pod001Lügen, Fakes und Geheimdienst

Die spanische Linkspartei Podemos wurde von Anfang an mit Vorwürfen konfrontiert, die frei erfunden waren. Dahinter steht ein System aus korrupten Polizisten, Richtern, Ministern und Medien. Das Konzept ist nicht neu: auch die katalanische Unabhängigkeits-Bewegung und ihre Protagonisten sahen sich mit Falsch-informationen konfrontiert. Von der baskischen Linken ganz zu schweigen, hier ging die “Aufstands-Bekämpfung“ bis zu Folter und Todesschwadronen. Mit dem Ende von ETA war Podemos an der Reihe.

Die spanischen Polizei- und Geheimdienste haben jahrelang daran gearbeitet, die Protestpartei Podemos in ein korruptes Licht zu stellen. Spanische Medien haben dabei willig mitgemischt. Trotz Aufdeckung der Lügen bleiben alle Fakes und Unwahrheiten straflos. Ein JW-Bericht.

Sie klingen ziemlich verzweifelt: “Die von Podemos, die vorbestraft waren … Konntest du etwas dazu finden?” fragt der eine. “Nichts”, sagt der andere. “Verdammte Scheiße”, kommt als Antwort. Wer führt diese Unterhaltung? Wovon geht die Rede? Der erste der Gesprächspartner ist Francisco Martínez, damaliger Staatssekretär für Sicherheit unter der Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy von der rechtskonservativen Partido Popular (PP). Der zweite ist Polizeikommissar Enrique García Castaño, Chef der Zentralen Einheit für operative Unterstützung (Unidad Central de Apoyo Operativo, UCAO), die Abhörmaßnahmen und andere verdeckte Ermittlungen verantwortet.

Der Zeitpunkt, an dem die zitierten SMS-Nachrichten ausgetauscht wurden, ist von großer Bedeutung: Das war 2016, nachdem die damals neue linke Partei Podemos erstmals zu den spanischen Parlamentswahlen antrat. Während sich hier der Politiker beim Beamten erkundigte, ob gegen Politiker von Podemos etwas polizeilich Relevantes vorlag, verhandelte die Partei mit der sozialdemokratischen Partido Socialista Obrero Español (PSOE) über die Bildung einer gemeinsamen Regierung. Am Ende lehnte die PSOE diesen Zusammenschluss ab, so beschädigt war das Bild von Podemos in der Öffentlichkeit.

Die Koalitionsregierung kam erst vier Jahre später zustande – mit einer deutlich geschwächten Podemos-Fraktion. Denn seither war die Partei mit allen möglichen wilden Vorwürfen konfrontiert worden: Venezuela und Iran hätten sie auf illegale Weise finanziert, die Partei sei in den lateinamerikanischen Drogenhandel verwickelt … Diese Lügen sind seit Jahren juristisch widerlegt. Zuletzt kamen Anfang März dieses Jahres die oben genannten SMS-Nachrichten im Zuge eines Korruptionsprozesses – bekannt als “Fall ›Kitchen‹” – ans Licht.

Illegale Überwachung

pod002Darin wird gegen den Exkommissar José Manuel Villarejo, den ehemals leitenden Polizisten Eugenio Pino sowie den Chauffeur von Luis Bárcenas, dem früheren und inzwischen bereits verurteilten Schatzmeister der PP, ermittelt. Alle drei sollen Bárcenas illegal beschattet haben. Aus Ermittlerkreisen zugespielt, veröffentlichte das Onlineportal eldiario.es die SMS. “Ich frage, ob die anderen sauber waren … keine Straßengewalt, Anarchisten?” fragt der PP-Mann darin. “Ich schaue es mir noch einmal an, aber ich denke nicht”, antwortet der Polizist. “Verdammte Scheiße! Jemand von denen muss doch Dreck am Stecken haben.”

Sie fanden nichts, doch das war egal. Ein Dossier mit dem Namen PISA (Pablo Iglesias Sociedad Anónima) war da, 2016, bereits einige Tage zuvor in Umlauf gebracht worden. Darin waren angebliche Zahlungseingänge aufgelistet, die für die Parteigründung von den Regierungen in Caracas und Teheran stammen sollten. Daran waren von Anfang an Zweifel angebracht. Doch viele spanische Medien reproduzierten die Information ungeprüft, da sie, wie es hieß, “aus offiziellen Quellen” stammte, obwohl eine Unterschrift oder eine offizielle Adresse fehlten.

Fake News systematisch verbreitet

Der Chefredakteur des Politmagazins Ctxt, Miguel Mora, ehemaliger Korrespondent der Tageszeitung El País, weiß, wie die Masche funktioniert: “Die mediale, juristische und polizeiliche Kampagne ist sehr einfach gelaufen: Es fing bei Webseiten oder Tageszeitungen an, die als erste die Gerüchte und die falschen Informationen veröffentlichten”, erklärt er im Gespräch mit der Jungen Welt. Hinter den Fake News lässt sich ein klares Muster erkennen: “Eine Reihe von Polizisten, die mit dem Exkommissar José Manuel Villarejo zusammenarbeiteten, fabrizierten auf systematische Art und Weise Informations-Dossiers gegen Podemos und gegen katalanische Politiker”. Die Dossiers wurden dann von “Journalisten” veröffentlicht. “Das waren aber gar keine Journalisten, sondern sie standen im Auftrag von ökonomischen und politischen Mächten und haben diese Nachrichten dann übernommen, obwohl sie wussten, dass sie nicht stimmten”. Manchmal haben sie selbst etwas dazuerfunden, wie etwa die Tageszeitung El Mundo, “die von Beziehungen zwischen Podemos und der ETA sprach, die es gar nicht gab”, erinnert sich Mora.

Im Sinne des 2-Parteien-Systems

Wem das alles genutzt hat? “Das war natürlich von der spanischen Rechten orchestriert, aber man kann auch sagen, dass das Zweiparteien-System insgesamt dahinterstand”, sagt Mora. Aber eben auch die Medien. “Denn ohne den Chefredakteur Antonio García Ferreras des angeblich progressiven TV-Senders La Sexta hätten diese falschen Informationen nicht so viel Aufmerksamkeit erregt”. Die Chefredakteurin von Crónica Libre, Patricia López, ist diejenige Journalistin, die sich zusammen mit der Tageszeitung Público am intensivsten mit dem Thema beschäftigt hat, und vor allem ihr ist es zu verdanken, dass die Informationen ans Licht kamen.

Im Juli 2022 veröffentlichte sie bei Crónica Libre eine Audioaufnahme aus dem Jahr 2016, in der sich Ferreras und der verhaftete Villarejo über eine der Lügen unterhielten. Darin bekennt Ferreras, dass ihm eine der gezinkten Informationen, wonach der Podemos-Spitzenkandidat Pablo Iglesias genau an jenem Tag eine Geldzuwendung aus Venezuela auf ein auf seinen Namen laufendes Konto in einem Steuerparadies erhalten haben soll, als Podemos sich als Partei eintragen ließ, etwas zu weit ging: “Ich mache mit, aber das ist sehr heikel und zu grob”, soll er Villarejo gesagt haben. Er glaube nicht, dass ein solches Konto existiert, und auch nicht, dass dort an jenem Tag 272.000 Euro eingegangen seien. Trotzdem berichtete auch La Sexta darüber.

Willfährige Medien

pod003Eine Anzeige, die Iglesias gegen Ok Diario wegen Verbreitung dieser Falschinformationen erstattet hatte, wurde für unzulässig erklärt, da der verantwortliche Journalist nicht wissen könne, ob die Informationen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung falsch oder richtig gewesen seien. Ferreras wies daraufhin ebenfalls die Vorwürfe in seiner Sendung “Al Rojo Vivo” zurück. Die Audiodatei sei aufgenommen worden, nachdem seine Sendung darüber berichtet hatte und er hatte davor nicht gewusst, dass es falsche Informationen waren.

Was das für die demokratische Öffentlichkeit in Spanien bedeutet, weiß der Journalist Mora: “Diese Lügen wurden veröffentlicht, obwohl man wusste, dass es Lügen waren, und das ist eine absolute Neuheit in der Medienlandschaft Spaniens.” Bis dahin seien zwar auch Falschinformationen veröffentlicht worden, “aber nie wurde so dreist und so offen gelogen”, sagt Mora. “Und das mit absoluter Straflosigkeit, denn diese Journalisten sind bis heute von rechtlichen Konsequenzen verschont geblieben.” Lediglich einigen dieser Figuren wird jetzt der Prozess gemacht. “Aber nicht wegen des schmutzigen Krieges gegen Podemos, sondern wegen eines Nebenthemas: in diesem Fall den Staatssekretär, weil er den damaligen Schatzmeister des PP mit öffentlichen Mitteln beschattet haben soll, aber nicht, weil er die Verbreitung von Lügen gegen eine politische Partei gefördert hat.” Das, sagt Mora, “ist ein schwerer Schlag für die Demokratie und das Vertrauen der Bürger in die Institutionen des Staates und in die Medien.”

Erfundene Venezuela-Connection

Für den früheren Podemos-Chef Pablo Iglesias steht fest: “In Reaktion auf Podemos hat sich eine rechte Bewegung breitgemacht, die sich in die Räume der Macht ausgedehnt hat: in die Justiz, in Bereiche der Polizei und selbstverständlich in die Medien”, erklärt er gegenüber JW. Die haben “illegale und illegitime Aktionen durchgeführt, um einer politischen Kraft zu schaden. Das hat logischerweise einen großen Einfluss auf die Wahlergebnisse gehabt.” Man müsse sich fragen, wie es anders sein könne, “wenn man jahrelang beschuldigt wird, sehr ernste Straftaten begangen zu haben, und in den Medien über nichts anderes mehr berichtet wurde.

Da folgt ein Prozess dem nächsten, alle führen sie zu nichts, weil es keine Beweise gibt, aber die Vorwürfe beschäftigen permanent die Fernsehdebatten.” Iglesias – und nicht nur er – sieht darin ein System: “Das ist Bestandteil einer Praxis gewesen, von Teilen der Justiz, den Kloaken der Polizei, die in Verbindung mit der politischen Rechten standen. Dabei von einer ‘demokratischen Normalität‘ in Spanien zu reden, stimmt mit der Realität einfach nicht überein.”

Eines der ersten Opfer der orchestrierten Lügen war Juan Carlos Monedero, Politikwissenschaftler an der Universität Complutense in Madrid und Mitbegründer von Podemos. “Als Politikprofessoren und Kenner der lateinamerikanischen Realität wussten wir, dass die Macht gewöhnlich mit gezinkten Karten spielt”, erklärt er im Telefongespräch mit Junge Welt. Persönlich hat ihn die Heftigkeit der Attacke gegen Podemos überrascht, “weil im Gegensatz zu anderen Zeiten, als es auch einen schmutzigen Krieg gab, diejenigen, gegen die der Staat auftrat, tatsächlich Straftaten begangen hatten, wie die Independentisten im Baskenland oder in Katalonien.” Monedero jedenfalls wurde jahrelang der illegalen Finanzierung bezichtigt – und mit ihm Podemos.

Jagd-Opfer Monedero

Monedero hatte als Berater mehrerer Regierungen in Lateinamerika gearbeitet, und seine Einnahmen wurden im spanischen Parlament und auch vor Gericht unter dem Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung untersucht. Etliche Schlagzeilen sind immer noch online, Talkshows beschäftigten sich stundenlang mit diesen Anschuldigungen. Doch keiner der Vorwürfe erwies sich als wahr. Und immer, wenn ein Gericht Podemos und Monedero Recht gab, fand diese Nachricht in jenen Medien kaum Aufmerksamkeit, die zuvor die schwerwiegenden Anschuldigungen noch und nöcher verbreitet hatten. Das Ansehen der Partei wurde so beschädigt, eine Wiedergutmachung fand bis heute nicht statt.

Podemos hatte kein Vorstrafenregister, “deshalb waren wir sehr verwundert, dass Polizeiklüngel, rechtsbeugende Richter und voreingenommene Medien so hart gegen Podemos vorgingen”. Sogar Minister machten mit, “planten Straftaten gegen Podemos”. Diese Verschwörung sollte “die Führungsriege beseitigen und ein Klima der Einschüchterung erzeugen, so dass andere davon abgehalten wurden, sich auf Listen von Podemos aufzustellen”. Diese Attacken hatten eine direkte negative Auswirkung auf die Wahlergebnisse, sie wurden somit, wie Monedero sagt, verfälscht.

Podemos hatte bei den ersten Wahlen, zu denen die Partei antrat, fünf Millionen Stimmen erhalten, die Vereinigte Linke eine Million, zusammen also sechs Millionen Stimmen. Zum Vergleich: Ministerpräsident Pedro Sánchez hat mit lediglich 5,3 Millionen Stimmen regiert. “Ich hoffe, dass irgendwann eine gründliche Reflexion einsetzt und Europa dann diesen Sumpf des spanischen Staates einordnen kann”, so Monedero. Für ihn geht der Angriff gegen Podemos weiter als das, was der Watergate-Skandal in den Vereinigten Staaten war: “Es sind nicht nur Mikrophone in der Podemos-Zentrale installiert worden, sondern hier wurde die Kommunikation kontrolliert, wurden falsche Vorwürfe gemacht, Beweise vor Gericht erfunden und systematisch Beleidigungen ausgesprochen.”

Gekaufte Zeugen, geklaute Handys

An der Venezuela-Verbindung ist indessen tatsächlich etwas dran, allerdings auf der anderen Seite. Denn Beamte des Innenministeriums sollen venezolanischen Politikern ein neues, unerkanntes Leben in Spanien versprochen haben, wenn sie gegen Podemos aussagen würden. Wie Rafael Isea, Hugo Chávez’ früherer Finanzminister, 2019 dem Sender La Sexta erzählte, sei er 2016 in das spanische Konsulat in New York eingeladen worden. Dort habe er sich mit drei spanischen Polizisten getroffen, die wegen der angeblichen Parteienfinanzierung ermitteln sollten.

Venezuela-Fake

pod004Isea, das erfuhr man bei La Sexta nicht, hatte Venezuela aufgrund von Korruptionsvorwürfen verlassen und arbeitete als Informant für die US-amerikanische Drug Enforcement Administration (DEA), wie das Onlineportal eldiario.es berichtete. Isea erzählt in dem Interview, dass einige der Gründer von Podemos in Venezuela als Redner auf Konferenzen aufgetreten seien. Sie hätten dabei auch Chávez kritisiert, und dieser habe sich empört gezeigt. An Zahlungen könne er sich nicht erinnern, aber wenn die entsprechenden Dokumente echt seien, “wäre das in Venezuela nicht illegal gewesen”. Die später erfolgte, angeblich direkte Zahlung an Iglesias sei nicht glaubwürdig, aber er sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Minister gewesen und die venezolanische Regierung habe diese Informationen als falsch zurückgewiesen.

In dem Interview erwähnt Isea, die spanischen Beamten hätten ihm versprochen, dass sie ihn, sollte er eine Aussage machen, als zu schützenden Zeugen behandeln würden, und ihm und seiner Familie den Aufenthalt in Spanien in Aussicht gestellt. Als später sein Name und seine Aussagen an die Presse gelangt seien, wurde das Versprechen nie eingelöst. Laut der Tageszeitung El País war Isea nicht der einzige Fall. Ein anderer venezolanischer Politiker erhielt ein Visum für Spanien, nachdem er das oben genannte Dossier mit dem Kürzel PISA als echt bestätigt hatte. Die Polizei habe ihm den Bericht vorgelegt, der von einem Journalisten fabriziert worden war, der sich wiederum auf den Venezolaner als Quelle berufen hatte.

Der Handy-Klau

Die Liste der Unregelmäßigkeiten im schmutzigen Krieg gegen Podemos ist lang. Heraus sticht dabei der Diebstahl des Mobiltelefons der Mitarbeiterin von Pablo Iglesias 2016, als dieser Abgeordneter des Europäischen Parlaments war. Bis heute ist unbekannt, wer das Gerät gestohlen hat, aber kurz danach wurden mehrere private Gespräche veröffentlicht. Iglesias selbst wurde in diesem Fall sogar selbst beschuldigt, aber die Richter hatten keine Beweise gegen ihn in der Hand. Fakt ist jedenfalls, dass sich Daten des Telefons auch bei dem vom später inhaftierten Exkommissar Villarejo beschlagnahmten Material fanden.

Der Skandal betrifft nicht nur Podemos, sondern auch katalanische Politiker und Aktivisten, die sich für die Unabhängigkeit der Region eingesetzt haben. Die “Operación Cataluña”, deren Darstellung einen weiteren Artikel dieses Umfangs erforderlich machen würde, soll bald ebenfalls vor Gericht verhandelt werden, wie die Tageszeitung El Nacional aus Barcelona berichtete. Zuletzt hatte der Koalitionspartner von Unidas Podemos, die sozialdemokratische PSOE, eine weitere Untersuchung im spanischen Parlament blockiert. Im Mai des vergangenen Jahres votierten die Sozialdemokraten zusammen mit der PP, der extrem rechten Vox sowie den rechtsliberalen Ciudadanos gegen die Einrichtung eines entsprechenden Untersuchungs-Ausschusses.

Der spanische Philosoph und Aktivist Raúl Sánchez Cedillo sieht angesichts der Aufdeckung des Skandals ein Mobilisierungspotential für Podemos: “Viele Menschen sympathisieren heute in Spanien mit Podemos, weil sie gesehen haben, wie die Partei behandelt wurde, wie sehr ihre Aktivisten gelitten haben, bis hin zu physischen Angriffen”, sagt er im Gespräch mit JW. Es sei bis heute nicht bekannt, “ob und inwieweit die PSOE an dem schmutzigen Krieg gegen ihren Koalitionspartner beteiligt war, während die Minister an einem Kabinettstisch zusammengesessen haben”.

Im politischen System Spaniens sieht er heute eine neue autoritaristische Tendenz, bei der auch der PSOE eine große Rolle spielt. “Wir sehen heute, wie das Regime, das nach der Diktatur etabliert wurde, es im Falle von Podemos zum ersten Mal mit Politikern beziehungsweise Ministern zu tun hat, die bei allen Mängeln nicht bereit sind, ihre Ideen aufzugeben.” Um dagegen vorzugehen, würde der Staat keine Mittel scheuen. “Ich spreche bewusst nicht von ‘tiefem Staat‘, ‘Schattenstaat‘ oder ‘Sumpf‘; hier agiert ganz konkret dieser kapitalistische Staat, wenn auch nicht immer mit legalen Mitteln”, sagt er.

Divide et impera

Das Interesse, “Unidas Podemos zu zerschlagen und die Linke zu zersplittern”, bestehe fort, sagt Sánchez Cedillo. Das zeigt sich auch daran, wie wohlwollend derzeit über die amtierende Vize-Regierungspräsidentin Yolanda Díaz berichtet wird, die derzeit ein neues Bündnis aufbaut, dass sie an die Spitze der Regierung führen soll. Für Sánchez Cedillo wäre das nicht dramatisch, “wenn wenigstens der Inhalt stimmte, aber Díaz bleibt vage, wenn es um wichtige Themen wie die laufende Krise, den Krieg in der Ukraine und eventuelle Sozialkürzungen geht”. Ihr Projekt “Sumar” birgt somit die Gefahr, nicht wie behauptet, die Linke zu einen, sondern sie zu spalten. Dabei verdankt Díaz ihren Aufstieg und ihre Popularität dem Linksbündnis von Unidas Podemos.

In diesem Jahr entscheidet sich die weitere Zukunft der spanischen Regierung. Im Vorfeld der Parlamentswahlen im Dezember häufen sich die Medienberichte, in denen die Spaltung von Unidas Podemos vorhergesagt wird. Auch das ist Teil der medialen Kriegführung nach der Maxime “divide et impera”: Die Berichterstattung soll bei Wählern und auch linken Politikern, die gegenwärtig über ihre Bündnisoptionen beraten, Misstrauen und Ablehnung erzeugen.

Spaltung

Gerade im Vorfeld der Präsentation von Sumar in der vergangenen Woche in Madrid und auch danach haben sich die Medien weiter an Podemos abgearbeitet. Am Samstag titelten alle Tageszeitungen beinahe wortgleich “Ione Belarra macht Druck auf Díaz”. Berichtet wurde, die Podemos-Chefin habe offene Listen zur Bedingung für eine Zusammenarbeit mit Sumar gemacht. Díaz dagegen behauptete im Interview mit dem inoffiziellen PSOE-Organ El País, dass Sumar “auch ohne Podemos” Erfolg haben könne. Dass dies unrealistisch ist, weiß sie selbst. Der frühere Podemos-Chef Iglesias erklärte dagegen am selben Tag im katalanischen Sender RAC-1, dass eine gescheiterte Einigung “eine wahlpolitische und generell politische Tragödie” sein werde.

Es ist eine Wette auf Zeit. Das Misstrauen zwischen beiden Lagern wird wachsen, wenn die Medien die Differenzen mit fortgesetzten Berichten verstärken. Iglesias ist sich sicher, dass im Falle einer Einigung und eines gemeinsamen Wahlantritts die wohlwollende Berichterstattung über Díaz passé sein wird. Bis zu den Parlamentswahlen im Dezember wird daher mit weiteren “exklusiven Informationen” über Unidas Podemos und womöglich auch über Sumar zu rechnen sein.

 

ANMERKUNGEN:

(1) “Lügen und kein Ende in Sicht“, Tageszeitung Junge Welt, Autorin: Carmela Negrete, 2023-04-05 (LINK)

ABBILDUNGEN:

(1) Spanische Fakes (okdiario)

(2) Spanische Fakes (podemos)

(3) Diaz, Sumar (elmundo)

(4) Spanische Fakes (okdiario)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2023-04-06)

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