Wellenkraft-Pionieranlage in Gipuzkoa
Fünf Jahre nach seiner Fertigstellung hat das Wellenkraftwerk von Mutriku gleich zwei Rekorde geschlagen. Zum einen ist es das weltweit produktivste, in keinem anderen wurde eine vergleichbare Menge an Energie erzeugt; zum anderen ist es das einzige Werk in Europa, das an die öffentliche Stromversorgung angeschlossen ist. Für die baskische Regierung ist es ein Vorzeige-Projekt, das unter Beweis stellen soll, dass sie im Bereich moderner Technologie auf Forschung und alternative Energiequellen setzt.
Die von der Kraft der Meereswellen betriebene Energieanlage von Mutriku hat ihre ersten fünf Jahre Existenz erfolgreich hinter sich. In dieser Zeit wurden 1,3 Giga-Wattstunden Strom produziert - „Weltrekord“ in der Energie-Produktion dieses Bereichs. Zur Feier des Tages und um die Bedeutung einer neuen Energie-Politik zu unterstreichen war deshalb der baskische Ministerpräsident Iñigo Urkullu ins gipuzkoanische Mutriku gekommen, in Begleitung der Senatorinnen für Wirtschafts-Entwicklung und Wettbewerb, Arantza Tapia, und der Verantwortlichen für Umweltschutz, Ana Oregi (1 – Link). Anwesend waren selbstverständlich auch der Bürgermeister der Stadt, José Ángel Lizardi, und die Direktorin des baskischen Energie-Sektors, Pilar Urruticoechea, sie ist verantwortlich für den Betrieb der Anlage in Mutriku. (2016-07-28)
Mit dem Strom, den das kleine Wellenkraftwerk liefert, können die Energie-Bedürfnisse von ca. 100 Familien während eines Jahres befriedigt werden. Das ist eine „mittelmäßige“ Produktion im Vergleich zu den Möglichkeiten, die andere Technologien zur Erzeugung von erneuerbarer Energie liefern. Technologien, die sich in einem „fortgeschrittenen“ Entwicklungsprozess befinden, wie zum Beispiel die Windenergie. Dennoch ist das Ergebnis von Mutriku beachtlich, denn bisher wurde über die Nutzung von Wellen noch nirgendwo so viel Strom erzeugt. (2 – Baskultur)
Wellenkraftwerke sind eine Form kleinerer Wasserkraftwerke. Sie nutzen die Energie der Meereswellen zur Gewinnung elektrischen Stromes und zählen zu dem Bereich der erneuerbaren Energien. Bisher realisierte Anlagen sind Prototypen und dienen verschiedenen Versuchen und Erprobungen. Im Unterschied zum Gezeitenkraftwerk wird nicht der Tidenhub ausgenutzt, um die Energiedifferenz zwischen Ebbe und Flut zu nutzen, sondern die kontinuierliche Wellenbewegung. (3 – Wikipedia)
Die Anlage befindet sich an der äußeren Kaimauer des Hafens von Mutriku. Neben der Strom-Erzeugung werden dort auch Versuche durchgeführt, wie Wellen auf offenem Meer zur Energie-Gewinnung genutzt werden können, wo eine weit größere Kraft in den Bewegungen des Meeres steckt.
Dafür hat das baskische Unternehmen Oceantrec in diesem Sommer verschiedene Versuche mit einer neuen Turbine unternommen, die nach der sog. OWC-Technologie funktioniert (Oscillating Water Column / columna agua oscilante). Dabei handelt es sich um eine Technik, „die Bewegungs-Energie der Wellen zu nutzen, durch eine Anordnung von beweglichen, durch Gelenke verbundenen, an der Oberfläche schwimmenden Elementen (Teppich). Die Meereswellen verwinden die Gesamt-Konstruktion. In den Gelenken befinden sich Hydraulikzylinder. Durch die Bewegung wird die Arbeits-Flüssigkeit durch Röhren mit integrierten Turbinen und Generatoren in die Ausgleichs-Zylinder gedrückt. Die Stromerzeugung ist ungleichmäßig, mittelt sich aber bei Einsatz vieler Geräte“ (3). Die Versuche von Oceantrec dienen dazu, die Technik zu verfeinern bevor auf offenem Meer weitere Versuche gemacht werden.
Die Mutriku-Anlage zur Gewinnung von Wellenenergie ist das Ergebnis einer Investition von 2,3 Millionen Euro, es ist die erste ihrer Art in Europa, die an das öffentliche Netz der Energieversorgung angeschlossen ist. Daneben existieren zwei weitere Anlagen, die nach der OWC-Technik funktionieren, sie sind jedoch kleiner und ausschließlich der Forschung gewidmet.
Der baskische Regierungs-Chef betonte, die Mutriku-Anlage zusammen mit der in Armintza in Betrieb genommenen sei ein Beweis dafür, dass auf Forschung und Entwicklung gesetzt werde im Bereich der erneuerbaren Energien, insbesondere im Zusammenhang mit dem Meer. Die Mutriku-Anlage sei bereits jetzt eine internationale Technologie-Referenz. “Vor Jahren hatten wir den Traum, Euskadi in eine europäische und weltweite Referenz zu verwandeln im Bereich der Windenergie. Das haben wir geschafft. Heute glauben wir fest an die Möglichkeit, Euskadi und baskische Unternehmen zu einer europäischen Referenz für Meeresenergie zu machen“, sagte der Politiker.
Außerdem erinnerte er an die Ziele der baskischen Regierung in Bezug auf erneuerbare Energien und den Klimawandel. Bis 2050 sollen die Emissionen, die zum Treibhaus-Effekt beitragen, um 80% gesenkt werden. Gleichzeitig soll der Anteil von erneuerbarer Energie im Gesamt-Konsum im selben Zeitraum auf 40% gesteigert werden.
Wünschenswert wäre, dass die baskische Regierung in anderen Bereichen des Umweltschutzes dieselbe Sorgfalt walten ließe: bei Mülltrennung, Verbrennungs-Anlagen ist dies nicht der Fall; auch nicht beim Hochgeschwindigkeits-Zug, der seit Jahren im Baskenland gebaut wird, der hier keinerlei Transport-Probleme löst, stattdessen jedoch gravierende Folgen für Landschaft, Umwelt, Landwirtschaft und Grundwasser hat. Mehr als fragwürdig auch die Pläne für ein neues Groß-Museum im Urdaibai-Naturschutzgebiet, einem einmaligen Biosphären-Reservat.
ANMERKUNGEN:
(1) Informationsquelle: “La central de olas de Mutriku es la más productiva del mundo”, Artikel in der baskischen Tageszeitung Deia vom 19.7.2016 (Link)
(2) Am 24.3.2015 hatte Baskultur einen Artikel über das Wellenkraftwerk Mutriku des Journalisten Ralf Streck wiedergegeben unter dem Titel „Wissenschaft und Technik – Das Meer zur Stromerzeugung“ (Link)
(3) Wellenkraftwerk (Wikipedia)
FOTO:
(1) Wellenkraft-Anlage Mutriku (Foto Archiv Txeng)
(2) Wellenkraft-Anlage Mutriku (Foto: energias-renovables.com)
(3) Politiker/innen beim Besuch der Wellenkraft-Anlage Mutriku (Foto: Deia)
(4) Detail der Wellenkraft-Anlage Mutriku (Foto: Deia)