M1titel
Illegalisierung, Angriffe, Attentate, Polizeimorde

Jahrestage sind ein willkommener Anlass, Blicke in die nahe oder ferne Vergangenheit zu werfen. Heute vor 500, 140 oder 15 Jahren – was geschah damals? Was hat das mit der Gegenwart zu tun? Die Sammlung baskischer Jahrestage aus dem Monat März mit wichtigen Weltereignissen als Hintergrund erzählt selbstverständlich keine zusammenhängende Geschichte. Vielmehr bietet sie Bruchstücke, die bei genaueren Blicken in die Geschichte eine Verbindung zeigen. Es sind Schlaglichter, die zur Vertiefung anregen.

Baskische Geschichten und Geschichte vor dem Hintergrund der Weltgeschichte, anhand gesellschaftlicher und politischer Ereignisse, deren Gemeinsamkeit ist, dass sie alle im März stattfanden: Polizeischüsse in Gasteiz, Attentat in Madrid-Atocha, Bombardierung von Durango, Exilregierung in Paris.

2-März

Beginnen wir in Katalonien. Am 2. März 1974 wurde in Barcelona der 1948 geborene anarchistische Freiheitskämpfer Salvador Puig Antich mit der Garrote (1) hingerichtet. Als Sohn eines republikanischen Flüchtlings organisierte er unter dem Eindruck der Ereignisse im Mai 1968 in Paris eine Untergrund-Gruppe, die Banken ausraubte und politische Gefangene unterstützte. Das Todesurteil wurde von einem Militärgericht gefällt und war geprägt vom Rachedurst des franquistischen Regimes nach dem erfolgreichen ETA-Attentat auf den Regierungschef, persönlichen Vertrauten und designierten Nachfolger Francos, den Admiral Luis Carrero Blanco (2), am 20. Dezember 1973. Der Fall erregte internationale Aufmerksamkeit.

3-März

M2m3Der Diktator Franco war noch keine fünf Monate tot, als sich in der baskischen Industrie- und späteren Hauptstadt Vitoria-Gasteiz eine Arbeiter- und Streikbewegung formierte. Weil es noch keine legalen Gewerkschaften gab, organisierten sich die Streikenden in öffentlichen Vollversammlungen, die teilweise in Kirchen stattfanden. Auch am 3. März 1976 im Stadtteil Zaramaga in der San Francisco Kirche. Dort trafen sich 500 Personen, außerhalb der Kirche warteten weitere 1.000, weil der Raum zu klein war. Die spanische Polizei war mobilisiert und ging brutal gegen die Streikenden vor. Durch die Fenster wurden Rauchbomben in die Kirche geworfen, die Flüchtenden wurden außerhalb mit scharfen Schüssen erwartet. Dabei wurden fünf Personen erschossen, bei späteren Protesten zwei weitere. Die verantwortlichen Minister waren die Altfranquisten Manuel Fraga Iribarne und Martin Villa. Bis heute ist dieses Polizei-Massaker, das ganz gezielt geplant und organisiert war, juristisch nicht aufgearbeitet.

Im Jahr 1996 gewann die postfranquistische Rechtspartei PP die spanischen Parlamentswahlen, mit 39% der Stimmen gegenüber 38% der Sozialdemokraten. Die Vereinigte Linke Izquierda Unida kam auf immerhin 10,5%. José Maria Aznar wurde nach 14 Jahren Gonzalez-Regierung zum Ministerpräsidenten gewählt und übernahm das Amt bis 2004.

5-März

Im Jahr 2013 starb der venezolanische Regierungschef und Anführer der Bolivarianischen Revolution, Hugo Chavez, nach mehrfachen Chemotherapien an Krebs. Kaum ein Thema entzweit die baskische Politik seither wie Venezuela und der Chavez-Nachfolger Maduro. Von der baskischen Linken wird er unterstützt als legitime und demokratisch gewählte Kraft. Die baskische Rechte, samt Sozialdemokraten und Postfranquisten, stehen auf der Seite der Opposition und verteidigen auch putsch-ähnliche Vorgänge gegen die offizielle Regierung.

6-März

In der Altstadt von Bilbao, Portal de Zamudio, wurde am 6. März 1904 Jose Antonio Aguirre geboren. In jungen Jahren spielte er Fußball bei Athletic Bilbao, später wurde er zum Politiker der baskisch-nationalistischen Partei PNV. Nach dem Militärputsch der Generäle um Franco entschied sich die republikanische Regierung in Madrid, dem Baskenland (ohne Navarra) ein Autonomie-Statut einzuräumen. Manche Historiker*innen deuten dies als republikanisches Entgegenkommen, um die Bask*innen auf der Seite der Republik zu halten, was tatsächlich auch geschah. Aguirre wird am 7. Oktober 1936, zweieinhalb Monate nach dem Putsch, zum ersten Ministerpräsidenten der baskischen Geschichte gewählt.

7-März

In Ziburu (frz: Ciboure) an der nordbaskischen Atlantikküste wurde am 7. März 1875 Joseph Maurice Ravel geboren, der zu einem der berühmtesten baskischen Komponisten werden sollte. Er gilt als Hauptvertreter des Impressionismus in der Musik, sein bekanntestes Werk ist das ursprünglich als Ballettmusik konzipierte Orchesterstück Boléro.

In Arrasate-Mondragon wird 2008 der PSOE-Politiker Isaias Carrasco von einem ETA-Kommando erschossen. In den 1980er Jahren hatte die Untergrund-Organisation ihre Strategie geändert: Nicht nur militärische und polizeiliche Ziele sollten verfolgt werden, auch staatstragende Politiker*innen wurden als Ziele definiert. Das Attentat gegen Carrasco führte nicht nur in der Welt der bürgerlichen Parteien zu einem Aufschrei, auch in der baskischen Linken wurden Stimmen des Unverständnisses laut, denn der PSE-Politiker war eine politisch unbedeutende Figur. Außerdem hatte er ausdrücklich auf Bodyguards verzichtet, ein leichtes Ziel also.

8-März

M3m8Internationaler Tag der arbeitenden Frauen. Im Jahr 2018 gab es im Baskenland (und in einigen weiteren Städten des Staates) nicht nur Demonstrationen für die Rechte der Frauen, sondern einen Aufruf zum Generalstreik, der von allen baskischen Gewerkschaften unterstützt wurde. Auch 2019 wurde der Aufruf zum Generalstreik wiederholt. Dieser Streik sollte sich nicht nur auf bezahlte Lohnarbeit beziehen, sondern auch auf Erziehungs- und Pflegearbeit, gleichzeitig war er mit einem Konsumstreik verbunden. Beide Streiktage wurden zu einem großen Erfolg, zu dem insbesondere viele junge Mädchen und Frauen beitrugen.

9-März

1980 * Bei den ersten postfranquistischen Regionalwahlen im Baskenland wurden 60 Abgeordnete gewählt, jeweils 20 aus den Provinzen Araba (Álava), Bizkaia (Vizcaya) und Gipuzkoa (Guipuzcoa). Stimmenverteilung: PNV 38%, Herri Batasuna 16%, PSOE 14%, EE (sozialdemokratisch) 10%, UCD (postfranquistisch) 8%, AP (postfranquistisch) 5%, EPK (kommunistisch) 4%.

M4monzonIn Baiona (frz: Bayonne) starb am 9. März 1981 der im Jahr 1904 geborene Telesforo Monzón, ein Politiker der baskisch-nationalistischen Partei PNV, der die baskische Politik seit der Zweiten Republik von 1931 und dem Spanienkrieg maßgeblich beeinflusste. Während des Krieges war Monzón Mitglied der baskischen Autonomie-Regierung und organisierte die provisorische Armee zur Verteidigung von Bizkaia und der Republik. Nach dem Fall von Bilbao im Juni 1937 musste er ins Exil im französischen Nordbaskenland, wo er Strukturen zur Unterstützung von baskischen Flüchtlingen aufbaute. In den 1960er Jahren sympathisierte er mit der neu entstandenen Bewegung um ETA, die er als Fortsetzung der baskischen Armee der 1930er Jahre ansah. Obwohl er weiter der PNV angehörte, bekannte er sich offen zum bewaffneten Kampf. Nach Francos Tod versuchte er vergeblich, eine breite nationalistische Union zwischen links und rechts aufzubauen. Er verließ die PNV und war Mitgründer der links-abertzalen Plattform Herri Batasuna.

10-März

Noch unter klar franquistischen Vorzeichen kam es 1972 in El Ferrol (Galicien) zu Demonstrationen von Tausenden von Werftarbeitern. Ähnlich wie vier Jahre später in Vitoria-Gasteiz am dritten März, schoss die Polizei am 10. März in die Menge und tötete zwei Arbeiter. Es war weder der erste noch der letzte Streik während der Zeit des Franquismus, bereits in den 1940er Jahren begannen örtliche Streiks. Zum Beispiel 1966 in Etxebarri nahe Bilbao, als es in einem Stahlwalzwerk wegen umstrittener Entlassungen zum längsten Streik in der Geschichte des Franquismus kam, bei dem ausgerechnet Frauen eine tragende Rolle spielten.

11-März

M5atochaAm 11. März 2004, genau dreieinhalb Jahre nach dem Anschlag auf die New Yorker Twin Towers, kam es am Bahnhof Madrid-Atocha zu mehreren folgenschweren Anschlägen auf Vorstadtzüge. Die Folge waren 191 Tote und Hunderte von Verletzten. Die spanische Regierung unter Aznar machte sofort ETA für diese willkürlichen Terroraktionen verantwortlich, obwohl wichtige Indizien von Beginn an gegen diese These sprachen und sich die baskische Linke sofort deutlich distanzierte. Hintergrund der Lüge mit ETA waren die vier Tage später stattfindenden spanischen Parlamentswahlen. Die Behauptung der ETA-Täterschaft sollte den Postfranquisten den Wahlsieg sichern. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Als immer deutlicher wurde, dass Islamisten die wirklichen Urheber der Anschläge waren, wendete sich das Pendel und bescherte dem Sozialdemokraten Zapatero eine unerwartete Mehrheit und den Posten als Ministerpräsidenten.

12-März

Am 12. März 1956 wurde der baskische Exilpolitiker Jesús Galindez aus seinem Apartment in New York entführt. Der 1915 in Amurrio (Araba) geborene Galindez hatte Jura studiert, war 1932 in die PNV eingetreten und nach dem Krieg in die USA geflüchtet. 1956 war er im Begriff, an der Columbia University seine Doktorarbeit zu beenden, mit dem Titel: “Die Ära Trujillo: Eine Fallstudie hispanoamerikanischer Diktatur“. Gemeint war Rafael Trujillo, der als Diktator der Dominikanischen Republik von 1930 bis 1961 an der Macht war. Galindez plante, die Arbeit als Buch zu veröffentlichen, doch kam ein Kommando des dominikanischen Geheimdienstes dazwischen. Es wird davon ausgegangen, dass Galindez in die Dominikanische Republik verschleppt und dort umgebracht wurde.

13-März

M6berrueta2004 * Zwei Tage nach dem verheerenden Anschlag auf die Vorstadtzüge in Madrid-Atocha (am 11. März 2004) wurde in Iruñea-Pamplona der Bäcker Ángel Berrueta Legaz von einem ultrarechten Nationalpolizisten erschossen. Die Frau des Polizisten war in die Bäckerei gegangen und hatte den Besitzer aufgefordert, ein Plakat aufzuhängen, auf dem ETA für die tödlichen Anschläge in Madrid verantwortlich gemacht wurde. Berrueta weigerte sich. Daraufhin eilten der Polizist und sein Sohn in den Laden. Nach einer Diskussion stach der Sohn auf den Bäcker ein, der Polizist schoss mit seiner Dienstwaffe vier Mal. Beide Täter wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt, von denen sie nur einen kleinen Teil absaßen.

14-März

Am 4. März im Jahr 1970 des Franquismus kam es in Iruñea-Pamplona während einer Demonstration gegen das neue franquistische Erziehungs-Gesetz zu Festnahmen. Einer des Verhafteten war Javier Escalada, der zehn Tage später an den Folgen der Folter starb, die er in einem Polizei-Kommissariat erlitten hatte. Escalada war einer von geschätzten 10.000 Fällen von Folter gegen Baskinnen und Basken, die bis heute nicht aufgeklärt bzw. juristisch bearbeitet sind.

15-März

M7gursAm 15. März 1939, zwei Wochen vor dem endgültigen Sieg der Franquisten und sechs Monate vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, wurde neben der Grenze des französischen Baskenlandes (in der Region Bearn) von der französischen Regierung das Aufnahmelager Gurs eingerichtet. Es sollte republikanische Flüchtlinge aus dem Spanienkrieg aufnehmen, darunter viele Basken. Später, nach der Nazi-Besetzung Frankreichs, wurde Gurs zum Konzentrationslager, in das neben republikanischen Flüchtlingen auch Juden und Jüdinnen aus Süddeutschland deportiert wurden, die später in die Vernichtungslager im Osten verschubt wurden. Die Anlage wurde später abgerissen, eine Reihe von Baracken jedoch als Ausstellungsräume wiederaufgebaut. Der jüdische Friedhof erinnert an die Opfer des Holocaust, auch acht Gräber von Republikanern sind dort zu finden.

In Laudio in der Provinz Bizkaia wurde am 15. März 1957 Juan José Ibarretxe geboren. Ibarretxe war für die PNV baskischer Ministerpräsident in den Jahren 1999 bis 2009. In dieser Funktion erlebte er den Pakt von Lizarra-Garazi. Ein Plan zur Reformierung des baskischen Autonomie-Statuts trug seinen Namen, bis es vom spanischen Parlament abgeschmettert wurde. Im Gegensatz zur offiziellen Parteiposition ist Ibarretxe ein glühender Verfechter des Rechtes auf Selbstbestimmung und einer baskischen Unabhängigkeit.

16-März

Zusammen mit anderen ETA-Mitgliedern gerät Jon Ugutz Goikoetxea, “Txapela” genannt, am 16. März 1972 in der Stadt Elizondo in den Vorpyrenäen in eine Kontrolle der Guardia Civil. Es kommt zu einem Schusswechsel, die ETA-Leute fliehen in Richtung Berge. Wenige Stunden später wird Goikoetxea kurz vor dem Grenzübertritt erneut von der Polizei gestellt und tödlich in den Rücken geschossen. Bemerkenswert ist, dass der Bruder des Getöteten 13 Jahre später ebenfalls einen gewaltsamen Tod erlitt. Das geflüchtete ETA-Mitglied Mikel Goikoetxea wurde 1983 in Donibane Lohizune (frz: Saint Jean de Luz) von einem Kommando der Todesschwadrone GAL erschossen, die es von 1983 bis 1987 gezielt auf südbaskische Flüchtlinge abgesehen hatten und bei denen die Guardia Civil und gekaufte Söldner eine wichtige Rolle spielten. Die GAL-Gruppen wurden nachweislich heimlich von der spanischen Regierung unter Felipe Gonzalez finanziert.

M8leizaolaDer 1896 geborene Jesús María Leizaola war PNV-Politiker und Regierungsmitglied der ersten baskischen Autonomie-Regierung in der Kriegszeit nach 1936. Leizaola war zuständig für Sicherheit, Justiz und Kultur. Mit dem Ministerpräsidenten Aguirre zusammen ging er ins Exil, nach dessen Tod 1960 wurde er zum Exil-Präsidenten gewählt. In den 1960er Jahren erlebte er das Aufkommen einer neuen baskischen Widerstands-Bewegung, die sich ETA nannte und die sich aus jungen Parteimitgliedern der PNV zusammensetzte, die mit der Exilpolitik ihrer Partei nicht einverstanden waren. Mehrfach führte er Diskussionen mit den ersten ETA-Verantwortlichen. 1974, in der Endphase des Franquismus, erregte er einiges Aufsehen, als er unter falschem Namen für einen Tag zum baskischen Nationalfeiertag Aberri Eguna nach Gernika kam. Nach dem Tod Francos 1975 und dem Beginn von Verhandlungen über ein neues Autonomie-Statut innerhalb einer neuen spanischen Verfassung hielt er sich im Hintergrund und blieb vorläufig in seinem Exilort, Donibane Lohizune (Saint Jean de Luz). Erst nach der Verabschiedung dieses neuen Statuts, erst durch Volksbefragung im Baskenland, dann durch Kongress und Senat in Spanien, kehrte er zurück. Bei den ersten Regionalwahlen im März 1980 wurde er für seine Partei zum Alterspräsidenten gewählt. Somit kam ihm die Ehre zu, die erste Parlamentssitzung in Gernika zu leiten und den ersten Redebeitrag im neuen baskischen Parlament zu halten. Kurz darauf zog er sich vom politischen Leben zurück und konzentrierte sich auf seine lebenslange Arbeit um die baskische Sprache Euskara. Leizaola starb am 16. März 1989 im Alter von 92 Jahren.

19-März

Während am 19. März 2011 in Libyen der Krieg der Westmächte gegen Gaddafi begann, erhielt in Bilbao-Miribilla der baskische Lieblingssport seine Krönung. Im erst vor wenigen Jahren neugebauten Stadtteil wurde der größte Fronton des Baskenlandes eingeweiht: die Bizkaia Arena. Bei Frontons handelt es sich um jene Sportstätten, in denen der baskische Volkssport Pelota gespielt wird. Mit der Hand, mit Holzschläger oder mit gekrümmtem Korb an der Hand.

22-März

M9agirreAm 22. März 1960 starb José Antonio Aguirre, der erste baskische Ministerpräsident, in seinem Exil-Ort Paris. Aguirre war am 7. Oktober 1936 in Bilbao zum Lehendakari gewählt worden und musste im Juni 1937 nach dem Einmarsch der Faschisten in Bilbao ins Exil gehen. Aguirres politische Strategie im Exil war, den Kampf der Resistance und der Alliierten gegen Italien und Nazideutschland zu unterstützen, um die Alliierten dazu zu bewegen, nach dem Sieg gegen Hitler auch Franco anzugreifen. Diese Formel scheiterte, weil Franco für die Westmächte zu einem wichtigen Verbündeten im von Anti-Kommunismus geprägten Kalten Krieg wurde. Das Scheitern seiner Politik animierte jüngere Anhänger seiner PNV-Partei dazu, mit ETA eine neue Bewegung aufzubauen. Aguirres Nachfolger als Exil-Lehendakari war Jesús María Leizaola.

Im Hafen von Pasaia (Gipuzkoa) wurden vier linke Aktivisten in einen Hinterhalt gelockt und erschossen, der Fall ist bis heute juristisch ungeklärt. An jenem 22. März 1984 fuhren nachts fünf Personen heimlich mit dem Schlauchboot vom Nordbaskenland nach Pasaia. Im Vorfeld hatte die Polizei eine Freundin der Aktivisten festgenommen und gefoltert bis sie Aussagen über die nächtliche Fahrt ihrer Kollegen machte. So mussten die Beamten von der Nationalpolizei nur zu gegebener Zeit warten, um bei der Ankunft des Boots sofort loszuschlagen. Vier Mitglieder der damals aktiven Autonomen Antikapitalistischen Kommandos (Comandos Autónomos Anticapitalistas - José Mari Izura, Rafael Delas, Pedro Mari Isart y Dionisio Aizpuru) wurden unmittelbar getötet, einer überlebte und wurde festgenommen. Die an der Exekution beteiligten Polizisten wurden nie belangt.

23-März

Nach fast 10 Jahren Illegalisierung nahezu aller Organisationen der baskischen Linken legten bekannte Persönlichkeiten am 23. März 2010 die Statuten einer neuen Partei vor, die alle Bedingungen des sogenannten Parteiengesetzes berücksichtigten, mit dem die Illegalisierung von Seiten der spanischen Regierung und Justiz vollzogen worden war. Trotz diesem Kniefall verweigerte das Oberste Spanische Gericht (Tribunal Supremo, TS) der neuen abertzalen Partei Sortu die Einschreibung ins Parteienregister, weil sie als Nachfolge der illegalisierten Partei Batasuna betrachtet wurde. Es folgte eine juristische Auseinandersetzung, an deren Ende Sortu für legal erklärt wurde, weil ETA in der Zwischenzeit einen glaubhaften definitiven Gewaltverzicht erklärt hatte. Sortu ist heute Teil einer Wahlkoalition mit EA und Alternatiba, die bei Wahlen auf 25 bis 30% der Wahlstimmen kommt.

24-März

Aufarbeitung des Spanienkrieges im Baskenland. Im Rahmen des Exhumierungs-Programms der baskischen Regierung und in deren Auftrag exhumierte die wissenschaftliche Gesellschaft Aranzadi in Lemoa (span: Lemona) in der Provinz Bizkaia am 24. März 2018 einen Milizionär aus dem Spanienkrieg. Durch Abzeichen, die im Grab mitten im Wald gefunden wurden, konnte der Gudari – so der baskische Begriff für Soldaten – als Asturier identifiziert werden. Zur Verstärkung der baskischen Einheiten waren 1937 auch Milizionäre aus Asturien zur Verteidigung Bilbaos eingesetzt. Die UNO schätzt, dass im spanischen Staat noch mehr als 110.000 Kriegstote und in der Folgezeit Erschossene in verstreuten Einzel- und Massengräbern in der iberischen Erde liegen – mehr als 80 Jahre danach.

26-März

Bei den neunten Wahlen zum baskischen Regional-Parlament am 26. März 2009 erreichte die christdemokratisch-nationalistische PNV 30 Sitze, die Sozialdemokraten der PSE 25, die postfranquistische PP 13. Die Wahlplattform der baskischen Linken konnte nicht teilnehmen, weil sie für illegal erklärt worden war. Somit blieben 15 bis 20% der Wahlberechtigten ohne Wahloption, was zu einer starken Verzerrung des realen politischen Panoramas und folglich zur Wahl des sozialdemokratischen PSE-Kandidaten Patxi Lopez zum Ministerpräsidenten führte, der es mittels einer Tolerierung durch die rechte PP zu einer Mehrheit brachte.

27-März

Die alliierten US-Luftstreitkräfte bombardierten am 27. März 1944 in einem als “Ablenkungsaktion“ bezeichneten Angriff die von den Nazis besetzten baskischen Städte Biarritz (Miarritze) und Anglet (Angelu). Dabei warfen 40 Flugzeuge insgesamt 125 Tonnen Bomben ab, 115 baskische Zivilist*innen wurden getötet, mehr als 250 verletzt.

M10ilegalAm selben Märztag des Jahres 2003 bestätigte das Oberste Spanische Gericht (Tribunal Supremo) die Illegalisierung von Organisationen und Parteien der baskischen Linken. Starrichter Baltasar Garzón hatte mit der aus juristischer Sicht fragwürdigen Feststellung “Alles ist ETA“ die Illegalisierung auf dem Weg gebracht und damit auf Jahre hinaus Jahre Zeichen gesetzt. Die Aznar-Regierung schob ein Parteiengesetz hinterher, das genau auf die baskische Koalition Herri Batasuna zugeschnitten war: Verbot. In den Folgejahren wurden sämtliche Versuche der baskischen Linken, neue Wahlplattformen mit neuen Kandidat*innen zu gründen als “Nachfolge-Organisationen“ deklariert und ebenfalls illegalisiert. Den theatralen Höhepunkt dieser Praxis, das 20 bis 30% der Wahlberechtigten die Wahloption nahm, bildeten Wahlen, bei denen ein Teil der Kandidat*innen der traditionellen Partei ANV als “verseucht“ erklärt wurden, andere sich jedoch zur Wahl stellen durften.

31-März

M11durangoSpanienkrieg im Baskenland: 1936, 1937. Emilio Mola, der Statthalter der aufständischen Generäle an der Nordfront, blies Anfang März zum erneuten Angriff im Baskenland. Zum wiederholten Mal wurde am 31. März 1937 die baskische Kleinstadt Durango in Bizkaia aus der Luft angegriffen, in diesem Fall von italienischen Bombenflugzeugen. Ziel war das Stadtzentrum mit der Kirche, in der gerade ein morgendlicher Gottesdienst stattfand. Kirche und Umfeld wurden zerstört, zwischen 248 und 336 Menschen starben. Weil nicht wie einen Monat später in Gernika ein ausländischer Reporter umgehend über diesen Angriff auf die Zivilbevölkerung berichtete, erfuhr dieses Kriegsverbrechen kaum Aufmerksamkeit und steht bis heute im Schatten der Nachbarstadt Gernika, die genau 26 Tage später auf der Angriffsliste der Faschisten stand. Seltsamerweise wird auf dem Friedhof von Durango in einer Kapelle an republikanische und franquistische Kriegstote gemeinsam erinnert – als wären nicht die einen Opfer und die anderen Täter gewesen.

Genau 43 Jahre nach der verheerenden Bombardierung Durangos, am 31. März 1980, konstituierte sich in Gernika im historischen Parlamentsgebäude “Casa de Juntas“ die erste baskische Regierung nach dem Franquismus. In den Jahren zuvor war mit dem Zentralstaat ein neues Autonomie-Statut ausgehandelt worden. Den Vorsitz bei dieser konstituierenden Sitzung hatte Jesús María de Leizaola, der 1960 José Antonio Aguirre als baskischen Exil-Präsident abgelöst hatte und Ende 1979 ins Baskenland zurückgekehrt war.

In unmittelbarer Nähe des navarrischen Dorfes Uharte Arakil, 35 Kilometer von Pamplona entfernt, übersah am 31. März 1997 der Führer des vollbesetzten Intercity-Zuges Barcelona-Hendaia die Geschwindigkeits-Begrenzung, das Gefährt flog mit völlig überhöhtem Tempo aus den Gleisen. Lokomotive und vier Waggons türmten sich auf, von den 248 Passagieren starben 22, verletzt wurden 115. Nur der erste Waggon bliebt unversehrt.

ANMERKUNGEN:

(1) Eine Garrotte (auch Garrota, auf Deutsch auch Halseisen, Würgeisen oder Würgschraube genannt) ist eine Vorrichtung, bei dem der zum Tode Verurteilte an einen Holzpfahl gefesselt wird. Im Gegensatz zum Abschnüren der Halsschlagader erfolgt bei der Garrotte ein Zusammenpressen der Luftröhre. Das Opfer wird erdrosselt, der Tod tritt langsam durch Ersticken ein. In frühen Versionen legte der Henker eine Schlinge von hinten um den Hals des Opfers, die er mittels eines Stocks langsam zudrehte. Später wurde die Schlinge durch ein Metallband ersetzt, das lediglich zum Fixieren diente. Dem Opfer wurde von hinten eine Metallschraube ins Genick gedreht, wodurch der Tod in der Regel augenblicklich eintrat. Die Garrotte wurde und wird auch heute noch als Folterinstrument verwendet. (Wikipedia)

(2) Luis Carrero Blanco, franquistischer Politiker und designierter Nachfolger von Franco, wurde 1973 von ETA mit einer Autobombe getötet, was die Nachfolgeordnung der spanischen Diktatur durcheinander brachte. Artikel bei baskultur.info: “21. Dezember: Argala / Carrero – Im Schicksal vereinte Feinde“ (LINK)

ABBILDUNGEN:

(1) Dritter März Gasteiz (3M)

(2) Dritter März Gasteiz (3M)

(3) Frauenstreik (FAT)

(4) Telesforo Monzon (wikipedia)

(5) Anschlag Atocha (bbc)

(6) Angel Berrueta (canalla)

(7) KZ Gurs

(8) Jesús María Leizaola (wikipedia)

(9) Juan Antonio Agirre (euskadi.eus)

(10) Illegalisierung (abc)

(11) Bombardierung Durango

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2020-02-28)

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