Alte Tradition wiederbelebt
Die Erforschung und Wiederaneignung der baskischen Tradition des Stockkampfes ist Folge einer zufälligen Begegnung zu Beginn der 2000er Jahre. Iñaki Ganboa Landa, Professor für Chemie an der baskischen Universität in Donostia, kam mit einem sizilianischen Freund auf das Thema Stockkampf zu sprechen. In einer sizilianischen Zeitschrift war zuvor ein Artikel erschienen, der eine Verbindung zum Baskenland herstellte. Dieser Hinweis weckte Iñakis Neugier und er begann sogleich mit Nachforschungen.
Stockkampf war Jahrhunderte lang Teil des gesellschaftlichen Lebens und eine Technik bei Auseinandersetzungen. Die baskische Version des Stockkampfes wurde nach Sizilien exportiert und kam auf einem fast zufälligen Weg zurück.
Iñaki Ganboa selbst hat seine Nachforschungen in einem Artikel in baskischer Sprache im Jahr 2004 veröffentlicht. Die Basis des ersten Teils des vorliegenden Artikels ist die Übersetzung seines Textes. Am Ende dieses ersten Teils folgen einige Aktualisierungen aus dem Jahr 2018. Der zweite Teil des Artikels ist die Übersetzung eines Artikels des Historikers, Anthropologen und Etnografen Antxon Aguirre Sorondo über den Stock als Waffe.
Die Wiederentdeckung des baskischen Stockkampfes
Im Baskenland ist der Brauch, einen Stock zu verwenden, weit verbreitet. Deutlich zu sehen ist dies auf kunsthandwerklichen Messen und Ausstellungen, wo sich Stockhersteller aller Art treffen.
Trotz der zahlreichen Studien, die diesbezüglich durchgeführt wurden, kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass alle Nutzungsfunktionen bereits analysiert wurden. Das Aussehen des traditionellen baskischen Stabes – mit einer Spitze aus Stahl, verzierter Metallhülse und einer im Griff versteckten Klinge aus Edelstahl – legt nahe, dass es sich nicht nur um ein Gehzubehör, sondern auch um ein Kampfwerkzeug handelt. Ähnliches gilt für den aus Stechpalme gefertigten Stock mit seinen typischen Dornfortsätzen. Tatsache ist, dass die Funktion der Stöcke im Kampf nie ausreichend genug erforscht wurde.
Hinweise und Spuren
Iñaki Ganboa Landa: “Auch ich hatte mir nie Gedanken über diesen Gebrauch des Stockes gemacht, bis ich mich eines Tages in folgender Situation befand“ (Zitat bis Ende der Quelle 1) (1):
Wir sprachen mit einigen Sizilianern über die typischen Bräuche unserer jeweiligen Länder. Plötzlich kam einer auf die Stöcke zu sprechen. Er erzählte, dass es in seinem Heimatland eine besondere Art des Kampfes mit Stöcken gäbe und dass einige Gruppen diese Kampfart weiterhin praktizierten. Er fragte, ob dies nicht auch im Baskenland noch der Fall sei und ich sagte spontan nein. Er war jedoch der Meinung, dass ich falsch läge, da der Ursprung dieser Kampfkunst aus dem Baskenland stamme. Mehr noch: er ging davon aus, dass es ein Baske gewesen sei, der den Sizilianern den Stockkampf beigebracht hätte.
Um die Zweifel auszuräumen, machte ich mich auf die Suche und fand heraus, dass die Geschichte des Stockkampfes eng mit dem Schicksal der Königin Blanca I. von Navarra verbunden (1387-1441) war. Sie war die Tochter von König Karl III. von Navarra und Eleonore von Kastilien. Nachdem Blanca den König von Sizilien, genannt Martin der Junge, geheiratet hatte, wurde sie Königsgemahlin von Sizilien und nach Martins Tod im Jahr 1409 zur Regentin Siziliens ernannt. Zur Hochzeit im Jahr 1402 landete sie auf der Insel mit einer kleinen Truppe, die unter anderem aus Stockkämpfern bestand. Der folgende lange Aufenthalt dieser Soldaten ermöglichte es den Sizilianern, die Kampftechnik nicht nur zu erlernen, sondern auch zu reglementieren, eine Aufgabe, die in Euskal Herria nie ausgeführt worden war.
Ich beschloss, bei meinen Nachforschungen auf zwei Wegen vorzugehen: erstens die Suche nach Daten, die in alten Büchern und Archiven zu finden sind: und zweitens Gespräche mit Bask*innen, die noch diesbezügliche Informationen in ihrer Erinnerung hatten.
Die bibliographische Sammlung
In einigen Archiven gibt es viele Seiten über Gerichtsverfahren und Rechtsstreitigkeiten in Zusammenhang mit dem Makila (baskisch: Stock, Stab). Doch das war nicht der Gegenstand unserer Studie. Schließlich konnte jeder einen Stock nehmen und anderen Hiebe verpassen. Was wir wissen wollten war, ob es im Baskenland eine speziell für Stockkampf entwickelte und mit Regeln versehene Technik gab.
Die Antwort war positiv. Das bezeugen (neben vielen weiteren Daten) die Reportagen aus den Büchern "Corografía de Guipúzcoa" von Aita Larramendi, "Gipuzkoako dantzak" von Iztueta oder "El Basojaun de Etumeta" von Juan Benantzio Arakistain.
In den beiden letztgenannten Texten werden Kämpfe beschrieben, die zwischen mit Stöcken bewaffneten Männern und Schwerttragenden stattfanden. Schwertkämpfer waren zudem immer Berufssoldaten. In einem der Kämpfe war der Gegner ein Fechtlehrer. In den anderen Fällen kämpften die Makilkaris (Stockkämpfer) gegen zwei oder drei Soldaten und gingen jeweils als Sieger hervor. (2)
Bei meinen Recherchen in den drei baskisch-französischen Provinzen habe ich eine fast vollständige Sammlung gefunden: das Werk von René Cuzacq (3). Aus dessen Ausführungen geht deutlich hervor, dass Makila-Kämpfe häufig und überall stattfanden. Er erklärt auch, dass diese Praxis eine Form des Fechtens sei und dass es, wie auch in anderen Disziplinen, zum Erlernen eigene Lehrer und Schulen gab.
Mündliche Überlieferung
Zuerst besuchte ich jene Gebiete, in denen ich den in Archiven gefundenen Schriften zufolge, Spuren der Kämpfe mit den Makilas finden könnte. Dafür ging ich ins Innere des Baskenlandes, besonders in Gegenden, in denen es traditionell viele Schäfer gab. Denn an der baskischen Küste hat es diese Art von Stockkampf nicht gegeben. Die meisten Spuren fand ich in den Gemeinden Azpeitia, Azkoitia, Errezil, Beizama, Amezketa, Zaldibia, Hernialde, Zizurkil und Markina-Xemein. Zu meinem großen Bedauern konnte ich in Navarra rein gar nichts finden.
In den erwähnten Dörfern gab es Personen, die sich noch an einige Stockkampf-Situationen erinnerten, weshalb ich versuchte, ihre Erzählungen zusammenzutragen. Aus den erhaltenen Informationen schließe ich, dass diese Art des Kampfes zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahezu überall praktiziert wurde, obwohl sie ihren Höhepunkt im 18. und 19. Jahrhundert erlebte. Die Makilkaris nahmen an zahlreichen Kriegen und Konflikten teil, wie zum Beispiel an der französischen Invasion 1823 und am ersten Karlistenkrieg (1833-1840). Auch Napoleon verfügte scheinbar über ein spezielles Regiment von Makilkaris für den Nahkampf.
Auch im 20. Jahrhundert gab es Stockkampf-Experten. Ich weiß, dass es sogar in den Jahren 1940-1945 qualifizierte Kämpfer gab, und dass einige Kämpfe noch in den 1970er Jahren stattfanden.
Die Stöcke in Ipar Euskal Herria waren bevorzugt aus Mispel (baskisch: mizpira) oder Schlehe (bask: elorribeltz), während auf der anderen Seite der Grenze Esche (bask: lizarra) oder Haselnuss (bask: uritza) bevorzugt wurde. Auch wurden im französischen Baskenland kürzere Stöcke verwendet. Ich sprach mit Joanes Bergara, dem bekannten Makila-Hersteller der Familie Ainciart-Bergara. Er berichtete mir nicht nur von Kämpfern und erzählte mir Anekdoten, gleichzeitig vermittelte er mir auch interessante Fakten über die angewandten Techniken. (4)
Schlussfolgerungen
Die im Baskenland angewendeten Techniken, die ich kennenlernte, sind den in Sizilien praktizierten sehr ähnlich. Diese Kampftechniken sind ausreichend entwickelt, um sich mit schwerttragenden Soldaten messen zu können. Die meisten der Techniken folgen einem Rotations-Prinzip (giratorio) und ermöglichen, den Körper zu schützen. Die Art und Weise den Stock zu halten, ist zum Beispiel genau definiert, sie erlaubt es, ihn leicht und bequem drehen und handhaben zu können.
Es wurden zwei verschiedene Typen von Stöcken verwendet: ein langer von 1,3 bis 1,5 Meter Länge, und ein kürzerer, etwa 90 Zentimeter lang. Für den kürzeren Stock gelten bestimmte Techniken: In diesem Fall werden die Schläge rückwärts ausgeteilt, entweder immer mit der gleichen Hand oder mit beiden Händen abwechselnd. Andererseits gab es auch Lehrkräfte und Schulen, die diese reglementierten Techniken unterrichteten, möglicherweise weniger stark formalisiert als heutzutage. Ausgehend von diesen Ergebnissen und unter Ausnutzung der Techniken, die in Sizilien verwendet werden, wäre es durchaus denkbar, den Schatz dieses in unserem Land entstandenen Kampfsports wiederzuerlangen, wann immer wir wollen. (Ende des zitierten Textes, Quelle 1)
Stockkampf-Schule
Mittlerweile hat Iñaki Ganboa in seinem Heimatort Oiartzun, zwischen Irun und Donostia-San Sebastián, eine eigene Stockkampfschule aufgebaut. ” Makil-Borroka ist eine authentische Kampfkunst, bei der an erster Stelle steht, die Verteidigung des eigenen Lebens zu lernen. Schutz-Materialien werden nicht verwendet, kein Helm, keine Rüstung, keine Handschuhe. Wir lernen, die Distanz zu erfassen und unsere Schläge zu kontrollieren. Die Bewegungsführung des Schlages, sowohl beim Angriff als auch bei der Verteidigung, stellen die Basis des Stockkampfes dar, denn der Stock selbst bietet keinen Schutz. Du kannst nicht zulassen, dass der Stock des Gegners über deinen gleitet und deine Hände trifft, also musst du ihn entschieden abwehren. Die Kerben des Holzes sind das Einzige, das dabei helfen kann, schmerzhafte Fehler zu vermeiden. Ein geübter Umgang mit dieser Technik hat in der Vergangenheit nicht wenige siegreiche Kämpfe gegen Schwerter und Säbel ermöglicht“, erklärt Iñaki Ganboa in einem Schaukampf zwischen zwei Angriffen. (5)
Ruten, Stäbe und Stöcke: Die Waffe
Wie hinreichend bekannt, waren Stöcke, Äste und Steine die ersten Werkzeuge, die unsere Vorfahren nutzten, um sich zu verteidigen, um zu jagen oder Früchte von Bäumen zu holen. Ihre Multifunktionalität ist unübersehbar. (6)
Aus den Unterlagen von Professor Francisco de las Barras de Aragón für einen Anthropologiekurs können wir eine Klassifizierung der ersten Generation von einfachen Waffen vornehmen. Zum Beispiel werden Handwaffen in Fechtwaffen und Schlagwaffen unterteilt: mit Spitze (Speer), Kante (Axt), Spitze und Kante (Schwert), oder als Hammer. Eine weitere Gruppe besteht aus Wurfwaffen, die je nach Antriebsform eingeteilt sind: eingesetzt durch 1. direkten Muskelantrieb (Lanze, Speer), 2. Hebelwirkung oder 3. durch die Nutzung von körperlichem Schwung (Schleuder), 4. durch Luftantrieb (Blasrohr) oder 5. durch elastische Elemente (Bogen, Armbrust). Zu den Verteidigungswaffen gehören schließlich Stab, Schild und Rüstung.
Wie aus dieser Klassifizierung hervorgeht, kann der einfache Stab zu allen Waffenarten gezählt werden: Fechten, Schlagen, Werfen, selbst zu den Verteidigungselementen. Strategisch gesehen also eine sehr vielseitige Waffe.
Knochenbrecher
In einer kürzlich im Archäologischen Museum von Alava (bask: Araba, Region der CAV) gezeigten Ausstellung über prähistorische Krankheiten in der Provinz wurde eine Sammlung von Ellen-Knochen ausgestellt, deren Mittelteile von Brüchen betroffen waren. Sie wurden an verschiedenen Orten gefunden: drei in San Juan Ante Portam Latinam, zwei im Dolmen Alto de la Huesera, einer im Dolmen Los Llanos und in La Mina, ein weiterer in der Grabhöhle Peña del Castillo-2. Alle Frakturen waren erstaunlicherweise gut verheilt, so dass es ohne Röntgenaufnahme fast unmöglich gewesen wäre, die Existenz alter Verletzungen wahrzunehmen.
Das interessanteste daran ist die Aussage des Gerichtsmediziners und Anthropologen Francisco Etxeberria Gabilondo als Erklärung der Entstehung der Frakturen: “Die Elle wurde durch ein direktes Trauma quer gebrochen, so wie es geschieht, wenn der Schlag im zentralen Teil des Unterarms empfangen wird, während das Gesicht vor einem Angreifer geschützt wird. Diese Form eines Bruchs des Unterarms zeigt sich häufig bei Streitigkeiten, die bei den primitiven Völkern stattfinden, die als einzige Waffe zur Verteidigung und zum Angriff Stöcke benutzen“.
Evolution der Waffen
Mit der Evolution wurden Steine in scharfe Splitter verwandelt, und aus der Vereinigung von Stäben und Platten entstanden die ersten Äxte. Mit der Entdeckung der Metalle wurden die Steine durch Metallspitzen ersetzt, wodurch zum Beispiel der berühmte baskische Wurfstab Azkon entstand, dessen Verwendung fast unser Jahrhundert erreicht hat. Auf jeden Fall gilt, dass der Einsatz des Stockes als Verteidigungs- und Angriffswaffe auf den Ursprung unserer Spezies zurückgeht.
Ein biblisches Sprichwort besagt: “Wer seinen Stock schont, liebt seinen Sohn nicht“ – vielleicht die erste Erwähnung des Stockes als pädagogisches Mittel. Erst kürzlich wurde in England die körperliche Züchtigung in den Schulen abgeschafft. Vor demselben Hintergrund erhielten die spartanischen Heloten (vor zweieinhalb tausend Jahren) eine tägliche Ration Stockhiebe, um sie an ihren Sklavenstatus zu erinnern.
Rom, Paris, Navarra
Die römischen Richter wurden von Amtsdienern begleitet, die eine sogenannte Fascis trugen, ein Rutenbündel, in dem ein Beil steckte. Die Fascis war ein Instrument der Todesstrafe: mit den Ruten wurden die Gefangenen gegeißelt, um danach mit dem Beil getötet zu werden. Damit kein Zweifel an der üblichen Verwendung von Stöcken, Schienen und Peitschen im Leben des klassischen Roms entsteht, soll nicht unerwähnt bleiben, dass sie alle zu den Schul- und Haushaltsmöbeln zählten und zum Schlagen von Schülern und Sklaven dienten. In Frankreich wurde die Strafe durch Stockhiebe erst nach dem Fall des Ancien Régime im Zuge der französischen Revolution von 1789 abgeschafft.
Unsere Archive sind voll von Beschwerdeschriften über Aggressionen mittels Stockschlägen, wie jener Fall aus Noáin (Navarra) aus dem Jahr 1653: “Miguel de Irurzun, aus Noáin, gegen Don Juan aus Lecumberri, Statthalter. Während einer Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit Juanes de Lar, schlug der Statthalter mit einem Stock auf Irurzun ein, anstatt zur friedlichen Beilegung des Konflikts beizutragen. Don Juan erklärte, Irurzun habe ihn respektlos behandelt, daher habe er zu den strafenden Stockhieben gegriffen.“
Dem Forscher Koldo Lizarralde ist die Entdeckung eines Dokuments zu verdanken, das den gesellschaftlichen Nutzen von Stöcken und Spießen (Stock mit einer Metallspitze am Ende) enthüllt. Es handelt sich um eine Stadtverordnung der Stadt Elgoibar (Gipuzkoa) aus dem Jahr 1751. Dort heißt es, dass im Falle eines Angriffs die Glocke geläutet würde, woraufhin alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren mit Gewehren, sofern sie welche hatten, und Spießen (chuzos) zur Verteidigung anzutreten hatten. Vielen blieb dabei nichts anderes übrig, als ihren eigenen Stock als Verteidigungswaffe einzusetzen.
Stöcke bei der Urteilsfindung
Auch die Justiz setzte den Stockkampf zur Urteilsfindung ein, wie es das folgende Beispiel aus Artajona (Navarra) anschaulich beschreibt: Konnte die Justiz in einem Verfahren die Schuldfrage nicht eindeutig klären, sollten die Stöcke sprechen. Basierend auf einem seit dem frühen Mittelalter entwickelten Prinzip der Tortur oder des Gottesurteils, das die Niederlage des Gerechten nicht zulassen würde, wurde zwischen den Kontrahenten ein Stockkampf ausgetragen.
Jeder Kläger stellte einen Kämpfer auf den Feldern von Artajona auf, mit einem Stock und einem Schild ausgestattet, das aus Zweigen bestand. Beide hatten exakt dieselben Waffen und vor Kampfbeginn wurden die Kämpfer gemessen, um sicherzustellen, dass sie - in der heutigen Boxsprache ausgedrückt- das gleiche Gewicht hatten. Sollte der Herausforderer nicht innerhalb von 30 Tagen einen Kämpfer stellen, galt er als Verlierer und musste eine Geldstrafe bezahlen. Die Kämpfer wachten die ganze Nacht mit Schild und Stock in der Kirche und beteten um ihren Sieg. Am nächsten Morgen wurden sie von Richtern und Zeugen aufs Feld begleitet. Nach Beginn der Schlacht, durfte niemand mit den Kämpfern sprechen und wenn während des ganzen Tages keiner den anderen außer Gefecht setzen konnte, wurde der Kampf bei Einbruch der Dunkelheit unterbrochen und am nächsten Morgen fortgesetzt. Im Falle des Todes eines der Gegner wurde der Überlebende zur Zahlung eines Geldbetrages “wegen Mordes“ verurteilt.
In Irún (Gipuzkoa) finden wir 1632 noch die Überreste einer dieser Herausforderungen: Am Peterstag ging der Priester Bartholomäus von Ibaeta mit einigen Mädchen zum Tanz und wagte es, eine von ihnen bei der Hand zu nehmen, was den Zorn eines gewissen Jakobus von Aliazaga auslöste. Es entfachte sich ein Kampf auf Leben und Tod, bei dem die beiden Kontrahenten mit Dolch und Stock aufeinander los gingen.
Anerkennung für Experten
Stellt sich die Frage, ob es, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, Spezialisten oder sogar Profis im Kampf mit dem Stock gab. Und tatsächlich war es so: Der Kämpfer musste Kraft, Geschicklichkeit und Technik kombinieren, um seinen Erfolg zu sichern. Zur Unterstützung dieser Hypothese kann das Zeugnis von Pater Larramendi herangezogen werden, der um 1754 in einer Chronik von Gipuzkoa (Corografía de Gipuzkoa) schrieb:
“Das Fechten ist in Vergessenheit geraten. Dabei hatte man gelernt, mit dem Stock wie mit dem Schwert zu spielen, Schläge zu geben und zu nehmen, verletzt zu werden und sich zu verteidigen, sowie sich daran festzuhalten, um den Schlag zu vermeiden und ihn gleichzeitig gegen den Feind zu richten“.
Der Umgang mit Stöcken, Stäben und Spießen als Verteidigungs- oder Angriffswaffen führte zu präzisen Techniken, die über viele Generationen von Vater zu Sohn weitergegeben wurden. Wir gehen davon aus, dass die erfahrensten unter ihnen, die Lehrer des Stockkampfes, aufgrund des Nutzens ihrer Leistungen für die Gesellschaft, öffentliche Anerkennung erhielten. (6)
ANMERKUNGEN:
(1) Der Text ist eine Übersetzung aus dem Baskischen: “Makil borroka berreskuratzen. Euskal makilkariak“ (Die Wiederentdeckung des Stockkampfs. Baskische Stockkämpfer) von Jose Inazio Ganboa Landa, veröffentlicht im Dezember 2004 (LINK) Spanische Übersetzung (LINK)
(2) Makilkari ist ein baskisches Wort und bedeutet Stockkämpfer. Das Wort setzt sich zusammen aus Makila = Stock, Stab und der Endung ari bzw. kari = etwas tun, sich einer Sache widmen. Zum Beispiel: dantza = Tanz, dantzari = Tänzer*n; jokatu = spielen, jokalari = Spieler*in; arrain = Fisch, arrainkari = Fischer*in; gatza = Salz, gatzari oder gatzkari = Salzwerker*in.
(3) René Cuzacq (1901-1977), geboren in Marpaps im französischen Departement Landes war Professor, Regionalhistoriker, Spezialist für Baiona (frz: Bayonne) und das Departement Landes. Er ist Autor zahlreicher Werke zu Geschichte, Literatur und Folklore der westlichen Gascogne.
(4) Handwerksbetrieb im kleinen Ort Larresoro im französischen Baskenland (LINK)
(5) Artikel “La esgrima ’para pobres’ vasca” (Der baskische Degen für Arme), Wochenendbeilage Zazpika der baskischen Tageszeitung Gara (LINK)
(6) Artikel “Palos, bastones y makilas: El arma” (Ruten, Stäbe und Stöcke: Die Waffe), Publikation 2001-12-21 bei Euskonews von Antxón Aguirre Sorondo (LINK). Antxon Aguirre Sorondo (San Sebastián, 1946 - 2014) war Historiker, Anthropologe und Ethnograf. Er veröffentlichte mehr als zwanzig Bücher und schrieb viele Artikel in spezialisierten Zeitschriften über die Geschichte und Kultur des Baskenlandes. (LINK)
ABBILDUNGEN:
(1) Stockkampf (zazpika)
(2) Stockkampf (makila alberdi)
(3) Stockkampf (zazpika)
(4) Stockkampf (ainciart bergara)
(5) Stockkampf (zazpika)
(6) Stockkampf (ainciart bergara)
(7) Stockkampf (zazpika)
(8) Stockkampf (zazpika)
(Publikation baskultur.info 2019-09-13)