2016kino01Gernika, Loreak und Igelak

Wie jedes Jahr stehen im Kino Uraufführungen an. Aus dem Baskenland kommt der viel erwartete “Gernika” von Koldo Serra auf die Leinwände, sowie „Igelak” von Patxo Tellería, Alex de la Iglesia beginnt mit der Horrorkomödie „Die Bar“. Auf internationaler Ebene konkurrieren diese Werke mit den Superhelden Bat- und Superman, und den Kinotitanen Jolie, Pitt, Clooney, Foster, Depp usw. Die baskische Hoffnung dieses Kinojahres trägt den Namen „Loreak“, ein Euskara-Film mit Chancen auf den Oscar.

(2016-01-05) „Gernika. Unter den Bomben“ ist einer der Filme, die im baskischen Kinopublikum zuletzt allergrößte Erwartungen geweckt haben angesichts des angebrochenen Jahres 2016, auch wenn es noch kein konkretes Datum gibt für die Vorstellung. Einmal mehr ist eine der größten Tragödien der baskischen Geschichte Thema für einen Film, und sicher wird es nicht das letzte Mal sein. Denn auch der berühmte Andalusier Carlos Saura hat noch eine Idee – Picasso, Gernika – in der Hinterhand. „Gernika. Bajo las bombas“, so der Originaltitel, ist der erst zweite Spielfilm des baskischen Regisseurs Koldo Serra, sollte es eine deutsche Version geben könnte sie „Gernika. Unter den Bomben“ heißen, oder auch anders, denn derartige Entscheidungen fällen die Vermarktungs-Gesellschaften. (1)

Gernika

Auf die Leinwand projiziert Serrras Film die große Liebesgeschichte zweier Presseleute in Zeiten des Krieges. Bei diesem Werk, an dem eine US-amerikanische Produktionsgesellschaft teilnahm, wirkten mehr als hundert Personen mit, gedreht wurde er im Laufe des Jahres 2015 über acht Wochen an verschiedenen Orten des Baskenlandes: in Gernika, Lekeitio, sowie zwei Mal in Bilbao, am Arriaga-Theater und bei der San Anton Kirche. Inmitten der schicksalshaften Bombardierung Gernikas durch die nazideutsche Legion Condor ereignet sich eine Geschichte ewiger Liebe in einer Welt, die im Begriff ist, zusammenzubrechen. Der Film wurde in englischer Sprache produziert, beteiligt ist unter anderem das baskische öffentliche Fernsehen EITB, zur Crew gehörten Schauspielerinnen von internationalem Format. James D'Arcy spielt Henry, einen US-amerikanischen Reporter in beruflicher Krise, der über die Nordfront des Krieges berichten soll. Henry lernt Teresa kennen, dargestellt von María Valverde, die Verlegerin einer republikanischen Tageszeitung, Jack Davenport gibt den russischen Berater der republikanischen Regierung. Zu erwarten ist somit ein Melodrama, offen ist, wieviel historische Realität dem Projekt zugemutet wurde.

Koldo Serra (*1975, Bilbo) startete seine Karriere mit Kurzfilmen, für die er eine Reihe von Preisen einheimsen konnte, sowie Musikvideos. Erst 2006 machte er seinen ersten Langfilm, „Bosque de sombras“ (Schattenwald), der in der Abteilung „neue Regisseure“ des Filmfestivals Zinemaldi in Donostia (San Sebastián) vorgestellt wurde.2016kino02

Frösche

Uraufgeführt wird 2016 auch der Film „Igelak” (Frösche), eine neue Komödie von Patxo Tellería, die von der bilbainischen Produktions-Gesellschaft Abra Produkzioak in Zusammenarbeit mit dem baskischen Fernsehen hergestellt wurde, mit einem Etat von 2 Millionen Euro. Der Film erzählt die Verwirrungen des Direktors einer Bankzweigstelle, dargestellt vom aus dem baskischen Fernsehen bekannten Komiker Gorka Otxoa. Der Bankdirektor soll festgenommen werden wegen mutmaßlicher Wirtschafts-Delikte. Das Drehbuch geht zurück auf eine Idee des Regisseurs selbst. Der Banker wird von seinem Chef im Stich gelassen, der ihn zu dem Wirtschaftsvergehen überhaupt erst angestachelt hat. Er flüchtet vor der Justiz und kommt in ein besetztes Haus, in dem zwangsgeräumte Leute leben.

„Igelak” (Frösche) ist das dritte Kino-Projekt von Patxo Tellería als Direktor, vorher produzierte er „La máquina de pintar nubes” (Maschine zum Bemalen von Wolken, Ko-Regie 2008, mit dem verstorbenen Aitor Mazo) und „Bypass“ (2012). Tellería selbst schrieb das Drehbuch für „Igelak“. Am Film wirken mehrere bekannte baskische Musikerinnen mit, unter anderem die international berühmte Sopranistin aus Donostia Ainhoa Arteta, Xabi Solano von der Rockgruppe Esne Beltza (2), die Folkrock-Gruppe Gose, die baskische Schwulenlegende Francis von Doctor Deseo, der historische Natxo de Felipe von der aufgelösten Folkgruppe Oskorri, die Txalaparta-Trommler von Oreka TX, sowie die Gruppe Gatibu, die den Auftrag hat, den offiziellen Titelsong von „Igelak“ zu komponieren.

Schwanger und Jugend-Abenteuer

“Embarazadas” (Schwanger), von der Produktionsfirma Kowalski des Regisseurs Koldo Zuazua wird am 29. Januar vorgestellt. Regie führt Juana Macías, die Hauptrolle spielen Paco León und Alexandra Jiménez. Dabei handelt es sich um eine romantische Komödie, die Geschichte eines Paares um die 40, das sich Sorgen macht um die Zukunft der Beziehung und beginnt, über Nachwuchs nachzudenken. Der Streifen wurde in Donostia und Madrid gedreht. Juana Macías (*1971, Madrid) gewann 1999 mit „Siete cafés por semana“ (Sieben Kaffee pro Woche) einen Goya-Preis für den besten Fiction-Kurzfilm, danach folgten „La Yaya” (2001), „Diminutos del calvario (2001: Details vom Leidensweg), „Otra vida” (2005: Ein anderes Leben), „Almas congeladas” (2006: Gefrorene Seelen), „Gran Vía am/pm” (2010, TV), „Planes para mañana (2010: Pläne für morgen).

In Ungarn und ebenfalls in Gipuzkoa (Zumaia, Aia, Pasaia und Donostia) gefilmt wurde der Jugend-Abenteuerfilm „Zipi y Zape y la isla del capitán“ (Zipi, Zape und die Kapitänsinsel) von Oskar Santos, Regisseur aus dem bizkainischen Santurtzi. Er stellt die zweite Folge der Abenteuer der Zwillinge Zipi und Zape dar, mit Elena Anaya als Hauptdarstellerin, und Teo Planell und Toni Gómez als Zwillinge. Oskar Santos (*1972) begann im Jahr 2000 mit dem Kurzfilm „Torre“ (Turm), es folgten der Kurzfilm „El soñador“ (Der Träumer, 2004), „El mal ajeno” (Die Schlechtigkeit anderer, 2010), bevor er sich 2013 dem Jugend-Abenteuer-Film widmete.2016kino03

Nach „Loreak”

Nachdem sie „Loreak”auf der halben Welt vorgestellt haben, den ersten Film, der ausschließlich auf Euskara gedreht wurde und der für einen Oscar im Rennen ist, haben Jose María Goenaga und Jon Garaño bereits ein neues Projekt im Hinterkopf: „Handia“ (Gigante de Alzo, Der Riese von Alzo), die Verfilmung einer realen Geschichte, die Geschichte von Mikel Jokin Eleizegi Arteaga (1818-1861), einem Mann aus Gipuzkoa, der es im 19. Jahrhundert auf die stattliche Größe von 2,40 Metern brachte und wegen seiner Gestalt berühmt wurde. Die Rollen sind noch nicht vergeben, auch die Drehtermine stehen noch nicht fest, sodass es möglicherweise 2017 wird, bis der Film in die Kinos kommt.

Alex de la Iglesia

Alex de la Iglesia, Regisseur aus Bilbo (Bilbao) ist drauf und dran, seinen neuen Film “El Bar” (Die Bar) zu beginnen, mit einem Drehbuch, das er mit Jorge Guerricaechevarría zusammen selbst geschrieben hat. Dieses Projekt basiert auf einem Budget von 4,5 Millionen Euro. Iglesia selbst sagt über den Film, stilistisch habe er eine gewisse Ähnlichkeit mit „La Comunidad“, einer Komödie von schwarzem Humor, die im Jahr 2000 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Zuletzt hatte Iglesia 2011 den Film „La chispa de la vida” vorgestellt (Funke des Lebens), mit José Mota und Salma Hayek als Hauptdarstellerinnen. 2013 folgte „Las brujas de Zugarramurdi” (Die Hexen von Zugarramurdi), eine phantastische Historienverfilmung über die mittelalterlichen Hexenprozesse im Norden Navarras.

Der neue Film (El Bar) wird die Geschichte einer Gruppe von Personen erzählen, die im Inneren einer Bar eingeschlossen sind. Bewacht werden sie von einer Art Terminator-Engel, der alle erschießt, die zu flüchten versuchen. Die Eingeschlossenen erleben extreme Situationen, die jedoch gleichzeitig komisch wirken, Iglesias thematisiert in diesem Film Konzepte wie Betrug, Verrat und Schuld. Dieser Spielfilm wird an verschiedenen Orten von Valencia, Madrid und dem Baskenland gedreht, die Hauptrollen spielen Mario Casas, José Sacristán und Carmen Machi.2016kino04

Gegen die Superhelden

Die internationalen Konkurrenz kommt wie immer aus Hollywood, die Filme mit baskischer Beteiligung müssen sich also mit den neuen Verfilmungen von Superhelden messen. Dabei schaffen es Batman und Superman mit „Anbruch der Gerechtigkeit“ nicht rechtzeitig in die Kinos, denn das Studio, in dem der Streifen geschnitten werden sollte, erlitt einen Brand. Der Rote und der Schwarze werden solange von Deadpool, einem anderen Superhelden ersetzt. Wie immer beginnt das zineastische Jahr mit Warmlauf-Übungen für die Oscar-Verleihung. „Spotlight“, ein Film voller Stars gehört zu den Favoriten, er startet am 29. Januar, ebenso wie eine neue Rocky-Verfilmung mit dem Ewigmacho Silvester Stallone. Auch auf „Carol” von Todd Haynes, mit Cate Blanchett darf das Publikum gespannt sein, ein romatisches Drama um Homosexualität; des Weiteren das Mutter-Sohn-Drama „The Room“.

Am 18.März kehrt Pedro Almodovar auf die Leinwände zurück durch seinen Film „Julieta”, mit Emma Suárez und Adriana Ugarte in den Hauptrollen vertieft er sich ein weiteres Mal in das Universum der Frauen. Bei der Oscar-Verleihung wird es wider aller Hoffnungen keine baskische Beteiligung geben, denn „Loreak“ (Blumen) kam über die Vorrunde nicht hinaus. „Loreak – Blumen“ – zur Erinnerung – ist die Geschichte dreier Frauen, die von anonymer Hand Blumen geschenkt bekommen und deren Leben sich mit den Blumen verändert. Der Film war für die Oscar-Prämierung in der Abteilung „Bester nicht englisch-sprachiger Film“ nominiert worden, kam aber leider nicht unter die endgültigen fünf. Als erster auschließlich in baskischer Sprache gedrehter Film, der die „spanische Filmgesellschaft“ vertritt – es wäre eine Sensation gewesen.

ANMERKUNGEN:

(1) Informationen zum Artikel: „2016, el cine alza el vuelo“ (2016, das Kino hebt zum Flug an). Tageszeitung Deia, 3.1.2016 (Link)
http://www.deia.com/2016/01/03/ocio-y-cultura/cultura/2016-el-cine-alza-el-vuelo

(2) Esne Beltza: Scharze Milch aus dem Baskenland“, Artikel von Baskultur.info (Link)
http://www.baskultur.info/index.php/kuenste/musik/137-esne-beltza

FOTOS:

(1) Dreharbeiten am Film „Gernika. Bajo las bombas“ in Bilbo (FAT)

(2) Gernika, Rathausplatz (Foto Archiv Txeng, FAT)

(3) Dreharbeiten am Film „Gernika. Bajo las bombas“ in Bilbo (FAT)

(4) Lekeitio war ebenfalls Drehort (FAT)

Für den Betrieb unserer Webseite benutzen wir Cookies. Wenn Sie unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen, akzeptieren Sie unseren Einsatz von Cookies. Mehr Information