Franco ist lange nicht tot
Franquistische und neofaschistische Gruppen bereiten im spanischen Staat Aktionen und Veranstaltungen vor, zur Verherrlichung des faschistischen Militärputschs vom 18. Juli 1936. "España 2000“, die “Spanische Katholische Bewegung“ und die "Traditionalistische Karlistische Gemeinschaft“ bereiten für die nächsten Tage Aktionen zur Verherrlichung des Franquismus vor. In Sevilla, Valencia und auf Friedhöfen sollen Feiern organisiert werden. Gewettert wird gegen die Gesetze zur Aufarbeitung der Diktatur.
Wie jedes Jahr mobilisieren Faschisten zum Putschtag (18. Juli 1936) zur Verherrlichung franquistischer Traditionen. Es könnte das letzte Mal sein, denn das neue "Gesetz zur Demokratischen Erinnerung“ (Aufarbeitung des Franquismus) verbietet solche faschistischen Aktionen.
Drei Vorspeisen, Hauptgericht, Nachspeise ... und nebenbei ganz sicher ein Hoch auf den Diktator Franco, im Preis inbegriffen. Für 25 Euro können die Anhänger der neofaschistischen Partei “España 2000“ in einem Restaurant im Industriegebiet von Valencia den Staatsstreich von 1936 feiern, der zu einem 3-jährigen Krieg führte, bei dem Hunderttausende zu Tode kamen oder im Anschluss umgebracht wurden. Die faschistischen Veranstalter haben es aus Sicherheitsgründen vorgezogen, den Namen der betreffenden Einrichtung noch nicht zu veröffentlichen. Das hält sie nicht davon ab, das Versprechen abzugeben, dass das Ganze in einer ausgesprochen "patriotischen Atmosphäre" stattfinden werde.
"Es ist möglich, dass dies aufgrund des neuen Gesetzes der Demokratischen Erinnerung die letzte Veranstaltung sein wird, die wir durchführen können", sagt Esther Romero, Delegierte von “España 2000“ aus der Region Horta Nord in einem Video. Auf dem Tisch liegen eine franquistische Fahne und ein Porträt von Jesus Christus. Mit ihrer Bemerkung bezieht sich die Neo-Franquistin auf die Tatsache, dass die aktuelle Regierungs-Koalition von Sozialdemokraten und Podemos das Gesetz der Demokratischen Erinnerung“ beschlossen haben. Mit Hilfe der linken baskischen Koalition EH Bildu. Dem Gesetz fehlt nur noch der Durchlauf durch den Senat.
Hass und Rassismus
Romero ist heutzutage eine der Stars von “España 2000“. Vor Tagen gab die rechtsextreme Partei bekannt, dass die Aktivistin eine Vorladung zu einem Ermittlungs-Verfahren erhalten hat, wegen eines sogenannten “Hassverbrechens“. Denn in einem anderen Video, das ebenfalls mit einer franquistischen Flagge als Dekoration geschmückt war, hatte sie erklärt, dass "die Affen von heute mit Patera-Schiffen kommen" – Pateras sind die primitiven Holzschiffe, auf denen Tausende von Flüchtlingen und Migrantinnen versuchen, das Mittelmeer zu überwinden, um in Europa eine bessere Zukunft zu finden. Viele von ihnen finden in den mediterranen Fluten ihren Tod und kommen nie an.
Wenn in einem spanischen Fußball-Stadion in Zusammenhang mit einem dunkelhäutigen Spieler das Wort “Affe“ fällt oder Bananen aufs Feld geworfen werden, führt dies zu Stadionverbot, Platzsperre oder sonstigen Sanktionen. Weil dies als Hassverbrechen verstanden wird. In der Politik laufen die Dinge anders, hier ist die Bandbreite der Akzeptanz rassistischer, sexistischer und fremdenfeindlicher Äußerungen deutlich breiter.
Gegen die “Sozial-Kommunisten“
Im faschistischen Kommuniqué heißt es weiter: "Der sozial-kommunistische Repressionsapparat (damit gemeint sind die regierenden Sozialdemokraten und die Podemos-Partei) gegen die Patrioten (also: Faschisten) hört nicht auf. Aber sie werden uns nicht zum Schweigen bringen, wir haben die Vernunft auf unserer Seite, wir sind Patrioten und sind bereit, zu kämpfen und Opfer zu bringen", lassen die Mitglieder von “España 2000“ in einer Erklärung verlauten.
Die neofaschistische Partei räumt ein, dass das zur definitiven Abstimmung vorliegende “Gesetz der Demokratischen Erinnerung“ Veranstaltungen der Franco-Verherrlichung in Zukunft behindern wird, wie die am Freitag in Valencia vorgesehene. Aus diesem Grund soll auf der Kundgebung zum Gedenken an den Staatsstreich die Gelegenheit genutzt werden, um die Ablehnung "eines revanchistischen Gesetzes" zum Ausdruck zu bringen, das nach Meinung der Faschisten "darauf abzielt, die Geschichte umzuschreiben, die Spanier gegeneinander aufzuhetzen" und die Feier von "Ereignissen wie diesem mit einer Geldstrafe von bis zu 150.000 Euro" zu verhindern.
Franquistisch, katholisch, karlistisch
In einem Madrider Keller, wo die “Movimiento Católico Español“ (Spanische Katholische Bewegung) tagt, ist man derweil bereit, wieder auf die Straße zu gehen. Diese Gruppe, die von dem Veteranen José Luis Corral geleitet wird, folgt einer intensiven Agenda aller Art von franquistischen Ereignissen, die anschließend in ihrem Blog mit zahlreichen Fotos veröffentlicht werden. Es überrascht nicht, dass die Inszenierung dieser Veranstaltungen für die wenigen Aktivisten dieser Gruppe von besonderer Bedeutung ist.
Am kommenden Sonntag, dem 17. Juli (am 18. Juli 1936 putschten die faschistischen Generäle um Mola und Franco), werden die Franco-Anhänger unter der Leitung von Corral erneut einen Bus mieten, der sie zu vier zentralen Punkten auf der Landkarte der franquistischen Verherrlichung in Madrid bringt. Zunächst zu einer Messe im Valle de los Caídos (Tal der Gefallenen, wo bis vor zwei Jahren Franco begraben war); von dort geht es zum Arco de la Victoria, wo ein "Protestakt gegen die Gesetze des historischen und demokratischen Gedächtnisses" stattfinden wird.
Auf dem Programm stehen auch ein Besuch von Francos neuem Pantheon auf dem Friedhof von Mingorrubio (nach der Umbettung aus dem Tal der Gefallenen). Seit der Überführung der sterblichen Überreste des Diktators auf diesen Friedhof wurde er zu einem regelmäßigen Treffpunkt der extremen Rechten. Danach ein "Bruderschafts-Essen" im Restaurant “Chino Franquista“, einer der rechtsextremen Bars der Stadt.
Die Veranstaltungen werden von anderen Organisationen wie "Resistencia Cristiana" (Christlicher Widerstand), "Fuerza Nueva Andalucía" (Neue Kraft Andalusien), "Santander Patriótico" (patriotisches Santander) und "Gerona Inmortal" (Unsterbliches Girona) unterstützt, erklärten die Organisatoren.
Messe für Franco und die Requetés
Am nächsten Tag (18. Juli) findet in Sevilla eine Franco-Verherrlichung statt. Der Regionalvorstand der Traditionalistischen Gemeinschaft der Karlisten (Junta Regional de la Comunión Tradicionalista Carlista, CTC) hat für Montag einen "Tag des Gedenkens und der Ehrerbietung" anberaumt, der ein doppeltes Ziel verfolgt. Zum einen wird der Todestag Karls VII. begangen (daher der Name Karlisten), zum anderen wird "der Nationale Aufstand gefeiert, aus dem der Kreuzzug von 1936 hervorging, bei dem so viele Requetés ihr Blut für Gott und Spanien gegeben haben".
Einer der Orte, die für diese Ehrung ausgewählt wurden, ist die sevillanische Kirche San Alberto (Padres Filipenses), in der eine Messe "für die ewige Ruhe aller Kämpfer" stattfinden soll. Von dort aus will man zum Hauptquartier der karlistischen Organisation ziehen, "um eine Zeit der Geselligkeit in unserer Kantine zu verbringen".
ANMERKUNGEN:
(1) "Grupos franquistas y neofascistas preparan actos y misas de exaltación del golpe de Estado del 18 de julio" (Franquisten und neofaschistische Gruppen bereiten Aktionen und Massenveranstaltungen zur Verherrlichung des Staatsstreichs vom 18. Juli vor) Tageszeitung Publico, 2022-07-14 (LINK)
ABBILDUNGEN:
(*) Franquisten in Aktion (publico)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-07-16)