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Kampagne „Prozess gegen Martín Villa“

Am 31. Januar 2019 haben verschiedene antifaschistische Kollektive den Beginn einer Kampagne bekannt gegeben. Deren Ziel ist es, den altfranquistischen Politiker Rodolfo Martín Villa wegen seiner Funktionen im Franquismus und danach vor Gericht zu stellen und der Straffreiheit des Regimes ein Ende zu bereiten. Bei den Gruppen handelt es sich um Ahaztuak, Egiari Zor, Goldatu, Sanfermines 78 Gogoan und Martxoak-3. Sie alle sind seit Jahren mit der Aufarbeitung franquistischer Verbrechen beschäftigt.

Antifaschistische Kollektive, die seit Jahrzehnten den Franquismus und seine Repression aufarbeiten, haben Klage eingereicht gegen einen der letzten Vertreter des alten Regimes: den Franquisten Rodolfo Martín Villa, der es bis zum Innenminister brachte und auch nach Francos Tod für viele Tote verantwortlich zeichnete.

Diese Verbrechen während des Franquismus – zum Teil auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet – wurden im häufig als modellhaft gepriesenen „demokratischen Übergang“ des spanischen Staates „von einer Diktatur zu einer parlamentarischen Monarchie“ nie verfolgt. Grund dafür war, dass die Franquisten bei ihrem Abgang – oder besser Übergang – nicht nur eine Amnestie für die Tausende von politischen Gefangenen beschlossen. Gleichzeitig und von vielen nicht wirklich zur Kenntnis genommen beschlossen sie auch eine Amnestie für alle Verbrechen aus der Zeit des Krieges von 1936 bis 1939 und der folgenden blutigen Diktatur, die stellenweise den Charakter eines Völkermords angenommen hatte. Nicht ein einziges dieser Verbrechen konnte somit jemals gerichtlich untersucht oder verfolgt werden. Entsprechende Klageversuche wurden jeweils mit dem Verweis auf das Amnestie-Gesetz von 1977 oder eine Verjährung abgelehnt.

MV02Dass eine solche Amnestie nach internationalen Kriterien nicht rechtmäßig ist definiert die Menschenrechts-Erklärung der Vereinten Nationen, die auch vom spanischen Staat ratifiziert wurde. Dort in klar nachzulesen, dass „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ weder verjähren noch amnestiert werden können – dazu gehören unter anderem Folter und zwangsweises Verschwindenlassen von Personen, zwei Praktiken, die im Franquismus und teilweise noch lange danach zum Alltag der Polizei- und Repressionskräfte gehörten. In spanischer Erde liegen bis heute noch zwischen 110.000 und 140.000 Leichen, in teilweise bekannten, teilweise anonymen Massengräbern.

Martín Villa ist einer der letzten noch lebenden Politiker, der im Franquismus an höchster Stelle Politik mitbestimmte und exekutierte. Insofern richtet sich die Kampagne gegen ihn und seine Beteiligung an einer Unzahl von staatlichen Gewaltverbrechen. Martín Villa war Mitglied der Falange und bekleidete eine lange Reihe von Funktionen, bis hin zum Innenministerium in den letzten Jahren des Franquismus.

Um ihrer Kampagne den notwendigen Nachdruck zu verleihen, organisierten die antifaschistischen Kollektive gleich vier Pressekonferenzen, bei denen die Initiative der Presse und der Öffentlichkeit vorgestellt wurde: in Barcelona, Madrid, in der navarrischen Metropole Iruñea-Pamplona und in der baskischen Hauptstadt Vitoria-Gasteiz.

Bei der Ankündigung in Iruñea machten die anwesenden Vertreter Presen Zubillaga (SF78 Gogoan), Iñaki Martin (Martxoak 3), Xabier Armendariz (Goldatu) und Carlos Otxoa (Ahaztuak) deutlich, dass mit der Kampagne nicht zuletzt das „falsche Bild eines modellhaften und friedlichen Übergangs“ korrigiert werden soll, für das „schlaue Männer wie der König, Adolfe Suarez, Felipe González oder Manuel Fraga“ gesorgt hatten. (1) Sie erinnerten daran, dass in der Zeit von Martín Villa als Minister für Gewerkschafts-Angelegenheiten und als Innenminister zwischen 1975 und 1979 „von staatlichen Ordnungskräften und rechtsradikalen Gruppen mehr als 90 Morde begangen wurden“.

MV03Presen Zubillaga erklärte, die Kampagne wolle „in alle Ecken des spanischen Staates gelangen“. Ihre Grundlage seien ein Manifest und gemeinsame Materialien wie Videos, Biografien und eine Webseite. In die Kampagne eingebunden seien verschiedene gesellschaftliche, institutionelle und juristische Initiativen. Darunter auch die Klage, die Sanfermines 78 Gogoan (2) vor einem Gericht in Iruñea gegen Martín Villa eingereicht hat. Insgesamt sind es mehr als 30 Gruppen aus Galicien, Asturien, Andalusien und Valencia, zusammen mit zahlreichen Familien von Personen, die in der betreffenden Zeit ermordet wurden.

Carlos Otxoa von Ahaztuak Navarra (3) unterstrich, dass während des Mandats von Martín Villa „eine repressive und brutale Politik praktiziert wurde“, in deren Folge es zu so schwerwiegenden Verbrechen kam wie am 3. März 1976 in Gasteiz (4), während der Pro-Amnestie-Woche 1977 (5), bei den Sanfermines 1978, der Anwaltsmord in Madrid Atocha 1977 (6), oder die Morde von Scala-Barcelona (7) und Montejurra (8). Die Liste ist länger als die eben genannten Episoden von Mord und Gewalt. Otxoa erinnerte darán, dass Martín Villa auch vor argentinischen Gerichten angeklagt sei wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Das sei zwar wichtig, aber nicht ausreichend. „Seine Verantwortung für diese Verbrechen muss vielmehr vor spanischen Gerichten behandelt werden, denn hier wurden die Verbrechen begangen“. (1)

Im Baskenland selbst werde die Kampagne mittels verschiedener Initiativen an die Öffentlichkeit treten. Einerseits werden in verschiedenen Institutionen und Parlamenten Resolutionen vorgestellt und abgestimmt; andererseits wird es an den Jahrestagen der Ereignisse öffentliche Veranstaltungen geben: am 3. März in Gasteiz, am 7. Juli in Pamplona, und zum Zeitpunkt der Pro-Amnestie-Woche. Die Initiator*innen riefen interessierte Kollektive, Familien und Angehörige von Opfern dazu auf, sich der Kampagne anzuschließen, sie sei für alle offen. (1)

Rodolfo Martín Villa

MV04Der 1934 in der Nordprovinz León geborene Rodolfo Martín Villa ist ein spanischer Politiker, der vor und während des sogenannten Übergangs nach dem Franquismus (Transición española) aufgrund seiner Funktionen in verschiedenen Regierungen (Franco, Navarro, Suarez, Sotelo) eine wesentliche Rolle spielte. Seine politische Karriere begann während der franquistischen Diktatur, als Chef der Universitäts-Gewerkschaft, der Gewerkschafts-Organisation des Regimes, sowie als Zivilgouverneur von Barcelona. Daneben war er Bevollmächtigter im franquistischen Cortes-Parlament. Im Laufe der Zeit übernahm er verschiedene Funktionen im Zusammenhang mit den vom Franquismus propagierten vertikalen Gewerkschaften. (9)

Nach Francos Tod wurde er im Dezember 1975 in die Übergangs-Regierung berufen als Minister für Gewerkschafts-Angelegenheiten unter dem Interims-Präsidenten Carlos Arias Navarro. Die Zeit war geprägt von vielen Streiks von Arbeiter*innen und Studierenden, die für eine gesellschaftliche Umwälzung kämpften. Die wirtschaftliche Lage war schlecht. In dieser Minister-Funktion war er verwickelt in die Ereignisse vom 3. März 1976 in Vitoria-Gasteiz (Baskenland), als die Nationalpolizei in eine Versammlung streikender Arbeiter schoss, fünf Personen tötete und Hunderte verletzte. Als er zusammen mit dem Altfranquisten Fraga Iribarne die Verletzten der Attacke besuchte, wurde er von einem Familienangehörigen gefragt, ob er gekommen sei, um den Betroffenen den Gnadenschuss zu geben.

Im Juli 1976 wurde Martín Villa zum Regierungs-Minister, später zum Innenminister umbenannt, in der ersten Regierung Suarez, dessen Partei UCD (Unión de Centro Democrático) er beitrat. Im Kontext der Transition (10) sollte er die Organisation der ehemaligen Sicherheitskräfte des franquistischen Regimes der neuen post-franquistischen Situation anpassen. Über eine Namensänderung der Polizeikörper kam diese Umstrukturierung allerdings nicht hinaus, die alten Polizeikader blieben in ihren Funktionen. Die brutale Repression, mit denen Martín Villa seine Truppen gegen demonstrierende Arbeiter*innen und Student*innen vorgehen ließ, verschafften ihm den Beinamen „Schlagstock des Übergangs“. (9)

In jener Zeit waren verschiedene bewaffnete Gruppen von linker und rechter Orientierung aktiv, die vom Innenministerium sehr unterschiedlich bekämpft wurden. Einige seiner Polizeikräfte waren direkt in die neofaschistischen Gruppen und Terrorschwadrone integriert, die gegen linke und revolutionäre Gruppen vorgingen. Die Polizei war verantwortlich für einen tödlichen Brand im Scala-Festsaal von Barcelona (Januar 1978), der der anarcho-syndikalistischen CNT in die Schuhe geschoben werden sollte. Polizisten waren auch am versuchten Attentat auf den kanarischen Unabhängigkeits-Kämpfer Antonio Cubillo beteiligt. Zu seinen Leuten gehörte der „Superkommissar“ Roberto Conesa, der für seine brutalen Foltermethoden berüchtigt war. (9)

MV05In die Zeit als Innenminister fällt die Vernichtung der Partei-Archive der franquistisch-falangistischen Organisationen FET (Falange Española Tradicionalista) und JONS (Juntas de Ofensiva Nacional-Sindicalista). Dabei ging es um belastendes Material, das aus dem Weg geräumt wurde. Verschiedene Historiker machen Martín Villa für diese Beweisbeseitigung verantwortlich. Die Attentate von ETA nahmen während seiner Dienstzeit deutlich zu. Als umstrittener Politiker trat er im April 1979 zurück.

Dennoch kehrte er 1980 in die Regierung zurück als Minister für Territorial-Verwaltung, nun unter Leopoldo Calvo-Sotelo. Nach der Wahlniederlage der UCD wechselte er zur PP (Partido Popular). In der Folge übernahm er hohe Posten bei teil-staatlichen Unternehmen wie dem Energie-Konzern Endesa. 2003 wurde er von Aznar zum Verwalter der Folgen des Tankerunglücks Prestige vor der galicischen Küste ernannt. Von 2004 bis 2010 war er Präsident des privaten Medienkonzerns Sogecable. Noch 2012 erhielt er einen Posten im Bankbereich, als verschiedene Bankpleiten eine Neustrukturierung nahelegten. 2013 wurde er Mitglied der Königlichen Akademie für moralische und politische Wissenschaften und referierte über „Die spanische Transition. Änderung in der Gesellschaft, politische Reform und Versöhnung der Spanier“ – ein wahrer Zynismus der spanischen Geschichte, als würde Hitler die Nürnberger Prozesse kommentieren. (9)

Internationaler Haftbefehl

Einen internationalen Haftbefehl gegen Martín Villa erließ 2014 die argentinische Richterin Maria Servini. Vorausgegangen war eine Klage wegen „Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, begangen in der Zeit zwischen dem 17. Juli 1936 und dem 15. Juni 1977“. Konkret ging es um die Todesschüsse vom März 1976 in Gasteiz. Weil die Menschenrechte und Verstöße gegen sie internationales Recht darstellen, sind sie überall einklagbar, egal wo die Taten begangen wurden.

MV06Die Klage begann mit einem Opfer des Franquismus, der sowohl die argentinische wie die spanische Staatsbürgerschaft hatte. Im Laufe der Jahre schlossen sich dieser Klage viele weitere Einzelpersonen, vor allem Folteropfer an, aber auch eine Vielzahl von Institutionen wie Stadt-, Provinz- und Regionalparlamente, insbesondere im Baskenland. Neben Martín Villa wurden neunzehn weitere Ex-Franquisten per Haftbefehl gesucht. Sie sollten ausgeliefert und verhört werden. Die spanische Regierung (PP) weigerte sich, der Auslieferung nachzukommen und boykottierte die Richterin auch bei ihren beiden Besuchen im spanischen Staat. (9)

Kein Vergessen

In einem offenen Brief an die baskische Tageszeitung GARA erläutern fünf Frauen aus dem Kreis der Memoria-Kollektive, die die Kampagne „Ein Prozess gegen Martín Villa“ ins Leben gerufen haben, ihre Beweggründe. (11)

„In den 1970er Jahren, in denen Martín Villa die höchsten Positionen in der franquistischen Hierarchie erreichte, war Repression eine generelle Formel, um die sozialen und politischen Bewegungen zu unterdrücken, die sich überall entwickelten. Vor allem gegen die Organisierung von Arbeiter*innen, von Nationalist*innen und Volksbewegungen. Aber auch gegen die neuen Bewegungen von Feministinnen, Ökolog*innen, Schwulen und Lesben, die auf den Plan traten und ihre ersten Schritte taten.“ (11)

„All diese Bewegungen vertraten neben ihren ureigenen Themen die gemeinsame Forderung nach Amnestie für die politischen Gefangenen und einem demokratischen Bruch mit dem Regime, im politischen und gesellschaftlichen Sinn. Diese Forderungen gingen weit über den Rahmen von formal-demokratischen Freiheiten hinaus. Sie richteten sich auf einen grundsätzliche Änderung der Gesellschaft, in welcher der Autoritarismus alles vergiftete: das politische, gesellschaftliche und persönliche Leben.“ (11)

„Das offizielle Bild, das anschließend über den Protagonismus jener starken Basis-Bewegungen gezeichnet wurde, war dennoch ein ganz anderes. Die Forderungen nach einem radikalen Einschnitt und nach Verantwortung für die franquistischen Verbrechen und die 40 Jahre Plünderung, Reaktion und Gewalt des Regimes wurden völlig verzerrt dargestellt. Die offizielle Geschichtsschreibung erzählte ausschließlich von einem modellhaften und friedlichen Übergang, von Verhandlungen, Vereinbarungen, Konsens und Demokratie.“ (11)

„Doch war die Transition alles andere als friedlich. Um die oppositionellen Kräfte zum Verzicht ihrer Forderungen und zur Akzeptanz der Reformen von Suarez zu zwingen, benutzte der noch im Amt befindliche Franquismus seinen kompletten Repressions-Apparat und verletzte alle denkbaren Menschenrechte. Das Amnestie-Gesetz von 1977 sicherte den Franquisten Straffreiheit und stärkte all jenen den Rücken, die für die lange dunkle Nacht des Franquismus verantwortlich waren.“ (11)

MV07„Martín Villa war einer der Protagonisten dieses historischen Vorgangs. Er kam aus den Tiefen des franquistischen Apparates, wo er Chef verschiedener franquistischer Institutionen gewesen war (siehe auch Biografie am Ende). Diese zweifelhafte Karriere setzte er nach Francos Tod in der Zeit der Transition fort. Ein einmaliges Curriculum. Danach folgte die Belohnung mit Posten in staatlichen und privatwirtschaftlichen Unternehmen.“ (11)

Repression gegen Frauen

Die Autorinnen des Textes heben in ihrem Schreiben die Rolle von Frauen in den damaligen sozialen Kämpfen hervor. Diese Beteiligung wurde und wird in der Geschichtsschreibung systematisch ignoriert. „Die Rolle von Frauen wurde doppelt verschwiegen. Zum einen, indem die offizielle Geschichte nur von großen Männern und Vätern der Verfassung spricht. Zum zweiten, weil auch die Linke nicht in der Lage war, die Beteiligung von Frauen ausreichend zu würdigen. Der Kampf gegen die Diktatur wurde auf diese Art künstlich maskulinisiert.“ – „Wegen ihrer Kämpfe wurden Frauen mit Bußgeldern belegt, unterdrückt, verhaftet, gefoltert und ermordet. Entlassungen und schwarze Listen waren ihre ständigen Begleiter. Und immer gab es bei der Repression ein Plus, weil sie Frauen waren. Keine Verhaftung, bei der es nicht auch zu sexistischen Belästigungen kam, zu Grabschereien und Vergewaltigungen.“ (11)

Aus diesen Gründen wollen die an der Kampagne beteiligten Frauen mit der Klage-Initiative gegen Martín Villa auch die Rolle von Frauen im Kampf gegen die Diktatur und für Freiheit und soziale Gerechtigkeit hervorheben. „Frauen wie Itziar Aizpurua, Arantza Arruti und Jone Dorronsoro, die im Burgos-Prozess zum Tode verurteilt wurden; die streikenden Frauen von Artiach, Areitio, Hifransa und vielen anderen Fabriken stellten bei den Arbeitskämpfen eine Avangarde dar; Amparo Arangoa, Elixabete Nosellas, Gloria Bosque und Hunderte andere erlitten Folter wegen ihres politischen, sozialen oder gewerkschaftlichen Engagements; Gladys del Estal, Yolanda Gonzalez, Normi Mentxaka, Blanca Salegi und andere wurden in jenen Jahren vom Franquismus ermordet. Aus Solidarität mit ihnen fordern wir heute einen Prozess gegen Martín Villa.“ (11)

MV08Politische Laufbahn Martín Villa

Rodolfo Martín Villa hat eine eindrucksvolle politische Laufbahn von mehr als 50 Jahren hinter sich. Der Großteil davon war eng verbunden mit dem spanischen Faschismus. Darunter Funktionen von größter politischer Verantwortung, entscheidend für die Repression der jeweiligen Opposition, zuerst der anti-franquistischen, später jener in der Transition. Martín Villa ist ein Beispiel dafür, wie die Franquisten ihren „Übergang zur Demokratie“ schafften, ohne auf ihre Macht, Privilegien und ihre Geschichte zu verzichten. Und ohne jemals für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen zu werden. (9)

• Nationaler Chef der Spanischen Universitäts-Gewerkschaft (Sindicato Español Universitario, SEU) vom 23.2.1962 bis 10.9.1964
• Minister für Gewerkschafts-Angelegenheiten (Relaciones Sindicales) vom 12.12.1975 bis 5.7.1976
• Innenminister vom 5.7.1976 bis 5.4.1979
• Minister für Territoriale Verwaltung (Administración Territorial) vom 9.9.1980 bis 1.12.1981
• Vizepräsident der Regierung vom 2.9.1981 bis 30.7.1982
• Bevollmächtigter im franquistischen Cortes-Parlament 1964 bis 1977
• Senator im Cortes-Parlament aufgrund königlicher Ernennung 1977 bis 1979
• Abgeordneter im Cortes-Parlament für León und Madrid 1979 bis 1983; 1989 bis 1997 für die PP
• 1997 bis 2002 Präsident des halbstaatlichen Energie-Konzerns Endesa
• 9. Januar 2003 Beauftragter der Regierung Aznar für die Verwaltung der Folgen der Tankerunglücks Prestige vor der galicischen Küste
• Der Medienzar Polanco ernennt Martín Villa zum Präsidenten seines Medienkonzerns Sogecable (bis 2010)
• 2012 Posten bei einer Bank während der Neustrukturierung des Bankwesens im Auftrag der PP
• 2013 Mitglied bei der Königlichen Akademie für moralische und politische Wissenschaften, Referat über „Die spanische Transition. Änderung in der Gesellschaft, politische Reform und Versöhnung der Spanier“

(Publikation baskultur.info 2019-02-07)

 

ANMERKUNGEN:

(1) „Colectivos memorialistas anuncian el inicio de la campaña Juicio a Martín Villa” (Memoria-Kollektive kündigen Beginn der Kampagne Prozess gegen Martín Villa an) Tageszeitung Gara: 2019-01-31 (Link)

(2) Sanfermines 78 Gogoan (deutsch: SF78-Erinnerung): Am 7. Juli 1978 ging die Nationalpolizei bei den Sanfermines Fiestas von Iruñea-Pamplona massiv gegen Demonstrant*innen vor, durch einen Pistolenschuss in die Stirn wurde Germán Rodriguez in der Stierkampfarena getötet. Juristisch wurde der Fall nie aufgearbeitet. Genau das fordert SF78-Gogoan.

(3) Ahaztuak (deutsch: die Vergessenen) ist eine Aufarbeitungs-Gruppe, die im ganzen Baskenland aktiv ist, die Sektion Navarra nur dort.

(4) Am 3. März 1976 schoss die Nationalpolizei auf Befehl des spanischen Innenministeriums in Vitoria-Gasteiz in eine Versammlung streikender Arbeiter*innen, fünf Personen wurden getötet, Hunderte verletzt. Juristisch hatte der Polizeimord kein Nachspiel, dagegen kämpft seither das Kollektiv Martxoak-3.

(5) Die Pro-Amnestie-Woche war eine Volksmobilisierung in den vier baskischen Südprovinzen vom 8. bis 15. Mai 1977, bei der es um die Amnestie für alle politischen Gefangenen ging und die von der spanischen Polizei blutig unterdrückt wurde, es kam zu sieben Toten und vielen Verletzten.

(6) Ein Kommando aus Polizisten und rechten Söldnern erschoss am 30. Oktober 1977 in einem Anwaltsbüro in Madrid-Atocha vier Personen, die der CCOO-Gewerkschaft nahestanden.

(7) Im Scala-Festsaal von Barcelona wurde am 15. Januar 1978 ein Brand verursacht, bei dem vier Anarchisten starben. Dennoch wurde versucht, die Molotow-Cocktails, die das Unglück ausgelöst hatten, der anarcho-syndikalistischen CNT in die Schuhe zu schieben. Später stellte sich heraus, dass im Eingang des Saals leicht brennbare Gegenstände gelagert worden waren. Als Verantwortlicher wurde schließlich ein Polizeispitzel enttarnt, der in die Gewerkschaft eingeschleust worden war.

(8) Am 9. Mai 1976 wanderten 10.000 linke Karlisten zu ihrem Symbolberg, dem Montejurra in Navarra. Dort wurden sie von rechten Karlisten empfangen, die (bei gleichzeitiger polizeilicher Passivität) zwei Morde begingen. Drei Personen wurden angeklagt, Urteile gab es nie, weil auf die Angeklagten die Amnestie von 1977 angewandt wurde.

(9) Wikipedia Rodolfo Martín Villa (Link)

(10) Transition (span: Transición) wird die Zeit genannt zwischen dem Tod Francos (20. November 1975) und dem Amtsantritt der Regierung der wieder legalisierten sozialdemokratischen PSOE, nach den Wahlen vom 28.10.1982. In den Jahren der Transition wurden 1977 die ersten demokratischen Wahlen seit 1936 ausgeführt, eine neue Verfassung trat in Kraft am 29. Dezember 1978, Gewerkschaften und Parteien wurden legalisiert, gleichzeitig kam es zum Versuch eines Militärputsches am 23. Februar 1981. Die Transition wird auch „demokratischer Übergang“ genannt, sie war immer konditioniert von der Drohung der Kräfte des Regimes, keine Reformen zulassen zu wollen und die Diktatur wiederherzustellen. In der Zeit der Transition kam es zu 400 bis 700 Toten, verantwortlich waren erstens ETA und die GRAPO, zweitens ultrarechte Mordkommandos mit Polizei- und Militärbeteiligung, drittens staatliche Sicherheitskräfte, die die linke Volks- und Amnestie-Bewegung niederhalten sollten.

(11) Artikel „Juicio a Martin Villa: no olvidamos” (Prozess gegen Martin Villa: wir vergessen nicht“, Tageszeitung Gara, 2019-02-01. Offener Brief unterzeichnet von: Ainara Esteran, Amaia Kowach Velasco, Nerea Martínez Aranburuzabala, María Santos Santa Quiteria Lerga und Begoña Vesga, im Namen der Organisationen Egiari Zor, Sanfermines-78-gogoan, Martxoak-3, Ahaztuak und Goldatu.

ABBILDUNGEN:

(1) Martin Villa (elsalto)

(2) Francos Tod (unprofesor)

(3) Gasteiz 3M (elmundo)

(4) Atocha Monument (mundoobrero)

(5) PCE legalisiert (luchadeclases)

(6) Sanfermines 1978 (elsalto)

(7) Montejurra (publico)

(8) Martin Villa (publico)

 

 

 

 

 

 

 

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