bestebi01Obdachlose sichtbar machen

“Die Unsichtbaren sichtbar machen“ ist das Ziel einer Initiative in Bilbo, die den doppelsinnigen Namen BesteBi“ trägt. Auf Baskisch kann das “zwei andere“ bedeuten, aber auch “ein anderes Bilbao / Bizkaia“ (in der Abkürzung Bi“ für Bilbao oder Bizkaia). Die sichtbar gemacht werden sollen, sind Obdachlose, die in immer größerer Zahl in den Straßen der Städte “zu sehen“ sind. Nicht sie selbst sind unsichtbar, sondern ihre Schicksale, im schlimmsten Fall ihr Tod. 43 Obdachlose haben ihr Leben verloren.

Die Initiative BesteBi arbeitet in Bilbao seit 15 Jahren daran, die Situation von Obdachlosen sichtbar zu machen und sie ins gesellschaftliche Bewusstsein und in die sozialen Bezüge zurückzuholen.

Vor 15 Jahren begann eine Gruppe von Personen und sozialen Einrichtungen, die gegen die soziale Ausgrenzung kämpfen, mit regelmäßigen Treffen. Sie waren der Ansicht, dass nicht nur "ein anderes Bilbao und ein anderes Bizkaia möglich sind", sondern auch, dass "eine andere Welt möglich ist". (1)

Der Tod von drei Obdachlosen beim Brand in der Not-Unterkunft "Posada de los Abrazos" (Herberge der Umarmungen) im Jahr 2006 hatte dazu veranlasst, etwas in die Tat umzusetzen, worüber schon seit einiger Zeit diskutiert worden war: die Notwendigkeit, die Situation von Obdachlosen sichtbar zu machen, den Tod dieser Menschen auf der Straße, der in der Regel völlig unbemerkt blieb, die Notwendigkeit einer Koordinierung, die Durchführung von Kampagnen, um die Situation der Ausgrenzung zu beklagen.

Im Jahr 2006 wurde die Keimzelle dessen geschaffen, was im April 2007 die "BesteBi-Plattform" genannt wurde: Beste Bilbao, Beste Bizkaia – ein anderes Bilbo, ein anderes Bizkaia. Damals verfolgten wir vor allem zwei Ziele:

1. Eine Verbindung zwischen den sozialen Einrichtungen zu schaffen, die mit Obdachlosen in Bizkaia arbeiten, um als gemeinsame Gesprächspartner gegenüber den öffentlichen Verwaltungen die Rechte der am meisten gefährdeten Menschen, der Obdachlosen, zu verteidigen.

2. Vor allem aber, dass keine weiteren Obdachlosen auf den Straßen von Bizkaia sterben, ohne dass zumindest ein Moment der Klage über die Situation, des Gedenkens, der Ehrerbietung, der Aufforderung und des Anstoßes zum Umdenken stattfindet. Um – zumindest – die Obdachlosen in unserer Umgebung sichtbar zu machen, sowie die grausame Tatsache, dass Menschen in Wohlstands-Gesellschaften auch im 21. Jahrhundert noch auf der Straße sterben.

bestebi02“In den 15 Jahren, in denen BesteBi tätig ist, musste von 43 Obdachlosen Abschied genommen werden, die auf unseren Straßen, vor Geldautomaten, in Hütten, in verlassenen Häusern gestorben sind ... andere starben in Notunterkünften oder in provisorischen Herbergen, in denen sie lebten ... sicherlich erlitten wieder andere Menschen dasselbe Schicksal, von denen wir nichts erfuhren. Denn wir wissen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, um 20 Jahre niedriger ist als die der übrigen Bevölkerung und dass sie viel mehr körperliche Gesundheits-Probleme haben als der Rest der Bevölkerung“.

Ein Nachruf

“Wir möchten alle Obdachlosen erwähnen, von deren Tod wir in den letzten 15 Jahren erfahren haben: Txus, María José, Mikel, Vanesa, Isaías, Carlos, Juanjo, Antonio, Lucio, José Pablo, Paulo, Goyo, Jontxu, Jesús, José Luis, David, Alusine, Enzo, Aleks, Manuel Jesús, Ernest, Alfredo, Juan Antonio, Julio, Justo, Manuel, Koldo, José María, Hassan, El Mahjoub, Nuria, Turbio, Eusebio, Francisco, Hamza, Jesús, Paulo, Francisco Javier, Josu, Felix "Manu", José Carlos, José Maria, Antonio, Jaime, Juan Antonio, Juan Miguel, Aitor, Piotr, Fatima, Ayman, David, Denis, Angélica und Eduardo. Für sie alle und für diejenigen, deren Unsichtbarkeit so weit ging, dass wir nicht einmal von ihrem Tod erfahren konnten, eine Schweigeminute und die Erinnerung, voller Hoffnung, dass sich ihr Tod nicht wiederholt“.

In diesen 15 Jahren gab es Fortschritte, BesteBi erkennt an, dass in der Verwaltung einige Maßnahmen ergriffen wurden, wie z. B. die Schaffung einer Strategie zur Beendigung der Obdachlosigkeit. “Aber wir dürfen nicht vergessen, dass diese weder ausreichend noch wirksam war und dass wir gerade dabei sind, eine neue Strategie zu entwickeln. Für diese neue Strategie weist Bestebi darauf hin, dass sie mit einem Budget ausgestattet sein muss, dessen Einhaltung überwacht und bewertet werden muss. Dass sie die Geschlechter-Perspektive bereichsübergreifend einbeziehen muss und dass die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den verschiedenen Bereichen der Verwaltung, dem dritten Sektor und der Einbeziehung der Bevölkerung und der Medien von entscheidender Bedeutung sind, damit die Strategie tatsächlich Wirkung zeigen kann“.

Zunahme

bestebi03BesteBi erinnert daran, dass die Obdachlosigkeit in Euskadi leider immer mehr zunimmt. Nach der letzten Zählung von Obdachlosen, die im März 2020 durchgeführt wurde, sind in Euskadi (Araba, Bizkaia, Gipuzkoa) 2.797 Menschen obdachlos. Die soziale Ausgrenzung ist nach wie vor ein strukturelles und wachsendes Phänomen in den drei Provinzen. Menschen verlieren ihre Arbeit, ihre Familien, ihre Lebensgrundlage, ihren Wohnraum, werden zwangsgeräumt, auf die Straße gesetzt … Laut einer kürzlich von der baskischen Regierung selbst vorgelegten Studie steigt die Zahl der von Obdachlosigkeit betroffenen Personen seit 2012 stetig an, sowohl in den (völlig unzureichenden) Aufnahme-Zentren als auch auf der Straße: von 1.704 im Jahr 2012 auf 2.797 im Jahr 2020. Wirksame Lösungen sind dringend erforderlich.

“Wir von BesteBi sind der Meinung, dass das Recht auf Wohnen jetzt in einem realen Zugang zu Wohnraum für alle Bürgerinnen und Bürger verwirklicht werden sollte. Insbesondere aber für diejenigen, die keinen Wohnraum haben. Wohnen ist mehr als ein bloßer Wohnsitz, es ist ein Zuhause, es ist der Ort, an dem die Lebensentwürfe eines jeden Menschen geplant und verwirklicht werden und der den Zugang zu vielen anderen Rechten darstellt: Bildung, Gesundheit, Beschäftigung, garantiertes Einkommen, Renten usw. Denn "keinen Wohnraum zu haben ist viel mehr als kein Dach zu haben".

“Heute, am 15. Jahrestag der Plattform Beste Bi (28. April 2022), kämpfen wir weiter für eine Realität, in der es keine Obdachlosen gibt. Denn wir wollen ein anderes Bilbao, ein anderes Bizkaia“.

ANMERKUNGEN:

(1) “BesteBi, 15 años visibilizando lo invisible: las personas sin hogar” (BesteBi, seit 15 Jahren die Unsichtbaren sichtbar machen: Personen ohne Wohnraum) Ecuador Etxea, 2022-04-28 (LINK)

ABBILDUNGEN:

(1) BesteBi (ecuador etxea)

(2) BesteBi (deia)

(3) Logo BesteBi

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-04-29)

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