EUS – die baskische Domain
Die baskische Sprache hat eine eigene Domain im Internet: "EUS". Aus Anlass des Internationalen Tags des Euskara wurden den bereits bestehenden 100 Domains am 3.Dezember 2014 nochmal 1.192 hinzugefügt. Die Tatsache einer eigenen Domain stärkt die Internet-Community, die auf die baskische Sprache setzt. In einer ersten Phase waren es einige wenige Pioniere, in der zweiten konnten sich Institutionen und Vereine bedienen, nun wurde der Erwerb der EUS-Domain öffentlich freigegeben.
(08.12.2014) Die Domain ist einer von drei Bestandteilen von Internet-Adressen: links oder am Anfang steht das WWW, mit einem Punkt getrennt in der Mitte der Name der Webseite. Rechts ist die Domain zu finden, sie gibt einen ersten Hinweis auf den Charakter der besuchten Webseite. Die häufigsten Domains sind "COM" oder "ORG", daneben existieren "NET", "INFO". Gleichzeitig haben sich viele Staaten ihre eigene Domain gesichert: "DE" für Deutschland, "FR" für Frankreich oder "AU" für Australien. Mit der Zeit haben Regionen, oder minoritäre Sprachen nachgezogen und sich ebenfalls einen Kürzel gesichert: "CAT" für Katalonien, "GAL" für Galicien oder "BRZ" für die Bretagne (Breizh ist die Eigenbezeichnung in der bretonischen Sprache). Dazu kommt nun "EUS", das von der baskischen Stiftung PuntuEUS beim Network Information Center (NIC) beantragt wurde, der internationalen Vergabestelle für Domains. "Ein Network Information Center (NIC) oder eine Domain Name Registry verwaltet eine oder mehrere Top-Level-Domains im Domain Name System. Zu den Aufgaben gehört der Betrieb der Nameserver, die Verwaltung des Namensraums und der Betrieb der Whois-Server mit Kontaktdaten der Domaininhaber. Registrys vergeben Domains unterhalb einer Top-Level-Domain, allerdings nicht direkt an Endkunden, sondern über Registrare. Hintergrund hierzu ist, dass dem Endkunden (Domain-Registrant) ein Markt mit konkurrierenden Registraren eröffnet wird. Einige NICs bieten neben ihren Registry-Aufgaben auch Registrar-Dienstleistungen an, zum Beispiel DENIC." (1)
Ende Juni 2014 gingen die ersten 100 EUS-Domain-Namen online, am Internationalen Tag des Euskara folgte nun der definitive Schritt in die Öffentlichkeit – ein überaus wichtiger Schritt auf dem Weg zur internationalen Anerkennung und Insitituionalisierung der baskischen Sprache Euskara. Dem Festakt in Bilbo (spn: Bilbao) wohnten Vertreterinnen verschiedener Institutionen von bereits und künftigen Namens-Trägerinnen bei, um auf dem historischen Foto zu erscheinen. Eröffnet wurde die Veranstaltung vom Bertsolari-Sänger Sustrai Collina (2), es folgten Grußworte aus Katalonien, vom Direktor der Stiftung Punt.CAT, vom Präsidenten der Vereinigung Punto-GAL aus Galicien, vom Sekretär des aus der Bretagne angereisten Vereins WWW.BRZ und von DOT.SCOT aus Schottland. Diese vier Nicht-Staaten haben seit einigen Jahren bereits ihre eigenen Domains, ihnen war es vorbehalten, nun auch die Baskinnen willkommen zu heißen. Der Direktor der baskischen Stiftung, Josu Waliño legte die Einschreibedaten vor und berichtete über die ersten Registrierungen, die deutlich machten, dass die Domain in der baskischen Welt angenommen werde. Er stellte fest, das 95% der EUS-Registrierungen aus Euskal Herria stammten – Euskal Herria ist der Begriff, der die Gesamtheit aller baskischen Provinzen definiert, über Staatsgrenzen hinweg. Der Rest verteile sich auf verschiedenste Orte der Welt. "Die Mehrheit der EUS-Einschreibungen sind Behörden und private Unternehmen, daneben gibt es Vereine verschiedenster Couleur: Sport, Erziehung, Kultur. "EUS" ist der virtuelle Spiegel der gesamten baskischen Gesellschaft, das virtuelle Bild der ganzen Gemeinschaft", so Waliño. (3)
Mit ihrer Wahl machen viele Organisation den Schritt vom "COM" oder "NET" zum neuen "EUS". Einige entschieden sich, für eine Übergangszeit beide Kürzel zu benutzen, um die Besucherinnen ihrer Seiten an die neue Domain zu gewöhnen. Diese Klientinnen werden beim Schreiben der alten Endung die Erfahrung machen, an die neue Domain umgeleitet zu werden. Bis zum Jahresende rechnet die baskische Stiftung PuntuEUS, die Zahl von 2000 EUS-Domains zu erreichen. (4)
Eines der ersten Unternehmen, das die EUS-Domain in seinem Web-Namen aufnahm, war die Mediengruppe NAIZ, die u.a. die Tageszeitung GARA (bask: Wir sind) herausgibt. So wurde aus www.naiz.info die Adresse www.naiz.eus. Zusammen mit anderen 99 bildeten sie die Pioniergruppe. In der zweiten Phase schlossen sich Behörden, weitere Institutionen und Vereine der Initiative an. In der nun eröffeneten dritten Phase ist der Zugang zu EUS offen für alle, die an der baskischen Sprache und Kultur und ihrer Förderung interessiert sind. Wie bei allen anderen Domains kann ein Name einfach über Internet gebucht werden, vorausgesetzt, er ist nicht schon vergeben. Die einzige Bedingung für die Zuteilung einer EUS-Domain ist, dass die Webseite Inhalte in baskischer Sprache enthält, was nicht heißt, dass sie ausschließlich in Euskara ist. Falls eine Seite keine Inhalte in baskischer Sprache aufweisen kann, reicht es auch, wenn sich die Publikation mit baskischer Kultur beschäftigt – nach diesen kriterien könnte auch Baskultur.info eine EUS-Domain beantragen und die Endung wechseln. Der Preis der Domain wird von den Unternehmen festgelegt, die Adressen verkaufen. Er liegt zwischen 49 und 98 Euro. Um die neue Domain bekannt zu machen startet die Stiftung PuntuEUS eine Kampagne mit dem Motto "Tunombre.eus" (DeinName.eus), um das Publikum für den halben Preis zum Erwerb einer Webseite zu animieren, es muss nur ein persönlicher Vorname oder Familienname darin enthalten sein. Das heißt, für 30 Euro gibt es die Domain, 20 Mailadressen und 2 Gigabyte Speicher. Bei der jährlichen baskischen Buchmesse in Durango vom 5.12. bis 8.12.2014 war die Stiftung mit einem Stand vertreten. (4)
Die Anfänge
Gestartet wurde die Initiative "EUS" mit dem Ziel, die baskische Sprache Euskara und die baskische Kultur zu fördern und deren Zusammenwirken zu intensivieren. Mit der neuen Domain steht das Euskara weltweit auf einer Stufe mit den großen Sprachen, was einer internationalen Anerkennung gleichkommt. Die Initiative soll helfen, die Normalisierung des Euskara im privaten und öffentlichen Leben der baskischen Bevölkerung zu vertiefen. Initiiert wurde das Projekt 2007, ein Jahr später wurde der Verein PuntuEUS gegründet. Bis 2012 schlossen sich ihr insgesamt 58 Institutionen an, der Verein verwandelte sich in eine Stiftung. Im Juni 2013 wurde von der internationalen Vergabestelle NIC die Domain genehmigt, ein Jahr später, im Frühjahr 2014, ging sie auf Sendung.
Die Webendung "EUS" hat dieselben Funktionen wie alle anderen Domains, die bisher zur Orientierung und Differenzierung im Internet benutzt wurden. Bereits 1985, vor fast 30 Jahren, startete die Endung "COM" ihre Laufbahn, als Zeichen kommerzieller Zwecke der so bezeichneten Seiten. Sie ist bis heute die meistebenutzte. Es folgten "NET" und "ORG" als allgemeine Bezeichnungsweisen vor allem für Medien und Organisationsnetzte und Verbände. "ORG" wird normalerweise von gemeinnützigen Vereinen gewählt, "NET" gehört dem Microsoft-Unternehmen und bezieht sich auf die Transparenz von Netzen. Das Kürzel "INFO" wurde im Jahr 2001 geschaffen, um das vielbenutzte "COM" zu entlasten. Daneben werden die staatlichen Domains (DE, UK) immer häufiger gebraucht. Die neue Domain "EUS" wird künftig eine Referenz sein für alle Webseiten, die sich auf die baskische Sprache, Kultur oder Geschichte beziehen und die nicht auf die allgemeinen Kürzel zurückgreifen wollen.
Warum muss die baskische Sprache gefördert werden?
Wer die Geschichte und Aktualität des Euskara nicht kennt, wird sich fragen, weshalb eine Sprache öffentlicher Förderung bedarf, um ihre Benutzung und ihr Überleben zu garantieren. Verschiedene Faktoren haben dazu beigetragen, dass das Euskara über die Jahrhunderte hinweg von anderen Sprachen verdrängt wurden. Vor 1000 Jahren wurde sie weit über das heute als Euskal Herria bezeichnete Gebiet hinaus gesprochen: in etwa im
geografischen Dreieck zwischen Santander, Bordeaux und Zaragoza, drei bis vier Mal die Fläche des heutigen Sprachbereichs. Bezeichnenderweise zählt keine dieser drei Metropolen heute zum Baskenland. Handelsbeziehungen, Einwanderung und Machtpolitik drängten das Euskara zurück, mehrfach wurde es aus politischen Motiven verboten, zuletzt in den vier Jahrzehnten der Franco-Diktatur. Ergebnis war, dass die Zahl der Euskara-Sprechenden und Verstehenden derart sank, dass die Sprache (nach Kriterien der wissenschaftlichen Sprachforschung) vom Verschwinden bedroht war. Ein erster wichtiger Schritt nach der Diktatur war die sprachliche und grammatikalische Vereinheitlichung des bis dahin in verschiedenen Dialekten (Euskalki) gesprochenen Euskara. Der zweite Schritt war, dass die Sprache im baskischen Autonomie-Statut von 1979, einer Art Regionalverfassung der Baskischen Region ohne Navarra, zusammen mit Spanisch zu einer der beiden offiziellen im Baskenland erklärt wurde. Was in den folgenden 35 Jahren folgte war eine mehr oder weniger erfolgreiche Förderungspolitik. So werden zum Beispiel als Voraussetzung für den Zugang zu öffentlichen Arbeitsstellen Kenntnisse der Sprache gefordert; es gibt ein baskisch-förderndes Schulmodell, ein Gesetz zur Normalisierung des Gebrauchs der baskischen Sprache, sowie baskische Fernsehkanäle. Die eigene EUS-Domain wird in dieser Reihe von Maßnahmen sicher nicht der letzte Schritt sein. In Form eines Aktionstages mit vielfältigen Aktivitäten dient nicht zuletzt auch der zum "Internationalen Tag des Euskara" erklärte 3.Dezember. Im Jahr 1995 hatten die baskische Regierung und die Akademie der baskischen Sprache, Euskaltzaindia, diesen Tag erneut als Erinnerungstag festgelegt (5), nachdem er bereits im Jahr 1945 von der Gesellschaft für baskische Studien als solcher ausgerufen worden war. (6) Nach Machtübernahme der Franquisten wurde die Gesellschaft verboten und agierte aus dem Ausland, ihr baskischer Name ist "Eusko Ikaskuntza", ihre spanische Bezeichnung "Sociedad de Estudios Vascos". (7)
Die Stiftung
Zu den 58 Gründungs-Mitgliedern der Stiftung PuntuEUS gehörten unter anderen das baskische Fernsehen EITB, die
Akademie der baskischen Sprache Euskaltzaindia, der Verband baskischer Schriftstellerinnen und die Sektion des PEN-Club Baskenland, die Föderation baskischer Schulen, die baskische Universität, verschiedene Publikationen in baskischer Sprache, ein wissenschaftliches Institut in Nevada/USA, Radio- und Fernsehsender, Verlage, baskische
Migrationszentren weltweit und Kontseilua, der Verein zu Förderung der baskischen Sprache. Im Jahr 2012 wurde der Antrag auf Zulassung der Domain im Internet gestellt, nach ihrer Genehmigung wurde die Stiftung zur verantwortlichen Instanz für die Verwaltung, Kontrolle und Vergabe der Domain. (3)
Quellen:
(1) Wikipedia: Network Information Center
http://de.wikipedia.org/wiki/Network_Information_Center
(2) Bertsolari-Sänger sind Stehgreif-Dichter, die zu bestimmten Melodien spontan erfundene Reime von politischem oder sozialem Inhalt vortragen. Sie treten auf bei öffentlichen Veranstaltungen, Demonstratonen, bei extra organisierten Essen oder bei Bertsolari-Wettbewerben. Sustrai Colina ist einer der beaknntesten Vertreter der Bertsolaris, er hat an den vergangenen drei großen Meisterschaften (Bertso Txapelketa) teilgenommen, die alle vier Jahre organisiert werden und stammt aus Iparralde, dem nördlichen (im französischen Staat liegenden Baskenland.
(3) Artikel aus der baskischen Tageszeitung GARA: "Cerca de 1.300 dominios .EUS se estrenan en el universo online" (Ca.1.300 EUS-Domains starten im Online-Universum)
(4) Stiftung PuntuEUS
http://www.domeinuak.eus/es/fundazioa/
(5) Der Internationale Tag des Euskara wurde 1995 gemeinsam von der baskischen Regierung und der Akademie der baskischen Sprache erneut ausgerufen, nachdem er zwischenzeitlich verboten war während der spanischen Diktatur.
http://www.euskara.euskadi.net/r59-738/es/contenidos/noticia/euskararen_eguna_2012/es_berria/berria.html
(6) Internationaler Tag des Euskara
http://ibasque.com/3-de-diciembre-dia-internacional-del-euskara-ene/
(7) Gesellschaft für baskische Studien (Eusko Ikaskuntza / Sociedad de Estudios Vascos)
https://www.eusko-ikaskuntza.org/es/quienessomos/historia/
Fotonachweis:
Foto 1: domeinuak.eus/es/fundazioa/
Foto 2: elduaien.blogspot.com
Foto 3: es.wikipedia.org
Foto 4: eusko-ikaskuntza.org
Foto 5: eitb.eus