ges001Miet-Initiativen leisten Widerstand

Einer organisierten Gruppe aus Mieterinnen und Mietern im bizkainischen Galdakao ist es gelungen, die Zwangsräumung des 68-jährigen Rentners Patxi zu stoppen und der Bank, die eine Zwangsräumung anordnen lassen wollte, eine Sozialwohnung abzutrotzen. Galdakaoko Elkarlaguntza Sarea ist der Name der Gewerkschaft, die sich um Probleme auf dem Markt der Mietwohnungen kümmert und in der sich von Rausschmiss bedrohte Personen organisieren: Netzwerk gegenseitiger Hilfe Galdakao, bekannt unter dem Kürzel GES.

Weil die Preise für Immobilien und Mieten ins Unermessliche steigen, wehren sich immer mehr von Zwangsräumung Betroffene in Mieter-Gewerkschaften und schaffen gemeinsam, was Einzelne niemals erreichen: Erfolge gegen Banken.

ges002Die Aktivist*innen des Basis-Netzwerks Galdakaoko Elkarlaguntza Sarea (GES) gaben am 13. September 2023 bekannt, dass ihr Kampf Früchte getragen hat und der Bewohner der bizkainischen Industrie-Stadt nicht auf die Straße gesetzt wird. Der unabhängigen Mieter-Gewerkschaft ist es gelungen, die baskische Kutxabank dazu zu bringen, eine Zwangsräumung abzuwenden und dem Kreditinstitut gleichzeitig eine alternative Wohnung abzutrotzen. (1)

Beim Netzwerk gegenseitiger Hilfe Galdakao ist die Freude groß, dass der Rentner Patxi in seiner Wohnung bleiben kann. Vertreter*innen von GES warnen jedoch, dass der Kampf gegen eine der größten Bedrohungen der baskischen Gesellschaft noch lange nicht zu Ende ist und fortgesetzt werden muss. Unterstützt von Nachbar*innen und Aktivist*innen anderer sozialpolitischer Gruppen der Stadt gaben Mitglieder der Wohnungs-Gewerkschaft Galdakaoko Elkarlaguntza Sarea (GES) gestern bekannt, dass die von der Kutxabank beabsichtigte Zwangsräumung nach zwei Jahren Konflikt gestoppt wurde. Von Seiten der Gewerkschaft wurde hervorgehoben, dass nicht nur die Zwangsräumung verhindert wurde, sondern als Ergebnis des langen Kampfes auch eine Sozialmiete erreicht werden konnte, die dem Einkommen des betroffenen Rentners angemessen ist. Somit kann dieser Nachbar weiterhin in seiner bisherigen Wohnung im Stadtteil Tximelarre leben.

GES machte deutlich, dass es ein langer Kampf war, der gegen die Zwangsmaßnahme geführt werden musste. Vor einem Jahr machten die Mitglieder der Gewerkschaft den Fall des Anwohners publik. Damals drohte ihm die Zwangsräumung, weil er seine Hypothek bei der Kutxabank, der größten baskischen Bank, mit seiner schmalen Rente nicht mehr bezahlen konnte. Zu Beginn weigerten sich die Verantwortlichen der Bank, mit der GES-Gewerkschaft zu verhandeln. Das sollte sich ändern.

Die Sprecherin von Galdakaoko Elkarlaguntza Sarea erklärte, dass "es nicht die Sensibilität gegenüber sozialen Problemen" gewesen sei, die bei den Verantwortlichen der Kutxabank den Weg zu Verhandlungen ebnete. Vielmehr hätten die Banker ihre sture Haltung aufgegeben, als sie sahen, "dass sie einer mobilisierten Stadt gegenüberstanden und einer gut organisierten Mieter-Gewerkschaft". Neben den GES-Aktivist*innen hätten in Galdakao auch verschiedene Sympathisant*innen, Nachbar*innen und Rentner*innen deutlich gezeigt, dass der Nachbar Patxi angesichts der von der Kutxabank angestrengten Zwangsräumung nicht allein dastehen werde. Sowohl auf der Straße als auch in den Medien wurde auf die fatale Situation des Rentners hingewiesen und ausreichend öffentlicher Druck ausgeübt, um die Zwangsräumung schließlich abzuwenden.

ges003Die Gewerkschaft betrachtet den Kampf gegen Patxis Zwangsräumung als positive Erfahrung, da sie ihrer Meinung nach einmal mehr beweist, dass gemeinsame soziale Organisierung den Schlüssel zur Bewältigung dieser Art von Konflikten darstellt. Gleichzeitig weist die Gewerkschaft darauf hin, dass es sich bei dem vorliegenden Konflikt nicht um einen Einzelfall handelt. Das Wohnungsproblem sei heute eines der Hauptprobleme der baskischen Gesellschaft, und zwar in den unterschiedlichsten Formen: unsichtbare Zwangsräumungen, steigende Mieten und Missbrauch der Mietverhältnisse durch Vermieter.

Bei der Pressekonferenz wurde betont: "Wir wollen deutlich machen, wenn wir gemeinsam kämpfen, können wir erreichen, dass wir in unseren Wohnungen bleiben können. Dafür müssen wir uns organisieren. Wenn wir alleine zur Bank gehen, hört man uns nicht zu. Oder wenn wir unseren Vermieter um einen Preisnachlass bitten, wenn wir es alleine tun, lacht er uns aus. Wenn wir uns jedoch in Miet-Gewerkschaften organisieren, können wir Siege wie den heutigen erringen".

Abschließend wurde daran erinnert, dass die Gewerkschaft ihre Aktivitäten nach der Sommerpause wieder aufnimmt, mit ihren üblichen Versammlungen, zu denen betroffene Personen kommen können, um sich beraten zu lassen. Wieder aufgenommen werden auch die Aktivitäten auf der Straße, zu denen alle eingeladen sind, die mit Wohnungsproblemen konfrontiert sind. Schließlich wiesen die Aktivist*innen von GES darauf hin, dass sie sich in der kommenden Woche treffen, um ihre Teilnahme an den lokalen Fiestas vorzubereiten. Mit dem Erlös des Getränkeverkaufs an einem Fiesta-Stand wird die gewerkschaftliche Arbeit für das nächste Jahr finanziert.

ges004Initiativen wie Galdakaoko Elkarlaguntza Sarea nennen sich zwar Gewerkschaft, sie verstehen sich in ihrer Funktionsweise jedoch nicht wie herkömmliche Gewerkschaften, die für ihre eingetragenen Mitglieder Interessenvertretung übernehmen. GES funktioniert horizontal über öffentliche Versammlungen, bei denen sich alle einbringen und beraten lassen können. Dabei sind alle Stimmen gleich. Die Arbeit von Initiativen wie GES lebt davon, dass Betroffene nach dem erfolgreichen Abschluss ihres “Falles“ sich nicht wieder ins Privatleben zurückziehen, sondern im Netzwerk bleiben, um auch die Probleme von anderen anzugehen. Gegenseitige Hilfe endet nicht mit einer erfolgreichen Verhandlung. Zusätzliche Erfahrung für viele ist, dass Migrant*innen von Zwangsräumungen genauso betroffen sind wie Alteingesessene – gemeinsame Kämpfe verbinden.

ANMERKUNGEN:

(1) “Galdakaoko Elkarlaguntza Sarea logra detener el desahucio de Patxi y arranca a Kutxabank un alquiler social” (Galdakaoko Elkarlaguntza Sarea gelingt es, die Zwangsräumung von Patxi zu verhindern und eine Sozialmiete von der Kutxabank zu erhalten), Internet-Magazin El Salto, Autor: Pablo Oliveros Gregorio, 2023-09-14 (LINK)

ABBILDUNGEN:

(*) Mietkämpfe (el salto)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2023-09-15)

Für den Betrieb unserer Webseite benutzen wir Cookies. Wenn Sie unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen, akzeptieren Sie unseren Einsatz von Cookies. Mehr Information