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Impf-Skandale ohne Ende

Ein Jahr Pandemie. Bis Sommer sollte das Virus in Europa mit Spritzen zurückgekämpft sein. Dieses Ziel ist in weite Ferne gerückt. Längst ist die Impfung zur Klassenfrage geworden: Politiker, Pfaffen und Militärs drängeln sich um den goldenen Schuss. An der Basis hingegen wollen viele gar nicht. Die Pharma-Industrie macht deutlich, dass sie nicht nach gesundheitlichen, sondern nach kapitalistischen Prinzipien funktioniert. Ein Jahr verloren, an Erfahrung gewonnen. Von China lernen heißt Lockdown.

Februar 2021 ist von beschränktem Lockdown bestimmt. Keine Aussicht auf Ende der Pandemie. Geduld auf die Probe gestellt. Schutzmaßnahmen zu unvollständig. Streit um Impfungs-Lieferungen auf höchster Ebene. Trotzdem wählt Katalonien.

INHALT:

* (28-02) Regierungskrise im Staat * (27-02) Zivilgardisten wählen Vox * (26-02) Vermisste Opfer von 1936 * (25-02) Aufruf zum Frauen-Kampftag * (24-02) Polizeimord 1977 * (23-02) Gespräche über Folter und Mord * (22-02) Linker Journalismus * (21-02) Rebellionen nach Pablo Hasel * (20-02) Baskische Tageszeitung geschlossen * (19-02) Mindesteinkommen für alle * (18-02) Egunkaria Zeitung geschlossen * (17-02) Franco-Stiftung provoziert *(16-02) Tourismus schifft ab * (15-02) Politische Justiz * (14-02) Tod des Folter-Generals * (13-02) Anti-Folter-Tag * (12-02) Covid steigert Drogenprobleme * (11-02) Monarchie unter Artenschutz * (10-02) Rechtsextreme Attentate * (09-02) Pablo Hasel vereint * (08-02) Müll am Stecken * (07-02) Verdächtige Baskisch-Sprecher * (06-02) Die Müll-Lawine von Zaldibar * (05-02) Die Migrations-Tragödie von Tarajal * (04-02) Pablo Hasel / Baskische Waffengeschäfte * (03-02) Karlisten und Todesschwadrone * (02-02) Wenn Frauen lügen * (01-02-2021) Yolanda Gonzalez ermordet (*)

(2021-02-28)

SOZIAL-LIBERALE REGIERUNG IN KRISE

feb70x28Weil der kleine Regierungs-Partner Podemos aufgrund nicht erfüllter Wahlversprechen immer mehr an Boden verliert, spielt Podemos mit dem Gedanken an Neuwahlen. Die Politik der Sozialdemokraten ist fatal. Weder die Arbeitsreform wurde nicht zurückgenommen noch das Maulkorb-Gesetz, obwohl im Koalitionsvertrag festgelegt. Statt eines bedingungslosen Grundeinkommens wurde trotz der tiefen sozialen Krise keine Sozialhilfe eingeführt, nur ein Sozialgeld, das wegen bürokratischer Hürden fast niemand erhält. Und um die verkommene und korrupte Monarchie zu stützen vergisst die PSOE mitunter schnell mal, mit wem sie koaliert und stimmt mit den Faschisten gegen Korruptions-Untersuchungen.

So war es kein Wunder, dass Podemos-Chef Iglesias am Wochenende den Kinostart des Films "Non dago Mikel" (Wo ist Mikel?) zu einer deftigen Intervention nutzte. “Der Film beschreibt, dass der baskische Busfahrer Mikel Zabalza zu Tode gefoltert wurde.“ Dies räumen Mitglieder staatlicher Todesschwadrone, die unter der PSOE-Regierung Gonzalez in den 1980er Jahren agiert haben, auch für andere Fälle ein. "Die Demokratie zu verteidigen, bedeutet auch, die dunkelste Seite unserer Geschichte zu beleuchten: Folter und Staatsterrorismus", schreibt Iglesias. “Der US-Geheimdienst CIA ist längst davon überzeugt, dass der ehemalige PSOE-Chef Felipe Gonzalez der Mister X ist, der hinter den Todesschwadronen stand.“ (Zitate Ralf Streck)

RÜCKBLICKE: (1525) Der spanische Konquistador Hernán Cortés lässt den letzten Azteken-Führer Cuauhtémoc hinrichten. (1933) Auf den Reichstagsbrand vom Vortag folgt die Verordnung zum Schutz von Volk und Staat, mit der alle Grundrechte suspendiert und die KPD- und SPD-Presse verboten wird: KPD-Mitglieder in Schutzhaft, Parteibüros geschlossen. Bis Anfang März Verhaftung von 7.500 Kommunist*innen. (1986) Der schwedische Ex-Präsident Olof Palme wird in Stockholm ermordet. (1990) In der Sowjetunion wird Privateigentum zugelassen, das auch vererbt werden kann. (2020) Vom baskischen Gesundheitsamt werden die ersten Coronavirus-Fälle offiziell bestätigt.

(2021-02-27)

ZIVILGARDISTEN WÄHLEN VOX

Vereinigungen von Guardia Civiles sind verärgert über Presse-Informationen, die besagen, dass in Wahllokalen in der Nähe von Kasernen massiv für die extreme Rechte – Vox – gestimmt wird. Die Vereinigung Pro Guarda Civil (APROGC) hat deshalb Beschwerde bei der spanischen Datenschutzbehörde eingereicht. Sie behauptet Folgendes:

feb70x27"Datenschutz ist ein Recht. Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2019 veröffentlichten verschiedene Medien Nachrichten über das Abstimmungs-Verhalten in bestimmten Bezirken, Straßen oder Blöcken unserer Städte und Gemeinden und brachten bestimmte Gruppen, insbesondere die Guardia Civil, mit bestimmten politischen Parteien in Verbindung. Nach den Wahlen vom vergangenen 14. Februar 2021 in Katalonien wurden erneut unsere Rechte als Polizisten verletzt, indem wir als angebliche Wähler bestimmter politischer Parteien bezeichnet und die Legitimität der Guardia Civil in Frage gestellt wurde.“

Bei der berüchtigten Foltertruppe fühlt man sich also in seinen Grundrechten verletzt. Hört, hört! Dabei ist die Analyse von Wahlen doch die natürlichste Sache einer parlamentarischen Demokratie. Stimmen werden gezählt, in prozentuale Anteile umgerechnet, dabei wird offenbar, welche Parteien in einem Wahlbezirk gut wegkommen und welche nicht. Und zufälligerweise hat Vox überall dort, wo sich im Wahlkreis eine GC-Kaserne befindet, besonders gute Ergebnisse. Normalerweise haben bei der paramilitärischen Einheit die wenigsten ein Interesse an Demokratie, man bevorzugt traditionell härtere Gangarten, wie sie von 1936 bis 1975 regierungsamtlich praktiziert wurden. Also bitte keine Krokodilstränen!

“Wir können es nicht zulassen, dass unsere Neutralität in Frage gestellt wird und wir können es nicht zulassen, dass auf uns gezeigt wird, besonders in solch heiklen Momenten für die Arbeit, die wir als Sicherheitskräfte geleistet haben". Neutralität? Ich muss mich verhört haben! Gerade diese Woche wurde der spanischen Gesellschaft erneut vor Augen gehalten, was ihre “Sicherheitskräfte“ unter “Leistung“ verstehen. In einem mitgeschnittenen Gespräch hatten sich zwei Beamte freimütig über Folter und Mord an jungen Basken ausgelassen.

Also vergessen wir bitte ganz schnell den so demokratisch-unschuldig eingeforderten Datenschutz, den bei dieser Truppe ohnehin niemand ernst nimmt. Die Guardia Civil wählt Faschisten – nur soll es niemand wissen!

RÜCKBLICKE: (1933) Reichstags-Brand in Berlin, von den Nazis genutzt. (1939) Frankreich und Großbritannien erkennen das franquistische Regime an. (1946) Die französische Regierung schließt die Grenzen zum franquistischen Spanien. (1965) Die US-Luftwaffe beginnt mit Flächenbombardements in Nord-Vietnam. (1973) 200 Oglala Lakota Indianer und Mitglieder des American Indian Movement (AIM) besetzen aus Protest gegen einen korrupten Häuptling den Ort Wounded Knee in South Dakota, an dem 1890 das bekannte Massaker der US-Armee an Sioux-Indianer*innen stattgefunden hatte. (1983) Nach den Regionalwahlen verlieren die Abgeordneten von Herri Batasuna ihre Rechte, weil sie sie Ämter nicht antreten.

(2021-02-26)

7.795 OPFER VON 1936 BLEIBEN VERMISST

Der Verbleib von 7.795 Menschen, die im Krieg von 1936 in Araba, Bizkaia und Gipuzkoa getötet wurden, ist immer noch unbekannt. Dies ist Teil der Bilanz des "Baskischen Plans 2015-2020 zur Untersuchung und Lokalisierung von Gräbern", den die Senatorin für Gleichheit, Justiz und Sozialpolitik der baskischen Regierung heute vorstellte.

Gemeinsam mit der Wissenschafts-Gesellschaft Aranzadi wurde an 128 Orten nach Kriegsopfern gesucht, was in 46 Fällen zu positiven Ergebnissen führte. Vierundzwanzig davon in Bizkaia, fünfzehn in Gipuzkoa und sieben in Araba. Auf diese Weise konnten die sterblichen Überreste von 110 Personen geborgen werden (108 Männer und zwei Frauen), von denen 70 Kämpfer waren, 26 außergerichtlich hingerichtet wurden und vierzehn in Gefangenschaft starben. Von allen konnten 27 Personen identifiziert werden, deren sterbliche Überreste wurden an ihre Angehörigen übergeben.

feb70x26PACO ETXEBERRIA: "RECHTE DURCHSETZEN".

Paco Etxeberria, Direktor von Aranzadi, erklärte, dass es ihm zu Beginn der Arbeit unvorstellbar erschien, in den Bergen Tote zu finden, die nicht auf Friedhöfen lagen. Die erste Exhumierung von Leichen sei in León durchgeführt worden, wo die Leichen von dreizehn Zivilisten in einem Graben in den Bergen gefunden wurden. Als er in einem Interview auf Radio Euskadi von dieser Arbeit erzählte, rief ein Hörer an und sagte, dass er einen Ort in den Bergen von Zaldibia kenne, wo zwei Leichen liegen. Sie fuhren dorthin und lokalisierten die Leichen. Dies war Ausgangspunkt einer Arbeit, die andauert und bei der die Behörden beteiligt sind.

Zur Erklärung dieser Arbeit führte Etxeberria die Worte eines Opfer-Angehörigen an: "Sie müssen ausgegraben werden, und sei es nur, um sie nicht an dem Ort zu lassen, wo sie von ihren Mördern zurückgelassen wurden.“ Er betonte: "Alle Opfer haben Rechte, unsere Pflicht ist es, diese Rechte durchzusetzen. Das ist es, was wir tun.“

Er von "überraschenden Dingen", die in diesen Jahren der Arbeit passiert sind. Zum Beispiel der Fall eines Landbesitzers, der wusste, dass auf seinem Land ein Toter begraben war. Die Verwandten des Erschossenen holten die Leiche kurz nach dem Tod von Diktator Franco heimlich aus dem Grab und brachten die Überreste in eine familiäre Grabkammer.

Etxeberria berichtete, dass es auch Rückschläge gab, die damit zu tun hatten, dass Wasser und Baumwurzeln die Knochen der Leichen zerstörten. Auch gab es Fälle, in denen nur Knöpfe oder Bleistifte entdeckt wurden, mit denen die Opfer ihre letzten Worte geschrieben hatten.

Der Ministerpräsident verteidigte das Recht der Familien, die sterblichen Überreste zu bergen, um das Andenken an die Opfer wiederherzustellen. Die Bergungen würden auf der Grundlage zweier ethischer Prinzipien durchgeführt: "Die Würde der Menschen und das Recht auf Erinnerung als Garant für eine Zukunft in Frieden und Freiheit". Er betonte, dass mit der Öffnung der anonymen Gräber "eine Schuld mit einer Generation beglichen wird, die durch einen Militärputsch gegen eine legitime Regierung verursacht wurde".

"Wir wollen nicht, wir können nicht, wir dürfen nicht vergessen oder zur Tagesordnung übergehen". In Bezug auf den versuchten Militärputsch vom 23. Februar 1981 (nach Francos Tod) forderte er, dass "die ganze Wahrheit bekannt wird, ohne Geheimnisse oder Vorbehalte". - "Ein wirklicher demokratischer Übergang ist nur dann garantiert, wenn die Rechte der Opfer des Franco-Regimes anerkannt werden", schloss er.

RÜCKBLICKE: (1984) Bei den zweiten Regionalwahlen im Baskenland wurden 75 Abgeordnete gewählt, jeweils 25 aus den Provinzen Araba (Álava), Bizkaia (Vizcaya) und Gipuzkoa (Guipuzcoa). Stimmenverteilung: PNV 42%, Herri Batasuna 15%, PSOE 23%, CP (postfranquistisch) 9%, EE (sozialdemokratisch) 8%. (2002) Die US-Regierung setzt ETA, Euskal Herritarrok, Herri Batasuna, Jarrai, Haika, Segi und Gestoras Pro Amnistía auf ihre“Liste von terroristischen Organisationen“.

(2021-02-25)

AUFRUF ZUM FRAUEN-KAMPFTAG

Es ist zwei Jahre her, dass wir den letzten feministischen Streik organisiert und gefordert haben, dass das Leben in den Mittelpunkt gestellt werden muss. Es ist ein Jahr her seit dem letzten 8. März, an dem wir dazu aufgerufen haben, uns zu organisieren und am feministischen Kampf teilzunehmen. Seitdem hat der durch Covid-19 ausgelöste Pandemiekontext eine Systemkrise mit mehreren Dimensionen an die Oberfläche gebracht. Was da explodiert ist, ist nicht nur eine Gesundheitskrise.

feb70x25Die Regierungen haben wieder einmal dem Kapital den Vorrang vor unserer Gesundheit gegeben. Wir sehen militarisierte Grenzen und Straßen, wir haben rassistische Übergriffe der Polizei und der Institutionen erlebt, Hunderte von Menschen wurden entlassen oder sind von Entlassung bedroht, Tausende von Frauen mussten den Arbeitsmarkt verlassen, um sich um die Pflege zu kümmern. Es ist deutlich geworden, dass es hier in Euskal Herria (Baskenland) an Entscheidungs-Kompetenz mangelt. Besetzte Räume wurden geräumt, die männliche Gewalt hat nicht aufgehört und die Krise hat die weiblichen Sektoren direkt betroffen, besonders die Arbeiterinnen in irregulären Situationen.

In diesem Jahr, mehr denn je, haben wir den 8. März organisiert, um unsere Anstrengungen auszudrücken, Risse im System zu erzeugen. Sowohl gesundheitliche Einschränkungen als auch eingeschränkte Mobilität machen die üblichen Formen der Mobilisierung schwierig, aber wir werden einen Weg finden, dass die Straßen weiterhin ein Raum zur Anprangerung sind.

Wir sagen: "Lasst uns alles ändern, lasst uns das System knacken". Diese Krise hat nicht mit der Pandemie begonnen, und in der Feministischen Bewegung von Euskal Herria werden wir nicht schweigen, noch werden wir aufhören. Um das kapitalistische, heteropatriarchale, rassistische und koloniale System zu brechen, müssen wir uns im Feminismus organisieren und weiterhin kollektiv kämpfen. Eben um die Verantwortung für die Erhaltung des Lebens und die radikale Veränderung der Machtverhältnisse zu kollektivieren.

Wir aktualisieren und stärken die feministische Bewegung jeden Tag. Indem wir den Rassismus sichtbar machen und untereinander arbeiten, Netzwerke von Allianzen in den Städten und Nachbarschaften knüpfen, Räume des Kampfes öffnen, an Aktionen auf globaler Ebene teilnehmen, arbeiten wir daran, alles in Euskal Herria und von Euskal Herria aus zu verändern. Am 8. März dieses Jahres werden wir auch in allen großen und kleinen Orten mobilisieren.

In Donostia beginnt die Demonstration um 18:30 Uhr am Tunnel Antiguo. In Gasteiz, um 19:00 Uhr vom Platz San Antón. In Baiona wird die Demonstration um 12:00 Uhr vom Ospital aus starten. In Bilbao um 19:00 Uhr ab Jesusen Bihotza. Und in Pamplona wird es um 20:00 Uhr in allen Stadtvierteln sein. Zusätzlich zu den Hauptstädten wird es unzählige Anrufe in den Dörfern geben.

Deshalb rufen wir, unter Berücksichtigung der notwendigen Schutzmaßnahmen, alle Frauen, Trans und Lesben auf, am nächsten 8. März auf die Straßen und Plätze zu gehen. Lasst uns ein feministisches, anti-kapitalistisches und anti-rassistisches Euskal Herria aufbauen. Gora borroka feminista! Es lebe der feministische Kampf!

RÜCKBLICKE: (1870) Hiram Rhodes Revels wird als erster Afro-Amerikaner in den US-Senat gewählt. (2006) Der Verband der Opfer des Terrorismus organisiert in Madrid eine Demonstration gegen den Dialog der Regierung mit ETA. (2012) Tod von Fritz Teppich, *1918, Berliner Brigadist im Spanienkrieg. Schloss sich nach dem Militärputsch vom Juli 1936 der Verteidigung der Republik an und integrierte sich im Baskenland in den Widerstand. Kurz vor seinem Tod erhielt er eine Einladung zu einem Friedenspreis aus dem Baskenland. An seiner Stelle kam der Sohn.

(2021-02-24)

POLIZEIMORD

Francisco Javier Nuñez war das letzte der vielen Polizei-Opfer der Amnestie-Woche von 1977 in Bilbao. Er war Mathematik-Lehrer und 38 Jahre alt. Auf dem Nachhauseweg kam er an einer Demonstration vorbei. Zwei Polizisten verprügelten ihn vor der Haustür. Er lag zwei Tage im Bett und als er wieder aufstehen konnte, ging er zum Gericht, um Anzeige zu erstatten. Die Gerichtsangestellten gaben den Polizisten Bescheid, die an der Aggression beteiligt gewesen waren. Die kamen und zwangen ihn, in einen Polizeiwagen zu steigen. Sie fesselten seine Hände trichterten ihm einen Liter Cognac und einen Liter Rizinusöl ein. Drei Tage später war er tot.

feb70x24Solche oder ähnliche Geschichten aus der Zeit des “demokratischen Übergangs“ gibt es viele. Sie haben eines gemeinsam: die beteiligten Polizisten blieben straffrei. Bisher hat keine spanische Regierung es für nötig gehalten, für Aufklärung, Gerechtigkeit oder gar Wiedergutmachung zu sorgen. Vielleicht ändert sich das nun. Der Statthalter der Madrider Regierung in Euskadi äußerte sich entsprechend gegenüber den Angehörigen des Opfers. Im Baskenland war Nuñez bereits seit neun Jahren als Opfer polizeilicher Gewalt anerkannt.

Der gängige Diskurs in Madrid lautet: “Die Aufklärung der ungeklärten Verbrechen von ETA hat absoluten Vorrang“. All die anderen Opfer der verschiedenen Polizeieinheiten sind Opfer dritter oder vierter Klasse. Wenn ihnen dieser Begriff überhaupt zugestanden wird. Wenn staatliche Behörden nicht bereit sind, an ihrem Gewaltmonopol kratzen zu lassen und Exzesse einzugestehen, ist ein Friedensprozess, der den Namen verdient, unmöglich. Dazu müssen die geheimen Akten geöffnet und die alten Franquisten ausgeliefert werden.

RÜCKBLICKE: (1917) In Petrograd beginnt die russische Revolution. (1937) Die Sowjetunion verbietet die Entsendung von Freiwilligen für den Spanienkrieg. (1950) In Barcelona wird der Anarchist Manuel Sabater erschossen. (1988) ETA entführt in Madrid den Unternehmer Emiliano Revilla und hält ihn 249 Tage gefangen.

(2021-02-23)

GEHEIMDIENST-MÖRDER

Gespräch zweier spanischer Geheimdienstler in den 1980er Jahren über einen Unschuldigen, der unter ETA-Verdacht zu Tode gefoltert wurde, und über zwei junge Basken, die in Iparralde entführt, in Donostia gefoltert und in Alicante umgebracht wurden. Kinder unter 14 Jahren sollten sich dieser Lektüre enthalten. Die Protagonisten: Gomez Nieto, Geheimdienstler und Guardia Civil in der Intxaurrondo-Kaserne Donostia; Perote, sein Vorgesetzter. Das Audio ging kürzlich den Medien zu.

feb70x23Juan Alberto Perote: Das Thema Zabalza ist ziemlich widerlich. Pedro Gomez Nieto: Ja, sehr schlecht. Perote: Hast du mit Felipe (Polizist) und den anderen gesprochen? Gomez Nieto: Nein, habe ich nicht. In einer schnellen Einschätzung würde ich sagen, das ist ihnen aus der Hand geglitten, dass er im Verhör drauf gegangen ist. Das ist meine Meinung. Niemand wird je so ein Versteck finden, niemals. Ich gehe davon aus, dass sie beim Verhörs zu weit gingen, dass er während des Verhörs starb. Perote: Glaubst du, dass er in Intxaurrondo gestorben ist? Gomez Nieto: Mein Eindruck ist, dass er während des Verhörs möglicherweise einen Herzstillstand hatte, als Folge der Plastiktüte über dem Kopf. Sie haben viele Fehler gemacht, nämlich ihn zu verhören, während die Verwandten im Nebenzimmer waren. Ist das so interessant? Haben Sie mich deswegen angerufen? So wichtig für "La Casa" (den Geheimdienst)? Perote: Denn als sie Zabala und den anderen getötet haben ... wie hieß der noch? Gomez Nieto: Lasa? Das waren zwei Kopfschüsse. Perote: Zwei Schüsse? Gomez Nieto: Zwei Kopfschüsse ohne Kapuze. Perote: Zwei Schüsse ... ohne Kapuze oder irgendwas? Gomez Nieto: Nein, es waren zwei Schüsse. Perote: Sie haben sie getötet, also war es kein Versehen. Gomez Nieto: Erst haben wir sie die Gruben graben lassen. Perote: Das ist der Hammer!

Gomez Nieto: … der Arzt sagte, Zabalza sei in einem schlechten Gesundheitszustand, er hätte im letzten Jahr drei Operationen gehabt. Und die Mutter sagt, dass sie ihn mit der Kapuze gesehen hat und ich denke, dass er in den Händen der Kollegen gestorben ist. Der Chef der Kommandos, die am Tod von Hauptmann Martín Barrios beteiligt waren, wäre beinahe Hauptmann Pindado und mir gestorben. Perote: Mit Kapuze? Gomez Nieto: Mit Kapuze, beinahe tot. Perote: Hat er die Kapuze verschluckt? Gomez Nieto: Nein, es ist so, in einem bestimmten Moment atmet er sein Kohlenmonoxid ein, also erstickt er, er erstickt. Ich meine, seine Schließmuskeln öffnen sich und er ertrinkt, und obendrein sieht er uns an ... die Krux an der Sache ist nicht, dass er nichts sehen kann, denn schließlich taucht er in einen Punkt, das heißt, die Kapuze sollte durchsichtig sein, damit er das Leben und das Gefühl des Todes, das er erlebt, sehen kann".

RÜCKBLICKE: (1981) Ultrarechte Militärs putschen in Spanien und stürmen das Parlament in Madrid, der König spielt sich als Retter auf. (2000) Mit dem tödlichen Attentat auf den sozialdemokratischen Abgeordneten Fernando Buesa und seinen Bodyguard Jorge Diez beendet ETA einen Waffenstillstand von 16 Monaten, das Projekt Lizarra-Garazi ist gescheitert. (2013) Arnaldo Otegi, inhaftierter linker Politiker wird beim Gründungs-Kongress der neuen links-abertzalen Partei Sortu zum Generalsekretär gewählt.

(2021-02-22)

LINKER JOURNALISMUS

Am gestrigen Sonntag fand in Bilbao eine bemerkenswerte und beindruckende Demonstration statt. Um die 4.000 vor allen junge Personen versammelten sich, um gegen die Zensur und Verhaftung des katalanischen Rappers Pablo Hasel zu demonstrieren. Obwohl wegen des räumlichen Lockdowns aus dem Großraum Bilbao niemand dazukommen konnte. Und obwohl ... aber dazu kommen wir gleich.

feb70x22In der Schluß-Erklärung wurde erfrischend aufgeräumt mit den spanischen Plagen: mit dem Maulkorb-Gesetz, mit dem ewig währenden Postfranquismus, mit der Polizeigewalt, und mit der korrupten Monarchie, die Hasel nun neun Monate Gefängnis kostet. “Euskal Herria Antifaxista“ ist ein Slogan, der sich gut anhört in diesen harten Zeiten, mit Faschisten überall im Aufwind, und den sich mehr Zeitgenossinnen zu Herzen nehmen sollten.

Wie die Medien am folgenden Tag berichten würden, war vorhersehbar. Die bürgerlichen nahmen vornehmlich Bezug auf die Sabotage-Aktionen, die im Anschluss an die Demonstration stattgefunden hatten. Keine Überraschung. Interessant war die Berichterstattung “der einzigen baskischen linken Tageszeitung Gara“. Darin fehlte jeglicher Bezug auf das wesentlichste Ereignis des Vortages. Warum das denn?

Bekanntlich ist Gara seit 23 Jahren das unumstrittene Sprachrohr der Institutionellen Baskischen Linken (hier: IBL). Auf den 32 Seiten der Montagausgabe war kein Artikel, kein Satz und kein Wort von der vortägigen Mobilisierung die Rede. Das erfordert Erklärungen. Eine davon wäre – und nun kommen wir zum oben unterschlagenen “obwohl …“ – an der Mobilisierung war die IBL nicht beteiligt. Und weil von dieser Seite nicht zur Teilnahme aufgerufen worden war, blieb das entsprechende Publikum der Demonstration (weitgehend) fern: kein Pablo, kein Antifaschismus, kein Eintreten gegen das Maulkorb-Gesetz. Man stelle sich vor, die bekanntermaßen mobilisierungsstarke IBL hätte bei gutem Willen wenigstens noch einmal so viele für Pablo Hasel auf die Straße gebracht. Doch die blieben, bis auf wenige Ausnahmen, zu Hause. Das erhöht einmal mehr den Erfolg der Sonntags-Aktion.

Aufgerufen hatte die Außerparlamentarische Baskische Linke (hier: ABL). Dem Aufruf gefolgt waren 4.000 Personen, die nichts mit Parlamenten, Institutionen und Haushalts-Deals zu tun haben wollen und die zu 99% das Kreuz nicht bei den Wahllisten der IBL machen. Die Institutionelle Baskische Linke ist es gewohnt, von allen Versionen der Rechten angegriffen und kritisiert zu werden. Aber nicht von links. Sie hat vor zehn Jahren (oder in Wirklichkeit schon vorher) einen Strategiewechsel in die politische Mitte vollzogen, dem der radikalere Teil der abertzalen Linken nicht gefolgt ist.

Von den Demonstrations-Teilnehmer*innen vom Sonntag war ein guter Teil noch in der Grundschule, als ETA ihre letzte bewaffnete Aktion durchführte. Zehn, zwölf Jahre später sind sie erwachsen und suchen unruhig eine politische Orientierung. Eine solche Suche des bewussten Teils der Jugend findet im Baskenland nach wie vor im linken Lager statt. Da gibt es mittlerweile die ebenfalls institutionellen Jugendverbände, als Alternative die besetzten Zentren und die Mobilisierung auf der Straße.

Es wäre vermessen zu behaupten, das Otegis Partei die Jugend davonläuft. Denn auch die Parteijugend bringt hunderte und tausende auf die Straße, wenn es sein soll. Dennoch ist es eine immer offensichtlichere Tatsache, dass sich ein guter Teil der linken Jugend anderen politischen Projekten zuwendet, solchen die mehr Selbstorganisation und Protagonismus versprechen. Auf diesen Teil der aufmüpfigen Jugend hat die IBL mit ihrem Strategiewechsel bewusst verzichtet. Deshalb muss sie sich in Zukunft auch von links kritisieren lassen. Freiheit für Pablo Hasel!

RÜCKBLICKE: (1900) Tod von Casilda de Iturrizar, Banker-Witwe und karitative Wohltäterin aus Bilbao. Sie ist Namensgeberin des größten Parks im Zentrum der Stadt. (1943) Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst von der antinazistischen Gruppe “Weiße Rose“ werden von den Nazis hingerichtet. (2000) Der baskische PSE-Abgeordnete Fernando Buesa mit Fahrer werden mit einer ETA-Autobombe getötet. Das Attentat bedeutet das definitive Ende des Lizarra-Garazi-Abkommens zur Neuordnung des Verhältnisses zwischen dem Baskenland und Spanien. (2003) Eine der größten Demonstrationen der Geschichte Donostias richtet sich (zwei Tage nach der Razzia) gegen die Zwangs-Schließung der baskisch-sprachigen Tageszeitung Euskaldunon Egunkaria durch die spanische Justiz und Polizei.

(2021-02-21)

DAS ERBE VON PABLO HASEL

Wer Wind sät, wird Sturm ernten. So oder ähnlich geht es derzeit der spanischen Justiz und den Sicherheitskräften. Erstere hat ein unverzeihliches Urteil gegen einen Rapper beschlossen, die die Meinungsfreiheit im Staate zum 100sten Mal in Frage stellt. Der Wind des Urteils hat zum Empörungssturm auf der Straße geführt. Dort wiederholt sich die Eskalation. Der Polizei fällt nichts Besseres ein, als loszuprügeln und loszuschießen. Und wieder reagiert die Straße mit Sturm. In Barcelona die fünfte Nacht in Folge, aber auch in Madrid, Valencia und Pamplona.

feb70x21Heute war Bilbao an der Reihe, keine nächtliche, sondern mittägliche Mobilisierung, die zu einem großen Erfolg wurde. Eine Masse von drei bis vier Tausend vorwiegend jungen Leuten machten sich zur Überraschung aller auf den Weg. Dabei konnte aus dem Großraum niemand anreisen, weil nach wie vor die Covid-Ortsbeschränkung besteht. Bis zum Abschluss der Kundgebung alles ruhig, doch auf dem Nach-Hause-Weg kam es zu Sabotageakten und Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Was sich derzeit in vielen Orten des Baskenlandes (und anderswo) abspielt, ist ein Aufstand mit unterschiedlichen Hintergründen. Pablo Hasel ist nur ein Motiv, ein anderes ist der fortwährende Einschluss, andauernde Freiheits-Beschneidungen, und die völlige Unwirksamkeit der behördlichen Maßnahmen gegen die Pandemie, die zu einem ungekannten Grad von Polizeistaat geführt hat (obwohl gerade das Baskenland viel gewöhnt ist). Immer deutlicher wird, dass die Politik mehr auf Repression und Polizei setzt als auf gesundheits-technische Maßnahmen. Das Einsperren von Pablo Hasel hat das Fass nur zum Überlaufen gebracht.

Erstes Bild der Abend-Nachrichten des baskischen Fernsehens waren (trotz eines riesigen Waldbrands an der Grenze) brennende Container in Bilbo. Der lästige Diskurs über Gewalt geht in seine tausendste Etappe. “Menschen sterben und ihr schweigt, Scheiben klirren und ihr schreit“ hieß es in den 1980er Jahren in West-Deutschland. Denn die bürgerliche Demokratie kehrt viele Formen gesellschaftlicher Gewalt regelmäßig unter den Teppich, gegen Frauen, gegen Migrantinnen, gegen Homosexuelle, gegen Schwarze … was unweigerlich zu Rebellionen und Aufständen führt: X Lives Matter.

Die nach eigenen Aussagen “fortschrittlichste spanische Regierung“ nach dem Franquismus war bislang nicht in der Lage, dass verheerende “Maulkorb-Gesetz“ zu stoppen, mit dem jegliche Opposition auf der Straße, sei es verbal oder durch Zeichen, mundtot gemacht werden soll. Trotz Wahlversprechen. Stattdessen werden politische Gefangene in Katalonien unter Verschluss gehalten, gegen die Hasel-Verhaftung protestierte in Madrid nur Podemos.

Im Idealfall wäre wünschenswert, wenn sich gesellschaftliche Probleme und Konflikte auf friedlichem Weg lösen ließen. Doch das vorausgesetzte staatliche Gewalt-Monopol und sein ständiger Einsatz macht eine Balance von vornherein unmöglich. Als Reaktion auf staatliche Brutalität – in Barcelona wurde einer Demonstrantin ein Auge ausgeschossen, Demonstrantinnen hingegen benutzten keine Schusswaffen – Gegen-Gewalt einzusetzen ist kein Idealfall, doch ist es allemal legitim. Wer diese reagierende Gewalt – warum nicht auch von Frauen – verurteilt, lebt in einer Traumwelt, oder lebt von den Vorteilen des Unterdrückungs-Systems.

Tausend Mal hat die Polizei bewiesen, dass sie ein Staat im Staat mit eigenen Regeln darstellt, der häufig politisch nicht mehr zu kontrollieren ist. Die Guardia Civil zum Beispiel, aber auch die Polizisten in Katalonien oder die baskische Ertzaintza. Bei Aussage-gegen-Aussage-Situationen ist es immer der Zivilist, der lügt. Der Polizist hat ein Monopol auf die Wahrheit. Zuerst der Vorteil der Waffen, danach der Vorteil des Monopols. Hätte die Polizei nicht Beweise gefälscht, wäre Mumia Abu-Jamal in den USA nicht mehr im Knast. Würden die Verließe der Guardia Civil regelmäßig von Amnesty International überprüft, gäbe es keine Folter.

Thema Katalonien. Wenn die baskische Ertzaintza Fußballfans totschießt (2012 Iñigo Cabacas) tut sie dies im Auftrag der rechten PNV oder der sozialdemokratischen PSOE (letztere haben in den 1980er Jahren Todes-Schwadrone organisiert). Der Blick auf Katalonien ergibt momentan ein anderes Panorama. Dort regiert eine Koalition von linken Sozialdemokraten und Konservativen. Das Vorgehen der Polizei ist dasselbe. In den aktuellen Rauch-Nächten haben die Knüppler alles getan, um das Feuer zu entfachen und am Brennen zu halten.

Es ist offenbar, dass der politischen Führung in Katalonien (Innen-Ministerium) die Kontrolle entglitten ist: die Polizei agiert wie sie will. Gefaselt wird von neuen Polizei-Konzepten, von denen niemand weiß, wie sie aussehen könnten. Diesen Diskurs pflegt auch der Führer der baskischen Linken, Arnaldo Otegi. Bei den eben abgehaltenen Cat-Wahlen spielte er den Wahlhelfer für die alte und neue Regierungs-Partei. Man darf sich also fragen: Was passiert, wenn EH Bildu eines Tages in Euskadi an die Regierung (nicht an die Macht) kommt? Die Polizei wird dieselbe sein, Staat im Staat, rassistisch, repressiv, faschistoid. Keine schönen Aussichten. Und kein Grund zur einseitigen Verurteilung der Gewalt-Ausübenden (bei denen sich nicht zufällig auf beiden Seiten Männer gegenüber stehen).

RÜCKBLICKE: (1916) Mit einem deutschen Angriff beginnt bei Verdun (nahe Metz) eine Weltkriegs-Schlacht von zehn Monaten, die ca. 100.000 Tote fordert. (1965) Malcolm X wird in New York bei einer öffentlichen Veranstaltung erschossen. 

(2021-02-20)

UNSERE TAGESZEITUNG AUF BASKISCH

Euskaldunon Egunkaria (Tageszeitung der Baskisch-Sprechenden) war von 1990 bis zu ihrer gerichtlich angeordneten Schließung im Jahr 2003 die einzige Zeitung, die vollständig in baskischer Sprache erschien. Ihre einzige Vorgängerin als solches war die kurzlebige EGUNA von Januar bis Juni 1937, die mitten im Bürgerkrieg von der baskischen Regierung herausgegeben wurde. Nachfolgerin de Egunkaria als baskisch-sprachiges Medium war und ist Berria (Neu), die im Baskenland, in Navarra und im französischen Baskenland erscheint.

feb70x20Euskaldunon Egunkaria wurde in Andoain, Gipuzkoa herausgegeben. Obwohl ihre redaktionelle Linie keine spezifische politische Ausrichtung hatte, sahen einige Medien sie als der baskischen nationalistischen Linken nahestehend an, obwohl es unter ihren Redakteur*innen eine große ideologische Vielfalt gab. Von der spanischen Justiz wurde der Redaktion vorgeworfen, von ETA gesteuert und Teil von ETA zu sein. Die sieben verhafteten Redakteure wurde alle schwer gefoltert.

Ihre Schließung durch richterliche Anordnung und die anschließenden Gerichtsverfahren waren von starker Polemik begleitet. Schließlich sprach das Madrider Sondergericht Audiencia Nacional am 12. April 2010, sieben Jahre nach der Schließung, die fünf Direktoren frei, die beschuldigt waren, der Organisation ETA anzugehören. Das Urteil enthielt Sätze wie: "Die Schließung der Zeitung hatte keine direkte verfassungsrechtliche Deckung, es fehlte eine ausdrückliche Rechtsgrundlage, die sie autorisierte". Oder: "Es wurde weder direkt noch indirekt bescheinigt, dass die Zeitung die Postulate der terroristischen Gruppe verteidigt hätte, dass sie einen einzigen Artikel zugunsten des Terrorismus oder der Terroristen veröffentlicht hätte oder dass ihre redaktionelle Linie eine bestimmte politische Voreingenommenheit gehabt hätte". Nach dem Freispruch forderten die fast alle baskischen Parteien eine Entschuldigung des Staates und eine Reparation der Schäden, die während der sieben Jahre, die der ganze Prozess dauerte, entstanden waren.

RÜCKBLICKE: (2003) Die einzige baskisch-sprachige Tageszeitung Euskaldunon Egunkaria (“Tageszeitung der Baskisch-Sprachigen“) wird auf Anweisung der Audiencia Nacional in Madrid zwangs-geschlossen, weil ihre Direktion angeblich Anweisungen von ETA folgt. Alle Verhafteten werden gefoltert.

(2021-02-19)

900 EURO MINDEST-EINKOMMEN FÜR ALLE

Eine Plattform im Kampf gegen Armut und Ausgrenzung hat gestern im baskischen Parlament von Gasteiz eine Volks-Gesetzgebungs-Initiative (ILP) eingereicht, um in der Autonomen Region Baskenland (Euskadi) ein “bedingungsloses Grundeinkommen“ (RBI) in Höhe von 270 bis 900 Euro pro Monat für alle Personen zu schaffen.

feb70x19Die Befürworter argumentieren, dass es sich nicht um eine Utopie handelt und durch eine Steuerreform haushalts-technisch zu verkraften wäre. Deshalb wurde die Initiative öffentlich vorgestellt. Sie argumentieren, es solle sich um ein individuelles, universelles und bedingungsloses Einkommen handeln, das allen Einwohnerinnen in Euskadi zustehe. Es soll aus dem allgemeinen Haushalt finanziert werden und ein subjektives Recht darstellen, also wie Gesundheit und Bildung "Vorrang vor allen Umständen" haben, die den Haushalt beeinflussen könnten.

Das Einkommen würde 900 Euro pro Monat für Personen über 18 Jahren, 450 Euro (50% des ursprünglichen Betrags) für diejenigen zwischen 14 und 18 Jahren (die bei den Eltern leben) und 270 Euro (30%) für die Gruppe unter 14 Jahren. Es wird auf der Grundlage der Armutsgrenze in Euskadi berechnet und wäre universell und bedingungslos, so dass alle Bewohnerinnen in Euskadi darauf Anspruch hätten, unabhängig davon, ob sie erwerbstätig sind oder nicht, mit wem sie zusammenleben, welche anderen Einkommens- oder Vermögensquellen und welchen Verwaltungsstatus sie haben.

Das RBI dürfe nie niedriger sein als die relative Armutsgrenze in Euskadi und es solle garantiert werden, dass der Betrag entsprechend der Inflationsrate erhöht wird, wann immer dieser größer als Null ist. Bei der Vorstellung wurde betont, dass das RBI keine Beschneidung oder Reduzierung der subjektiven Rechte anderer Leistungen des Wohlfahrtsstaats bedeute, das RBI werde vielmehr hinzugefügt.

Ziel der Gesetzesinitiative ist es, ein neues "Werkzeug" zu schaffen, ein neues Gesetz zur Beendigung der Armut, das der Bevölkerung eine mehr Freiheit einräumt, und bessere Chancen, auf dem Markt Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten auszuhandeln. Die RBI-Befürworterinnen halten das RBI für realistisch, die Kosten könnten durch eine Steuerreform vollständig gedeckt werden. Alles hänge letztendlich davon ab, ob politischer Wille vorhanden sei oder nicht.

Nach ihrer Registrierung wird die Initiative an das Parlaments-Präsidium weitergeleitet. Dort wird entscheiden, ob sie weiter behandelt und mit der Sammlung von 10.000 Unterschriften begonnen wird, die für die parlamentarische Behandlung notwendig sind. Die Promotorinnen betonten die Bedeutung sozialer Mobilisierung, um dieses Grundeinkommen zu erreichen.

RÜCKBLICKE: (1972) In Basauri stirbt Juan Jose Munduate an den Folgen der Folter, die er ein Jahr zuvor im Kommissariat erlitt. (1981) ETA entführt die Konsule von Österreich, El Salvador und Uruguay, zehn Tage später werden sie freigelassen. (1985) Beim Landeanflug auf den Flughafen Bilbao streift ein aus Madrid kommendes Flugzeug eine Antenne des Oiz-Bergs und zerschellt am Hang. 148 Menschen sterben. (2008) Fidel Castro tritt als Präsident Kubas zurück.

(2021-02-18)

DIE EGUNKARIA-WUNDE

“Paperezko hegoak – Papier-Winde", die Wunde der 2003 von der spanischen Justiz und Polizei zwangs-geschlossenen Tageszeitung "Euskaldunon Egunkaria" ist nicht verheilt. Kommenden Samstag sind es 18 Jahre, Zeit für neue Daten und Interpretationen: Wer hat die Schließung entschieden? Mit welchem Ziel? Warum wurden die Redakteure gefoltert? “Paperezko hegoak", ein Dokumentarfilm, der am Dienstagabend veröffentlicht wurde, erforscht diese offene Wunde.

feb70x18“Paperezko hegoak" hatte vor wenigen Tagen auf ETB-1 Premiere, der Film strahlt Traurigkeit aus, viel Traurigkeit. Aber auch das Bemühen, das Unerklärliche zu verstehen: was der Staat mit der Schließung von Egunkaria am 20. Februar 2003 bezweckte. Es war ein Drehen an der Repressions-Schraube für neue politische Massen-Prozesse, die sich auf das gesellschaftliche Zentrum der baskischen Sprache und Kultur auswirkte.

Die Journalistin Samara Velte und der Filmemacher Josu Martínez ("Caminho longue", "Barrura begiratzeko lehioak") haben diese alte Wunde in Bildern gespiegelt und durch zahlreiche Zeugenaussagen interpretiert. Die damals Inhaftierten (darunter der vergangenen Juli verstorbene Joan Mari Torrealdai), Anwälte, Journalistinnen, Lehrer, Politikerinnen, der Präsident des Gerichts, das sie freisprach ... Mit der Perspektive von 18 Jahren ergeben sich neue Wahrnehmungen, Schlussfolgerungen und sogar Daten:

WER UND WANN? JENSEITS VON DEL OLMO

Der Richter Juan del Olmo ist als Lehrmeister der Schließung in die Geschichte eingegangen, aber die Urheberschaft der Idee ist nicht klar. Anwalt Iñigo Iruin weist darauf hin, dass die Funktionsweise der Justiz umgedreht wurde, das heißt, die Guardia Civil stand nicht unter dem Befehl des Richters, sondern umgekehrt: der Richter unter dem Befehl der Streitkräfte.

Und wie weit geht die Verantwortung der Aznar-Regierung, die sich mit dem unerträglichen Innenminister Angel Acebes hinter diese Razzia stellte? Der Kontext ist wichtig: die Parole "alles ist ETA" dominierte den politischen Alltag. Vom kollektiven Jubel in Madrid zeugen die zahlreichen Ausschnitte aus Talkshows im Film, in denen die Polizeiversion und der Schlag gegen die baskische Sprache enthusiastisch gefeiert werden, sarkastisch wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Sprache nur so zu verteidigen sei.

WARUM FOLTER?

Der Moment, in dem Chefredakteur Martxelo Otamendi, gerade aus der Polizeihaft entlassen, vor laufender Kamera erzählt, dass er gefoltert wurde, dasselbe Bild einer baskische Kulturfigur wie Torrealdai, ist immer noch schockierend.

Das Motiv bleibt unklar. Warum wurden sie gefoltert, wenn es keine wirkliche Beweise gegen sie gab? War es eine bloße Bestrafung? War es ein Versuch, Angst zu verbreiten? Könnte es sein, dass die Zivilgardisten nicht wussten, was sie taten? Der Dokumentarfilm enthüllt, dass die uniformierten Männer den Häftlingen auf dem Weg nach Madrid sagten, dass es "Worte gibt, die mehr töten als Waffen"?

KONVOI NACH ARANTZAZU

War Egunkaria das eigentliche Ziel? Das scheint nicht der Fall zu sein. Otamendi erinnert sich, dass in den folgenden Tagen die selbstorganisierten Baskisch-Schulen (Ikastolas) und die Kooperativen ins Visier genommen wurden. Und Joxe Txabarri, damals PNV-Abgeordneter in Madrid, bestätigt, dass er informiert wurde, dass Tage später eine Karawane von Zivilgardisten nach Arantzazu aufbrach, zum baskischen Euskara-Symbol schlechthin, "ein Gernika" in den Worten von Iñaki Uria. Es gab Verhandlungen und letztendlich erreichte der Polizeikonvoi sein Ziel nicht. Auch der Rest der Drohungen wurde nicht umgesetzt. Jemand muss zu dem Schluss gekommen sein, dass es zu einem Bumerang-Effekt kommen könnte, der sich nicht lohnt.

WER ANTWORTET UND WER NICHT?

Die Macher von "Paperezko hegoak" sind sich darüber im Klaren, dass die massive Reaktion im Baskenland der Schlüssel zur Umkehrung der Situation war. Mit zwei Meilensteinen: die Demonstration in Donostia am Samstag nach der Razzia und die kollektive Anstrengung, die es ermöglichte, ohne Unterbrechung schon am folgenden Tag eine neue Zeitung in baskischer Sprache herauszugeben – wie es bereits von "Egin" zu "Euskadi Información" im Jahr 1998 geschehen war.

Kontrapunkt war die institutionelle Untätigkeit. Bei diesem Marsch wurde "Ibarretxe non zaude?" gerufen (Ibarretxe, wo bist du?). Und die Aussage bei einer Pressekonferenz war erbärmlich: "Wir hoffen, sie haben überzeugende Beweise", was der Anschuldigung der Polizei Glaubwürdigkeit verlieh.

Wie konnte er ohne Verantwortung enden?

Javier Gómez Bermúdez, im Prozess 2010 Gerichtspräsident, spricht ohne Umschweife über die Ermittlungen: "Unglückliche Abfolge von Fehlern", "fehlerhafte Schlussfolgerungen", "ein Exzess von Anfang an". Doch mit dem Freispruch der fünf Angeklagten wurde klar: Die erste Zeitung in baskischer Sprache im Postfranquismus, entstanden durch eine Volksinitiative, wurde zu Unrecht und illegal geschlossen.

Die Feststellung, dass niemand die Verantwortung übernommen hat, schließt die Dokumentation. Und verstärkt die Wahrnehmung, dass diese Wunde weiter offen bleibt, obwohl fast zwei Jahrzehnte vergangen sind.

RÜCKBLICKE: (1519) Der Konquistador Hernán Cortés beginnt in Havanna (Kuba) mit einer Flotte von 11 Schiffen und Tausend Soldaten die Expedition zur Eroberung von Mexiko. (1931) Im Dorf Cascante in Navarra wird Lucio Urtubia geboren, ein Anarchist, der die City-Bank mit einem Trick um Millionen erleichterte und das Geld an linke Projekte weitergab. (1943) Die Nazis nehmen Mitglieder der antifaschistischen Gruppe Weiße Rose fest. Gleichzeitig hält Joseph Goebbels seine berühmte Rede im Berliner Sportpalast. (1980) In Madrid beginnt der Prozess wegen des tödlichen Faschisten-Anschlags auf Anwälte in Madrid-Atocha. (1982) In Madrid beginnt der Prozess gegen die Putschisten vom 23. Februar 1981.

(2021-02-17)

FRANCO-STIFTUNG PROVOZIERT REGIERUNG

Die Francisco-Franco-Stiftung trotzt der Regierung und kündigt an, dass sie Diktator und Massenmörder Franco weiterhin ehren wird. Der Vorsitzende dieser post-franquistischen Einrichtung, Juan Chicharro Ortega, schließt eine Änderung der Statuten aus, um eine mögliche Illegalisierung zu vermeiden wie sie aus Regierungs-Kreisen in Aussicht gestellt worden war. Er kündigte an, dass er mit dem Argument der "Verteidigung der Meinungs-Freiheit" die Gerichte bemühen werde.

Generalmajor a.D. Juan Chicharro Ortega ist sich über eines im Klaren: Er hat nicht die Absicht, "der gleiche Hund mit einem anderen Halsband" zu werden. In einem Artikel, der in den letzten Stunden veröffentlicht wurde, hat der Präsident der Nationalen Stiftung Francisco Franco (FNFF) deutlich gemacht, dass er diejenigen ignorieren wird, die ihm kürzlich geraten haben, der Organisation ein Facelifting zu verpassen, um zu versuchen, jede Art von Illegalisierung zu vermeiden.

feb70x17"Wie ich schon sagte: Wir werden niemals aufgeben, was in unseren Statuten steht, wir werden den Namen Francisco Francos nicht ändern oder nicht aufhören, ihn zu ehren." So schließt Chicharro Ortega seinen letzten Brief, in dem er auch die Schritte skizziert, die diese ultra-rechte Stiftung angesichts des von der Regierung angestrebten “Gesetzes der demokratischen Erinnerung“ unternehmen wird. Das Gesetz beinhaltet unter anderem das Verbot von Stiftungen, die die Diktatur bejubeln.

Chicharro – als Soldat Adjutant von König Juan Carlos I. – behauptet, dass die Regierung mit diesem Gesetz beabsichtigt, “unsere jüngste Geschichte zu verdrehen und zu verzerren, und gleichzeitig diejenigen zum Schweigen zu bringen, die eine andere Vision dessen verteidigen, was Franco für Spanien bedeutete".

Der Präsident der Stiftung, die den Diktator rechtfertigt, beschuldigt die Exekutive, "das, was sie ‘Verteidigung des Franquismus' nennen, als Verbrechen zu definieren. Dabei übergehen sie verschiedene Artikel der spanischen Verfassung". Dann spricht Chicharro von "Meinungsfreiheit, Gedankenfreiheit und Gleichheit vor dem Gesetz".

"Es ist klar, wenn dieses Gesetz durchgeht, obwohl es eindeutig verfassungswidrig ist, sind die Tage der Nationalen Stiftung Francisco Franco gezählt, mitsamt ihrer Botschaft und wofür ihr Namen steht". In diesem Sinne hat er bereits eine Reihe von Ratschlägen erhalten. "Es gibt viele gut gemeinte Stimmen, die uns zu Strategien raten, die diese vermeintliche Illegalisierung erschweren könnten, entweder durch eine Änderung des Namens oder durch eine Umwandlung in etwas Ähnliches, durch eine Änderung der aktuellen Statuten oder durch ein kompliziertes juristisches Verfahren", betont er.

Chicharro erklärt, dass es "so etwas wie die gleichen Hunde mit verschiedenen Halsbändern" wäre und weist darauf hin, dass "es in der Tat das war, was vor einigen Jahren teilweise gemacht wurde, indem die Statuten modifiziert wurden, um sie an das aktuelle ‘Gesetz der Historischen Erinnerung‘ anzupassen, aber selbstverständlich unter Beibehaltung der Klarheit und Transparenz unseres Selbstverständnisses ohne Tabus".

Dann kommt die Warnung. "Hiermit ich kündige an, dass dieses Mal das nichts Vergleichbares passieren wird. Ich sehe keinen Grund, den Namen Francisco Francos zu verleugnen oder unser Recht zu verteidigen. Es gefällt uns überhaupt nicht, dass es Stiftungen gibt, die den Namen des Präsidenten des Ministerrats der Republik tragen, Largo Caballero, während Tausende von unschuldigen Menschen in Jarama ermordet wurden, oder den Namen Juan Negrin, Finanzminister, verantwortlich für Aneignung und Transfer von 70% der Goldreserven der Bank von Spanien nach Russland.“

"Wir gehen vor Gericht"

Chicharro kündigt an, dass er "auf keinen Fall" darauf verzichten wird, "den Namen Francisco Francos in dieser Stiftung zu behalten", noch werde er aufhören, "die Kenntnisse über das Denken, die Erinnerung und das Vermächtnis des Caudillo zu verbreiten, zu fördern und zu unterstützen". "Wenn der Zeitpunkt kommt, an dem die Anwendung dieses Gesetzes zur Illegalisierung unserer Stiftung führen würde, wird es an der Zeit sein, vor die Gerichte zu gehen, wenn bis dahin die prekäre Gewaltenteilung in unserem politischen System noch besteht", sagt er ironisch. "Ich weiß, dass der Kampf in der Politik wie im Krieg manchmal den Einsatz von Tricks erfordert, um nicht die Oberhand zu verlieren, aber wir stehen vor einer Situation, in der es reicht, sich auf das Wesentliche zu besinnen."

RÜCKBLICKE: (1909) In Oklahoma stirbt mit 80 Jahren Geronimo, Apachen-Häuptling, der zwischen 1856 und 1886 gegen die Besatzungs-Armeen von Mexiko und den USA gekämpft hatte. (1968) In den öffentlichen Schulen von San Sebastian wird Unterricht von Euskara erlaubt.

(2021-02-16)

TOURISMUS SCHIFFT AB

Der spanische Tourismus-Sektor verlor 2020 fast 65 Millionen Touristinnen und 72 Milliarden Euro. Im wegen Pandemie denkbar schlechtesten Jahr für die Branche empfing das Land nur 19 Millionen ausländische Besucherinnen und verdiente weniger als 20 Milliarden, ein Rückgang von 78,5% im Vergleich zu 2019. Das Jahr kann schon jetzt als das schlechteste in der Geschichte des iberischen Tourismus bezeichnet werden. Die Pandemie hat den Sektor um 50 Jahre zurückgeworfen.

Noch vor einem Jahr verzeichnete die Branche einen historischen Rekord an Ankünften und Einnahmen. 2019 kamen 84 Millionen, was Ausgaben von 92 Milliarden Euro bedeutete. Die Tourismus-Ministerin hatte versichert, die Steigerung sei noch nicht am Ende, für 2020 erwarte man neue Rekorde. Doch dann kam die Pandemie und alle Spekulationen verschwanden. Die Zahlen fielen auf den Stand von 1969, als die Expansion des internationalen Tourismus begonnen hatte. Das bedeutet das Ende von sieben Jahren mit Rekord-Ankünften und Spitzen-Einnahmen.

feb70x16Der Anteil des Tourismus am Brutto-Inlands-Produkt (BIP) sank um106 Milliarden auf 4,3% der gesamten nationalen Wirtschaft, während es ein Jahr zuvor noch bei 12,5% lag. Die Auswirkungen auf die Beschäftigung sind fatal: 730.000 Menschen sind betroffen, 300.000 haben ihren Arbeitsplatz verloren, 430.000 befinden sich noch in ERTE-Kurzarbeit.

Zum Rückgang der internationalen Touristen kommt der Einbruch des Inlands-Tourismus, der in diesem Jahr aufgrund der Virus-Angst und der Limits der Bewegungsfreiheit um mehr als 40% zurückgegangen ist. Für 2021 prognostiziert Exceltur, dass das Tourismus-BIP einen Teil des verlorenen Gewichts zurückgewinnen kann, bis zu 96 Milliarden, 48 mehr als 2020, aber immer noch 37% unter den 154 Milliarden von 2019. Prozentual würde der Tourismus nach den Prognosen der Arbeitgeber im Jahr 2021 bereits wieder 8,2% des BIP ausmachen.

HOTELS UND UNTERKÜNFTE

Im spanischen Verband der Hotels und Unterkünfte wird von einem "katastrophalen" Jahr gesprochen, das einen "verheerenden Einfluss" auf das Geschäftsgefüge hinterlassen hat. Deren Angaben zufolge sind zu Beginn dieses Jahres 2021 nur 10% der Hotels im Land geöffnet, 95% der Beschäftigten in diesem Sektor haben ERTE-Kurzarbeit erlitten.

Im Laufe des Jahres kam es zu erheblichen Schwankungen bei den Ankünften. Januar und Februar waren noch frei vom Covid-Effekt und das Land verzeichnete ähnlich wie 2019 hohe Werte. Doch ab März begann der stetige Rückgang. Im April und Mai, die durch die Pandemie komplett gesperrt waren, war die Ankunft von Touristen und das Einkommen für den Sektor praktisch gleich Null.

Mit der Deeskalation dachte man, der Sektor würde sich wieder erholen, aber neue Virus-Ausbrüche und die Empfehlungen der Haupt-Sende-Länder (Deutschland und Großbritannien), nicht nach Spanien zu reisen, ließen die Ergebnisse weit hinter den Prognosen zurückbleiben. Ab September verschärfte sich die Situation durch die zweite Pandemie-Welle weiter, so dass im November ein Rückgang von 90% und im Dezember von 85% im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen war.

F – D – GB

Franzosen, Deutsche und Briten waren 2020 die Hauptbesucher (49,9%), allerdings mit deutlich geringerem Volumen als in den Vorjahren. Die Ankünfte von Franzosen sind im Vergleich zu 2019 um 65% gesunken. Aus Frankreich kamen 3,8 Millionen (Rückgang von 65% im Vergleich zu 11,1 Millionen 2019). An zweiter Stelle die Briten mit 3,2 Millionen (Rückgang von 82 % gegenüber 18 Millionen 2019). An dritter Stelle die Deutschen mit 2,4 Millionen (78 % weniger als im Vorjahr mit 11,1 Millionen).

ALLE REGIONEN VERLIEREN

Nach Reisezielen war Katalonien im Jahr 2020 die wichtigste Reise-Region mit 20,4% der Gesamt-Touristen und 3,8 Millionen Besuchern. Diese Zahlen stellen einen Einbruch von 80% im Vergleich zu 2019 dar. Es folgen die Kanarischen Inseln mit 20 % der Gesamtankünfte, 71 % weniger als im Vorjahr. Dann Andalusien, mit 14% der Gesamtzahl und 2,7 Millionen Besuchern, 77% weniger. Die Region, die prozentual am meisten verloren hat, waren die Balearen, die nur 1,7 Millionen empfangen haben, was einen Verlust von 87% des Volumens von 2019 bedeutet.

HILFSMASSNAHMEN

Das neue Szenario gibt keinen Grund zum Optimismus für das Jahr 2021, weil alles von der Dauer der Pandemie und der fehlenden Nachfrage abhängen wird. Die Branche will “an die Arbeiter denken und nicht Unternehmen zerstören, weil es sonst keine Erholung geben kann“. Inakzeptabel sei, dass trotz Einkommens-Ausfall weiter alle Steuern und Gebühren bezahlt werden müssen. "Die Befreiung der Unternehmen von diesen Gebühren ist wichtig, um ihre Liquidität zu schützen. Kein Euro darf aus der Kasse verschwinden".

Die Situation im Januar wurde durch die de Restriktionen zur Eindämmung der dritten Virus-Welle die Folgen des Wintereinbruchs verschärft. Das Beschäftigungs-Niveau im Dienstleistungs-Sektor sank seit März 2020 ununterbrochen. Alle Hoffnung liegt auf der nächsten Urlaubssaison im April und im Sommer.

RÜCKBLICKE: (1928) Der österreichische Hotelier Rodolfo Lussnigg kreiert den Namen “Costa del Sol“ zur touristischen Vermarktung der andalusischen Mittelmeer-Küsten. (1936) Die Volksfront gewinnt die spanischen Wahlen (5 Monate später folgt ein faschistischer Militärputsch). (1937) Als Zeichen der Ablehnung der republikanischen Wahlen vor einem Jahr organisiert die faschistische Falange in Sevilla und Cordoba eine Urnen-Verbrennung (der Spanienkrieg ist noch im Gang). (1943) Heinrich Himmler befiehlt das Massaker im Warschauer Getto. (1983) Das baskische Fernsehen EITB geht auf Sendung. (1990) Nach Zahlung eines Lösegeldes von 300 Millionen Peseten lässt ETA den Industriellen Adolfo Villoslada frei.

(2021-02-15)

VERHERRLICHT WIRD HIER NIEMAND!

Es soll Leute geben, die den spanischen Staat für einen demokratischen halten. Die Kommentare nach dem Covid-Tod von Galindo, dem Folter- und Mord-Experten der Guardia Civil, sprechen Bände. “Ein großer Mann ist von uns gegangen“, twitterte die Faschisten-Partei Vox. “Er kämpfte unaufhörlich und ehrenvoll gegen ETA“. Richtig: mit Folter, Mord und Todesschwadronen. Alles extrem demokratisch, was ein Rechtsstaat eben so hergibt. Galindo wurde (ausnahmsweise) erwischt und verurteilt. Ihn wie Vox zu loben ist somit Verherrlichung von Mord, Gewalt, Folter und Drogendealerei. Das hätte Batasuna sich einmal trauen sollen.

Alle Justiz im Staate S. ist politische Justiz. Wegen Verherrlichung werden ausschließlich Linke verurteilt. Pablo Hasel zum Beispiel. Der hat den Kommunismus und den Widerstand gegen den Faschismus verherrlicht. Dafür gibt es Knast. Franco zu verherrlichen, oder wie zuletzt in Madrid, die blaue Division für ihren Mordeinsatz in der Sowjetunion hochleben zu lassen (“die Juden sind an allem schuld“), geht durch wie ein Regentropfen im Gulli. Bei solchen Helden-Verehrungen laufen regelmäßig Armee-Offiziere und Polizeibeamte mit. Und deren Gewerkschaften feiern das noch.

Wenn sich baskische Familien auf der Straße freuen, dass ihre Gefangenen nach 30 Jahren aus dem Knast entlassen werden, hagelt es Vorwürfe und Verbotsanträge. Und nun das noch: Der Verband der Opfer von ETA – keineswegs als baskenland- und abertzalen-freundlich bekannt – hat VOX und die Gewerkschaft der Guardia Civil für die Galindo-Worte scharf kritisiert und an dessen baskische Opfer erinnert.

RÜCKBLICK: (1999) In Kenia wird der Gründer der kurdischen Arbeiterpartei PKK Abdullah Öcalan festgenommen. (2003) In der ganzen Welt kommt es zu Protest-Demonstrationen gegen die US-Invasion im Irak, die größte Mobilisierung in der Menschheits-Geschichte.

(2021-02-14)

GALINDO STIRBT AN COVID: DER FOLTERER, DER ZUM GENERAL WURDE

Enrique Rodríguez Galindo war nicht nur Chef der Folterer in Guardia-Civil-Kaserne von Intxaurrondo (Donostia), er praktizierte selbst brutale Misshandlungen. Das war kein Hindernis, Beförderungen und Orden anzuhäufen und zum General ernennt zu werden. Auch nicht, dass er die letzten zwei Jahrzehnte trotz einer Strafe von 71 Jahren zu Hause verbracht hat. Er starb an Coronavirus.

Die folgende Anekdote beschreibt perfekt den Charakter von Enrique Rodríguez Galindo. Sie wurde von dem mittlerweile verstorbenen Ion Arretxe erzählt und wurde vor 35 Jahren aufgezeichnet, als Arretxe zusammen mit Mikel Zabalza verhaftet wurde, Zabalza sollte Intxaurrondo nicht lebend verlassen:

"Jemand Wichtiges hat den Raum betreten. Ich habe es sofort bemerkt. Vielleicht wegen der Stille, die ihn umgab, oder wegen der unterwürfigen Art, wie er empfangen wurde. Er stand vor mir ... Er nahm mir die Kapuze ab....

feb70x14- Weißt du, wer ich bin?", fragte er.

- Ja. Sie sind Galindo.

- Verfolgt ihr mich, oder was?

- Nein, nichts dergleichen.

- Woher kennst du mich dann?

- Ich kenne Sie aus dem Fernsehen ...

Er packte mich an den Eiern und verdrehte sie.

- Wir haben dich hergebracht, damit du uns Dinge erzählst ... Also verschwende nicht unsere Zeit und geh und rede, Kleiner ... sonst verdreh ich dir die Eier, bis sie platzen.

Er drückte meine Hoden zusammen und ließ mich vor Schmerzen gekrümmt zurück. Er setzte mir die Kapuze wieder auf und ging".

Ruhm und Niedergang in den 90er Jahren

All dies war in den baskischen Bevölkerung ebenso bekannt wie der Grund für Zabalzas Folter-Tod. Doch Galindos Schatten war so lang, dass er erst um die Jahrhundertwende verurteilt wurde. Nur der Beharrlichkeit der Privatklage wegen Entführung und Tod von Joxean Lasa und Joxi Zabala ist dies zu verdanken. Einer der Richter der Audiencia Nacional, Carlos Bueren, zog es vor, das Sondergericht zu verlassen, um nicht gegen die "grüne GAL" ermitteln zu müssen.

Galindos Schandtaten stammen aus den 80er Jahren, aber erst in den 1990er Jahren kam Galindos wahres Gesicht ans Licht, als die Enthüllungen über die GAL-Todesschwadrone zu seiner Verurteilung führten. Der Kommandant wehrte sich und erzwang seine Beförderung zum General. Der damalige Minister Juan Alberto Belloch legte ihm die Schärpe im September 1995 an, als Galindos Verwicklung in den Tod der beiden Flüchtlinge aus Tolosa bereits bekannt war. Zu diesem Zeitpunkt hatte die jetzige Verteidigungs-Ministerin und damalige Nummer zwei im Ministerium, Margarita Robles, die Kerker der Guardia Civil in Gipuzkoa besucht und angesichts der Beweise für das, was dort geschah, angeordnet, sie zu schließen.

Das öffentliche Ende von Galindo war tragi-komisch. Im Fernsehen ließ er sich mit Bildern überhäufen, aber mit Erklärungen geizte er. Sein Auftritt im Prozess vor der Audiencia Nacional im Jahr 1999 sollte feierlich sein: "mit sechs dieser Männer hätte ich Südamerika erobert", sagte er über seine Agenten. Doch endete er in einem lächerlichen Versuch, sich selbst zu entlasten. "Ich schwöre bei Gott und bei meiner Ehre", sagte er zwischen Seufzern und einigen vorgetäuschten Schluchzern.

Die Regierung Zapatero entließ Galindo 2004 aus gesundheitlichen Gründen aus dem Gefängnis. Er hatte vier Jahre hinter Gittern verbracht (und ein weiteres davor als Untersuchungshäftling) aufgrund einer vom Obersten Gerichtshof auf 75 Jahre erhöhten Strafe. Außerdem wurde er für 2013 auf Bewährung entlassen! Er starb schließlich an Coronavirus, wenige Tage vor seinem 82. Geburtstag.

Dreizehn Jahre Orden und Straffreiheit

Vielleicht wird der Tod von Galindo einige der Fälle aufrütteln, aus denen er vor der Justiz ungeschoren hervorgegangen ist. Der Fall Lasa-Zabala war eine Bestätigung für das Ausmaß des Terros von Intxaurrondo: Eine der geschützten Zeuginnen wurde an einem Strand in Cádiz entführt, vergewaltigt und mit brennenden Zigaretten gefoltert. Wenn das einer Person unter richterlichem Schutz und an einem öffentlichen Ort passiert, was konnte dann nicht alles in den Kerkern von Intxaurrondo in den "bleiernen Jahren " passieren?

Der in Granada geborene Galindo, Sohn eines Zivilgardisten, war 1980 zum Kommando Gipuzkoa gekommen und brauchte nicht lange, um schon 1983 die Zügel in die Hand zu nehmen. Das waren die Zeiten, als die PSOE "die Guardia Civil entdeckte", wie der Ex-Innenminister José Barrionuevo sagte, der ebenfalls für die GAL verurteilt wurde.

Dreizehn Jahre lang stand Galindo an der Spitze von Intxaurrondo. In dieser Zeit wurde er in Spanien zu einer Legende für seine Raubzüge, vor allem für den in Bidarte 1992, als er die ETA-Führung verhaften ließ. Er sammelte alle möglichen Medaillen und Ehrungen. Und totale Straffreiheit: Galindo und seine Vertrauten (Enrique Dorado Villalobos, Felipe Bayo Leal, Angel Vaquero) wurden auch mit anderen “gewöhnlichen“ Verbrechen in Verbindung gebracht, von Raubüberfällen bis zum Drogenhandel. Der vom Oberstaatsanwalt von Gipuzkoa erstellte "Navajas-Bericht" über die Verbindungen zwischen Intxaurrondo und dem Drogenhandel blieb in einer juristischen Sackgasse stecken. Und Galindo reichte eine Klage gegen Fermin Muguruzas Rockgruppe Negu Gorriak ein, weil all dies in einem Lied, 'Ustelkeria', verarbeitet wurde.

Galindos Spur im kollektiven Bewusstsein von Euskal Herria ist nur mit der eines anderen franquistischen Unterdrückers vergleichbar: Melitón Manzanas, der 1968 der erste Attentats-Opfer von ETA wurde. Galindo war bereits 1970 in Gipuzkoa tätig, damals in der sogenannten Verkehrsabteilung. 1980 kehrte er zurück, um die Intxaurrondo-Makrokaserne zu leiten, der Rest ist Geschichte, schwarze Geschichte.

RÜCKBLICK: (1655) Das Indigena-Volk der Mapuche erhebt sich (im späteren Chile) gegen die kastilischen Eroberer und die Sklaverei, sie bringen Sklavenhalter um und zünden Farmen an. Der Aufstand wird niedergeschlagen. (1902) In USA wird das Frauenwahlrecht eingeführt.

(2021-02-13)

TOD DURCH FOLTER

Seit US-Präsident George W. Bush in Guantanamo und Irak die Folter legitimiert und “freigegeben“ hat, hat diese menschenrechts-feindliche Praxis zugenommen. Im spanischen Staat wurden – laut offizieller Anerkennung durch die baskische Regierung – seit den 1960er Jahren 4.200 Personen gefoltert, inoffiziell wird die Zahl auf 10.000 geschätzt. Die Folterer: Guardia Civil, Policia Nacional und baskische Ertzaintza.

feb70x13Vor genau vierzig Jahren starb der ETA-Militante Joxe Arregi in Madrider Folterkellern. Die allseits bekannten Bilder seiner Leiche bis heute sind haarsträubend. Die Folterer-Mörder gingen praktisch straffrei aus. An diesem 40.sten Jahrestag wurden deshalb verschiedene Gedenk-Veranstaltungen und Demonstrationen durchgeführt, u.a. in Arregis Heimatort Zizurkil und Bilbao, hier ging die Demonstration zur Kaserne der Guardia Civil. Begleitet von der Forderung “Alde Hemendik“ – “Raus hier“, zogen etwa 1.500 Personen zu der berüchtigten Folterkaserne gegenüber des Guggenheim-Museums.

Dass ausgerechnet an diesem runden Jahrestag einer der spanischen Oberfolterer das Zeitliche segnete, ist ein großer Zufall. Der Guardia-Civil-General Enrique Rodriguez Galindo starb an Coronavirus. Ende der 1990er Jahre wurde er bekannt als Folterer und Mörder der beiden jungen Basken Lasa und Zabala. Sie waren in ihrem Exil in Iparralde entführt und nach Donostia in den Folterkeller gebracht worden. Später wurden sie in Alicante erschossen, ihre Leichen wurden mit gelöschtem Kalk behandelt, sodass sie erst 10 Jahre später identifiziert werden konnten. Galindo war der ranghöchste Polizeimörder, der zu 74 Jahren Haft verurteilt wurde, von denen er nur 4 absaß.

AMNESTY SCHREIBT …

Nach wie vor gibt es zahlreiche Regierungen, die Folter einsetzen, um Informationen zu erpressen, abweichende Meinungen zum Verstummen zu bringen oder Personen auf grausame Weise zu bestrafen.

157 – Anzahl der Staaten, welche das UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ratifiziert haben. (Auch Spanien hat unterschrieben, das hält die Sicherheitskräfte nicht davon ab, weiter zu foltern.)

141 – Anzahl der Länder, in denen AI in den vergangenen fünf Jahren Folter und andere Formen der Misshandlung dokumentiert hat. In einigen Ländern wurde Folter routinemäßig angewandt, in anderen sind Einzelfälle dokumentiert worden. Selbst ein einziger Fall von Folter und Misshandlung ist absolut inakzeptabel.

FOLTER IN ZAHLEN

Seit Beginn der Kampagne "Stop Folter" im Mai 2014 hat AI Berichte zu Folter in Mexiko, Marokko, Nigeria, Usbekistan und auf den Philippinen veröffentlicht. Diese Berichte zeugen von der weitverbreiteten Anwendung von Folter und von der Straflosigkeit der Verantwortlichen in diesen Ländern.

1505 – Anzahl der Anzeigen wegen Folter und Misshandlungen, die 2013 in Mexiko registriert wurden. Das sind sechs Mal mehr als im Jahre 2003.

50 % – Anteil der Menschen in Nigeria, die befürchten, im Falle einer Festnahme gefoltert zu werden.

21 – Anzahl der Personen, die bei einer Befragung von Folteropfern auf den Philippinen angeben haben, als Kind gefoltert oder misshandelt worden zu sein. AI hatte für den Bericht zu Polizei-Folter auf den Philippinen mit insgesamt 55 Folter-Überlebenden gesprochen.

8 – Anzahl der Menschen, die seit Mai 2014 in Marokko strafrechtlich verfolgt worden sind, nachdem sie Folterungen angezeigt oder aufgedeckt hatten. Sie wurden unter anderem wegen "verleumderischer Denunzierung", "Falschaussage", "öffentlicher Beleidigung" und "Diffamierung" angeklagt.

7 – Anzahl der Schuldsprüche, die in Mexiko seit der Kriminalisierung von Folter im Jahre 1991 auf nationaler Ebene gegen Folterer ergangen sind. In Mexiko werden jährlich Tausende Beschwerden wegen Folter eingereicht.

0 – Anzahl der Schuldsprüche, die seit Inkrafttreten des Antifoltergesetzes auf den Philippinen im Jahre 2009 gegen Folterer ergangen sind.

RÜCKBLICK: (1981) Joxe Arregi Izagirre stirbt in Madrid an den Folgen der Folter, die er nach seiner Verhaftung durch die Policia Nacional erlitt. Der 13. Februar ist seither im Baskenland der Tag gegen Folter. (2021) Der Folterer und Mörder-Polizist Galindo stirbt an Covid.

(2021-02-12)

DIE PANDEMIE ERHÖHT DIE ABHÄNGIGKEITEN

Die Pandemie steigert die Abhängigkeit von Alkohol, Internet-Glücksspiel und Anxiolytika im Baskenland. Ängste, Stress und Einsamkeit, die Covid mit sich bringt, führen zu Rückfällen und neuen Betroffenen, die sich an weiche Drogen binden, die leicht zu Hause konsumiert werden können.

feb70x12Die Coronavirus-Pandemie hat im Baskenland einen Anstieg der Abhängigkeiten von legalen Drogen verursacht, insbesondere von Alkohol, Internet-Glücksspiel und Anxiolytika. Im letzteren Fall mit einer höheren Inzidenz bei Frauen. In geringerem Ausmaß hat auch der Konsum von Tabak und Cannabis zugenommen. Dies zeigt eine Studie des Gesundheits-Senats der baskischen Regierung. In Bezug auf illegale Drogen wird darin eine Veränderung der Konsummuster hin zur Einnahme allein statt in Gruppen feststellt. Gleichzeitig kommt es bei den Konsument*innen zu mehr emotionale Krisen und Notsituationen. Nicht festgestellt werden konnte, ob die Einnahme dieser Substanzen zu- oder abgenommen hat oder gleich geblieben ist.

Die Studie basiert auf der Beobachtung von Fachleuten, die im Bereich der Prävention, der Behandlung und der direkten Intervention mit Menschen mit Suchtproblemen arbeiten, sowie auf ihren Erfahrungen in den Monaten seit Beginn der Gesundheitskrise.

Erwiesen ist die Tatsache, dass die Covid-Krise mehr Situationen von Angst, Stress und Einsamkeit mit sich gebracht hat, die unter Personen mit Suchtproblemen, ihren Familien und ihrer übrigen Umgebung Spuren hinterlässt. Enge und Spannungen, die in den Wohnungen durch das 24-stündige Zusammenleben entstanden, der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Angst, ihn zu verlieren, oder das Fehlen oder die Knappheit sozialer Beziehungen sind Elemente, die alle Bürger betroffen haben und immer noch betreffen. Unter den am stärksten gefährdeten Gruppen kommen sie besonders häufig vor. Darunter auch Menschen mit Suchterkrankungen, die neben den oben genannten Problemen Schwierigkeiten haben, sich mit den von ihnen konsumierten Substanzen zu versorgen und ggf. Hilfszentren und -programme aufsuchen.

Als Beispiel für Letzteres geben neun von zehn Präventions-Techniker (88,2 %) an, telematisch, virtuell oder von zu Hause aus zu arbeiten. Der gleiche Prozentsatz gibt an, dass sie unter der Stornierung oder vorübergehenden Aussetzung von Programmen zu leiden hatten. Acht von zehn (82,4 %) stellen fest, dass sich weniger Nutzer an den Programmen, Aktionen oder Interventionen beteiligen, die sie normalerweise durchführen.

RÜCKBLICK: (1502) Isabella I. die Katholische verbietet per Edikt den Islam und zwingt alle Mohammedaner, zum Christentum zu konvertieren. (1567) Der aus Durango (Bizkaia) stammende Eroberer Martin Ruiz de Gamboa gründet (im späteren Chile) die Stadt Castro. (1860) In Bergara (Giuzkoa) wird der Anthropologe Telesforo Aranzadi geboren, nach dem die Wissenschaftliche Gesellschaft Aranzadi benannt ist.

(2021-02-11)

MITTELALTER

Was die (korrupte) Monarchie im Staate anbelangt, existieren in Spanien Verhältnisse wie im Mittelalter. Ein Glück, dass es keine Scheiterhaufen mehr gibt. Allgemein bekannt dürfte sein, dass der spanische Ex-Thronhalter vergangenen August vor Steuerfahndung und Staatsanwalt nach Saudi Arabien flüchtete. Wie überall auf der Welt lebt eine ganze Gattung von Medien vom Blick über den Zaun der perversen und degenerierten Monarchen.

feb70x11Letzte Nachricht aus dem Bourbonen-Haus: Kronprinzessin Leonor macht Abi und geht dafür nach Wales. Ein Medienarbeiter machte daraus den TV-Untertitel: “Leonor geht weg aus Spanien, wie ihr Großvater.“ Ein interpretierbarer Satz, aber mit Schleudersitz-Wirkung. Der Mann, ein bekannter Drehbuchschreiber, wurde demonstrativ entlassen: “Auf die Bourbonen lassen wir nichts kommen!“ Der Betroffene nahm es mit Humor und schrieb: “Sie haben mich entlassen, wie den Opa von Leonor“. Und fügte ein Video bei, das der geschasste Schürzenjäger einst nach einer Elefantenjagd in den sozialen Medien verbreitete: “Es tut mir leid, soll nicht wieder vorkommen“. Ein ernsthafter Kandidat für Jueves, die führende Satire-Zeitschrift.

RÜCKBLICK: (1990) Nelson Mandela wird in Südafrika nach 27 Jahren aus der Haft entlassen, seine Freilassung ist Teil des Endes des Apartheid-Regimes.

(2021-02-10)

RECHTSEXTREMER TERROR IN NAVARRA

Zwischen 1975 und 1985 verübten rechtsextreme Gruppen mindestens 33 terroristische Anschläge in Navarra bzw. auf navarrische Bürger*innen außerhalb Navarras. Dies ist das Ergebnis eines Berichts, den eine Forschungsgruppe der Madrider Universität Carlos III im Auftrag des “Sekretariats für Frieden und Koexistenz“ erstellt hat. Zu den dokumentierten Gewaltakten gehören die Morde in Montejurra, der Mord an Angel Gurmindo in Hendaia, das Verschwinden von José Miguel Etxeberria aus Pamplona, die Schüsse auf Buchhandlungen, Angriffe gegen Partei- und Gewerkschafts-Lokale, sowie gegen gastronomische Einrichtungen und sogar eine Fiestagruppe.

feb70x10Zusammengefasst in der Studie "Der unbekannte Terrorismus. Terroristische Angriffe der extremen Rechten in Navarra (1975-1985)", die vom “Sekretariat für Frieden, Koexistenz und Menschenrechte“ in Auftrag gegeben wurde und von vier Forscher*innen des Instituts für Menschenrechte der Madrider Universität erstellt wurde. Die Arbeit befasst sich mit dem politischen Kontext der Transición (dem sogenannten demokratischen Übergang nach dem Franquismus, 1975 bis 1980), mit der juristischen Antwort des Staates auf terroristische Gewalt und mit den Umständen, die dazu führten, dass nur sehr wenige dieser Fälle durch polizeiliche und gerichtliche Ermittlungen aufgeklärt wurden. Generell war und ist die rechtliche Anerkennung dieser Art von Gewalt weitgehend unzureichend.

Das Recht, die Wahrheit zu erfahren

Der Bericht ist Teil verschiedener Studien, die das Sekretariat für Frieden, Koexistenz und Menschenrechte in Auftrag gegeben hat, "um die Vergangenheit zu klären und zur Wiedergutmachung der Opfer von Terrorismus beizutragen, in diesem Fall im Kontext mit den GAL und anderen rechtsextremen Gruppen. Grundlage ist das Recht auf Wahrheit, das helfen soll, in der Gesellschaft Sensibilität für diese Vorfälle zu schaffen", hieß es bei der Vorstellung.

Die Sprecherin der navarrischen Regierung wies darauf hin, dass der Bericht aus einer Menschenrechts-Perspektive und mit kritischem Blick auf die gewaltsame Vergangenheit erstellt wurde. "Vor allem aber mit Blick auf die Opfer und die Notwendigkeit, deren Recht auf Wahrheit zu garantieren, und zur Wiedergutmachung, die wir ihnen als Gesellschaft schulden", reflektierte sie. An der Vorstellung nahmen auch das Forschungsteams selbst teil.

Bericht nicht geschlossen

Der Bericht ist unvollständig. Es wird festgehalten, dass Aggressionen mit Personen- und Sachschäden in einigen Fällen nicht angezeigt wurden, und es in anderen Fällen aufgrund fehlender Gerichtsurteile zu keiner Anerkennung und Entschädigung der Gewaltopfer kam. Dieser Umstand hat die Autor*innen des Berichts dazu veranlasst, einen Appell an alle Personen oder Familien zu richten, die Daten über rechtsextreme Gewalt in Navarra beitragen können. Der Bericht enthält somit keine komplette Liste von Angriffen. "In Anbetracht der Art der von rechtsextremen Gruppen ausgeübten Gewalt blieben viele Taten ohne Anzeige oder Gerichtsverfahren straffrei. Einige Daten stammen aus Zeugenaussagen von Opfern“.

Der Bericht nennt die rechtsextremen Gruppen und Banden, die seit den letzten Jahren des Regimes aktiv waren: Guerrilleros de Cristo Rey, Triple A (Alianza Apostólica Anticomunista), ATE (Anti-Terrorismo ETA), Batallón Vasco Español oder Acción Nacional. Gemeinsam ist einigen davon der "katholische Messianismus", mit dem ihr gewaltsames Vorgehen wegen "territorialen oder separatistischen Ansprüchen, dem Aufzwingen eines religiösen Glauben-Bekenntnisses oder der Vergeltung für eine frühere Tat" gerechtfertigt wird. Die Untersuchung ergab auch, dass die gewalttätigen Aktionen "in vielen Fällen von Teilen des Staatsapparates unterstützt oder gedeckt wurden. Einige Staatsbeamte waren ideologisch gegen die Errichtung eines demokratischen politischen Systems“.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass der durch rechtsextreme Gewalt angerichtete Schaden quantitativ zwar geringer sei als die Gewalt der ETA, dass er dennoch ausreichend gravierend war und eine Gesellschaft auf dem Weg zur demokratischen Konsolidierung beschäftigen muss. “Rechtsextremer Terrorismus hat eine Spur persönlichen und sozialen Leids hinterlassen, die nicht mit der notwendigen Gerechtigkeit behandelt worden ist, die alle verdient haben, die unter terroristischer Gewalt gelitten haben".

RÜCKBLICKE: (1980) In Madrid-Vallecas wird der 21-jährige Vicente Cuervo Calvo von Neonazis umgebracht, er ist einer von 159 Opfern von Ultrarechten und Polizei während der Transición, dem sog. “demokratischen Übergang“ in Spanien nach dem Franquismus. (2018) In Pamplona wird ein Platz nach Maravillas Lamberto benannt. Maravillas war ein 14-jähriges Mädchen, das von den Franquisten nach dem Franco-Putsch vergewaltigt und umgebracht wurde. Erst 82 Jahre danach kommt es zu einem symbolischen Akt der Anerkennung.

(2021-02-09)

DIE LINKE VEREINT

Dass im gesamten spanischen Staat Demonstrationen und Kundgebungen zum selben Thema stattfinden, ist außergewöhnlich. Wenn in Sevilla, Bilbao, Burgos und Barcelona Menschen für eine Sache auf die Straße gegangen wird, muss etwas ganz Besonderes vorgefallen sein. Die Besonderheit hat einen Namen: Pablo Hasel.

feb70x09Ein 32-jähriger Rapper bringt die unterschiedliche Teile der Linken hinter ein Transparent: Freiheit für Pablo Hasel! Denn wegen verschiedener verbaler Delikte, Vergehen, Verbrechen soll er ins Gefängnis. Dagegen mobilisieren Kommunistinnen, Anarchistinnen, Podemisten und Künstlerinnen. “Verherrlichung von Terrorismus, Verächtlichmachung der Opfer, Beleidigung des Königshauses, Hass-Verbreitung und Verletzung religiöser Gefühle“ sind die Vorwürfe, die ein spanisches Gericht als erwiesen ansah und ausreichend, um den Musiker und Aktivisten hinter Gitter zu schicken. Bei so viel krimineller Energie können wir von Glück sagen, dass es keine Todesstrafe und keinen Scheiterhaufen mehr gibt. Manch ein Alt- oder Neo-Franquist träumt sicher sehnsüchtig davon.

Sogar die Film- und Theaterszene hat es für nötig befunden, einmal wieder Position zu beziehen. Namen wie Manuel Serrat, Javier Bardem, Willy Toledo oder Almodóvar (und viele andere) klingen sogar auf internationalem Parkett. Für alle ist klar, dass freie Meinungsäußerung nicht zur Disposition steht, schon gar nicht aus dem Mund eines Künstlers. Pablo Hasel wäre der erste Sänger im vereinten Europa, der wegen gesungener Ansichten hinter Gitter muss (die Türkei nicht mitgezählt (dort sterben Musiker*innen nach Hungerstreiks). Der erste nur deshalb, weil ein anderer Rapper vor Haftantritt nach Belgien abgehauen ist.

Bei so viel Einigkeit der radikalen Linken mit der kreativen Klasse wundert nur, dass die ausgerechnet die offizielle baskische Linke nicht präsent war. Einen Grund wird es schon geben, nicht für die Freiheit von Pablo Hasel und der Meinungsäußerung einzutreten.

Verurteilt wurde einer, der das kapitalistische System in Frage stellt. Und an Widerstand dagegen erinnert. Der das zum Ausdruck bringt, was 70% der Spanier*innen denkt: dass die Borbonen korrupt sind. Vor Gericht stehen keine Blauhemden, die den Führergruß zeigen, mit Hakenkreuzen durch die Gegend rennen oder lautstark von einem Millionen-Genozid träumen.

Doch vielleicht geht Pablo Hasel sogar in die spanische Justiz-Geschichte ein. Denn die Koalitions-Regierung in Madrid tat (angesichts derart prominenten Protests) in letzter Minute kund, dass bei “Meinungs-Delikten“ künftig keine Haftstrafen mehr vorgesehen werden sollen. Dazu muss aber das entsprechende Gesetz geändert werden. Womöglich hat Pablo Hasel sein Strafe bis dahin schon abgesessen.

RÜCKBLICKE: (1966) In Bukarest stirbt im Exil der aus Vitoria-Gasteiz stammende Flieger und Militär Ignacio Hidalgo de Cisneros. Er hatte am Rif-Krieg teilgenommen und blieb nach dem Militärputsch Francos auf Seite der Republik. (1976) Ein ETA-Kommando erschießt den Bürgermister von Galdakao (Bizkaia). In einem Ultimatum hatte ETA vorher alle Bürgermeister aufgefordert zurückzutreten. (2011) Gründung der neuen linken Partei Sortu, nach fast 10 Jahren Illegalität der baskischen Linken.

(2021-02-08)

TRITTBRETTFAHRER-IN

“Salz auf die Wunde streuen“, “Öl ins Feuer gießen“, “Einen Knüppel zwischen die Beine werfen“ – es gibt einige Volksweisheiten, die den neuen Streit zwischen der baskischen und der spanischen Regierung beschreiben könnten. Keine zwei Tage ist es her, dass Euskadi (Baskenland) den ersten Jahrestag der größten Ökologie-Katastrophe hinter sich bringen musste. Mit Tränen und Demonstrationen auf der einen und politischen Schaufensterreden auf der anderen Seite. Denn die administrative Kontrolle eines Müllbergs hatte völlig versagt, als sich im Februar 2020 tausende von Tonnen Abfall in Bewegung setzten, vom Berg auf die Autobahn stürzten und zwei Arbeiter in den Tod rissen.

feb70x08Das Management der christdemokratisch-sozialdemokratischen Regierung bekam tiefe Glaubwürdigkeits-Risse, vor allem als das Posten-Geschacher bekannt wurde, das hinter dem Müllgeschäft steht. Und “wer den Schaden hat“ braucht bekanntlich für die bissige Belehrung nicht zu sorgen. Dachte sich die spanische Verteidigungs-Ministerin, als sie heute kommentierte: “Wenn unsere Armee nach der Katastrophe am Müllberg in Zaldibar eingesetzt worden wäre, gäbe es keinen vermissten Toten mehr.“ Denn ein halbes Jahr nach der Lawine wurde einer der Verschütteten gefunden, der zweite bleibt bis heute vermisst.

Hätte, wäre, würde … die Analyse der Schlauen, die hinterher alles besser wissen und im Tagesbetrieb regelmäßig versagen. Der Satz der Ministerin ist eine Unverschämtheit und Rücksichtslosigkeit, insbesondere auf dem Rücken der betroffenen Familien. Das steht außer Frage. Die andere Seite, die baskische, fühlt sich in ihrem Kompetenz-Stolz zutiefst verletzt. Beide Seiten haben Dreck (oder Müll) am Stecken und sollten besser “vor der eigenen Haustür“ aufräumen.

Die Basken sollten ihr Versteckspiel beenden, einen Untersuchungs-Ausschuss genehmigen und Licht ins Müll-Dunkel bringen, wie es sich für “demokratische Parteien“ gehört. Und die Spanierin sollte nicht versuchen, von eigenen Problemen abzulenken. Die da wären, dass ultrarechte Militärs ein Eingreifen gegen die “neo-kommunistische“ Regierung Sanchez-Iglesias fordern, und dass sich Vorgesetzte aus dem Glied an der Warteschlange vorbei die ersten Covid-Spritzen ergatterten. Die Truppe hat also eine dringende Gesichtswäsche nötig.

Korruption, Vetternwirtschaft und Brutalo-Egoismus gehören hier wie da zum politischen Geschäft, genauso wie “den Ball aufs Dach der anderen zu schießen“. Schließlich will niemand “die heiße Kartoffel in den Mund nehmen“, sondern eher fallen lassen oder die Koalitionspartner wegzujagen “wie räudige Hunde“.

RÜCKBLICKE: (1921) Tod des russischen Geografen und Anarchisten Peter Kropotkin. (1931) Athletic Bilbao erzielt den höchsten Sieg im spanischen Fußball: 12:1 gegen den FC Barcelona. (2003) In Andoain tötet ETA den Stadtpolizisten Joseba Pagazaurtundua.

(2021-02-07)

WENN BASKEN BASKISCH SPRECHEN

Schuld hat die Pandemie. Sie hat die Stadien geleert, so sehr, dass bei Fernseh-Übertragungen (falls sie nicht mit künstlichen Publikums-Gegröle übertönt werden) die Rufe einzelner Spieler deutlich hörbar sind. Ein Programm jener billigen, macho-gefärbten und niveaulosen neuen TV-Plattformen hat dabei das Thema der baskischen Sprache entdeckt.

feb70x07Diese Volksverdummer (vor allem an Männer gerichtet) spielen gelegentlich mit Ambivalenz, wenn unterschiedliche Reaktionen zu erwarten sind. Originalton: “Auf diesen Bildern können Sie sehen, wie die Spieler von Athletic während des Spiels am Donnerstag in Sevilla beim Pokalspiel gegen Betis auf Baskisch sprechen und Befehle geben. Jemand behauptet, dass sie es tun, um von den Gegnern nicht verstanden zu werden“.

Wenn sich zwei Brasilianer von Real Madrid auf Portugiesisch unterhalten ist dies kein Anlass für Polemik. Wenn aber Piqué mit Pujol auf Katalanisch, oder die Kicker von Athletic im Stadion auf Baskisch kommunizieren, werden schlafende Hunde von alleine wach. Ambivalenz. Keiner sagt es offen, aber gemeint sind die Tendenzen zur Bewahrung der eigenen Kultur und Identität. Baskisch und Katalan sind in Madrider Medienkreisen nicht gerade beliebt.

Die Reaktion kam prompt, und ambivalent-ironisch. Podemos-Chef Pablo Iglesias: "Basken sprechen untereinander Baskisch. Daran wird Spanien zerbrechen", kommentierte er. Unter Franco wäre das jedenfalls nicht passiert. “Wie können die es wagen, eine andere Sprache zu benutzen als jene des Imperiums!“ Oder: “Das Gerücht geht um, dass die Spieler von Borussia Dortmund beim Spiel Deutsch sprechen. Üblicherweise wird ein Kastilisch von der Reinheit von Soria benutzt, wenn nach dem Ball gefragt wird. Wie können sie eine andere Sprache sprechen, diese Fußballetarras!“

Iñaki Williams, der schwarze Angreifer von Athletic, “gab letztes Jahr in einem Interview zu“ (zugeben – eine bemerkenswerte Formulierung), dass sie die baskische Sprache benutzten, um vom Gegner nicht verstanden zu werden. "Das ist wahr. Manchmal, besonders bei den Ecken, um zu sagen, ob sie zum ersten oder zweiten Pfosten gehen", sagte er auf eine Frage.

Imanol Alguacil, Trainer von Real Sociedad, wurde auf einer Pressekonferenz ebenfalls gefragt und gab zu (!), dass sie es zwar manchmal nur benutzen, weil es ihre übliche Sprache ist, aber manchmal auch, um von den Gegnern nicht verstanden zu werden.

Die eigene Mutter-Sprache zu benutzen ist im Baskenland nach wie vor verdächtig – der Franquismus lässt grüßen!

RÜCKBLICKE: (1885) Geburt Hugo Sperrle, General der Nazi-Luftwaffe, Kommandant der Legion Condor im Spanienkrieg und Verantwortlicher für die Bombardierung Gernikas. (1965) Die USA beginnen, Nord-Vietnam mit Napalm-Bomben anzugreifen.

(2021-02-06)

KATASTROPHE VON ZALDIBAR

Ergebnis völlig verfehlter Müll-Politik und des ewigen Pöstchen-Geschachers, das im Baskenland üblich ist: zwei Arbeiter der Mülldeponie Zaldibar sind tot. Vor genau einem Jahr geschah das Unfassbare: ein Müllberg kam ins Rutschen und ging wie eine Lawine hinab auf die vorbeiführende Autobahn Bilbao-Donostia. Es folgte eine Serie von Aufdeckungen und Skandalen, die bis heute nicht abreißt. Erst brannte der Giftmüll, teilweise wurde illegal deponiert. Bei Sicherheits-Checks waren Mängel festgestellt worden, dem waren aber keine weiteren Maßnahmen gefolgt.

feb70x06Bis heute weigert sich die baskische Koalitions-Regierung, eine Untersuchungs-Kommission einzurichten: man will sich nicht in die Karten schauen lassen. In Europa wird das anders gesehen, zum Unwillen der Urkullu-Regierung wird dort tatsächlich untersucht. Ein halbes Jahr dauerte es, bis die erste Leiche gefunden war. Die zweite ist bis heute vermisst. Vorübergehend hat die Regierung die Verwaltung der Müllkippe übernommen, vor Tagen wurden die Betreiber (Parteifreunde) verklagt, ein kompliziertes und langwieriges Verfahren steht bevor.

Weil sich mit Müll viel Geld machen lässt, wird so wenig wie möglich Müll reduziert oder recycelt. Dafür werden die Deponien gefüllt, mit legalem und illegalem Dreck. Nicht immer steht ein Kontrolleur an der Pforte. Der Rest wird verbrannt, das zweite lukrative Geschäft, das für zusätzlich Emissionen sorgt und die Gesundheit der Anwohner*innen gefährdet. In Gipuzkoa wurden Millionen ausgegeben für eine unnütze Verbrennungsanlage, jene in Bizkaia ist nicht ausgelastet und und und …

RÜCKBLICKE: (1481) In Sevilla findet das erste Inquisitions-Tribunal gegen vermeintliche Hexen statt (1976) In Kanada wird der Lakota-Indianer Leonard Peltier verhaftet, später an die USA ausgeliefert und fälschlicherweise wegen Doppelmord verurteilt. (1981) Der Chef-Ingenieur José María Ryan des im Bau befindlichen AKW Lemoiz (Bizkaia) wird tot aufgefunden, nachdem er vor Tagen von ETA entführt worden war. (1983) In Bolivien wird der flüchtige Nazi Klaus Barbie entdeckt und festgenommen, und später nach Frankreich ausgeliefert wegen Kriegsverbrechen. (1986) Im Zentrum Madrids tötet ETA einen hohen Militär und seinen Fahrer. (2014) An der Küste der spanischen Enklave Ceuta auf marokkanischem Gebiet schießt die Guardia Civil auf schwimmende Flüchtlinge und tötet 15 von ihnen. (2020) Katastrophe auf der Mülldeponie bei Zaldibar.

(2021-02-05)

feb70x05TRAGÖDIE VON TARAJAL

Die sogenannte "Tarajal-Tragödie" bezieht sich auf die Ereignisse, die am (morgigen) 6. Februar 2014 zum Tod von 15 Menschen am Strand von Tarajal führten, in der spanischen Enklave Ceuta auf marokkanischem Gebiet. Sie ertranken oder wurden erschossen, als sie versuchten, über den Deich zu schwimmen, der Marokko von der autonomen Stadt Ceuta trennt, um als illegale Einwanderer nach Spanien zu gelangen. Wegen dieser Todesfälle wurde das Vorgehen der Grenzoperation der Guardia Civil kontrovers diskutiert, obwohl die spanische Regierung, damals unter dem Präsidenten Rajoy, den Einsatz der Agenten unterstützte.

Die 15 Opfer waren Teil einer Gruppe von 200 bis 300 Menschen aus der Region südlich der Sahara, die versuchten, zur spanischen Küste zu schwimmen, als ein Kommando von 56 Beamten der Guardia Civil 145 Gummigeschosse und fünf Rauchkanister auf sie abfeuerte, um den Versuch zu vereiteln und sie zur Rückkehr zu zwingen. 23 Einwanderer schafften es, den Strand von Ceuta zu erreichen, wurden aber zurückdeportiert und sofort den marokkanischen Behörden übergeben, in einer sogenannten "heißen Rückführung".

RÜCKBLICKE: (1971) In Gipuzkoa wird der vom Franco-Regime verhängte Ausnahmezustand aufgehoben. (1972) In Vitoria-Gasteiz sorgen 3.500 streikende Arbeiter für die Schließung des Michelin-Werks. (1982) Nach Übergabe von 20 Millionen Peseten Lösegeld wird der von ETA entführte deutsch-stämmige Unternehmer José Lipperheide freigelassen. (1990) In Galicien wird der Alt-Franquist Fraga Iribarne als neu gewählter Ministerpräsident vereidigt. (2002) Richter Garzon von der spanischen Audiencia Nacional erklärt die baskischen Organisationen Segi und Askatasuna für illegal.

(2021-02-04)

AUF DER FLUCHT

Pablo Hasel ist ein katalanischer Polit-Rapper, der zu einer langen Haftstrafe verurteilt wurde. Unter anderem, weil er einen König Dieb genannt hat. Ein König, der sich seit 180 Tagen auf der Flucht befindet, weil er illegale Kommissionen eingezogen und nicht versteuert hat. Ein Dieb. Pablo hat nun zehn Tage Zeit, sich zum Strafantritt im Gefängnis vorzustellen. Er hat jedoch angekündigt, dass er das nicht tun wird. Die Tage werden vergehen, dann wird ein Haftbefehl ausgestellt werden. In der Zwischenzeit wird es im ganzen Staat Solidaritäts-Demonstrationen geben, die das Recht auf Meinungsfreiheit und Freiheit für Pablo Hasel einfordern.

WAFFEN-NARREN

In der baskischen Regierung werden weiter Millionen ausgegeben für den Kauf von Waffen, Munition und Material zur Aufstandsbekämpfung. Gleichzeitig prahlt die baskische Ertzaintza-Polizei auf internationalen Sicherheits-Messen mit ihrem Arsenal.

feb70x04Eine der letzten Anschaffungen 2020 war “Munition für Feuerwaffen und Kriegsaktionen“ im Wert von 899.998 Euro. Es handelte sich um eine “Lieferung von Munition vom Kaliber 40mm mit tödlicher Wirkung“. Zu gleicher Zeit wurde eine “Bestellung von Kompakt-Pistolen vom Kaliber 9mm Parabellum“ im Wert von 584.430 Euro auf den Weg gebracht.

Im Jahr 2018 war der Stand der Ertzaintza beim Internationalen Sicherheits-Salon SICUR (Salón Internacional de Seguridad) einer der meistbesuchten. Auf einer Ausstellungstafel war die Rede von “sechs Waffen zur Grundausrüstung, einschließlich Sturmgewehren, Scharfschützen-Gewehren, normalen Gewehren und Kompaktwaffen vom Typ PDW, alle ausgerüstet mit modernen Zielelementen“.

Auf einer anderen Tafel waren ausgestellt “drei Scharfschützen-Waffen wie die Heckler & Koch PSG-1, die Heckler & Koch G36 SG und das Sako TRG 42 Gewehr". Eine dritte Tafel zeigte "ein Sturmgewehr Heckler & Koch G36 C, ein Benelli M4 Gewehr und ein MP7 A1, ebenfalls von der Marke aus dem deutschen Oberndorf".

Im Folgenden die bevorzugten Geschäftspartner der baskischen Regierung wenn es um die Anschaffung von Waffen, Munition und Material zur Aufstandsbekämpfung geht: Brugger & Thomet, Heckler & Koch Gmbh, Benelli Franchi, Llama, Paukner, Nidec, Saborit International, Eurodis System, Technik Consulting Alvade, Vimad Global Services, EDS, Ekinsa, Sportil, UEE Cartuchería, EVEC, Uniformidad y Suministros de Protección, Elementos de Verificación y Control, Sociedad para Investigaciones y Aplicaciones Industriales, Asaey, Ardesa, Santa Barbara Industrias Militares, Armería Sarasketa, Trust Eibarrés …

Von der Redaktion Baskultur.info können wir nicht bestätigen, ob die Liste vollständig ist. Attestieren können wir hingegen die uneigennützige und gründliche Recherchen-Praxis des baskischen Journalisten Ahoztar Zelaieta Zamakona, dem die vorliegende Auflistung zu verdanken ist.

RÜCKBLICKE: (1493) Von der Insel La Española aus startet Kolumbus seine Rückreise nach der ersten Amerika-Fahrt. (1789) George Washington wird zum ersten Präsidenten der USA gewählt. (1794) Im Rahmen der französischen Revolution wird die Sklaverei abgeschafft. (1945) Yalta-Konferenz mit Churchill, Roosevelt und Stalin. (1969) Yasir Arafat wird Präsident der PLO. (1984) ETA tötet in Algorta den ehemaligen ETA-Aktivisten Miguel Solaun Angulo. (1985) Die spanische Regierung unterschreibt die Anti-Folter-Konvention der UNO. (1981) Der spanische König Juan Carlos besucht zum ersten Mal nach Francos Tod das Baskenland und wird in Gernika im historischen Parlament mit Pfiffen, Tumult und der baskischen Hymne empfangen. (2004) Facebook geht ins Internet.

(2021-02-03)

KARLISTEN

RÜCKBLICKE: (1875) Während des zweiten Karlistenkrieges entgeht der spanische König Alfons XIII. knapp einer Gefangennahme durch die Karlisten.

TODESSCHWADRONE

Tagesmeldung: “17 Jahre nach seiner Entlassung aus Gesundheits-Gründen ist Galindo nun endlich krank geworden“. Nur Eingeweihte verstehen, worum es geht. Enrique Galindez war ein Guardia-Civil-General, der im Jahr 1999 zu 71 Jahren Gefängnis verurteilt wurde wegen Entführung, Folter und Mord an den baskischen Aktivisten Lasa und Zabala. Nach viereinhalb Jahren Vorzugshaft wurde er aus gesundheitlichen Gründen entlassen, nun hat er sich das Coronavirus eingefangen und befindet sich in kritischem Zustand. Nicht wenige werden sich wünschen, dass dies so bleibt. Ein Blick zurück.

feb70x03Galindez war Kommandeur der Intxaurrondo-Kaserne in Donostia, ein berüchtigter Folterkeller. In den 1980er Jahren war er beteiligt an der Gründung der Terrorgruppen GAL, die im französischen Baskenland baskische Aktivisten verfolgte und ermordete.

Die Entführung und Ermordung von Joxean Lasa und Joxi Zabala 1983 in Baiona gilt als die erste Aktion der GAL-Todesschwadrone. Am 15. Oktober wurden die beiden von einem GAL-Kommando entführt, über die Grenze verschleppt, in der Intxaurrondo-Kaserne festgehalten und auf Befehl des GC-Hauptmanns Galindo gefoltert.

Da sie sich nach den schweren Misshandlungen in einem jämmerlichen Zustand befanden befahl Galindo (mit Wissen des spanischen Zivilgouverneurs und anderer GC-Befehlshaber) sie zu ermorden und ihre Leichen verschwinden zu lassen. Lasa und Zabala wurden nach Alicante gebracht und mit Kopfschüssen getötet. Die Leichen wurden in einer Grube mit gelöschtem Kalk bedeckt, um sie unkenntlich zu machen. Nur durch einen Zufall wurden sie entdeckt und erst 10 Jahre später identifiziert.

Die GAL-Verantwortlichen wurden identifiziert und (mit Ausnahme des Präsidenten Felipe Gonzalez) vor Gericht gestellt. Zeitweise saßen Polizisten, Staatssekretäre und ein Innenminister im Gefängnis. Während des Verfahrens wurde Galindez vom Hauptmann zum General befördert. Für seine Verdienste. Das Eingangs-Zitat ist selbstverständlich zynisch gemeint.

(2021-02-02)

JESUS MARIA HUGO

RÜCKBLICKE: (1980) In Eibar wird die Leiche von Jesus Maria Zubikarai gefunden, Aktivist bei Euskadiko Ezkerra. Die Partei war Teil von ETA, hat aber den bewaffneten Kampf beendet. Der Mord wird der ultrarechten Gruppe Batallón Vasco Español zugeschrieben. (1999) Hugo Chavez wird Präsident von Venezuela.

WENN FRAUEN LÜGEN

feb70x02Nie habe ich begriffen, wie Schwule oder Lesben die Unterdrückten dieser Erde angreifen oder verleumden können. Bei den Nazis standen die Schwulen auf der Liste zum Transport in die KZs. Wenn Schwule sich heute bei Rechten organisieren, kommt das einem mentalen Kurzschluss gleich. Einer dieser Kurzgeschlossenen ist Javier Maroto. Immerhin Ex-Bürgermeister der baskischen Hauptstadt Gasteiz. Für die postfranquistische “Volkspartei“ PP. Jetzt ist er Vize-General-Sekretär jener Partei.

In einem Interview sagte er: “Das Hauptproblem beim Gesetz gegen Geschlechter-Gewalt sind die falschen Anzeigen von Frauen. Egal ob es viele sind oder wenige, das muss bekämpft werden.“ Mit diesen Aussagen nimmt Maroto die Haltung der neu-faschistischen Vox-Partei auf (mit der seine Partei hier und da koaliert). Vox verweigert den Begriff “Geschlechter-Gewalt“ und spricht ambivalent von “innerfamiliärer Gewalt“. Mit seinen Aussagen geht Maroto auf Kollision mit der (sicherlich ebenfalls patriarchalen) Staatsanwaltschaft, die den Anteil von Falschaussagen von Frauen zu sexistischer Gewalt auf 0,01% ansetzt. Eine von zehntausend.

Maroto interessiert das nicht, vielmehr setzt er nach: “Viele Leute kennen Fälle von Frauen, die das Gesetz missbrauchen, um von ihren Partnern oder Ex-Partnern Geld abzuziehen.“ Nur an einer Stelle weicht er von Vox ab: er will das Gesetz nicht kippen, sondern nur den Missbrauch (des Gesetzes gegen den Missbrauch) stoppen. Dennoch hat Vox sich in Andalusien im Koalition-Vertrag mit der PP und Ciudadanos durchgesetzt. Dort ist anstatt von “sexistischer Gewalt“ von “innerfamiliärer Gewalt“ die Rede. Um den Widerspruch zu erklären, baut sich Maroto eine Brücke: “Macho-Gewalt ist ein Fakt, und innerfamiliäre Gewalt wird ausgeübt gegen Kinder und Alte“. Wozu dann also DIE Frauen DER Lüge bezichtigen?

(2021-02-01)

YG – FASCHISTEN-MORD

Rückblicke: (1980) Yolanda Gonzalez, linke baskische Studentin wird in Madrid von Rechtsradikalen entführt und ermordet. (2005) Der spanische Parlament lehnt mit großer Mehrheit den baskischen Vorschlag zur Reform des Autonomie-Statuts ab, den sogenannten Plan Ibarretxe.

YG – POLIZEISKANDAL

Am 1.Februar 1980 wurde die Baskische Studentin Yolanda González Martín in Madrid von Ultrarechten entführt und ermordet. Ein Jahr zuvor war sie nach Madrid gegangen, um Elektronik zu studieren, schnell war sie politisch aktiv. Die Täter von der ultrarechten Gruppierung “Fuerza Nueva” (Neue Kraft) wurden von Neofaschisten unterstützt, eine koordinierte Aktion, an der auch ein Beamter der Policia Nacional beteiligt war. Das Bekennerschreiben kam im Namen des Batallón Vasco Español (BVA), eine Faschisten-Gruppe, die seit ihrem Erscheinen im Mai 1978 zwölf tödliche Attentate begangen hatte.

feb70x01Die Mörder wurden eine Woche später gefasst und versuchten, den Mord als Racheaktion für ein ETA-Attentat im Baskenland darzustellen. Yolanda Gonzalez solle daran beteiligt gewesen sein. Doch war Yolandas Partei PST nicht Teil der baskischen Linken und lehnte bewaffneten Aktionen ausdrücklich ab. Bei der Verhaftung wurden außerdem 50 Kilogramm Goma-2, Handgranaten, Bombenlunten und Sprengsätze gefunden, direkt aus Beständen der Guardia Civil.

Täter und Helfer wurden 1982 verurteilt, zu teilweise langen Haftstrafen. Doch war der Fall damit nicht erledigt. Einen genehmigten Ausgang nutzte der Haupttäter zur Flucht, dabei nahm er Frau und Kinder gleich mit. Aufnahme fanden sie beim Militär-Regime von Alfred Strössner in Paraguay. 1990 erfolgte seine Identifizierung und Auslieferung. Und weitere 7 Jahre Haft mit Vorzugsregelungen.

Noch immer war die Geschichte zu Ende. Nach der Haftentlassung verlor sich des Mörders Spur, bis im Jahr 2013 bekannt wurde, dass er in der Zwischenzeit unter verschiedenen spanischen Regierungen für staatliche Sicherheitskräfte gearbeitet hatte, als Berater in Fragen von Spionage und Rasterfahndung. Es folgten Polizei-Lügen und Vertuschungs-Versuche. Mord mit staatlicher Beteiligung wird äußerst rücksichtsvoll behandelt.

2013 wurde der Dokumentarfilm “Yolanda en el país de los estudiantes” (Yolanda im Lande der Studierenden) vorgestellt, 2015 beschloss der Stadtrat von Madrid, einen Platz Yolandas Namen zu geben. 2016 zog Yolandas Heimatstadt Bilbao nach. Nachtrag: Vor Kurzem wurde bekannt, dass der Mörder Yolandas in einem spanischen Korruptions-Verfahren als Gutachter fungieren soll. Spanische Schamlosigkeit kennt keine Grenzen.

ABBILDUNGEN:

(0) Collage FAT

(1) Yolanda Gonzalez

(2) Schwule im KZ

(3) Guardia Civil

(4) Waffengeschäfte

(5) Guardia Civil

(6) Zaldibar

(7) Baskisch sprechen

(8) Militärs

(9) Pablo Hasel

(10) Montejurra

(11) Elefantenjagd

(12) Drogenprobleme

(13) Folter

(14) Folter-General

(16) Tourismus-Flop

(17) Franco-Stiftung

(18) Egunkaria

(19) Mindesteinkommen

(20) Egunkaria

(21) Pablo Hasel

(22) Pablo Hasel

(23) Mikel Zabalza

(24) Polizeimord Bilbao

(25) Frauen-Kampftag

(26) Vermisste Opfer von 1936

(27) Faschisten wählen Faschisten

(28) Regierungskrise

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2021-02-01)

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