundheitssystems Osakidetza gestellt. * Behörden schließen ihre Pforten. Große Kaufhäuser schließen ebenfalls, alle Gerichtsverfahren werden abgesetzt, Bereitschafts-Justiz gibt es nur noch in den Bereichen Verbrechen und sexistische Gewalt. * Was fehlt sind die Absage der baskischen Regional-Wahlen (in Frankreich finden Kommunalwahlen statt) und die Schließung des Guggenheim-Museums.
Mit gutem Beispiel voran
Die linke Wahlkoalition EH Bildu hat in einem propagandistischen Aufruf “an alle Behörden und Institutionen“ ihre gesamte “Infrastruktur und ihre aktiven Anhänger/innen“ zur Unterstützung angeboten. * An manchen Orten werden öffentliche Bürgerversammlungen anberaumt, mit obligatorischem Sicherheitsabstand. Es werden Kleingruppen gebildet, wer zu spät kommt bleibt ausgeschlossen, weil die Gruppen-Maximalzahl erreicht ist. Surreale Veranstaltungen mit spiritistischem Flair. * Auf den Straßen sind deutlich weniger Personen, von leergefegt kann jedoch keine Rede sein. In den letzten offenen Kneipen sammeln sich Kommunikations-Hungrige, diskutieren, lachen und feiern den letzten Umtrunk für die nächste Zeit.
Hamsterkäufe
Weil die Behörden von der mehrfachen Benutzung normaler Handtücher abraten, kommt es zu Rauschkäufen von Klo- und Wegwerfpapier. * Es leeren sich die Regale mit Kaffee, Milch, Eiern, Dauerbrot und Tomatenkonserven. Was bleibt ist Alkohol. * Ausverkauft sind Latex-Handschuhe, medizinischer Alkohol und Fieberthermometer, Desinfektions- und Putzmittel. * In Supermärkten kommt es zu Einkaufsschlangen. Nur eine beschränkte Zahl von Kund*innen werden eingelassen. Es gibt Probleme bei der Einhaltung des empfohlenen Sicherheitsabstands zwischen den Personen. * Kund/innen werden zum Tragen von Plastikhandschuhen gezwungen, um mit nichts und niemand in Kontakt zu kommen. * Drei Blocks weiter sind die letzten verbleibenden Kneipen randvoll ohne Sicherheitsabstand. * Um den Kollaps in Krankenhäusern zu vermeiden, wird davon abgeraten, sich dahin zu wenden, wenn es nicht absolut unumgänglich ist.
Im öffentlichen Transport ist Barzahlung nicht mehr möglich, um die Mehrfachberührung von Münzen zu vermeiden. * Im Guggenheim-Museum sind mehr Sicherheitskräfte zu sehen als Besucher*innen. Die behördliche Schließung steht bevor. * In Apotheken werden Sicherheitslinien eingeführt, um die Verkäufer*innen von der Kundschaft zu distanzieren. * Masken sind wenige zu sehen in den Straßen, dafür tragen viele Arbeitende Gummihandschuhe. * In Bilbao wird eine Sporthalle provisorisch für Obdachlose geöffnet. * Beim Hauptstadtclub Deportivo Alaves gibt es zwei Coronavirus-Fälle.
Polizeilicher Ausnahmezustand in Vorbereitung
14.000 Polizisten sollen eine denkbare Ausgangssperre überwachen, darunter 7.300 Beamte der baskischen Polizei, 3.000 Stadtpolizisten, 2.400 Guardia Civiles und 1.300 Nationalpolizisten. * Die baskische Polizei kann laut Alarm-Verordnung dem Innen- oder Verteidigungs-Ministerium unterstellt werden. * 1000 Soldaten stehen bereit zum Sprung auf die Straßen des Baskenlandes, wenn es nötig sein sollte. * Der baskische Ministerpräsident Urkullu: “Das Schlimmste ist noch nicht erreicht“ * Heute wurde die Schließung von Läden und Gaststätten empfohlen, ab Montag wird dies angeordnet. * Das im Baskenland laufende Pelota-Turnier wird abgesagt, ebenfalls die berühmte Oster-Prozession in Balmaseda.
Und in Übersee …
Trump ruft für die USA den nationalen Notstand aus. * Mateo Renzi warnt davor, italienische Fehler zu wiederholen und nicht schnell genug zu reagieren. * Mit leichter Verspätung schließen die englische Liga, die Formel-1, die Bundesliga ihren Aktivitäten. * In China ist der Virus gebremst, wenn nicht überwunden, Europa wird zum Zentrum des Coronavirus.
Letzte Meldungen
Das Guggenheim-Museum, touristischer Attraktionspunkt im Baskenland und in Bilbao, schließt bis auf Weiteres seine Türen. * Der öffentliche Transport in Bilbao wird um 40 bis 60% gekürzt. * Die baskische Regierung ordnet die Schließung aller gastronomischer Einrichtungen an. * Die Ministerpräsidenten von Katalonien und dem Baskenland, Torra und Urkullu, sind nicht begeistert darüber, dass Madrid Kompetenzen der autonomen Regierungen übernimmt, wie dies in der Alarm-Verordnung vorgesehen ist. * Der Rockmusiker Loquillo verbietet der faschistischen Vox-Partei die Nutzung seiner Musik für eine Coronavirus-Video. * In der bizkainischen Stadt Durango wird ein Kreis von Helfer/innen gebildet, um in Not geratene Nachbar/innen zu unterstützen. * Die Zentralregierung verbietet alle Bewegungen, die nicht absolut notwendig sind. Die baskische Regierung schloss eine solche Limitierung bisher aus. Widersprüche. * In Navarra wurden bislang nur 183 Fälle von Covid-19 gezählt. * Die Anwesenheit des Podemos-Chefs Iglesias im heutigen spanischen Ministerrat – er steht unter Quarantäne – ruft in der Rechten heftige Proteste hervor. * In Gipuzkoa werden Besuche in Altersheimen verboten. (2020-03-14)
(2020-03-15)
Alarm-Zustand
Die Verkündung des Alarm-Zustands hat nicht nur eine Schutz-Dimension, sondern auch eine politische. Die spanische Regierung hat alle aktuell sensiblen Kompetenzen an sich gezogen, auch solche, die den regionalen Autonomien (Länder) zustehen. Die baskische sowie die katalanische Linke sprechen deshalb von einem “verdeckten Einsatz des Artikels 155 der Verfassung“. Zur Erinnerung, dieser Artikel 155 wurde vor zwei Jahren gegen die autonome Regionalregierung in Katalonien eingesetzt, gegen deren Vorhaben ein Referendum zur Unabhängigkeit durchzuführen.
Mit dem gestern ausgesprochenen Dekret hat die spanische Regierung den Autonomien die Kompetenz entzogen was Gesundheit, Sicherheit und Transport betrifft. Das heißt, dass Krankenhäuser und Polizei unter spanische Verwaltung, unter spanischen Befehl gestellt wurden. Das bedeutet, mit einem Artikel der Verfassung (Alaram-Zustand) wurden andere Teil der Verfassung (Autonomie-Statute) außer Kraft gesetzt. Also Ausnahmezustand, auch wenn niemand das Wort in den Mund nimmt. Die Armee ist einsatzbereit.
Relative Ausgangssperre
Konkret bedeutet die Ausrufung des Alarm-Zustands eine relative Ausgangssperre. Alle Bewohner/innen sind generell aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Nur im Ausnahmefall ist das Verlassen der Häuser erlaubt. Dabei sind die Ausnahmen so offen definiert, dass die Kontrolle der Ausgangssperre nicht einfach sein wird. Zwar sind alle gastronomischen und kommerziellen Einrichtungen geschlossen, die Ausnahmen bilden jedoch: Supermärkte, Zeitungs- und Tabakläden, Friseure, Bäckereien, Waschsalons. Verboten ist Sport im Freien, Private und öffentliche Sportzentren sind ebenfalls geschlossen. Die Polizei verteilt Bußgelder an Jogger und Radfahrer, die offenbar Sport treiben.
Ohne alles, nur die Arbeit
Alles nicht unbedingt Notwendige fällt dem Alarm-Zustand zum Opfer: Sport, Kultur und Behörden. Zur Disposition steht nun die Industrie. Der Betriebsrat von Mercedes in Vitoria-Gasteiz und Volkswagen in Pamplona schlägt die Einstellung der Produktion vor wegen Bedrohung der Gesundheit der Belegschaft. *
Alltag
Trotz Einschränkung der Bewegungsfreiheit kam es Sonntag früh zu Autoschlangen vom Baskenland Richtung Kantabrien. Viele Bask/innen halten sich somit nicht an die Anweisung, zu Hause zu bleiben, sondern versuchen in ihre Zweitwohnungen in Castro-Urdiales, Kantabrien zu kommen. * Die Polizei durchkämmt die Städte und fordert alle zum Heimweg auf, die ganz offenbar ihre Freizeit im Freien verbringen. Aufenthalt auf Parkbänken, Spielplätzen oder auf Treppen ist verboten. Wer keine Einkaufstasche mit sich führt, wird angesprochen. * In Getxo, Bizkaia hat die Polizei einen Strand geräumt.
Infizierte
Die Ehefrau des spanischen Ministerpräsidenten, Begoña Gomez, ist vom Virus infiziert. * Ein Mitglied der navarrischen Regierung hat sich infiziert. Die Zahl der Covid-Fälle in Navarra liegt bei lediglich 200. * Nach Infizierungsfällen sind vier Profiteams in Quarantäne, Real Madrid, Elche und das Basken-Team Alavés. Dazu kommt Valencia mit gleich fünf Infizierten.
Ausland
Die französische Regierung bewegt sich in einem unerklärlichen Widerspruch. Einerseits wurden dieselben Einschränkungen beschlossen wie in Spanien, andererseits wird zur Teilnahme an den Kommunalwahlen aufgerufen. In Iparralde, dem nördlichen Baskenland, lag die Wahlbeteiligung trotz der widersprüchlichen Lage um 10% höher als bei vergangenen Wahlen. Offenbar nutzen viele die Wahlen als Ausrede, um auf die Straße gehen zu dürfen.
(ERST-PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2020-03-10)