Die schwierige politische Normalisierung
Dreieinhalb Jahre sind vergangen, seit die baskische Untergrund-Organisation ETA (Baskenland und Freiheit) das definitive Ende ihrer bewaffneten Aktion bekannt gegeben hat. Nach dieser Zeit besteht kein Zweifel mehr, dass die Entscheidung endgültig ist und nicht mehr relativiert werden kann, wie einige Stimmen aus dem spanischen Staat befürchtet oder vorhergesagt haben. Bei ihren Initiativen haben ETA und die baskische Linke die Unilateralität zum tragenden Element gemacht.
(2015-02-12) Nach dem Ende des bewaffneten Kampfes müssten die beiden Konfliktparteien – ETA und spanische Regierung – weitere Maßnahmen vereinbaren, die der politischen Normalisierung dienen. Auf der einen Seite müsste die Organisation ETA ihre Waffenarsenale auflösen und sich selbst ebenfalls. Auf der anderen Seite müssten die gegen ETA gerichteten Sonder-Gesetzgebungen zurückgenommen werden und es müsste begonnen werden, die ETA-Gefangenen zu reintegrieren. Doch ist bei all diesen aufgezählten Themen ein fast totaler Stillstand zu verzeichnen. Auf der spanischen Seite wurde die Repressionsschraube sogar angezogen, es kommt nach wie vor zu politischen Massenprozessen, die völlig anachronistisch erscheinen; den politischen Gefangenen wird mehr denn je der Zugang zur gesetzlich vorgesehenen Reintegration verstellt; stattdessen wird versucht, mit halblegalen oder illegalen Tricks die Strafen sogar noch zu verlängern. Die Regierung weigert sich nach wie vor strikt, mit ETA in irgendwelche Gespräche zu treten, um zu bilateralen Abkommen zu kommen, was Waffenabgabe und Auflösung betrifft. Insofern stellt sich für ETA das Problem, wohin mit den Waffen. Die Organisation ist bereit ihre Arsenale aufzulösen, jedoch muss dies unter international anerkannten Standards erfolgen, damit der Schritt institutionell anerkannt wird. Spanische und französische Behörden wären dazu am Besten geeignet, wollen aber nicht. Was sie von ETA fordern, ist eine Liste mit den Waffenverstecken – eine für ETA nicht akzeptable Forderung, weil dabei die internationale Beobachtung und Bestätigung fehlt. Internationale Beobachtung und "Einmischung" fürchteen die Regierungen jedoch wie der Teufel das Weihwasser. Deshalb arbeitet ETA verstärkt mit der Internationalen Kommission zur Bestätigung des Waffenstillstands zusammen und hat dieser Kommission gegenüber bereits Waffen übergeben, die vorher unbrauchbar gemacht wurden. Anstatt den Schritt zu würdigen, hat die spanische Seite Repressions-Maßnahmen gegen die international geschätzten Konfliktvermittler eingeleitet. Sie wurden zum Verhör vor Gericht gerufen, unter den Hand und medial begleitet werden sie als Terroristenfreunde bezeichnet.
Vor diesem Panorama ist die historische Entscheidung der Untergrund-Organisation, in Zukunft nur noch politische Mittel zur Erreichung der politischen Ziele einzusetzen, auf Sand gelandet und droht zu einem nicht enden wollenden Drama zu werden. In der baskischen Gesellschaft und Politik existiert eine breite Mehrheit, die für bilaterale Verhandlungen ist und für das Ende der Blockade. Hier bewegt sich einiges, insbesondere im Bereich der Aufarbeitung der durch die Gewalt verursachten Opfer und Leiden. So ist es im Baskenland kein besonderes Thema mehr, wenn sich Opfer und Täter an einen Tisch setzen oder gemeinsam an Gedenk-Veranstaltungen teilnehmen. Im spanischen Staat ist dergleichen undenkbar.
Ein Artikel in der linken baskischen Tageszeitung GARA (zu deutsch: Wir sind) befasst sich mit dem Thema Entwaffnung und internationalen Standards zu ihrer Durchführung (11). Dabei werden Erfahrungen aus anderen Konflikten analysiert, überprüft wird die Möglichkeit, ob diese positiven Erfahrungen auf den aktuellen baskisch-spanischen Konflikt übertragen werden können.
Entwaffnung ist ein unverzichtbarer Schritt im Prozess der Bewältigung von bewaffneten Konflikten. Die positiven Erfahrungen, die dabei auf internationaler Ebene gemacht wurden, haben zu einer Theorie und einer Art von Handlungsorientung geführt, über die auch im Baskenland mit Expertinnen diskutiert wurde, zuletzt im Sozial-Forum (Foro Social). In einem Moment, in dem bezüglich der Entwaffnung alles offen ist, nachdem sich nun auch die baskische Regierung von der Internationalen Kommission abgewandt hat, lohnt sich ein Blick auf die Erfahrungen aus anderen Konflikten und die Praxis anderer internationaler Institutionen wie der UNO, die bei der Vermittlung behilflich sein können – wenn dies gewollt ist.
Diese Betrachtung findet statt unter der Prämisse, dass sowohl Madrid wie auch Lakua (2) ihre Vorschläge als individuelle Initiativen präsentieren, getrennt von übergreifenden Initiativen und mit der Betonung auf ihren prioritären Charakter. Auf internationaler Ebene hingegen wird gerne mit dem sogenannten DDR-Konzept gearbeitet, auf Spanischbedeutet DDR: Desarme, Desmovilización de combatientes, Reinserción-Reintegración – auf Deutsch: Entwaffnung, Demobilisierung von Kämpferinnen, Wiedereingleiderung.
Entwaffnung oder DDR?
Die beiden Experten von der Schule für Friedens-Kultur in Barcelona, Alberto Caramés und Eneko Sanz (3), umreißen das DDR-Programm folgendermaßen: "In einem umfassenden Prozess wird eine bestimmte Anzahl von Kämpferinnen, individuell oder kollektiv, von Streitkräften oder oppositionellen Gruppen, entwaffnet, desmilitarisiert und wieder eingegliedert. Entweder ins zivile Leben, oder in in regulären Streikräfte, oder in Sicherheitskräfte des Landes" (1). Demgegenüber stehen die Modelle der spanischen Rajoy-Regierung und der baskischen Urkullu-Regierung (4), die jeweils nur an eine Konfliktpartei Forderungen stellen und sich im DDR-Modell nur auf den ersten Punkt, den der Entwaffnung beziehen. Die spanische Exekutive räumt immerhin ein, dass eine erfolgreiche Entwaffnung zu einem Ende der (vom Gesetz her illegalen) Zwangsverteilung der baskischen Gefangene auf Gefängnisse im gesamten Staat führen könnte (wie dies von einer Mehrheit der baskischen Gesellschaft und von ETA gefordert wird).
Ohne die beteiligten Staaten?
Internationale Expertinnen stimmen darin überein, dass die "Unilateralität", also die Tatsache, dass im vorliegenden Konflikt nur die baskische Linke konkrete Schritte unternimmt, das Charakteristikum des aktuellen Normalisierungs-Prozesses sei. Sie stellen fest, dass es seit Jahrzehnten keinen vergleichbaren Fall gegeben habe, bei dem sich eine bewaffnete Organisation zu ihrer Entwaffnung bereit erklärt und der Staat, dem sie feindlich gegenübersteht, dies verhindert hätte. Bei den Treffen des Sozial-Forums von 2013 (5) sagte der Finne Aaro Suonio, Begleiter des irischen Entwaffnungs-Prozesses: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Regierung nicht interessiert ist, wenn es in ihrer Gesellschaft illegale Waffen gibt". Die Folge daraus ist, dass sich in den erfolgreichen Prozessen alle Regierungen früher oder später kooperativ gezeigt hätten. Und sei es nur, um zu verhindern, dass die vorhandenen Waffen und Sprengstoffe in die Hände von Kriminellen geraten könnten. Dennoch verharren sowohl die spanische wie die französische Regierung in den Schützengräben (1).
Interessant ist vor allem der Fall der französischen Exekutive. Zwar ist es zur Gewohnheit geworden, dass sie sich die spanischen Vorgaben gegenüber ETA zu eigen macht, weil sie sich von der "baskischen Frage" als weniger tangiert betrachtet. Dennoch ist ziemlich klar, dass sie hinsichtlich der Waffen von ETA die hauptsächlich betroffene Regierung ist, weit mehr als Madrid. Denn der größte Teil des militärischen Arsenals von ETA liegt auf französischem Boden. Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt im Baskenland konstatierte der südafrikanische Konfliktvermittler Brian Currin diese skurrile Situation, die durch die Boikotthaltung der Regierungen entstand: "Können Sie sich vorstellen, das Kofi Annan, der ehemalige UNO-Generalsekretär und maßgeblicher Teilnehmer in der Aiete-Gruppe (6) heimlich nach Frankreich einreist, um sich Waffen anzusehen und sie unbrauchbar zu machen? Ohne jegliche Kooperation? Das wird nicht geschehen". Für Currin ist es unverantwortlich, den legalen Rahmen zur Abgabe der Waffen hinauszuzögern. Deshalb geht er wie Suonio davon aus, dass die Entwaffnungkommt, "wenn der Moment reif ist". (1)
Kein Vertrauen?
Ein Prinzip, das allgemein als Voraussetzung angesehen wird für eine Entwaffnung: es sollte zwischen den Konfliktparteien eine zumindest relative Vertrauensbasis geben. Für Veronique Dudouet, Programm-Direktorin der Berghof-Stiftung, die auch im spanisch-baskischen Konflikt berät, muss die Abgabe der Waffen oder ihre Unbrauchbarmachung vom Prinzip der Freiwilligkeit ausgehen. Überschnelle Forderungen seien hierbei zu vermeiden. Auch sei die Gefahr von Unordnung zu vermeiden, die durch eine übereilte Entwaffnung entstehen könnte. Wichtig sei deshalb der organisatorische Zusammenhalt der zu entwaffnenden Organisation, in diesem Fall von ETA, um Situationen von Nervosität und Chaos zu vermeiden. Als Dudouet 2013 beim Sozial-Forum auftrat, begrüßte sie ausdrücklich, dass "ETA eine hierarchische Struktur aufweist, das erleichtert die Entwaffnung" (1).
In seiner Schrift "Die zweite Welle der Entwaffnung" (7) skizziert der Direktor der Schule für Friedens-Kultur Barcelona und Träger des Nationalen Friedenspreises von 1988, Vicenc Fisas, eine Reihe von vertrauensbildenden Maßnahmen. Vorschläge sind zum Beipiel die gegenseitige Information über Waffen und Arsenale, die Einrichtung von "Zentren zur Risko-Verminderung", oder Vereinbarungen über "rote Telefone", die den beteiligten Seiten in kritischen Momenten die Fortsetzung ihrer Kommunikation erlaubt(1). Die Haltungen der Regierungen in Madrid und Lakua sind davon momentan meilenweit entfernt.
Was? Wie? Wieviel?
Vicenc Fisas, der aktuell in den Vermittlungs-Prozess in Kolumbien zwischen Regierung und Guerrilla eingebunden ist, hat untersucht, wie sich Entwaffnungs-Prozesse in der Vergangenheit abgespielt haben. Unter anderem beschreibt er, dass normalerweise leichte Waffen und Munition, sowie Sprengstoffe und Minen inventarisiert werden, nur selten hingegen würden schwere Waffen übergeben (wie z.B. in Agfghanistan). Wenn juristische Garantien vorliegen, läuft das normalerweise folgendermaßen ab: die Kämpferinnen versammeln sich an abgesprochenen Orten, um ihre Waffen zu übergeben, um identifiziert zu werden, eine Demobilisierungs-Bescheinigung zu erhalten, und um für nachfolgende Phasen des Prozesses registriert zu werden. In anderen Fällen wurde die Entwaffnung an verschiedenene Orten durchgeführt, wobei Strukturen wie militärische Stellungen in gewisser Weise respektiert würden. (1)
Im Februar des vergangenen Jahres unternahmen ETA und die Verifikations-Gruppe eine Entwaffnungs-Initiative (8), bei der ETA verschiedene unbrauchbar gemachte Waffen und Sprengstoffe übergab. Kritisiert wurde an dieser symbolischen Handlung vor allembezog sich einer der Kritikpunkte die Menge der betroffenen Waffen. Das Argument: es habe sich um eine sehr geringe Anzahl gehandelt. "Einer der umstrittensten Aspekte von DDR ist die Anzahl von Waffen, die von den Kämpferinnen übergeben werden", erklärt Fisas. Normalerweise werde eine kleine Menge von Waffen nicht übergeben, weil sie entweder versteckt seien, nicht in Gebrauch oder in schlechtem Zustand. Er stellte fest, dass in El Salvador, Afghanistan oder Nicaragua (mit der "Contra") die übergebene Waffen-Menge überdurchschnittlich hoch war; niedriger als der Durchschnitt dagegen in Nepal, Nigeria, Liberia oder Indonesien. "Die Demobilisierungen der vergangenen Jahre wurden begleitet von weniger Waffenübergabe als in den 90er Jahren". Um dies zu vermeiden, ist es notwendig, vor der Waffenübergabe eine ausführliche Bestandsaufnahme zu machen. Gerade das versuchen ETA und die Bestätigungs-Kommission derzeit, laut ihren Presseerklärungen. (1)
Ohne die UNO?
Der in Aiete beschlossene Vorgehensplan wurde von Madrid von Beginn an zurückgewiesen. Trotz der Anwesenheit des baskischen Ministerpräsidenten bei der Konferenz hat sich die regionale Regierung nach und nach ebenfalls vom Aiete-Plan distanziert (letzter Anhaltspunkt dafür war die Abwesenheit von Regierungschef Urkullu beim Besuch von Jonathan Powell und Martin MacGuiness im Juli im Baskenland, beide sind Teilnehmer der Aiete-Konferenz). Ranghöchster Vertreter in Aiete war der ehemalige Generalsekretär der UNO, Kofi Annan. Das war kein Zufall, denn die Vereinten Nationen spielen bei Entwaffnungs-Prozessen weltweit eine große Rolle. Dafür unterhält die UNO seit 1998 ein Büro für Entwaffnungs-Angelegenheiten, doch bereits seit 1982 unterstützt sie derartige Anstrengungen aktiv. Auf ihrer Webseite ist zu lesen, dass das Büro nicht nur in Sachen Entwaffnung, Nichtverbreitung von atomaren, chemischen und biologischen Waffen aktiv ist, sondern auch bei "Entwaffnungs-Initiativen bezüglich konventioneller Waffen, insbesondere in Bezug auf Landminen und kleine Waffen, also die bei zeitgenössischem Konflikten bevorzugt benutzten Waffen. (1)
Weiter wird erklärt, dass das Büro über Dialog, Transparenz und vertrauensfördernde Maßnahmen im militärischen Bereich zu Entwaffnungs-Schritten ermuntere. Daneben werden regionale Abrüstungs-Initiativen gefördert, solche Anstrengungen greifen auf das Register konventioneller Waffen der UNO zurück. Das Büro fördert konkrete Maßnahmen zur Entwaffnung nach Konflikten, wie Abrüstúng, Demobilisierung und soziale Wiedereingliederung der Kämpferinnen. Mit diesen Kriterien war das Büro in Amerika, Asien und Afrika aktiv.
Was geschah in Irland?
Aufgrund der politischen und geografischen Ähnlichkeiten lohnt sich ein vergleichender Blick auf Nordirland. Der dortige Entwaffnungs-Prozess war lange und kompliziert, aber letztlich erfolgreich. Er stützte sich auf eine internationale Zusammenarbeit, vor allem aber auf die Einbeziehung der Regierungen, alles lief praktisch abseits der Öffentlichkeit statt. Aaro Suonio als direkt Beteiligter enthüllt heute, dass "Beamte der Regierungen von London und Dublin unaufhörlich aktiv waren, obwohl öffentlich kaum davon die Rede war". Die ersten Schritte in Richtung Abrüstung kamen von der IRA und anderen Organisationen im Jahr 1997, lange vor dem Karfreitags-Abkommen. Die Entwaffnung dauerte bis 2010, als die Legislaturperiode endete, die unter diesem Leitmotiv stand. Die IRA hatte ihr Arsenal bereits 2005 aufgegeben. (1)
Von diesem Prozess gab es kein einziges Foto, ganz im Gegenteil zu dem was nun mit ETA geschieht. Hier wurde der Beginn der Versiegelung und Bestandsaufnahme (als noch andauernde einleitende Phase) mit einem konkreten Schritt begleitet, dieser wurde von der Regierung in Madrid jedoch abgewertet und sogar lächerlich gemacht. In Irland gab es nie eine Liste über die von der IRA und paramilitärischen protestantischen Organisationen wie UVF, UDA übergebenen Waffen – eine fehlende Klarheit, die sich Ian Paisley, der verstorbene "Nein-Priester" zu Nutzen machte, um über mehrere Jahre hinweg Zweifel zu verbreiten. (1)
Die internationale Einmischung, die von Madrid abgelehnt und von Lakua angezweifelt wird, war ausschlaggebend für den Erfolg des Prozesses in Irland. Bill Clinton, dem kanadischen General John de Chasterlain an der Spitze der Kommission, dem Finnen Tauro Nieminen, dem US-Botschafter Johnson, später Andrew Sens bildeten eine Gruppe mit wenig einschlägiger Erfahrung, aber man ließ sie arbeiten, und sie waren effektiv. Das erzählt Gerry Adams in seinen Memoiren: "Ich war beeindruckt, wie schnell und dringend sie die Arbeit bewältigten. Alle waren vielbeschäftigte Leute aus verschiedenen Teilen der Erde. Aber in vier frenetischen Tagen empfingen sie mehr politische Vertreter und hörten sich mehr Berichte an als die britische Regierung in den 16 Monaten vorher. (1)
Für eine erfolgreiche Konfliktbearbeitung und –lösung ist politischer Wille die unverzichtbare Voraussetzung. Die spanische Politik hat über Jahrzehnte hinweg ETA als politisches Feindbild benutzt und mit der "Terrorismus"-Abwehr von anderen politischen Notwendigkeiten abgelenkt. Das Ende von ETA kam ihr somit nicht gelegen. Mit der Verzichtserklärung ging das bedeutendste Sicherheits-Argument verloren. Nur so ist es zu verstehen, warum das Ende dieses Kapitels derart in die Länge gezogen wird. Das Baskenland braucht die politische Normalisierung – von einem Zustand, der den Namen "Frieden" verdient, kann ohnehin erst in einem der nächsten Kapitel die Rede sein.
In der Kategorie Geschichte – Friedensprozess publizierte BASKULTUR.INFO in der Vergangenheit die beiden Artikel:
"Baskischer Friedensprozess II"
Anmerkungen:
(1) Große Teile dieses Artikels sind Übersetzungen eines Artikels aus der baskischen Tageszeitung GARA vom 28.12.2014: "Desarme en el mundo; ni el modelo PP ni el de Lakua" (Entwaffnung in der Welt: weder das PP-Modell noch das von Lakua). Wörtliche Übersetzungen wurden markiert.
(2) Lakua. Die Regierung der Autonomen Gemeinschaft Baskenland (CAV – Comunidad Autónoma Vasca) hat ihren Sitz in der baskischen Hauptstadt Gasteiz (span: Vitoria), konkret im Stadtteil Lakua.
(3) Schule für Friedens-Kultur Barcelona: Escola de Cultura de Pau de Barcelona
(4) Iñigo Urkullu ist seit Dezember 2012 baskischer Ministerpräsident (lehendakari) der Autonomen Baskischen Gemeinschaft (CAV), an der Spitze einer Minderheitsregierung der Baskischen Nationalistischen Partei, PNV.
(5) Sozial-Forum (Foro Social): eine mehrfach durchgeführte Art von Friedenkongress, bei dem zivile Organisationen über den aktuellen Stand der Bemühungen um Normalisierung im Baskenland beratschlagten.
(6) Bei der Aiete-Konferenz handelte es sich um eine international besetzte Friedenskonferenz zum spanisch-baskischen Konflikt, die am 17.Oktober 2011in Donostia (span: San Sebastián) stattfand, und ihren Namenn nach dem Tagungsort, dem Aiete-Palast erhielt. Konferenz-Teilnehmer waren international bekannte Politikerinnen wie Kofi Annan, Bertie Ahern, Gro Harlem Brundtland, Pierre Joxe, Gerry Adams und Jonathan Powell, die als Aiete-Gruppe in die Geschichte eingingen. Die internationale Friedenskonferenz schloss mit einer Erklärung von fünf Punkten, in der die Teilnehmerinnen die bewaffnete Organisation ETA zu einem definitiven Gewaltverzicht aufforderten. Am 20.Oktober, vier Tage nach der Konfernez, verkündete ETA das endgültige Ende ihrer bewaffneten Aktionen. Die spanische Regierung nahm an der Konferenz weder teil, noch war sie mit den Ergebnissen einverstanden. Sie betrachtete die Anwesenheit von internationalen Politikerinnen vielmehr als Einmischung in interne Angelegenheiten.
(7) Originaltitel: "La segunda oleada del desarme". Autor: Vicenc Fisas, Direktor der Schule für Friedens-Kultur und Träger des Nationalen Friedenspreises von 1988 (Escola de Cultura de Pau de Barcelona)
(8) Bei einer Pressekonferenz im Februar 2014, die international Aufsehen erregte, gab die Internationale Kommission zur Bestätigung des Waffenstillstands im Baskenland (CIV – Comisión Internacional de Verificación) ein Treffen mit der Untergrund-Organisation bekannt. Mitglieder der Gruppe hatten sich in einer Wohnung im südfranzösischen Toulouse mit ETA-Mitgliedern getroffen, um die Unbrauchbarmachung von in der Wohnung befindlichen Waffen und Sprengstoffen zu konstatieren und zu bestätigen. Das ganze war auf Video dokumentiert worden und wurde zuerst von der BBC gesendet. Für die baskische Linke war das Treffen von Toulouse ein weiterer Anhaltspunkt für die Strategie der Unilateralität und für den Willen von ETA, in der Frage der Entwaffnung konkrete Schritte zu gehen. Für die spanische Seite war es ein Skandal, dass sich die Vermittler heimlich mit "Terroristen" getroffen hatten. Die auf der Pressekonferenz anwesenden Kommissions-Mitglieder wurden danach zum Verhör nach Madrid bestellt, was als einmaliger Vorgang in der Geschichte der Vermittlung bewaffneter Konflikte gilt. Zur Definition der Verifikations-Kommission ein Artikel der spanischen Tageszeitung El País (in spanischer Sprache).
Abbildungen:
(1) Massenmobilisierung im Baskenland für die Rechte der politischen Gefangenen. Foto Archiv Txeng (FAT).
(2) Die ETA-Führung bei der Verlesung eines Kommuniqués. Foto: Internet.
(3) Die Kommission zur Verifikation des Waffenstillstands bei ihrer Pressekonferenz in Bilbao, Februar 2014. Foto Archiv Txeng (FAT).
(4) Öffentliches Wandbild im Baskenland. Foto Archiv Txeng (FAT).
(5) Baskisches Pelota Spiel. Foto: aymsports.net.
(6) Massenmobilisierung im Baskenland für die Rechte der politischen Gefangenen. Foto Archiv Txeng (FAT).