Rudern für Freizügigkeit an der Grenze
Achtzehn Migrant*innen bildeten die Besatzung eines kleinen Ruderboots bei der Überquerung des Bidasoa-Flusses. Mit dieser Überquerung unterstützte die Geschichts- und Kultur-Initiative Elkano Itsas Herria die Forderung nach Freizügigkeit zwischen Irun und Hendaye, zwischen Iparralde und Hegoalde, oder zwischen den Staaten Spanien und Frankreich. Am Bidasoa starben neun Migranten beim Versuch der Überquerung. Elkano Itsas Herria erinnert an die erste Weltumsegelung des Basken Elkano vor 500 Jahren.
Nach der lebensgefährlichen Reise durch Nordafrika scheint der Bidasoa-Fluss für viele Migrant*innen wie der letzte Katzensprung. Für neun von ihnen endete er tödlich. Geschichte einer symbolischen Überquerung. Initiative zum 500. Jahrestag der Elkano-Weltumsegelung.
Der Kulturverein Elkano Itsas Herria (Elkano Meer Land) beendet an diesem Wochenende (31.07.2022) seine Reise- und Aktions-Route für den Monat Juli. Genau gesagt auf der Etappe zwischen Irun und Hendaye (bask: Hendaia) über den Fluss Bidasoa. Achtzehn Migranten und Migrantinnen gehörten zur Besatzung des Patache-Ruderbootes “Juanita Larando“. Neben der Erinnerung an die historisch erste Weltumsegelung unter der Leitung des baskischen Seefahrers Juan Sebastian Elkano vor 500 Jahren war das Ziel dieser Überfahrt, auf die fatalen Hindernisse bei der Grenzüberquerung zwischen den beiden europäischen Staaten hinzuweisen und folgerichtig das Recht auf freie Bewegung für die aus Afrika kommenden Migrant*innen einzufordern, die in Frankreich oder Belgien mit ihren Familien zusammenkommen wollen. SOS Rassismus, die Emmaus-Stiftung, das Empfangs-Netz Irun (Irungo Harrera Sarea) und der Migrations-Verein Ndank Ndank haben die Bidasoa-Aktion gemeinsam mit der Initiative Elkano Itsas Herria organisiert. (1)
"Die Situation am Bidasoa-Fluss im Baskenland, der Hegoalde von Iparralde trennt, ist ein naheliegendes und anschauliches Beispiel für die Hindernisse und die Ängste, die durch ethnische Unterschiede und 'die Fremden‘ bei vielen Menschen ausgelöst werden. Auf diesem Fluss sind seit April 2021 neun Migranten ums Leben gekommen, bei ihrem Versuch, nach Frankreich zu gelangen", heißt es in der Presse-Erklärung.
Offizieller Empfang
Das Boot legte um 17 Uhr von Irun im baskischen Süden ab, in der Nähe des Santiago-Fahrradweges. Nach der Überquerung des Flusses Bidasoa ruderte die Besatzung weiter nach Hendaia zum Txingudi Boot-Club auf der anderen Seite, im baskischen Norden. Wie bei allen vorherigen Ankünften wurden Elkano Itsas Herria und die Ruder-Crew von den lokalen Behörden und öffentlichen Vertreter*innen empfangen.
Das Besondere in diesem Fall war, dass der Rechtsberater von Caritas, Abdolulaye Gueye, im Namen der Migranten sprach. Daneben Xabier Agote, Verwalter des Ruderbootes “Juanita Larando“ und Präsident von Albaola, dem Kulturverein, der das Walfang-Schiff San Juan aus dem 16. Jahrhundert originalgetreu nachbaut, das 1565 in der kanadischen Küstenregion Neufundland unterging (2). Anwesend waren auch Kotte Ezenarro, Bürgermeister von Hendaia sowie der Aktivist und bekannte Bertsolari-Reimsänger Amets Arzallus, die ebenfalls an der Veranstaltung Beiträge beisteuerten.
Elkano-Gedenk-Jahr
Der Aufenthalt in Hendaia endet am Sonntag (31.07.2022) mit der Teilnahme an Itsas Besta (Meer-Fest). Die Aktivitäten von Elkano Itsas Herria werden im August ruhen, erst im September wird die Reise entlang der Küste von Gipuzkoa und der Nordprovinz Lapurdi fortgesetzt werden. Dann werden sie in Städten vor Anker gehen, die bisher noch nicht besucht worden sind. Anlässlich des Sonderprogramms zum Elkano-Tag im September wird das Projekt nach Getaria zurückkehren und während der Euskal Jaiak (Baskischen Feste) in Donostia anlegen. Von dort geht es zurück nach Lapurdi: Im Rahmen der Europäischen Tage des Kulturerbes, die vom 15. bis 18. September 2022 stattfinden, werden die Küsten-Städte Donibane Lohizune (Saint Jean de Luz) und Ziburu (Ciboure) angesteuert.
Elkano Itsas Herria ist eine historisch-kulturelle Reise entlang der baskischen Küste, um an die enge Beziehung zwischen Euskal Herria und dem Meer im Laufe der Geschichte zu erinnern. Es handelt sich um eine Initiative, die von der Elkano-Stiftung, Albaola und dem Baskischen Meer-Museum in Donostia gefördert wird.
Vorherige Beiträge
Baskultur.Info berichtete bereits über das für viele Migrant*innen tödliche Nadelöhr des Bidasoa-Flusses. Zuletzt mit einem Artikel unter dem Titel “Die Vergessenen Flüchtlinge – Gegen behördlichen Rassismus“ vom 21. Juni 2022 (3). Ein zweiter Beitrag wurde am 22.Mai 2022publiziert unter dem Titel “Todesfluss Bidasoa – Rassistische Migrations-Politik“ (4).
ANMERKUNGEN:
(1) “Elkano Itsas Herria reivindica el derecho a la libre circulación entre Irun y Hendaia” (Elkano Itsas Herria fordert das Recht auf Freizügigkeit zwischen Irun und Hendaye), Tageszeitung Gara, 2022-07-29 (LINK)
(2) Albaola ist eine in der Bucht von Pasaia ansässige Werft und Fabrik, die Jahrhunderte alten Techniken folgend Schiffe nachbaut, gleichzeitig Schiffbauer-Ausbildung anbietet und als Museum fungiert. Der in Pasaia gebaute Walfänger San Juan ist ein Beispiel für die ersten trans-ozeanischen Frachtschiffe, die vom Baskenland nach Neufundland fuhren. Das Schiff, das den Glanz und die weltweite Dominanz der baskischen Schifffahrt widerspiegelt, sank 1565 vor der Küste Kanadas in der Red Bay. Derzeit wird es im alten Stil wieder gebaut und steht kurz vor seiner Probefahrt. (LINK)
(3) “Die vergessenen Flüchtlinge – gegen behördlichen Rassismus“ Baskultur.Info, 2022-06-21 (LINK)
(4) “Todesfluss Bidasoa – Rassistische Migrations-Politik“, Baskultur.Info, 2022-05-22 (LINK)
ABBILDUNGEN:
(1) Bidasoa-Überfahrt (naiz)
(2) Protest wegen Todesfällen (diario de noticias)
(3) Ruderboote (albaola)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-07-31)