Die Störche kommen wieder
Dass es im baskischen Süden wieder Wölfe gibt, erfreut die Viehzüchter gar nicht. Die Bären in den Pyrenäen hingegen stören wenig. Der letzte einheimische – Camille genannt – wurde zwar versehentlich erlegt, dafür wurden slowenische Exemplare eingesetzt. Geier- und Adler-Poblationen sind in den Pyrenäen und baskischen Bergketten immer häufiger zu sehen, nachdem sie einst fast verschwunden waren. Im Urdaibai-Gebiet bleiben die Zugvögel das ganze Jahr. Und die Störche sind wieder im Anflug.
(2015-04-19) Nicht immer ist die Wiederkehr von nahezu ausgestorbenen oder vertriebenen wilden Tieren ein Grund zur Freude. Außer für Ökologinnen. Beispiel dafür sind die Wölfe im südbaskischen Karrantza. In diesem ländlich geprägten Gebiet kommt es immer wieder zu Attacken auf Schafherden, das können auch die überall eingesetzten großen Hirtenhunde nicht verhindern. Oft kommt es zu Debatten, ob es nun Wölfe gewesen seien oder wilde Hunde, von denen es durchaus auch einige gibt. Vor Jahrzehnten waren die Hirten und Schäfer glücklich, als sie endlich feststellen konnten, dass es im Baskenland keine Wölfe mehr gibt. Stolz stellten sie sich bis dahin immer wieder zum Fototermin mit den erlegten Tieren. Doch Naturschützer und letztendlich auch öffentliche Verwaltungen, haben mit verschiedenen Maßnahmen dafür gesorgt, dass die Wölfe zurückkommen konnten. Weit weg waren sie nie, denn in den etwas weiter südlich gelegenen Bergen von Kastilien, Kantabrien und Asturien haben sie immer überlebt, wennauch in kleiner Zahl. Eine Lösung wäre, wenn die Provinzregierung Bizakai die Prämien für getötete Schafe oder Kühe erhöhen würde. Solange die jedoch davon nichts wissen wollen, wird der Streit wohl weiter gehen.
Urdaibai-Paradies
Mit seinem besonders milden Klima ist das Biosphären-Reservat Urdaibai nördlich von Gernika zu einem Paradies für Vögel geworden. Zuletzt wurden ein Naturmuseum (Torre Madariaga) und eine Vogel-Beobachtungs-Station eröffnet (Urdaibai Birding Center). Seit langen Zeiten ist das ca. 15 Kilometer lange Gebiet der Flussmündung Urdaibai bekannt als Zwischenstation für viele Zugvögel aus Europa auf dem Weg in den afrikanischen Winter. Einigen gefiederten Spezies muss es zwischen Mundaka und Laida jedoch so gut gefallen haben, dass sie auf den Weiterflug verzichtet haben und heimisch geworden sind.
Die Störche sind zurück
Im navarrischen Süden waren sie immer zu finden, in den relativ dünn besiedelten Gebieten der Ribera, die von Landwirtschaft geprägt ist – dort gehörten die Störche seit jeher zum Dorfbild. In Orten wie Larraga sind es viele Paare, die alle Arten von Dächern und Türmen bewohnen. Auch in der südbaskischen Provinz Araba (span: Alava) gab es immer Störche, in Agurain, Dulantzi und anderen Orten. Nur in Bizkaia blieben sie vielerorts weg, verdrängt durch Industrie oder Stromleitungen. Urduña, an der Grenze zu Burgos, war einer der letzten verbliebenen Orte, dem die Tiere mit den langen Schnäbeln und der Freude am Klappern treu blieben. Nun kommen sie langsam wieder zurück in die Orte, in denen sie auch in den vergangenen Jahren ihre Nester gebaut haben. Nach Durango zum Beispiel. Anfang Februar wurde dort das erste Vogelpaar beim Bau eines Nestes gesehen.
Pünktlich zum erwateten Zeitpunkt begann das Storchenpaar in Durango, der Stadt am Fuße des Anboto-Berges, mit dem Bau seines Nistplatzes für das laufende Jahr. Das erste, was die Langschnäbel auszuhalten hatte, war ein Schneesturm, denn der Winter war in diesem Jahr spät dran. Vogel-Beobachterinnen gehen davon aus, dass es sich um das selbe Paar handelt, das auch schon in den letzten Jahren zu Besuch kam. Nun sind die Tiere nonstop mit der Suche von Material beschäftigt und bringen Zweige für das Nest, in das die Eier gelegt und die nächsten Generation aufgezogen werden soll. "Störche sind sehr hartnäckig und treu, was ihre gewohnten Nester anbelangt, in ein paar Tagen werden sie dort oben auf der Antenne eine neue Behausung haben. In der Regel legen sie dann zwischen einem und vier Eiern", erklärt Aitor Galarza, Doktor der Biologie. (1)
Störche in Bizkaia
Nach den statistischen Daten kamen die beliebten Vögel Anfang der 90er Jahre ins Baskenland zurück. "Im ganzen Territorium verschwanden sie im Jahr 1962, das letzte Paar nistete in Urduña (span: Orduña). Diese Kleinstadt war 1991 die erste, in die ein Storchenpaar zurückkehrte, um die Wiederbesiedlung im Baskenland zu starten. Seither ist die Poblation ständig gestiegen. Die meisten Paare gibt es in Urduña, dort nisten 7 oder 8 Pärchen. Daneben gibt es Störche in Forua, Murueta, Plentzia, Mungia, Amorebieta und Igorre", ergänzt Galarza. Vor langer Zeit zogen die Störche im Winter in Gegenden der südlichen Sahara. Wir wissen nicht genau warum, vielleicht wegen des Klimawandels, aber heute reisen die Vögel nicht mehr so weit, viele von ihnen verbringen den Winter im Süden des spanischen Staates. Oder sie fliegen gar nicht weg aus Baskenland.
Unter den 16 Paaren, die in den letzten Jahren nach Bizkaia kamen, ist eines, das seit 2012 auf einem Antennenturm nistet, auf einem Gebäude im Zentrum von Durango. Aber in die Stadt kommen sie schon länger, seit mehr als einem Jahrzehnt. "Sie haben Gefallen an hohen Gebäuden, mit großer Fernsicht und weit weg von Raubtieren. Früher waren die Glockentürme der Kirchen die höchsten Orte, heutzutage sind es eben auch Antennen", erklärt Galarza.
Neben dem Durango-Paar waren die Männchen von zwei Dauergast-Pärchen im Urdaibai-Gebiet die ersten Ankömmlinge in diesem Frühjahr, der eigentlich noch Winter war. Die meisten der Vögel sollen beringt und somit kontrolliert sein. Galarza relativiert dies, "nur einige Störche sind mit Ringen versehen. Denn wir können jedes Jahr nur in wenige Nester gelangen, um die Jungtiere mit Ringen zu bestücken, damit wir ihre Wege verfolgen können".
Die Zuflucht aus Zweigen, die das Storchenpaar im vergangenen Jahr in Durango gebaut hat, wurde entfernt, nachdem die Aufzuchtzeit vorbei war. Grund war das Gewicht des Nestes, das der Antennenturm auszuhalten hat, manche meinen, er könnte brechen. "Ich habe nie von irgendwelchen Klagen gehört. Aber das Unternehmen, zu dem die Antenne gehört, bittet jedes Jahr um Genehmigung, das Nest entfernen zu lassen, denn es kann einiges wiegen und die Struktur gefährden. Die Genehmigung muss beim Umwelt-Senat beantragt werden. Erlaubt wird das Entfernen zwischen August und Dezember, außerhalb der Zeit der Jungtiere. Ein Nest ohne behördliche Erlaubnis zu entfernen verstößt gegen das Gesetz und wird bestraft, denn Störche sind eine geschützte Spezies im Baskenland", erklärt Galarza. Bußgelder können bis zu 30.000 Euros betragen.
Pünktlich und ortstreu
Das Storchenpaar kam nach Durango wie jedes Jahr pünktlich zum großen Tag von Abadiño, dem San Blas-Fest am 3.Februar. Wie es in einem Sprichwort heißt: "En San Blas – las cigüeñas veras" (An San Blas – siehst du Störche). Normalerweise kommen sie zwischen Mitte Januar und Mitte Februar. Störche kehren gerne an dieselben Orte zurück, weil sie dann die Zone besser kennen und wissen, wo Nahrung zu finden ist. Der Migrationszyklus steht in Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln, sowohl im Aufzuchtgebiet wie auch an den Orten, wo sie die Winter verbringen", beschreibt Galarza.
Was den Orientierungs-Sinn dieser Tiere anbelangt, betont der Biologie-Doktor: "Über diese Vögel könnte man mehrere Bücher schreiben. Es existiert eine genetische Komponente, dazu kommt der Lernprozess der Flugrouten, sie navigieren mithilfe des Sternenhimmels, der Magnetismus spielt ebenfalls eine Rolle".
Die Ankunft der Vögel ist jedes Jahr ein gesellschaftliches Ereignis im Ort. Viele Leute schauen tagelang auf den Turm, um zu erfahren, ob die gewohnten Nachbarn denn schon angekommen sind.
ANMERKUNGEN:
(1) Information aus dem Artikel "Las cigüeñas vuelven a sus nidos de Bizkaia" (Die Störche kehren zu ihren Nestern in Bizkaia zurück) aus der Tageszeitung Deia vom 8.2.2015
(1) Störche in den Bardenas, Navarra – FAT Foto Archiv Txeng
(2) Störche in Urduña, Bizkaia – FAT Foto Archiv Txeng
(3) Störche in den Bardenas, Navarra – FAT Foto Archiv Txeng
(4) Störche in den Urduña, Bizkaia – FAT Foto Archiv Txeng