Gefahren von Chemie-Einsatz
Der Klimawandel bedroht die Honigproduktion in 11.000 Bienenstöcken der baskischen Provinz Araba. Imker*innen versuchen, ihre Bienen vor einer arzneimittel-resistenten Milbe, vor der als Invasorin bezeichneten Asiatischen Wespe (Velutina), sowie vor extremen Wetterbedingungen zu schützen. Diese drei Gefahren stellen die Funktion der Bienen in Frage. Was wird geschehen, wenn sie ihrer Arbeit als Bestäuberinnen nicht mehr nachkommen und keinen Honig mehr produzieren? In Araba werden Antworten gesucht.
Der Einsatz von Herbiziden und Insektiziden bedroht die Bienenwelt, ihre Funktion bei der Pfanzen-Bestäubung und ihre Honigproduktion.
In diesem Frühjahr haben einige Imker in Araba beobachtet, wie ganze Bienenvölker starben. Grund war der Fehler in einer Produktionseinheit eines Medikaments gegen die Varroa-Milbe, ein Parasit dieser für die Bestäubung von Pflanzen so wichtigen Insekten. Die Behandlung der Bienen funktionierte nicht mehr, erklärt Begoña Díaz. Sie ist Präsidentin des Imkerinnen-Verbands Apial der baskischen Provinz Araba, dem 395 Erzeuger*innen mit insgesamt 11.715 Bienenstöcken angehören. Die sind über die gesamte Provinz verteilt. Nur ein halbes Dutzend von ihnen beschäftigt sich professionell mit dem Verkauf von Honig und anderen daraus gewonnenen Produkten. Denn die Gewinnung des reichhaltigen Honigs aus den Waben von Heidekraut, Rosmarin, Tausendblumen oder Eichenhonigtau kostet sie jedes Jahr mehr Mühe und Investition. (1)
Die tödliche Milbe
Die Varroamilbe (Varroa destructor) ist eine (als ausgewachsenes Weibchen) ca. 1,1 Millimeter lange und 1,6 Millimeter breite Milbe aus der Familie der Varroidae, die als Parasit an Honigbienen (Apis mellifera und Apis cerana) lebt. Die Milbe entwickelt und vermehrt sich in der verdeckelten Brut im Bienenstock. Der Befall von Bienenvölkern durch die Milbenart wird als Varroose (alter Name: Varroatose) bezeichnet. Varroa destructor gilt als der bedeutsamste Bienenschädling weltweit. (2)
Die Invasoren-Wespe
Nicht ganz geklärt ist, ob der globalisierte Warenverkehr verantwortlich ist für die Invasion (Import) der sogenannten asiatischen Wespe (Velutina), die eine große Gefahr darstellt für die einheimisch europäischen Bienen; oder ob der Klimawandel den Hintergrund für die Ankunft der invasiven Wespen ausmacht. Vespa velutina ist eine in Südostasien (Südchina) heimische Hornissenart. Sie wurde erstmals 2004 mit der Unterart Vespa velutina nigrithorax in Südwestfrankreich nachgewiesen und breitet sich seither invasiv in Europa aus.
Nach Europa wurde die Art vermutlich über den Seeweg aus China eingeschleppt: Der erste bekannt gewordene europäische Fund stammt von 2005 aus Nérac in Südwest-Frankreich, möglicherweise war sie aber schon 2004 in Agen präsent. Von dort aus breitete sie sich rapide aus. Im August 2010 erreichte sie im Osten das Rhonetal und im Norden in der Ostbretagne die Küste des Ärmelkanals. Gleichzeitig wurde sie zuerst südlich der Pyrenäen in Amaiur, Navarra registriert, von wo sie sich bis 2015 über große Teile Nordspaniens ausbreitete, vor allem über das Baskenland und die Region Navarra. 2011 erreichte sie in Viana do Castelo die portugiesische Atlantikküste. Problematisch ist ihr Auftreten vor allem für Imker, weil sie als Bienenjäger Bienenvölker stark schwächen kann. (3)
Der Klimafaktor
In jedem Fall ist der sich immer mehr zuspitzende Klimawandel verantwortlich für die Zunahme untypischer Wetterphänomene. Februar-Tage mit 20 Grad Wärme, die ebenfalls Folgen für die Bienenhaltung und Honigproduktion haben und so eine uralte Tätigkeit ins Wanken bringen, die für ein halbes Dutzend Erzeugerinnen in der Provinz Araba (span: Álava) die Lebensgrundlage darstellt.
"In diesem Frühjahr, nachdem es keine Winterpause, keinen Regen und keine Kälte gab, hat die Varroa-Milbe verheerende Schäden angerichtet", sagt Iván Candela Beltrá, Bienenzucht-Techniker und Berufsimker. Seit einiger Zeit wissen die Verbände, dass die einheimische Schwarze Biene (apis mellifera iberiensis) gegen die Varroa-Behandlung resistent geworden ist und zwei Behandlungen pro Jahr benötigt. Aber die öffentliche Verwaltung subventioniert nur eine Behandlung. "Diejenigen, die beide Behandlungen auf eigene Kosten durchgeführt haben, hatten am Ende mehr Ausgaben aber weniger Verluste bei ihren Bienenvölkern“.
Der Test im September
Um sich von jedem Schicksalsschlag zu erholen, züchten die Imker neue Bestäuber aus derselben Familie oder kaufen welche hinzu, erzählt Begoña Díaz, die vor 20 Jahren als Hobby mit der Imkerei begann, als sie in ihrem Haus in Fresneda (bei Valdegovía, Süd-Araba) zwei Bienenstöcke aufstellte. Heute betreut sie 28 Exemplare.
Begoña Díaz hat ihre Bienenstöcke in die Berge gebracht, weil in niedrigeren Lagen Herbizide und Insektizide die Bienen beeinträchtigen, da solche chemischen Eingriffe die Blüten zerstören. Dies ist eine weitere Bedrohung für den Honig aus Araba, aber auch für die lokale Flora im Allgemeinen. Denn die Bienen sind die wichtigen Bestäuberinnen der Natur und somit eine Garantie für Obst, Futter und schöne Landschaften. Politische Parteien wie Equo Berdeak fordern sogar eine Analyse der Möglichkeit, die Aufstellung von urbanen Bienenstöcken zuzulassen. Das heißt, innerhalb der Städte.
Wetterchaos
Doch auch die Stadt wird die Bienen jedoch nicht vor dem Wetter schützen. "Früher war es eindeutiger, wann die jeweilige Saison beginnt. Jetzt ist es im Februar plötzlich sonnig und die Blumen kommen heraus. Die Bienen spüren irrtümlicherweise, es sei Frühling, und sorgen für Nachwuchs. Dann wird es richtig kalt und sie können die Temperatur in den Bienenstöcken nicht mehr halten. Und jetzt diese unerträgliche Sommerhitze ... die Tiere müssen hart arbeiten, um die Zellen zu belüften", sagt die Präsidentin von Apial.
Iván Candela erklärt, dass es noch zu früh ist, um zu wissen, wie es mit der Ernte weitergeht, "obwohl der Frühling nicht gut war und sie eine Produktion von 40% hatten". Im Juli war der Honigtau (ein etwas dunklerer Nektar) der Eiche spärlich und der Nektar der Steineiche war ein Rätsel. "In den Bergen von Araba hat es seit Monaten nicht mehr geregnet", meint er. Im September werden 13 Bienenstöcke getestet und 370 Kästen geöffnet. Sie werden analysiert, und dann wird klarer, wie das Ende des Jahres aussieht.
Produktionsrückgang
Es ist schwer zu sagen, wie viele Kilo Honig produziert werden. Geschätzt werden zwischen 6 und 8 Kilo pro Bienenstock. Ein Maßstab ist die Anzahl der von der Vereinigung gekauften Honiggläser. Letztes Jahr wurde 30% weniger Honig verkauft", erklärt der Techniker. Er rechnet mit einem Preisanstieg, da Gläser, Bienenfutter und Material für die Bienenstöcke inzwischen um bis zu 25% teurer geworden sind.
Dramatischer als eine Preissteigerung ist jedoch die Frage, ob die Bienen und mit ihnen die Honigzucht überhaupt überleben können. Viele Hinweise sprechen dafür, dass die Gefahr immer größer wird. Kaum glaublich erscheint vor diesem Panorama ein Phänomen, das als “positiver Nebeneffekt“ interpretiert werden kann: die hohen Temperaturen haben die Nester der Asiatischen Wespe "drastisch" reduziert. Das erklärte die Stadtverwaltung von Iruñea (Pamplona) erklärt in einer Mitteilung.
Klima killt Invasoren
“Die übermäßig hohen Temperaturen in diesem Sommer haben zu einem deutlichen Rückgang der Nester der Asiatischen Wespe in Iruñea geführt, von denen seit dem Frühjahr 11 primäre und 3 sekundäre Nester entfernt wurden, verglichen mit 25 zur gleichen Zeit im Vorjahr“. (4) Weil die Asiatische Hornisse aus feuchten Klimazonen mit angenehmen Temperaturen stammt, sind extreme Wetterbedingungen für ihre Entwicklung nicht günstig. So wurden dank regelmäßiger Kontrollen und Warnungen aus der Bevölkerung primäre Nester unter anderem aus Vogelnistkästen, Beleuchtungs- und Abflussregistern, Veranden und Fensterstürzen entfernt.
Jetzt, im August, ziehen die Insekten von den kleineren, exponierten Primärnestern an weniger zugängliche Orte, Bäume in großer Höhe oder Dachvorsprünge von Gebäuden, wo sie größere Nester anlegen, die schwerer zu entdecken sind. Aktuell sei der richtige Zeitpunkt, um diese Nester zu entfernen, da die Aktivität der Tiere mit dem Sommerende und dem Beginn von kaltem Wetter abnimmt, bis sie im Winter völlig inaktiv werden. Verlassene Nester werden nicht entfernt, die städtischen Dienststellen (Desinfektionspark) erfassen lediglich den Standort und markieren den Stamm mit einem roten "V", um der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass das Nest bekämpft wurde.
Im Falle einer Warnung führen die Techniker schnell Inspektionen durch. Falls sie das Nest nicht mit eigenen Mitteln entfernen können, wenden sie sich an die Feuerwehr. Mit einem Leitfaden wird auf den Unterschied zwischen der Asiatischen Hornisse und der einheimischen Wespe hingewiesen. Die einheimische Wespe hat einen Hinterleib mit gelben und schwarzen Streifen von mehr oder weniger gleicher Dicke, während der Körper der Asiatischen Wespe schwarz ist mit nur einem gelben Ring.
So hilft die Klimakatastrophe ausnahmsweise gegen eine ebenfalls von Menschenhand gemachte Bedrohung. Der Bestand der Invasoren-Wespe in Europa ist trotz anhaltender Trockenheit und Hitze nicht in Gefahr. Das kann von den Bienen und ihrer Welt nicht behauptet werden.
ANMERKUNGEN:
(1) “El cambio climático amenaza la producción de miel de 11.000 colmenas en Álava” (Der Klimawandel bedroht die Honigproduktion in 11.000 Bienenstöcken in Araba), El Correo, 2022-08-23 (LINK)
(2) In Österreich ist die Tierseuche Varroose anzeigepflichtig, in der Schweiz unter “Zu überwachende Seuchen“ (Meldepflicht) eingestuft. In Deutschland ist sie in § 15 der Bienenseuchen-Verordnung zwar geregelt, aufgrund ihrer Ubiquität wird aber von einer Anzeige- oder Meldepflicht abgesehen. (Wikipedia) (LINK)
(3) Asiatische Wespe: (…) Mit dem Fund eines Nests in Büchelberg in Rheinland-Pfalz 2014 ist die Reproduktion der Art auch in Deutschland nachgewiesen. In Baden-Württemberg wurde die Art ebenfalls 2014 in Waghäusel (Nordbaden) und 2016 in Freiburg im Breisgau (Südbaden) gesichtet. In Berichten über Probleme für die Imkerei wird die Art oft ungenau “Asiatische Hornisse“ genannt, womit mitunter jedoch auch die Asiatische Riesenhornisse (Vespa mandarinia) gemeint sein kann. Diese Art vermag in den von ihr besiedelten Regionen in kurzer Zeit erhebliche Populationsdichten zu erreichen. In Korea, wohin sie 2003 einwanderte, ist sie heute die häufigste Hornissenart. (Wikipedia) (LINK)
(4) “Las altas temperaturas han reducido drásticamente los nidos de avispa asiática” (Hohe Temperaturen haben die Nester der Asiatischen Wespe "drastisch" reduziert), Tageszeitung Gara 2022-08-23 (LINK)
ABBILDUNGEN:
(1) Bienen in Gefahr (naiz)
(2) Bienen in Gefahr (expertoanimal)
(3) Asiatische Wespe (lavanguardia)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-08-25)