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Baskische Fußballer auf Erfolgskurs

Deportivo Alavés ist kein Fußball-Club mit großer Tradition. Die meiste Zeit seiner Existenz verbrachte der Verein in den Divisionen zwei, drei und vier. Vier Mal gelang der Aufstieg in die erste Liga, zuletzt 1998 und 2016. Diese letzten beiden Höhepunkte der Vereins-Geschichte waren gekrönt von den bisher größten Club-Erfolgen: 2001 durch den Einzug ins UEFA-Cup-Finale gegen Liverpool und 2017 mit dem spanischen Pokal-Finale. Im bevorstehenden Endspiel wartet am 27. Mai der große FC Barcelona.

Deportivo Alavés, das baskische Sensationsteam, das 2001 ins UEFA-Cup-Finale kam, steht überraschend im Endspiel des spanischen Fußball-Pokals, nur 8 Monate nach dem Wiederaufstieg in die 1. Liga.

Deportivo Alavés? Noch nie gehört! So erging es europäischen Fußballfans Ende der 90er-Jahre reihenweise, als dieser Club ohne große Vorgeschichte 1998 nach 42 Jahren wieder in die spanische Primera División aufgestiegen war. Zwei Jahre später gelang dem Team das Kunststück, sich mit einem sechsten Platz hinter Meister La Coruña, FC Barcelona, Valencia CF, Real Zaragoza und Real Madrid für Europa zu qualifizieren. Kein Wunder, dass bei den Auslosungen der UEFA-Wettbewerbe niemand die baskischen Europacup-Neulinge auf der Rechnung hatte. (1)

Niedergang und Aufstiegalaves02

Sechzehn Jahre später gelang den „Babazorros“ – so der Spitzname des Teams – ein ähnlicher Erfolg: sie erreichten das spanische Pokal-Finale. Zwischen den beiden Highlights lagen Abstiege, Skandale, Krisen und Fehlplanungen. Denn bereits zwei Jahre nach dem Europa-Hit stand Abstieg auf der Tagesordnung. Dazu trug ein Präsidentenwechsel bei, der Club war von einem ukrainischen Millionär gekauft worden, der mit seiner Profilneurose bereits bei Racing Santander gescheitert war. Bei Alavés trieb er es soweit, sich selbst auf die Trainerbank zu setzen. Sie hätten es besser wissen können in Gasteiz, aber lockendes Geld machte blind.

Das Team wurde in die dritte Liga durchgereicht, der Club musste Konkurs anmelden und stand vor dem Verschwinden. Jahrelange Klagen gegen den Ex-Präsidenten folgten, bis im Sommer 2016 nach zwei Aufstiegen in drei Jahren wieder erste Liga angesagt war. Die Leistung bisher war zufriedenstellend, ein ordentlicher Mittelplatz, mit dem kaum jemand gerechnet hatte. Und dann plötzlich das Cup-Finale! Die Gegner waren zugegebenermaßen nicht die schwersten – Tarragona, La Coruña, Alcorcón – erst im Halbfinale standen mit Celta Vigo die Bezwinger von Real Madrid gegenüber. Nach 180 Minuten entschied ein einziges Tor, das Alavés ins Finale brachte.

Das UEFA-Finale

Auch vor dem 98er-Aufstieg mit anschließendem Europa-Cup-Erfolg war eine lange Durststrecke gelegen, elf Jahre zuvor war der Club noch viertklassig gewesen. Athletic Bilbao und Real Sociedad San Sebastian, auch Osasuna aus Pamplona waren und sind weit über das Baskenland hinaus bekannte Namen. Aber Alavés? Der 1921 gegründete Verein aus Gasteiz (span: Vitoria) war außerhalb des Baskenlandes kaum jemand ein Begriff. Dies galt auch für die knapp 240.000 Einwohnerinnen zählende Hauptstadt der autonomen Region Baskenland und der Provinz Araba. Doch die „Babazorros" brachten Verein und Stadt auf die europäische Landkarte.

Gaziantepspor, Lillestrøm SK, Rosenborg BK, Inter Mailand, Rayo Vallecano und der 1. FC Kaiserslautern machten allesamt schmerzlich Bekanntschaft mit den Basken. Am 16. Mai 2001 wartete als Belohnung beim Finale des UEFA-Cups gegen Liverpool der Höhepunkt der Vereinsgeschichte.

Aufstieg 1998

alaves03Als „El Glorioso" (die Glorreichen) wurde Alavés gefeiert, als der Club 1998 nach vier Jahrzehnten Abwesenheit wieder ins fußballerische Oberhaus zurückkehren durfte. In der ersten Saison kämpfte man noch gegen den Abstieg und schaffte mit Rang 16 gerade den Klassenerhalt. Doch schon ein Jahr später gewann das Team sensationell im Camp Nou und im Bernabéu. Der baskische Erfolgscoach Mané war ein gewiefter Taktiker und wusste, wie er seine Schützlinge motivieren konnte. Die Underdogs aus der Provinz Araba hatten aber auch international klingende Namen wie den rumänischen Offensiv-Verteidiger Cosmin Contra, den norwegischen Abwehrrecken Dan Eggen oder Jordi Cruyff, den Sohn des holländischen Fußball-Denkmals. (2)

Torjäger Javi Moreno kam am Saisonende mit 22 Treffern auf Platz drei der Schützenliste hinter den Superstars Raúl (24) und Rivaldo (23). Eine solide Mischung. „Wer meint, wir hätten vor Liverpool Angst, der irrt. Wir geben Herz und Seele für diesen Titel. Wir sind bereit der Fußball-Welt zu zeigen, dass auch kleine Vereine erfolgreich sein können", kündigte Alavés-Trainer Mané vor dem Endspiel an.

Neun Tore – ein Finale für die Ewigkeit

Es wurde ein Europacup-Finale für die Ewigkeit. Obwohl die Fans aus dem Baskenland gegenüber den Liverpool-Schlachtenbummlern im ausverkauften Westfalenstadion unterlegen waren, bot ihre Mannschaft eine unglaubliche Partie.

Zur Pause schien beim Stand von 3:1 für die Roten alles entschieden. Treffer von Markus Babbel, Steven Gerrard und Gary McAllister, sowie ein Gegentor von Iván Alonso – was sollte da noch passieren? Die Antwort war ein Doppelschlag von Alavés-Torjäger Javi Moreno zum 3:3-Ausgleich. Robbie Fowler ließ Liverpool mit dem 4:3 erneut in Führung gehen, aber kurz vor Schluss traf Jordi Cruyff zum 4:4 und brachte seine Mannschaft in die Verlängerung.

Der Wahnsinn ging weiter. Der französische Schiedsrichter Gilles Veissière zog dem Außenseiter mit Gelb-Rot für Wechselspieler Magno und Kapitän Karmona den Nerv. Ein Eigentor von Geli in der 117. Minute bedeutet das Liverpooler „Golden Goal", so verpasste Alavés nur knapp das Elfmeterschießen. Am Ende blieben neun Tore, große Freude bei den Siegern und bei den Verlierern viel Stolz über das Erreichte.

Bei neutralen Fans hatten Alavés und die sympathischen Zuschauerinnen aus Gasteiz sowieso rundherum gewonnen. 16 Jahre später greift der Außenseiter nun im Finale des Liga-Pokals gegen den FC Barcelona erneut nach der Sensation. Die aktuellen Helden von Chefcoach Mauricio Pellegrino sind Keeper Fernando Pacheco, Abwehrchef Victor Laguardia, Kapitän Manu García und Goalgetter Deyverson. Vor dem Endspiel gegen die Katalanen werden sie sicherlich an die Heldentaten ihrer Vorgänger erinnert. Der argentinische Trainer könnte von seiner Vergangenheit als Spieler in Barcelona, Valencia, und ausgerechnet bei Liverpool und Alavés erzählen, wo er seine Spielerkarriere mit 35 beendete.

Vor-Finale und Finale

alaves04Wie es der Zufall wollte, musste Alavés nur drei Tage nach dem Halbfinalerfolg gegen Celta Vigo zu Hause gegen den FC Barcelona antreten – eine Generalprobe sozusagen. Mit einem glatten 0:6 als Ergebnis. Eigentlich standesgemäß, obwohl Alavés in der Hinrunde die katalanischen Großkopfeten mit einem 1:2 überrascht und damit Real Madrid an die Spitze geschossen hatte.

Bleibt nur die sprichwörtliche Hoffung, dass nach einer mißglückten Generalprobe die Uraufführung erfolgreich wird. Athletic Bilbao hat es in den vergangenen 6 Jahren drei Mal versucht – und ist jeweils an Barca gescheitert! Bleibt zu hoffen, dass den baskischen Hauptstädtern, bei denen mit Gaizka Toquero nur ein Eigengewächs spielt, das Unternehmen besser gelingt. Ein 5:4 nach Verlängerung zum Beispiel wäre ein sensationelles Ergebnis, das sogar in Eibar, Bilbo, Pamplona und Donostia zustimmendes Kopfnicken hervorrufen könnte.

ANMERKUNGEN:

(1) Deportivo Alaves, Wikipedia

(2) Informationen zum Text aus dem Artikel „Sensationsteam muckt wieder auf“ (Link)

FOTOS:

(1) Deportivo Alavés im Finale (weltfussball.at)

(2) Vereins-Wappen Deportivo Alavés

(3) Der legendäre Antonio Karmona (Alavés)

(4) UEFA-Final-Team Alavés 2001 (Club-Web)

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