Streit um die katalanische Republik
Wer vor 20 Jahren prophezeit hätte, Katalonien sei noch vor dem Baskenland die erste Region des spanischen Staates, die die Frage der Selbstbestimmung stellen würde, wäre milde belächelt worden. Die Gründe für diese überraschende Entwickung sind interessanterweise mehr in Madrid zu suchen als in Katalonien selbst. Hier war auf institutionellem Weg versucht worden, legitime Rechte und Kompetenzen der Region zu stärken, was in Spanien auf taube Ohren gestoßen ist. Ergebnis: die katalanische Republik.
Am 27. Oktober 2017 hat die katalanische Regionalregierung formal ihre Unabhängigkeit vom spanischen Staat erklärt und eine katalanische Republik ausgerufen. Demgegenüber hat die Zentralregierung den Artikel 155 der Verfassung aktiviert und die katalanische Regierung abgesetzt.
Unabsehbar sind der weitere Verlauf der Ereignisse und die Folgen für die EU. Katalanische Regionalchefin ist nun formal Soraya Santamaría sein, die nationalistische Scharfmacherin der Rajoy-Regierung. Die katalanische Polizei wurde gleichgeschaltet und wird mit Razzien überzogen. Der gewählte Ministerpräsident befindet sich in Brüssel auf der Suche nach einer „Internationalisierung“ der katalanischen Frage. Im Baskenland laufen ständige Mobilisierungen pro Katalonien. Der baskische Ministerpräsident befindet sich auf Auslandsreise durch Quebec, wo vor 37 und 22 Jahren legale Unabhängigkeits-Referenden stattgefunden haben. Kein Tag ohne überraschende Nachrichten.
Nach Ausrufung der Republik
Nicht das spanische Parlament war es, das als Reaktion auf die einseitige Unabhängigkeits-Erklärung Kataloniens drastische Repressions-Maßnahmen gegen die rebellische Region beschloss. Es war das spanische Oberhaus, in dem die postfranquistische PP (im Gegensatz zum Parlament) die absolute Mehrheit hat. Nachdem der Rajoy-Regierung von diesem Senat der Artikel 155 in die Hand gegeben wurde, dauerte es keine 24 Stunden nach der Republik-Ausrufung, um die ersten Maßnahmen bekannt zu geben. Die demokratisch gewählte Regierung Puigdemont wurde für abgesetzt erklärt, katalanische Neuwahlen für den 21. Dezember festgelegt.
Die spanische Staatsanwaltschaft zimmert derzeit an einer Anklage wegen „bewaffnetem Aufstand“. In Anbetracht der ständig wiederholten katalanischen Aufforderungen zur Gewaltlosigkeit klingt dies aberwitzig. Das Argument der Spanier ist, die Regierung unterhalte schließlich ein „Heer von 17.000 bewaffneten Polizisten“. Daneben wurde der katalanische Polizeichef abgesetzt, sein bisheriger Stellvertreter befördert und gleichzeitig zum Rapport bestellt. 150 hohe Beamte wurden suspendiert, sollten sie sich erneut an ihrer Arbeitsstelle einfinden, könnten sie wegen Amtsanmaßung verhaftet werden. Von einer Übernahme des öffentlichen katalanischen Fernsehens wurde abgesehen, um den Vergleichen mit der Türkei wenigstens in einem Aspekt zu entkommen. Die spanische Staatsanwaltschaft droht Puigdemont mit Verhaftung und 25 Jahren Haft – so soll im spanischen Staat bestraft werden, wenn Politiker*innen des Volks-Entscheidungen ausführen, sprich das Ergebnis des Referendums vom 1.Oktober.
Puigdemont widerspricht
Der katalanische Ministerpräsident Puigdemont hat von seinem Wohnort aus eine Videoerklärung veröffentlicht, in der er die spanischen Repressions-Maßnahmen ablehnt und ihre Legalität in Frage stellt. In demokratischen Gesellschaften sei es die Kompetenz von Parlamenten, Ministerpräsidenten zu wählen oder abzuwählen. Puigdemont rief die katalanische Bevölkerung auf, am konstituierenden Prozess einer katalanischen Republik aktiv teilzunehmen und dies auf demokratsiche und friedliche Weise zu tun.
Spanische Neonazis sind genau davon – demokratisch und friedlich – meilenweit entfernt. Sie haben noch in der Nacht der neuen Republik eine katalanische Radiostation attackiert, die Schaufenster eingeschlagen und Mitarbeiter*innen angegriffen. Einmal mehr wird durch diese unmittelbare Aktion der Charakter des spanischen Nationalismus deutlich, der insbesondere Gewalt und Repression kennt und in dessen Philosophie die Begriffe Demokratie und Dialog Fremdworte sind.
Erstaunlich war der Ton, in dem der von allen Seiten unter Druck stehende Carles Puigdemont seine Ansprache hielt. Neben dem Appell zur Gewaltlosigkeit rief er die Unterstützer*innen der katalanischen Republik auch dazu auf, tolerant zu sein mit jenen, die gegen die Unabhängigkeit eingestellt sind – eine auf der spanischen Seite völlig unvorstellbare Haltung. Ausdrücklich rief er zu einem weiterhin freundschaftlichen Verhältnis zum spanischen Staat auf. In Anbetracht der Drohungen, die gegen ihn erhoben werden, ist dieser nüchterne und gemäßigte, von keinerlei Hass oder Groll gefärbte Diskurs überraschend. Immerhin wird Puigdemont mit Verhaftung und langer Haft gedroht. In verschiedenen spanischen und europäischen Medien wird er regelmäßig als Populist dargestellt und so auf eine Stufe gehoben mit faschistophilen Politikern in Europa und der Welt. Über den Begriff „Putsch“ wird er gar mit Franco und anderen verglichen. Nichts ist weiter von der Realität entfernt.
Carles Puigdemont ist zwar überzeugter Freund der katalanischen Unabhängikeit, ein typischer Politiker ist er jedoch nicht. Als Bürgermeister des Dali-Ortes Girona war der gelernte Journalist beliebt, höhere Ansprüche hatte er nicht. Das änderte sich nach den letzten Regionalwahlen, als die linke Partei CUP sich weigerte, den rechten katalanischen Spitzenkandidaten Artur Mas zum Ministerpräsidenten zu wählen. Denn Mas war gleichzeitig der Präsident der konservativen Partei CiU, die zuletzt durch Korruption und polizeiliche Härte negative Schlagzeilen gemacht hatte. Händeringend musste die bürgerliche katalanische Partei einen alternativen Kandidaten suchen. Überraschend schlug Puigdemonts Stunde.
Mittlerweile befindet sich Puigdemont mit fünf anderen Ministern überraschend in Brüssel. Es war spekuliert worden, dass er politisches Asyl beantragen könnte, was in Belgien möglich wäre. Bei einer Pressekonferenz am 31.10. dementiertePuigdemont dieses Gerücht. Er sei in Brüssel, weil es die europäische Hauptstadt sei und weil seine Regierung die katalanische Frage internationalisieren wolle. In den spanischen Staat kehre er zurück, wenn ihn ein „ordentliches“ Verfahren erwarte.
Baskische und katalanische Christdemokraten
Eigentlich stehen sich Katalonien und die Autonome Gemeinschaft Baskenland politisch sehr nahe. Die bürgerlich-christdemokratischen Kräfte beider Regionen haben jeweils eine lange regionale Präsidentschaft hinter sich. (1) Beide haben zu unterschiedlichen Zeiten spanische Regierungen unterstützt und sich dennoch die Option auf nationale Anerkennung durch den Staat offen gehalten. Doch damit hören die Unterschiede auf, es beginnen die Unterschiede. Der wesentlichste ist, dass die Basken bei den Autonomie-Verträgen nach dem Tod des Diktators eine bessere Partie ausgehandelt haben (1977). Der katalansiche Versuch, diesen Vorsprung wettzumachen, Katalonien als historische Nation innerhalb des spanischen Staates zu definieren und Steuerkompetenzen an Land zu ziehen, scheiterte an der Ignoranz der Zentralregierung. Unter diesen Vorzeichen blieb der katalanischen Koalitions-Regierung nur der Schritt nach vorne: Volksbefragung, Abstimmungen, Unabhängigkeit.
Der Wert von Autonomie-Verträgen
In keiner anderen spanischen Region wurde diese Entwicklung mit größerer Sympathie verfolgt wie im Baskenland. Insbesondere von der baskischen Linken in allen ihren Ausprägungen. Dabei spielte es eine eher untergeordnete Rolle, dass die katalanische Bewegung von sozialdemokratischen und konservativen Kräften dominiert ist. Die baskischen Christdemokraten von der PNV (Baskisch Nationalistische Partei) hingegen hielten sich mit Sympathie für die Unabhängigkeits-Bestrebungen zurück. Im Gegenteil, sie fühlten sich in ihrer eigenen Strategie in Frage gestellt. Denn sie setzen seit 40 Jahren auf einen langsamen Ausbau der Autonomie-Rechte für das Baskenland, auf eine Ausweitung von Kompetenzen.
Dafür hat die PNV so manche Kröte geschluckt, wie die Nichtanerkennung der Kriegsverbrechen im Baskenland, die Nichtanerkennung der Basken als historische Nation, die ständige Behinderung der Entwicklung der baskischen Sprache, die Monarchie als Staatsform. Und die Tatsache, dass bis heute 33 der vor vier Jahrzehnten ausgehandelten Autonomie-Vertragspunkte von der spanischen Seite nicht erfüllt wurden. Das heißt, die aufeinander folgenden spanischen Regierungen haben den Autonomie-Vertrag mit der Autonomen Gemeinschaft an 33 Punkten bis heute nicht erfüllt. Ohne spezielle Begründung, das wirft ein Licht auf den Umgang mit Gesetzen, Verträgen und politischen Zusagen aus Madrid.
Paktierte Selbstbestimmung
Die baskischen Christdemokraten haben die Frage der Selbstbestimmung trotz ihrer Realpolitik nicht gänzlich abgehakt, sondern sehen die Zukunft in Verhandlungen mit spanischen Instanzen. Nach dem Verlust dert absoluten Mehrheit im spanischen Parlament besann sich die postfranquistische PP von Rajoy auf einen versöhnlicheren Ton mit den Basken, man tauschte gegenseitig Zustimmung zu Haushalten aus. Noch im Sommer wurde die PNV von der spanischen PP als Beispiel für vernünftige und besonnene Politik gelobt – im Vergleich zu den „radikalen und unverantwortlichen“ Katalanen.
Katalonien gegenüber gab der baskische Ministerpräsident sogar Ratschläge in Richtung Versöhnung. Wochen vor dem katalanischen Referendum am 1. Oktober machte die PNV deutlich, dass der katalanische Weg nicht der baskische Weg sei. Als Strategie wurde ausgegeben, ein Referendum könne nur „mit allen Garantien ausgehandelt und durchgeführt werden“, das heißt aufgrund von einem Staatsvertrag mit der Zentralregierung, nach schottischem Vorbild. Diese Strategie hört sich gut an, doch ist sie ebenso unrealistisch wie die Anerkennung der katalanischen Republik durch die spanische Regierung. Dafür wurde die PNV belächelt – den Katalanen fiel die Haltung in den Rücken.
Die Haltung der PNV zum Unabhängigkeitsstreben in Katalonien änderte sich erst mit der Eskalation der Ereignisse, konkret mit den Drohungen von spanischer Seite. Betont wurde fortan, der baskische Weg sei zwar ein anderer, man respektiere aber die katalanische Strategie. Dieser Spagat, den die PNV vor allem ihrem Wahlvolk schuldet (viele sind ebenfalls für Unabhängigkeit), führte dazu, dass die sich anbahnende neue Freundschaft mit der PP (Haushaltszustimmung, gemeinsame Wirtschaftspolitik) wieder ins Stocken geriet und mit der neuesten Entwicklung – die Aushebelung der katalanischen Autonomie – gänzlich aus den Fugen. Eins ums andere Mal wurde vom baskischen Ministerpräsidenten Dialog gefordert, was nunmehr die katalanische Position stärkte, die ebenfalls auf Dialog setzte. Gleichzeitig wurde die Aussetzung der Autonomie über den Artikel 155 – wie sie nun beschlossen wurde und wie sie auch dem Baskenland schon angedroht wurde – als Weg der Krisenstrategie grundsätzlich abgelehnt.
PNV-Strategien
Die christdemokratisch-seminationalistische PNV ist ein besonderes Phänomen in der peninsulären Parteienlandschaft. Wirtschaftspolitisch streng neoliberal schlägt sie in der Sozialpolitik die Sozialdemokraten von links. Die Partei muss sich mit keinen großen Fällen von Korruption herumschlagen, stattdessen unterhält sie ein System von Vetternwirtschaft, um ihre Unterstützer bei Laune zu halten.
Vor 80 Jahren stellte sich die rechtsorientierte Partei den spanischen „Nationalkatholiken“ Francos gegenüber. Wie keine andere christdemokratische Partei fordert sie die Aufarbeitung von Francos Militärputsch, von Krieg und Diktatur. Ansonsten sind dies linke Themen. Auch bei der Aufarbeitung der Geschichte des bewaffneten Kampfes von ETA geht die Partei besondere Wege, sie fordert die stufenweise Freilassung der ETA-Gefangenen, beginnend mit den kranken Gefangenen. Anders als im spanischen Staat, wo lediglich von Terrorismus“ und Gewalt und Opfern auf einer Seite ausgegangen wird, thematisiert die PNV auf dem Weg zur „gesellschaftlichen Versöhnung“ auch polizeilich-staatliche Gewaltexzesse. Dafür wird sie von spanischer Seite angefeindet, erhält jedoch auf internationaler Ebene viel Zuspruch.
Diese politischen Verortungen machen deutlich, dass die Partei Berührungspunkte findet mit sehr unterschiedlichen anderen Parteien und Bewegungen: von der baskischen Linken bis hin zu den Postfranquisten der PP. Bevorzugte Bündnispartner sind die Sozialdemokraten von der PSOE. Derzeit zum Beispiel als Koalition in der baskischen Regierung. Die Sozialdemokraten sind wenig begeistert von der katalanischen Verteidigung der PNV. Sicher kein Zufall ist es, dass der baskische Ministerpräsident Urkullu aktuell und ausgerechnet im Moment der Zuspitzung der Auseinandersetzung in Katalonien eine Reise nach Kanada unternimmt. Dem Land, in dem es 1980 und 1995 zwei legale Referenden gab über die Frage der Teilung von Kanada und Quebec. Die Geschichte dieser (gescheiterten) Trennungsversuche unterstreicht Urkullus Idealvorstellung einer paktierten Volksbefragung zur Selbstbestimmung. Von Quebec aus insistierte Urkullu auf dem Recht der Völker zur Selbstbestimmung.
Wahlen?
Wie die von Rajoy für den 21.12. anberaumten Wahlen aussehen sollen ist völlig unklar. Aus offizieller spanischer Sicht soll so „die demokratische Ordnung wieder hergestellt werden“ – „das Volk soll entscheiden“. Zu klären wäre, wer an jenem Tag „das Volk“ sein soll, dass entscheiden darf!
Im Baskenland wissen alle nur zu gut, dass die Machthaber in Madrid nicht mit der Wimper zucken, wenn es darum geht 20 oder 30 Prozent des Wahlvolkes (oder mehr) auszuschließen, indem Parteien illegalisiert, die Wahloptionen dezimiert und in der Folge gewünschte Ergebnisse erzielt werden. Zehn Jahre lang erlebte das Baskenland diese Situation mit der Illegalisierung der baskischen Linken. Gleichzeitig haben sich die spanischen Regierungen in den vergangenen Jahrzehnten unter dem Vorwand der „Terrorismus-Bekämpfung“ mit einer Vielzahl von Ausnahmegesetzen ausgestattet, die praktisch jede denkbare repressive Maßnahme möglich macht. Damit rückt das Vorbild Türkei erneut ins Zentrum der Betrachtung.
Die Ausgangslage für die Wahlen ist einfach: Würden dieselben Parteien, die heute im katalanischen Parlament vertreten sind, erneut zur Wahl antreten, könnte das Ergebnis noch deutlicher zugunsten der republikanischen Kräfte ausfallen. Daran kann eine spanische Regierung keinerlei Interesse haben. Folglich werden vor diesem „Wahlgang“ Maßnahmen zu erwarten sein, die geeignet sind, eine Bestätigung der republikanischen Stärke zu verhindern. Die ersten Schritte auf diesem Weg sind bereits unternommen. Die bisherigen und aus spanischer Sicht amtsenthobenen Regierungsmitglieder sollen vor der spanischen Justiz erscheinen. Ihnen drohen hohe Haftstrafen, Amts- und Berufsverbot sowie der wirtschaftliche Ruin. Die katalanische Polizei wurde praktisch gleichgeschaltet, Katalonien wird aus Madrid regiert.
Post- und Neofaschisten
Die spanische Rechte bzw. Ultrarechte hat bereits den Wahlkampf begonnen und feiert schon ihren Sieg. „Wer von den verfassungstreuen Parteien die meisten Stimmen erhält, soll die Regierung bestimmen“, wurde von der rechten Partei Ciudadanos als Parole ausgegeben. Le Pen Senior und andere europäische Faschisten haben sich die „unteilbare Einheit Spaniens“ ebenfalls lautstark auf die Fahnen geschrieben. Jede Demonstration für die „Einheit“ endet mit Gewalt, Übergriffen und Führergrüßen.
Nicht zu vergessen, dass dieselbe Regierung, die aktuell so konsequenmt auf Recht, Gesetz und Verfassung besteht, sich seit 10 Jahren in einem Sumpf von Korruption befindet, der die allerhöchsten Führungsriegen längst erreicht hat: Rajoy, Schatzmeister, Königshaus. Dieselbe Regierung, die von Amnesty International für ihre rassistische Flüchtlingspolitik kritisiert wird. Dieselbe Regierung, die von der UNO für das illegale Amnestie-Gesetz von 1977 kritisiert wird, mit dem alle franquistischen Kriegsverbrechen ungesühnt blieben. Eine Regierung, die nicht den Finger krümmt, um die mindestens 110.000 Toten aus der Erde zu heben, die aus der Zeit der Diktatur noch in Massengräbern liegen. Die Regierung eines Staates, der baskische Gefangene gesetzwidrig Hunderte von Kilometern von ihrem Wohnort entfernt einsperrt und die den baskischen Friedensprozess zu sabotieren versucht, wo sie kann. Die Regierung eines Staates, der seit 60 Jahren durch systematische Folter bekannt ist. Dieser Staat steht dem katalanischen Wunsch nach einer sozialen Republik gegenüber.
Wahloptionen
Möglicherweise werden sich gar nicht alle republikanischen Parteien an der „Wahl“ beteiligen. Die sozialdemokratische ERC, zuletzt in Wahlkoalition mit den Konservativen von der PdeCat, hat ihre Teilnahme bereits signalisiert, die bürgerliche PdeCat von Puigdemont ebenfalls. Sie wollen sich durch die Wahlen auf ihrem Weg bestätigen lassen. Die linke CUP will eine solche Entscheidung ihrer Basis überlassen. Doch bleiben bis zu den Wahlen fast acht Wochen. Sollten die angedrohten Maßnahmen umgesetzt und Dutzende von Politikern verhaftet werden, könnte sich die Bereitschaft zur Wahlteilnahme noch einmal verändern. Jedwede Einmischung der spanischen Justiz in den katalanischen Wahlprozess könnte zu Situationen führen, die im Baskenland hinlänglich bekannt sind: in einem Ort in Gipuzkoa wurde die baskische Linke für illegal erklärt, gültig blieben bei einer Kommunalwahl nur vier Stimmen für die postfranquistische PP, die somit im 600-Seelen-Ort die Bürgermeisterin stellte.
Austritt
Einen Tag nach dem Beginn der katalanischen Republik und der Aktivierung des Artikels 155 hat Gema Zabaleta, baskische Sozialdemokratin und ehemalige baskische Senatorin für Soziales, aus Protest gegen die spanischen Repressions-Maßnahmen ihren Austritt aus der Partei erklärt. Vor allem aber aus Protest gegen die Parteiführung, die die antikatalanische Repression mitträgt.
Fußball verbindet
Ein großer Zufall war es, dass der FC Barcelona ausgerechnet einen Tag nach der historischen Ausrufung der katalanischen Republik im Baskenland gegen Athletic Bilbao antreten durfte. Nirgendwo anders als im Baskenland hat die katalanische Bewegung derartige Sympathie und Unterstützung erlebt. Und in keinem anderen Stadion der Liga (außer in Girona) wäre das katalanische Starteam mit Beifall begrüßt worden. Daneben gab es im Stadion San Mames unter den baskischen Fans ein kleines katalanisches Fahnenmeer, trotz Drohung durch den Ligaverband. Auf den Straßen Bilbaos wurden die Fans von Barca herzlicher empfangen als je zuvor, sie hatten ausreichend Gelegenheit, sich auch in die pro-katalanischen Solidaritäts-Kundgebungen zu mischen (2). In der Kneipenmeile, wo sich die einheimischen Fußballfans üblicherweise vor den Spielen treffen, wurden katalanische Fähnchen verteilt. Dass das Spiel aus Bilbao-Sicht mit 0:2 verloren ging, war dennoch kein Gastgeschenk, sondern von katalanischer Seite hart erarbeitet. Wie die Republik.
ANMERKUNGEN:
(1) An dieser Stelle ist ausdrücklich von der Autonomen Gemeinschaft Baskenland die Rede (Araba, Bizkaia und Gipuzkoa), die politische Situation im ebenfalls baskischen Navarra ist anders.
(2) Artikel Baskinfo (Link)
(3) Fotoserie zu Solidaritäts-Kundgebung Bilbao (FAT)
ABBILDUNGEN:
(*) Solidaritäts-Kundgebung Bilbao (FAT)