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Etxebarri und Azurmendi auf Platz 3 und 5

Wer in den besten Restaurants Speisen geht, wird nicht unbedingt satt. Dafür sind diese Restaurants auch nicht gedacht. Hier wird nicht gegessen oder womöglich geschlemmt, sondern gekostet und goutiert. Qualität hat bekanntlich wenig mit Quantität zu tun. Bei edlen Gerichten ist genau das Gegenteil der Fall: die Masse verhindert die besondere Geschmacksentfaltung. Opinionated About Dining (OAD) fertigt jährlich eine Liste an mit den “Besten Restaurants” Europas – mit ausgeprägter baskischer Vertretung.

Die besten Restaurants in Europa werden einmal jährlich von der internationalen Organisation Opinionated About Dining (OAD) ausgewählt und gekürt. Die Ausgezeichneten sind ein Jahr lang in der Hall of Fame der europäischen Gastronomie vertreten, im OAD-Führer, der höchste kulinarische Qualität verspricht.

Bei der aktuellen europäischen Restaurant-Rangliste kamen die baskischen Betriebe Etxebarri und Azurmendi auf die Plätze drei und fünf. Erneut ein sehr gutes Ergebnis für das kleine Baskenland am Golf von Bizkaia. Dabei stieg das Grillrestaurant Etxebarri aus Atxondo (Bizkaia) mit Chefkoch Bittor Arginzoniz in der Wertung der besten 100 vom sechsten auf den dritten Platz. Das Restaurant Azurmendi mit Eneko Atxa am Herd kam in der Bewertung des Gastronomie-Führers Opinionated About Dining (OAD) (1) für die besten europäischen Restaurants auf den fünften Platz. Den ersten Platz belegte das Schweizer Restaurant Schloss Schauenstein von Andreas Caminada, in Ablösung des Vorjahressiegers L'Arpège aus Frankreich. Zweite wurde die Kochbelegschaft Fäviken aus Schweden. (2)

OAD2Erneut kamen 13 Restaurants aus dem spanischen Staat unter die besten 50 der Edelgastronomie Europas. Das unterstreicht nicht nur die Qualität der verschiedenen regionalen Küchen. Es macht auch die gesellschaftliche Bedeutung der Gastronomie generell deutlich. Insbesondere in Katalonien und im Baskenland. Euskal Herria ist bekanntlich die Region mit den meisten Michelin-Sternen. Vorgestellt wurde das OAD-Ranking im berühmten Veteranen-Club Royal Hospital Chelsea von London. Anwesend waren die bekanntesten Köche von den britischen Inseln und aus Europa.

Bittor Arginzoniz

Der bestplatzierte Chefkoch aus dem Baskenland ist Bittor Arginzoniz (*1960). Er leitet das Restaurant Etxebarri Atxondo, Bizkaia. Sein besonderer Verdienst ist, Grillgerichte wieder in die gastronomische High-Society gebracht zu haben. (3) Arginzoniz ist nicht der typische Starkoch, der gerne von einem Event zum anderen reist. Stattdessen bleibt er dem Grill verbunden, seine Arbeit versteht er als Handwerk. Im Interview zeigt er sich ehrlich und ohne Allüren. (4)

„Ruhm gefällt mir nicht, auch nicht die Erscheinungen, die ihn begleiten. Mein Platz ist hinter dem Feuer, am Herd und am Grillgitter.“ Arginzoniz sucht in seinem Metier nach neuer Qualität, vielleicht die Perfektion. Wenig übrig hat er für Gäste, die in sein Restaurant kommen, um Fehler zu suchen. Zur Tatsache, dass 80% seiner Gäste aus dem Ausland kommen meint er lapidar: „Niemand ist Prophet im eignenen Land.“

„Mich interessieren die Leute, die kommen um zu genießen, nicht um Mängel zu suchen. Es werden immer weniger, die so denken. Viele suchen die Stecknadel im Heuhaufen. Ich versuche, das zu ignorieren. Ich habe mich in den 28 Jahren Etxebarri nicht verändert und verstehe mich weiter als Grillarbeiter.“ – „Diese Arbeit erfordert viel Verantwortung und Einsatz, sowohl psychisch wie physisch. Die Leute fordern immer mehr, jeden Tag. Manchmal verursacht das Schmerzen. An manchen Tagen mache ich 500 Gerichte und die Leute urteilen über mich. Dabei weiß ich selbst am Besten, ob ein Gericht eine Sieben oder eine Zehn verdient. Mir selbst gegenüber bin ich äußerst kritisch.“

Die besten aus der Sicht von OAD

Ausgerechnet in diesem Jahr feiern die Sieger von Schloss Schauenstein ihr 15-jähriges Bestehen. Ihr Standort ist mit dem schweizer Ort Fürstenau die offiziell kleinste Stadt der Welt. Im vergangenen Jahr hatte Schauenstein bereits den zweiten Platz belegt. Geschlagen geben musste sich nach zwei Jahren Spitzenposition Alain Passard aus Paris mit seinem Restaurant L'Arpège. Heuer reichte es nur auf den vierten Rang in der 2007 von dem US-Amerikaner Steve Plotnicke gegründeten Rangliste. Mittlerweile sind es 5.600 Expert*innen, die an dieser Abstimmung teilnehmen. Hinter dem schwedischen Restaurant Fäviken von Magnus Nilsson auf Platz zwei kommt das baskische Azurmendi aus Larrabetzu in Bizkaia, das mit Eneko Atxa an den Töpfen 2015 den Wettbewerb gewonnen hatte, nunmehr auf Platz fünf. (2)

OAD3Im OAD-Führer einen großen Sprung nach oben – um 17 Plätze auf Rang 12 –machte das Disfrutar aus Barcelona mit Oriol Castro, Eduard Xatruch und Mateu Casañas als Kochgespann. Ca l'Enric aus dem ebenfalls katalanischen Girona stieg um 16 Plätze auf Rang 28 im Klassement. Aponiente von Ángel León aus Cádiz rückte um 36 Plätze auf Rang 25.

Etwas abgestiegen sind die Restaurants Quique Dacosta aus Valencia (auf Rang 9); Tickets aus Barcelona auf 39 und Martín Berasategui aus dem baskischen Gipuzkoa auf Platz 49. Die größten Rückschritte machten Sant Pau von Carme Ruscalleda in der Provinz Barcelona (von 14 auf 27), El Celler de Can Roca in Girona (von 15 auf 22) und DiverXO aus Madrid (von 27 auf 33). Dafür kamen zwei katalanische Gaststätten neu in die 50-er Liste: Els Casals auf Rang 43, und Enigma von de Albert Adrià auf Platz 44.

Aus den Top-50 verabschiedet haben sich Mugaritz von Andoni Luis Audriz in Gipuzkoa (von 38 auf 61). Im Ranking der besten 200 Restaurants Europas waren insgesamt 37 aus dem spanischen Staat vertreten, sechs mehr als im Vorjahr 2017. Neuling in der OAD-Liste ist zum Beispiel Lluís Fernández Punset mit Els Pescadors in Girona auf Platz 67. „Ist natürlich schön, in die Liste aufgenommen zu werden, bisher war das kein Zirkel, in dem wir uns bewegt haben“, so der Chefkoch, dessen Spezialität Fisch ist.

Neu sind ebenfalls Hoja Santa von der Gruppe elBarri der Gebrüder Adrià e Iglesias aus Barcelona auf Platz 72; El Campero von Pepe Melero und Julio Vázquez aus Cádiz auf 93; Culler de Pau von Javier Olleros aus Galicien auf 158; Miramar von Paco Pérez aus Girona auf 169; sowie Skina von Marcos Granda aus Málaga auf Rang 189.

„Mein Schicksal ist der Grill“

Der dritte Platz im Ranking der besten europäischen Restaurants und dazu die Tatsache ein Grillrestaurant zu sein, verdeutlicht die Einzigartigkeit der Etxebarri-Küche. „Da wird nichts geschminkt, die Wahrheit wird direkt ausgesprochen“, so Agustí Peris, Weinkellner von Etxebarri. (3)

OAD4Ehrlichkeit und Ehrgeiz machen eine Nachfolge im Betrieb schwierig. Arginzoniz steht früh um sieben auf um das Herdfeuer zu entzünden. Seine Schüler bleiben eine Zeit lang zum Lernen und eröffnen dann Grillrestaurants in aller Welt. Doch niemand will in Etxebarri die Nachfolge antreten. „Sie kommen nach Hause, um neue Geheimnisse zu erfahren. Für die Arbeit am Grill ist die Fähigkeit unabdingbar, Zeit und Temperatur genau zu kontrollieren. Die Mehrheit der Schüler geht davon aus, bereits nach kurzer Zeit spezielle Dinge machen zu können. Die Glut ist Arbeit und immer wieder Arbeit. Mein Schicksal ist mit dem Grill verknüpft. Ich habe keine Stunde, mich zwischendurch hinzusetzen. Deshalb sind meine Beckenknochen in schlechtem Zustand“, erzählte Arginzoniz bei einer Konferenz in Bilbao. Das Publikum ist dankbar für die offenen Worte. So etwas ist selten genug. „Die Familie ist Synonym für Einheit, Respekt und Bescheidenheit. Mit diesen Werten sind wir aufgewachsen. Heutzutage gehen sie immer mehr verloren. Der Respekt vor dem Essen, vor der Umgebung und vor deiner Heimat. Essen war ein magischer Moment. Heuzutage hat das an Bedeutung verloren.“

Arginzoniz stammt aus dem Bauerngut Uru, am Fuße des Anboto-Bergmassivs. Hier erholt er sich gelegentlich. Jeden Montag eine Bergwanderung, da wo er seine Jugend verbracht hat. „Da fühle ich jene Freiheit, die niemand stören kann. Dann lasse ich die vergangene Wochen Revue passieren.“

Der Organisator und weitere Best-of-Listen

Für Plotnicki, den Urheber der OAD-Veranstaltung, sind die neuen Restaurants das Beste an der Liste. Dabei debütieren unter den besten zehn das Chambre Séparée von Kobe Desramaults auf Rang 6 und das Restaurant Frantzén von Björn Frantzén auf acht. Ebenfalls neu sind Euskalduna Studio aus Portugal, Kresios aus Italien, Meliefste und Tribeca aus Holland, das deutsche Geisels Werneckhof und Sabi Omakase aus Norwegen. Die Köche der letztgenannten Einrichtungen waren vor der Gala für Abendessen zuständig, „um neue Talente vorzustellen“. (2)

OAD5Bei der Gala wurden auch die Top 100 Gourmet Casual 2018 vorgestellt. Dabei handelt es sich um Restaurants, die Probemenüs für weniger als 75 Euro anbieten, oder Hauptgerichte zwischen 25 und 30 Euro. 24 Betriebe aus dieser Liste stammen aus dem spanischen Staat, was Plotnicki zu der Bemerkung veranlasste: „Die Eigenverpflichtung, hochwertige Produkte zu überraschend niedrigen Preisen zu servieren macht aus Spanien ein wahres Paradies für Liebhaber der informellen Gourmet-Küche“. An der Spitze dieser Liste stehen Estimar y El Quim aus Barcelona und Ganbara aus San Sebastián, das vom ersten auf den dritten Rang sinkt. Dahinter Trattoria Trippa aus Mailand und Abri aus Frankreich.

Mit Compartir, Quimet&Quimet, Bodega 1900, Niño Viejo, dos pebrots, Suculent, Cal Pep, Can Vallès, La Cova Fumada, el Pinotxo de la Boquería und Gresca schneidet Katalonien hervorragend ab. Gleich danach das Baskenland mit La Cuchara von San Telmo, Bar Néstor, La Viña, Hidalgo 56, Borda Berri und Bar Txepetxa. Dazu kommen zwei Betriebe aus Madrid und zwei weitere aus Andalusien. Vorgestellt wurden die beiden Listen bei einem Abendessen, das dem klassischen britischen Braten gewidmet war und von einem Dutzend europäischer Köche zubereitet wurde: von den Briten Isaac McHale (The Clove Club) und James Knappett (Kitchen Table), Ángel León (Aponiente) aus Spanien, Jonnie Boer (De Librije) aus den Niederlanden und dem Schweden Bjorn Frantzen (Restaurant Frantzen).

ANMERKUNGEN:

(1) Opinionate About Dining (Link)

(2) Artikel Tageszeutung Deia “Etxebarri y Azurmendi, tercer y quinto mejores restaurantes de Europa” (Etxebarri und Azurmendi, dritter und fünfter Paltz unter den besten Restaurants in Europa) (Link)

(3) Artikel “Baskische Küche (3)” (Link)

(4) Interview mit dem Chefkoch Bittor Arginzoniz, Tageszeitung El Correo: „Las estrellas de la cocina vasca“ (Die Stars der baskischen Küche) (Link)

ABBILDUNGEN:

(1) Bittor Arginzoniz (Iban Gorriti)

(2) Asador Etxebarria (Webseite)

(3) Eneko Atxa (rtve.es)

(4) Restaurant Azurmendi (20minutos)

(5) Asador Etxebarria (Webseite)

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