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Otl Aicher im Museum der Schönen Künste

Das Museum der Schönen Künste in Bilbao präsentiert zum ersten Mal eine monografische Ausstellung zum Thema Design. Gewidmet ist diese Retrospektive dem deutschen Grafik-Designer Otto “Otl“ Aicher. Auf ihn geht das Logo der Metro Bilbao zurück, deren Eröffnung sich im November 2020 zum 25. Mal jährte. Aicher gilt als einer der prägendsten deutschen Gestalter bzw. Grafik-Designer des 20. Jahrhunderts. Verheiratet war Aicher mit der Schwester der von den Nazis ermordeten Hans und Sophie Scholl.

Als der englische Architekt und Pritzker-Preisträger Norman Foster den Zuschlag bekam, das Design für die Untergrundbahn Metro Bilbao zu schaffen, holte er den deutschen Grafiker Otl Aicher in sein Team. Zu dessen Aufgabe gehörte das Logo für das neue interurbane Transportmittel im Baskenland.

Zu sehen sind über zweihundert Werke und Objekte aus dem Archiv der von Aicher gegründeten Hochschule für Gestaltung in Ulm. Erwähnenswert sind achtzig unveröffentlichte Zeichnungen seines Projekts für die Metro Bilbao sowie ein Dutzend Zeichnungen und Fotografien aus dem Archiv der Norman Foster Foundation, die aus den Begegnungen zwischen Foster und Aicher hervorgegangen sind. (1) (2)

Zum ersten Mal präsentiert das Bilboko Arte Ederren Museoa (span: Museo de Bellas Artes de Bilbao, Museum der Schönen Künste) eine monografische Ausstellung zum Thema Design. Diese Otl Aicher gewidmete Werkschau fällt zusammen mit dem 25. Jahrestag der Eröffnugng der Metro Bilbao am 11. November 1995. Metro Bilbao ist eines der wichtigsten Projekte in Otl Aichers Karriere, mit der Ausstellung soll seine Arbeit als Beispiel für ein Design hervorgehoben werden, das in der Lage ist, eine Stadt und die Wahrnehmung ihrer Bewohner*innen zu verändern.

Die Ausstellung Otl Aicher darf als Meilenstein im Grafikdesign verstanden werden. Sie umfasst auch andere berühmte Arbeiten Aichers, wie für die Olympischen Spiele von München 1972, für die Unternehmen Bulthaup und Braun oder für die Stadt Isny im Allgäu. Daneben sind bislang unveröffentlichte Materialien aus seinen Architektur-Projekten für Rotis zu sehen, einem ehemaligen landwirtschaftlichen Komplex, den Aicher zu seinem Wohn- und Arbeitsort machte. Ausführungen zu seinen Projekten finden sich weiter unten in diesem Artikel.

OAM02Otl Aicher (1922-1991)

Otto “Otl“Aicher wurde 1922 in Ulm an der Donau geboren. In seiner Jugend stand er dem Widerstand gegen das NS-Regime nahe. Über seinen Schulfreund Werner Scholl kam er ab Herbst 1939 in engeren Kontakt mit den Geschwistern Scholl. Da Aicher sich weigerte, der Hitlerjugend beizutreten, wurde er 1937 inhaftiert und durfte 1941 nicht an der Prüfung zum Abitur teilnehmen. Er wurde in die Wehrmacht einberufen, konnte dem Kriegsdienst jedoch aufgrund einer selbst beigebrachten Verletzung eine Zeit lang entkommen. Im Jahr 1945 desertierte er und fand Unterschlupf bei den Scholls. 1946 heiratete er die älteste Schwester der beiden Hingerichteten, Inge Scholl.

Aicher gehört zu den wichtigsten europäischen Designern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Gemeinsam mit seiner Frau Inge Scholl und dem Schweizer Künstler und Architekten Max Bill gründete er 1953 die Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm, die er von 1956 bis 1958 gemeinsam mit Tomás Maldonado und Hans Gugelot und von 1962 bis 1964 allein leitete. Sowohl die HfG Ulm als auch die Ulmer Volkshochschule, ebenfalls 1946 vom Ehepaar Aicher-Scholl gegründet, sind als kulturelle Wiedergutmachung des Schadens zu verstehen, den das nationalsozialistische Regime der deutschen und europäischen Bevölkerung zugefügt hat. In Ulm war der erste Oberbürgermeister nach dem Krieg von 1945 bis 1949 Robert Scholl, der Vater der Geschwister Scholl, der 1952 Aichers Schwiegervater wurde.

“Otl Aicher. Metro Bilbao. Architektur und Landschaft“

Die aktuelle Ausstellung (5.11.2020 bis 28.2.2021) zeigt zum ersten Mal einen wichtigen Teil der bisher unveröffentlichten Zeichnungen, die Otl Aicher im Prozess der Gestaltung des Metro-Logos angefertigt hat. Sowohl die von Norman Foster entworfene Infrastruktur als auch die von Aicher entworfene Corporate Identity sind ein Musterbeispiel für das Zusammenwirken zwischen Design, Stadtplanung und Architektur. Aicher begreift Design als Mittel zur wirtschaftlichen und kulturellen Transformation der Gesellschaft. Neben der Entstehungs-Geschichte der Metro Bilbao werden weitere Projekte vorgestellt, in denen Architektur und Landschaft im Mittelpunkt von Aichers Arbeit stehen. Das 25-jährige Bestehen der Metro Bilbao ist der historische Anlass zu dieser Ausstellung, die den deutschen Designer und seinen Beitrag zur Umgestaltung der baskischen Stadt würdigt.

Das von Aicher entworfene Logo der Metro besteht aus drei ineinandergreifenden Kreisen in leuchtend orange-roter Farbe. Das Symbol prangt auf allen Zügen und weist über den gesamten Streckenverlauf (auf hohen Metallstangen angebracht) auf alle naheliegenden Eingänge hin. Es liegt nahe, diese Kreise als Räder zu verstehen, auf denen die Züge rollen.

OAM3Grafik-Design

Aicher ist der Erbe einer Tradition des mitteleuropäischen Grafikdesigns, das Gestaltungselemente zur Strukturierung des Raums verwendet. Er wandte dieses System frei an, indem er über die geometrische Ordnung hinwegsah, wenn es die Komposition erforderte, um ein strukturiertes, aber visuell interessantes Design zu erzeugen. Die Kombination aus Strenge und Freiheit, zusammen mit einer intellektuellen Entwicklung – gespeist durch Beziehungen zu Intellektuellen wie dem Maler und Kunst-Theoretiker Josef Albers oder dem Schriftsteller und Filmemacher Alexander Kluge – die er von der Ulmer Schule ausgehend aufgebaut hat, machten ihn zu einem außergewöhnlichen Designer.

Seit den 1980er Jahren arbeitete Aicher mit dem britischen Architekten Norman Foster zusammen. Zu seinem Aufgabenbereich gehörte es, Fosters Publikationen zu gestalten. Foster betrachtete Aicher als “eine legendäre Figur in der Welt des Designs“. Als Foster mit der Planung der Metro Bilbao beauftragt wurde, vertraute er Aicher um 1988/1989 die Gestaltung des Corporate Image der Metro Bilbao an. “Otl war nicht nur ein Designer, er war ein Philosoph, ein Poet und politisch im besten Sinne“, betonte Foster in einer Videobotschaft zur Eröffnung der Ausstellung. “Aichers grafische Gestaltung und meine Architektur sind damals eine untrennbare Verbindung eingegangen. Bilbao wurde für uns zu einer “außergewöhnlichen Zusammenarbeit“. Neben den Piktogrammen für die olympischen Spiele in München 1972 und der Gestaltung der Corporate Identity des Küchenherstellers Bulthaup, ist das Design der Metro Bilbao eines der zentralen Werke in Aichers grafischem Werk.

Die Ausstellung im Museum der Schlönen Künste Bilbao wurde von Gillermo Zuaznabar organisiert. Er ist Wissenschaftler und Dozent im Fachbereich Kunst- und Architektur-Theorie an der Universität Rovira i Virgili (Tarragona). Zuaznabar ist auch für die Redaktion des (in baskischer, spanischer und englischer Sprache erschienenen) Katalogs verantwortlich, der einen wertvollen Beitrag zur Figur von Otl Aicher und zum europäischen Grafikdesign leistet.

GANG DURCH DIE BILBAO-AUSSTELLUNG

Gehen in der Wüste

Gehen in der Wüste (1986) erzählt Otl Aichers Reise zu Fuß durch die Sahara. Die Fotografien, die seine Texte begleiten, zeigen Landschaften von solcher Schönheit, dass sich ahnen lässt, dass die Erlebnisse und Begegnungen dieser Reise für Aicher eine "vollkommene" Erfahrung gewesen sein müssen. In einem Vortrag im Jahr 2012 stellte Yves Zimmermann klar, dass der Text verdeutlicht, dass die Beziehung, die Aicher zur Umwelt hat, so intensiv ist, dass er nicht aufhören kann, darüber nachzudenken, was in jeder Situation notwendig ist: Schuhe, Kleidung, Materialien, Schutz, Essen, Trinken. Aicher unterzieht alles, was er bei sich trägt oder in seinem Rucksack hat, einer strengen Prüfung, da sein Leben von der Güte und Wirksamkeit jedes einzelnen Gegenstandes oder Kleidungsstückes abhängen kann.

OAM4Wilhelm von Ockham

Zusammen mit Professor Wilhelm Vossenkuhl entwarf Aicher 1986 ein einzigartiges Projekt: eine Ausstellung über den mittelalterlichen Philosophen und Theologen Wilhelm von Ockham. Laut Aicher ist Ockham (1288 bis 1347) einer der ersten Denker und Gestalter der modernen Wissenschaft. Mit ihm habe das Denken sich vom “Abstrakten verabschiedet und sich dem Konkreten zugewandt“. Wie Neus Moyano im Ausstellungskatalog erläutert, ließ sich Aicher von mittelalterlicher Malerei und gotischer Architektur inspirieren. Jede Tafel wiederholt die gleiche strukturelle und semantische Reihenfolge: vier Streifen, die die Erzählung ordnen. Axonometrie und Isometrie werden bei der Darstellung von Städten und Landschaften aus der Luft verwendet, eine Ressource, auf die Aicher auch beim Projekt Metro Bilbao zurückgriff.

Der Braun-Pavillon

Im August 1960 entwirft Otl Aicher ein industrialisiertes Bausystem. Das Dokument besteht aus 91 Folien, die mit Freihand-Zeichnungen und getippten Texten auf Zellstoffpapier illustriert sind. Das System basiert auf den Pavillons für das Elektro-Unternehmen Braun, die er zusammen mit Hans Gugelot 1955 für Ausstellungshallen im Innenbereich und 1959 für Hallen im Freien entwarf. Aicher entwickelte sie wahrscheinlich, um sie der Firma Braun anzubieten, die zu diesem Zeitpunkt erwägte, in Frankfurt ein Quartier für ihre Angestellten zu bauen, die Roter-Hang-Siedlung.

Rotis

Nach der Schließung der Hochschule für Gestaltung in Ulm im Jahr 1968 und dem absehbaren Ende der Arbeiten für die Olympischen Spiele 1972 in München suchte Otl Aicher 1970 einen neuen Ort, um seinen Familienwohnsitz und seine Wirkungsstätte einzurichten. Die Rotis-Mühle in Leutkirch im Allgäu mit ihren vielfältigen Nutzungs-Möglichkeiten war für den Konstrukteur das Modell seiner Vorstellung vom Unternehmen der Zukunft. Er beschloss, Fachleute aus verschiedenen Disziplinen auf dem Gebiet der visuellen Kommunikation zusammenzubringen. In Rotis baute Aicher die Mühle und die Stallungen um (1972) und plante sechs neue, industriell anmutende Bauten: sein eigenes Atelier und das Fotostudio (1972), die Energiezentrale (1973), die Garage (1978), die kleine Hütte als Skulpturenstudio (1985) und ein Atelier (1976), das er allerdings nie umsetzte und das als Projekt bestehen blieb.

OAM05Rotis ist auch der Name der Schrift, die Aicher 1988 nach dem neuen Corporate Design des deutschen Architektur und Beleuchtungs-Unternehmens ERCO entworfen hat. Damit versucht er, eine Brücke zwischen den grotesken und den romanischen Schriftfamilien zu schlagen. Die Schrift umfasst zwei Zwischenstile: halb-grotesk und halb-romanisch. Für die Metro Bilbao verwendet er einen halbgrotesken Rotis von 65 (mittelfett) oder 55 (normal).

Isny im Ällgau

1979 wird Otl Aicher mit der Gestaltung von Werbematerialien für das Tourismus-Büro im Ällgau beauftragt, zu dem der Ort Rotis gehört. Er bereitet ein Album mit 80 Schwarz-Weiß-Zeichnungen vor, die während verschiedener Ausflüge in der Umgebung entstanden. Die Serie besteht aus Skizzen von Menschen, Tieren, Pflanzen, Gebäuden und Landschaften. Die Förderung des Tourismus durch Schwarz-Weiß-Grafiken unterstreicht die Radikalität Aichers und erweist sich als wirkungsvoll, da die Zeichnungen die Landschaft und Kultur des Allgäus realistisch wiedergeben. Die Beschränkung der Zeichnungen auf das Wesentliche erlaubt es, sie in verschiedenen Formaten und über mehrere Jahrzehnte hinweg zu verwenden. Das Schwarz und Weiß der sauberen Oberflächen lädt dazu ein, sich die Farben der Landschaften und Objekte vorzustellen und erzeugt einen starken Eindruck auf der Netzhaut und im Gedächtnis.

Metro Bilbao

Im März 1988 gewinnt Norman Foster den Wettbewerb für den Bau der U-Bahn von Bilbao. Obwohl das Schild für die Metro bereits auf den Tafeln des Vorschlags zu sehen war, erstellt Otl Aicher im Herbst desselben Jahres eine “ergänzende Studie“, um das Design genauer zu definieren. Diese Studie besteht aus etwa zweihundert Tafeln, die die Geschichte, Heraldik, Kultur und Struktur des Großraums Bilbao grafisch analysieren, sowie verschiedene handschriftliche Reflexionen. Für die aktuelle Ausstellung in Bilbao wurden 59 Tafeln dieser unveröffentlichten Arbeit ausgewählt, die in vier Gruppen angeordnet sind.

Neben ihrer außergewöhnlichen grafischen Qualität ist die Studie ein gutes Beispiel für die Arbeitsweise des Designers: Um ein Beschilderungs- und Informations-System für die Metro zu definieren, erstellt er eine übertragbare Diagnose der Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur der Stadt. Er führt diese Arbeit im klaren Bewusstsein der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Auswirkungen aus, die das endgültige Design haben wird.

OAM6Lufthansa

1962 beauftragte das zivile Luftfahrt-Unternehmen die Entwicklungs-Gruppe E5 der Hochschule für Gestaltung Ulm (unter der Leitung von Otl Aicher und Hans Gugelot) mit der Erneuerung der öffentlichen Darstellung des Unternehmens. Das Projekt umfasst alle wesentlichen Elemente der Lufthansa: Logos, Schilder, Briefpapier, Brieftaschen, Geschirr, Uniformen. Zwischen 1974 und 1984 gestaltete das Aicher-Büro, das sich bereits in Rotis befand, auch die Publikationen und Werbeplakate des Unternehmens. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist der Katalog “Im Flug über Europa“. Die Publikation besteht aus Fotografien aus der Vogel-Perspektive von Städten und Landschaften, die die Geschichte und Kultur des Kontinents würdigen. Die Luftbild-Fotografie wurde zu einer Ressource, die Aicher später auch für das Projekt Metro Bilbao nutzen sollte, um die Stadt zu analysieren.

Olympische Spiele in München 1972

1967 gewann Otl Aicher den Wettbewerb zur Gestaltung des Kommunikations-Systems für die Olympischen Spiele in München. Sowohl das Organisations-Komitee als auch der Gestalter selbst wollten ein neues Bild von Westdeutschland vermitteln. Das festliche Kolorit dynamischer Figuren, die vertikale und horizontale Figuren vermeiden, mit Fotografien von geschwungenen Linien und schrägen Richtungen, wird verwendet, um ein lebendiges Bild des Ereignisses und des Landes zu vermitteln. Die Farben sind dem olympischen Symbol entnommen, aber Aicher vermeidet die Verwendung von Rot und Schwarz, die zusammen mit Weiß und Gold den dominierenden Bereich der deutschen Gesellschaft der dreißiger und vierziger Jahre sowie der Berliner Spiele von 1936 bildeten.

ERCO

Auf Wunsch des Unternehmens ERCO entwickelt Otl Aicher zwischen 1975 und 1978 das für die Olympischen Spiele 1972 in München entworfene Piktogramm-System zu einem Kommunikations-System für Gebäude und öffentliche Räume, das Ergebnis dieser Arbeit wird vom Unternehmen bis heute vermarktet. Die Münchner Piktogramme wurden 1967 aus Arbeiten entwickelt, die Matsuri Katsumi für die Olympischen Spiele 1964 in Tokio angefertigt hatte. Katsumi und Aichers Arbeiten sind ihrerseits der Wiener Methode der Bildstatistik (1925-1934) von Otto Neurath, Marie Reidemeister und Gerd Arntz zu verdanken. Dieses System wurde entwickelt, um komplexe Daten und Konzepte aus der Ökonomie und Soziologie auf die populären Klassen zu übertragen, wobei die Figuren Isotyp genannt werden, auf halbem Weg zwischen Zeichen und Darstellung.

OAM7Bulthaup-Unternehmen

Anfang der 1980er Jahre tritt der Küchenhersteller an Rotis heran und beauftragt Otl Aicher mit der Gestaltung des Corporate Image seiner kleinen Firma. Bevor er mit dem Design begann, schlug Aicher vor, einige Untersuchungen darüber anzustellen, was eine Küche ist. Ziel war es, zu verstehen, wie die neue Küche der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aussehen sollte. Er zeichnete Feldküchen, mittelalterliche Küchen, bürgerliche Restaurants der Grande Cuisine, die Frankfurter Küche von Ernst May, sowie Objekte und Stoffe, mit denen sie ausgestattet werden. Die heute berühmten Bulthaup Küchen sind das Ergebnis dieser Recherche, dokumentiert im Buch “Die Küche zum Kochen: Das Ende einer Architektur-Doktrin“ (1982).

Aichers Aktivismus

Sowohl die Hochschule für Gestaltung Ulm als auch die Ulmer Volkshochschule wurden als Bildungs- und Kultur-Einsrichtungen zur Bekämpfung der Schäden gegründet, die das NS-Regime der deutschen und europäischen Gesellschaft zugefügt hat. Otl Aicher verstand Design als ein Werkzeug zur wirtschaftlichen und kulturellen Transformation der Gesellschaft. Er entwickelte eine Moral der Gestaltung, die er auch auf sein politisches Engagement übertrug, indem er sich in verschiedenen Aktionen für Ökologie und Nichtangriff einsetzte.

OAM8Sophie und Hans Scholl

Am 22. Februar 1943 wurden die Geschwister Hans und Sophie Scholl zusammen mit Christoph Probst in einem Schnellverfahren wegen Hochverrats zum Tod durch die Guillotine verurteilt. Ihr Verbrechen: die Macht des Dritten Reiches mit bloßen Händen zu bekämpfen, Aufrufe gegen Hitler und seine Kriege zu reproduzieren und zu verbreiten. Die Geschwister Scholl und Probst gehörten zur Widerstandsgruppe “Die Weiße Rose“, die 1942 an der Universität München gegründet worden war.

Inge Scholl, die älteste Schwester von Hans und Sophie, suchte zusammen mit Otl Aicher nach Wegen, das Andenken an die Ermordeten zu ehren in dem Bewusstein, dass es kein wirksameres "Denkmal" gab als die Erziehung von Nachbarn, die unter der Nazi-Ideologie aufgewachsen waren und sich an den Schikanen und Hinrichtungen mitschuldig gemacht hatten. So gründeten Inge und Otl 1946 die Ulmer Volkshochschule und 1951 die Hochschule für Gestaltung Ulm.

1985 baute Otl Aicher eine kleine Hütte in Rotis, etwas abseits des Atelier-Geländes und seines Wohnhauses, wo er heimlich die Bildhauerei wieder aufnahm, die er 1946 aufgegeben hatte. Dort modellierte er die Büsten von Sophie und Hans Scholl am 26. August 1991, wenige Tage vor seinem Unfalltod. Auch diese beiden Büsten, die normalerweise im Stadthaus Ulm zu sehen sind, wurden für die Dauer der Ausstellung nach Bilbao gebracht.

Ausstellung

Die Austellung “Otl Aicher. Metro Bilbao. Arquitectura y paisaje” (Otl Aicher. Metro Bilbao. Architektur und Landschaft) ist vom 5.11.2020 bis zum 28.2.2021 in Bilbo zu sehen, im Museum der Schönen Künste. Aufgrund der Pandemie-Situation ist es denkbar, dass die sehenswerte Ausstellung (wie andere vor ihr) wegen der stark reduzierten Museumsbesuche verlängert wird. (3)

ANMERKUNGEN:

(1) Museum der Schönen Künste Bilbao: “Otl Aicher. Metro Bilbao. Arquitectura y paisaje” (Otl Aicher. Metro Bilbao. Architektur und Landschaft) (LINK)

(2) Otto “Otl“ Aicher, Wikipedia (LINK)

(3) Fotoserie der Ausstellung im Museum der schönen Künste, Bilbao. Foto Archiv Txeng (Bilbao). (LINK)

ABBILDUNGEN:

(1) Metro Collage (FAT)

(2) Otl Aicher (famous disigners)

(3) Aicher München 1972 (pinterest)

(4) Aicher Bilbao (FAT)

(5) Metro (refisa)

(6) Aicher München 1972 (FAT)

(7) Aicher Studie Bilbao (FAT)

(8) Aicher Bilbao (FAT)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2020-12-09)

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