Mülldeponie stürzt auf Autobahn
Vor genau drei Jahren ereignete sich die Katastrophe: eine am Berg gelegene und mit teilweise illegal gelagerten Abfällen gefüllte Mülldeponie brach ab und rutschte ins Tal auf die Autobahn Bilbao-Donostia. Zwei Arbeiter stürzten mit in die Tiefe und fanden den Tod. Nach und nach stellte sich heraus, dass auf der Deponie zu viel Müll gelagert war, zum Teil giftiger Müll ohne Genehmigung. Die Kontrollen waren ungenügend, Papiere wurden gefälscht. Die Aufarbeitung des Falls kommt nur langsam voran.
Seit dem Abrutschen der Mülldeponie von Zaldibar am 6. Februar 2020 in der baskischen Provinz Bizkaia sind drei Jahre vergangen und noch immer ist niemand für die größte Umwelt-Katastrophe in der Geschichte des Baskenlandes verantwortlich gemacht worden.
Mit Müll lässt sich viel Geld verdienen. Millionen. Noch mehr, wenn illegal deponiert wird, oder wenn giftige Stoffe gelagert werden, die nur schwer irgendwo unterzubringen sind. Wo zum Schutz der Bevölkerung und der Arbeiter besonders scharfe Kontrollen notwendig wären, wurde geschludert, Gefälligkeits-Gutachten machten den teilweise illegalen Betrieb möglich. Die baskische Regierung, als für die Betriebserlaubnis und die Kontrolle verantwortliche Instanz, versucht mit allen Kräften, ihre Verantwortung zu vertuschen oder klein zu halten. Der Ministerpräsident erklärt, es täte ihm leid, so als würde es sich um eine unvermeidliche Naturkatastrophe handeln.
Drei Jahre danach
Die Chefs des Betreiber-Unternehmens Verter Recycling mussten in einem Gerichtsverfahren im September 2021 die Verantwortung für den Tod der beiden Arbeiter übernehmen, in einer Absprache mit dem Gericht und den Hinterbliebenen. Dies verhinderte eine höhere Strafe, die zu einem Strafantritt ins Gefängnis geführt hätte. Das ebenfalls strafrechtlich relevante Vergehen gegen Umweltgesetze befindet sich noch im Stadium der Ermittlungen. Tatsächlich wird gegen 13 Personen ermittelt, die mit dem Abrutschen der Mülldeponie Zaldibar in Verbindung stehen, darunter drei Techniker der Umwelt-Behörde der baskischen Regierung.
Seit der Katastrophe, die das Baskenland erschütterte, sind 1.095 Tage vergangen, die Wunden sind nicht verheilt. Alles begann mit einem Berg von 800.000 Kubikmetern Erde und gefährlichen Abfällen, die den Hang hinunterstürzten und alle vier Fahrspuren der Autobahn AP-8 Bilbo-Donostia abschnitten. Die Lawine hatte eine riesige Dimension, mit den unkontrolliert abstürzenden Abfällen hätte das Athletic-Stadion San Mamés gefüllt werden können. Zwei Arbeiter der Deponie, Joaquín Beltrán und Alberto Sololuze, wurden mit in die Tiefe gerissen. Was man im ersten Moment nicht wusste: dass der Absturz des Berghangs zwischen Zaldibar und Ermua die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte von Euskadi auslösen und dass er gleichzeitig einen politischen Sturm auslösen würde, in dem die Verwaltung der baskischen Regierung direkt verwickelt war.
Bemerkenswert, skandalös
(*) Nur 13 Jahre hat es gedauert, bis die Deponie von Zaldibar die Industrieabfälle aufgenommen hatte, die sie eigentlich erst in 35 Jahren hätte aufnehmen sollen. (*) Deponiert wurden andere Produkte, nach einem anderen System als vorgesehen. (*) Im Jahr 2007 erhielt die Betreiberfirma Verter die umfassende Genehmigung für die Deponie, beauftragte aber kurz darauf die Firma Geyser, die "morphologische Änderungen" an der genehmigten Skizze vornahm. (*) Danach kam es zu “verdächtigen Stabilitätsstudien“. (*) Kurz vor dem Einsturz legte Verter Studien des Ingenieurbüros Lurtek vor, in denen behauptet wurde, dass die Deponie keine "Stabilitätsprobleme" habe. So viel skizzenhaft zum Müllskandal Zaldibar.
36 Monate sind seit der Katastrophe von Zaldibar vergangen. Vieles hat sich seit den ersten Wochen frenetischer Betriebsamkeit verändert, anderes ist geblieben. Die Leiche von Joaquín Beltrán konnte auch nach 15-monatiger Suche nicht geborgen werden, der Arbeiter aus Zalla wird für immer auf der Müllhalde ruhen. Die baskische Regierung beschloss, den Berg gefährlicher Abfälle auf dem Gelände selbst zu versiegeln, da es in Euskadi keine Anlage gibt, die diese Abfälle lagern könnte. Diese Maßnahme wurde aufgrund des Liquidationsverfahrens von Verter Recycling jedoch ausgesetzt, dem Betreiber-Unternehmen, das diese Arbeiten eigentlich durchführen müsste und von dem die Regional-Regierung fast 29 Millionen Euro für die Stabilisierung des Geländes und die Rettung der vermissten Arbeiter fordert. Unter diesen Umständen ist nicht klar, ob die öffentlichen Kassen in der Lage sind, diese Gelder wieder einzutreiben.
Die juristischen Aspekte der Katastrophe und die Verantwortung dafür konnten nicht geklärt werden. Im September 2021 wurde ein Verfahren eingestellt: wegen des Todes von Beltrán und Sololuze. Die Betreiber der Mülldeponie einigten sich mit Staatsanwaltschaft und Familien, die mit 2,75 Millionen Euro entschädigt wurden, um eine Haftstrafe zu vermeiden. Der Eigentümer der Deponie und die Geschäftsführerin sowie der leitende Ingenieur akzeptierten eine sechsmonatige Haftstrafe (ohne Haftantritt) wegen fahrlässiger Tötung und eines Verstoßes gegen Arbeitnehmerrechte. Verter ging in Konkurs und schuldet der Regierung Millionen für die Rettungsarbeiten.
Ausstehende Verfahren
Die Verwalter von Verter Recycling gehören zu den 13 Personen, gegen die im Umweltverfahren ermittelt wird, in dem die Ökologie-Organisation Ekologistak Martxan (Ökologen Unterwegs) als Nebenklägerin auftritt. In diesem Fall stützt sich die Untersuchung jedoch auf verschiedene Expertenstudien, die auf weitere Verantwortliche hindeuten: die Ingenieurbüros, die für den Bau und die Kontrolle der Mülldeponie zuständig waren, und die Techniker der baskischen Regierung, die an der Erteilung der Umwelt-Genehmigung für die Deponie beteiligt waren.
Eine Reihe von Gutachtenstehen noch aus, wie das von der technischen Umweltabteilung der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene, sie sind notwendig, um die Verantwortlichkeiten zuzuordnen. Es gibt jedoch bereits Dokumente, die auf mögliche Mängel beim Anlegen der Deponie als einen der Schlüssel für das fatale Abrutschen hinweisen. Eine dieser Studien wurde von Cedex erstellt, dem Zentrum für Studien und Experimente im öffentlichen Bauwesen (Centro de Estudios y Experimentación de Obras Públicas). Die entsprechenden Spezialisten werden am 23. März 2023 als Zeugen aussagen.
Chronologie
(*) 6. Februar 2020: Die Mülldeponie stürzt ein. Ein riesiger Abhang von teilweise giftigem Abfall und Erde rutscht von der Deponie ab auf die Autobahn A8.
(*) 7. Februar 2020: Asbest wird gefunden: Die Rettungsarbeiten werden eingestellt, da tonnenweise illegal gelagerter Asbest gefunden wird. Auf der Deponie bricht ein Feuer aus und setzt Dioxine und Furane an die Umgebung frei.
(*) 16. August 2020: Die Leiche von Alberto Sololuze, einem der beiden nach dem Abrutschen vermissten Arbeiter, wird von Rettungskräften gefunden.
(*) Mai 2021: Die Suche nach dem zweiten vermissten Arbeiter Joaquín Beltrán wird für beendet erklärt, die baskische Regierung schließt die Suche ohne Erfolg ab, die Kosten: 29 Millionen Euro.
(*) September 2021: Gerichtliche Einigung mit den Familien. Die drei Hauptangeklagten erkennen ihre Verantwortung für den Tod der beiden Arbeiter an und einigen sich mit der Staatsanwaltschaft und den Familien auf eine Entschädigung von 2,75 Millionen Euro, mit diesem Deal verhindern sie eine Haftstrafe.
(*) November 2022: Der Prozess geht weiter. Das Gerichtshof Nummer 1 in Durango lädt drei Techniker der baskischen Umweltbehörde vor, die an der Erteilung der Lizenz an das Unternehmen Verter beteiligt waren. Vertreter von Unternehmen, die mit Verter verbunden sind, werden ebenfalls vorgeladen, um auszusagen.
Weitere Verfahren
Nach den Sachverständigen werden weitere Personen aussagen müssen, gegen die ebenfalls ermittelt wird. Zwei Vertreter von Lurtek, dem Unternehmen, das kurz vor dem Absturz einen Bericht erstellte, in dem versichert wurde, dass die Struktur der Deponie in Ordnung sei, sind bereits vor Gericht erschienen. Am 28. März 2023 sind außerdem fünf Techniker der Firma Geyser als Angeklagte vorgeladen. Gegen sie wird wegen Fälschung amtlicher Dokumente und wegen Umweltvergehen ermittelt.
Wie eine Tageszeitung berichtet, handelt es sich um ein Unternehmen, während der Existenz der Deponie eine Schlüsselrolle gespielt hat. Im Jahr 2007 erhielt Verter nach Vorlage eines Berichts des Ingenieurbüros LKS die umfassende Umweltgenehmigung für die Deponie, beauftragte jedoch kurz darauf das Unternehmen Geyser, das "morphologische Änderungen" an der von der Umwelt-Behörde genehmigten Skizze vornahm. Das Unternehmen selbst sprach auf seiner Website von einem "neuen" Projekt. Dasselbe Unternehmen hat bereits 2018 zwei Berichte erstellt, die vor den Stabilitätsproblemen der Deponie warnten.
Nach mehreren Terminverschiebungen werden am 20. April 2023 auch die Techniker der baskischen Regierung aussagen. Es handelt sich um zwei Fachleute aus dem Kontrolldienst und einen aus dem Bereich der nicht gefährlichen Abfälle. Die drei wurden vom Gericht in Durango vorgeladen, um sich wegen des Verdachts auf fahrlässiges Fehlverhalten im Zusammenhang mit ihrer Rolle bei der Erteilung der Tätigkeitslizenz für Verter zu verantworten.
Darüber hinaus bestätigte der Anwalt von Ekologistak Martxan, Carlos Alonso, gestern, dass die Ertzaintza eine zusätzliche Erklärung zu den Ermittlungen hinzugefügt hat, in der es heißt, dass die Deponie "illegal Land besetzt hat, um Abfälle und Erde abzuladen und sogar einige Konstruktionen zu errichten. Wir müssen also von einem weiteren Vergehen gegen die Raumordnung ausgehen“.
ANMERKUNGEN:
(1) “El desastre de Zaldibar cumple 3 años con 13 imputados en la causa medioambiental” (Die Zaldibar-Katastrophe jährt sich zum dritten Mal, 13 Personen sind wegen Umwelt-Vergehen angeklagt), Tageszeitung El Correo, 2022-02-06 (LINK)
ABBILDUNGEN:
(1) Zaldibar Müll (el salto)
(2) Zaldibar Müll (deia)
(3) Zaldibar Müll (naiz)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2023-02-07)